Back to the 60s mit der Robby Krieger SG
Die Firma Gibson hat ja nun einige Zugpferde im Stall. Das zweifellos bekannteste dürfte wohl die Les Paul sein, doch auch das Modell SG findet nach wie vor reißenden Absatz und hat, genau so wie auch die Paula, über all die vielen Jahre ihrer Existenz schon einiges an Modifikationen erlebt. Bei der Gibson SG 61 Standard Maestro ist die Modifikation ganz offensichtlich, denn Gibson stattet dieses spezielle SG-Modell mit einem Vibrato eigener Herstellung aus. Die älteren Jahrgänge unserer Leser erinnern sich sicher an den Gitarristen von The Doors – Robby Krieger nämlich spielte diese Gitarre und spielt sie wohl auch bis heute noch regelmäßig. Nun ist diese SG also bei uns zum Test gelandet und wir wollen mal schauen, wie es um die Qualität dieser USA-Gibson steht und was man Sinnvolles mit dem „Jammerhaken“ so anstellen kann.
SG 61 Standard Maestro – Facts & Features
Für den Korpus einer Gibson bzw. in diesem Fall einer SG kann es nur ein Tonholz geben – Mahagoni nämlich. Das hier verwendete Material besteht aus einem Stück und wurde sehr sorgfältig rund herum mit einer Hochglanzlackschicht auf Nitrozellulosebasis lackiert. Das betrifft auch die Halsrückseite, doch bevor die ersten wieder aufschreien, kann ich bereits jetzt schon Entwarnung geben: Es klebt nicht, zumindest nicht übermäßig stark, selbst wenn die Greifhand mal etwas feuchter werden sollte. Wie eh und je zeigt sich das Halsprofil sehr schlank und in Verbindung mit dem 12″ Radius des Palisandergriffbretts ergäbe sich eigentlich eine wundervolle Bespielbarkeit, wenn nicht die hohe Saitenlage unseres Testinstruments diesbezüglich einen Strich durch die Rechnung machen würde. Aber gut, das kann man ja je nach Geschmack einstellen, die gute Verarbeitung der Bünde und des Halses insgesamt bieten dafür in jedem Fall beste Voraussetzungen.
Die relativ kleinen Cutaways des leicht asymmetrisch geformten Korpus ermöglichen nach wie vor einen sehr angenehmen Zugang zu den oberen Lagen, alle 22 Bünde sind problemlos zu erreichen. Das liegt auch an dem Halsfuß des eingeleimten Mahagonihalses, der traditionell sehr schlank ausgefallen ist und daher auch heute noch eine ausgesprochen gute Ergonomie bietet. Selbst wenn das Griffbrett mit 24 Bünden ausgestattet wäre, könnte man diese zwei Bünde mehr immer noch ausgesprochen bequem erreichen.
SG 61 Standard Maestro – das Maestro Vibrola Tremolo
Und damit kommen wir doch gleich zum auffälligsten Teil dieser E-Gitarre, was sicher das Vibratosystem als Teil der Hardware ist. Das System besteht aus einer verchromten Grundplatte mit eingefräster Gravur, an das ein gewölbtes Blech mit der Aufnahme für die Saiten und den angeschraubten Vibratohebel angebracht wurde. Das Blech sitzt auf der Decke der Gitarre auf und verbiegt sich je nach Druck auf den Vibratohebel mehr oder weniger, was somit den gewünschten Vibrato-Effekt erzeugt. Der Hebel selbst ist recht starr eingestellt, was bedeutet, dass er nach der Benutzung wieder zurückgeschoben werden muss, um aus dem Aktionsradius der rechten Hand zu verschwinden. Es existiert zwar eine Sechskantmutter unterhalb seiner Aufnahme, allerdings dürfte die nach Lockern wohl früher oder später das Weite suchen, also muss man wohl mit diesem Umstand leben.
Darüber hinaus kann man den Hebel auch nicht ganz frei von Widerstand nach hinten verlegen, denn da steht die Kappe des Dreiwegeschalters im Weg und spätestens beim Volume-Regler des hinteren Pickups ist dann komplett Schluss mit dem Radius. Wenig gelungen finde ich zudem den Aufsatz des Hebels, der aus einem Stück Plastik besteht, wäre dieser nicht, dann könnte man den Hebel ganz sicher komplett aus dem Weg räumen. Er ist so übermäßig groß ausgefallen, dass man ihn mit der kompletten Handinnenfläche umgreifen kann.
Wie man sich vermutlich denken kann, ist dieses „Maestro Vibrola Tremolo“ alles andere, als stimmstabil. Die Ursache dafür wird von verschiedenen Faktoren bestimmt: Da ist einmal das weiche Blech, das auf der Decke aufliegt und als Ersatz für ein solides Tailpiece steht, dazu kommen die einfachen Vintage-Tuner an der Kopfplatte und, was besonders auffällt, der Steg, der sich beim Betätigen des Hebels munter hin- und her mitbewegt. Also lieber ganz vorsichtig agieren oder an der pompösen Optik erfreuen – obwohl da auch ganz sicher die Meinungen auseinandergehen werden.
Pickups und Elektronik
Wie üblich bei der Gibson SG, erwarten uns auch hier wieder zwei Humbucker: Ein Burstbucker 61R am Hals und Burstbucker 61T an der Stegposition. Beide Tonabnehmer verfügen über einen eigenen Volume- und Tone-Regler, die sich leider nicht ganz frei von Spiel zeigen. Zudem besitzen die aufgesteckten Potikappen eine ziemlich glatte Oberfläche, was nicht immer für eine Sicherheit beim Zugreifen sorgt. Glücklicherweise laufen die vier Regler relativ weich auf ihren Achsen und bieten einen gleichmäßigen Verlauf über den gesamten Regelweg – Sprünge in der Lautstärke oder das abrupte Abfallen von Höhen sind beim Hantieren nicht zu erwarten. So viel sei schon mal vor dem Soundcheck verraten.
Der Dreiwegeschalter hingegen ist von akzeptabler Qualität und rastet sauber und frei von jeglichem Spiel in seinen Positionen ein. Durch den sperrigen Vibratohebel sind die Bedienelemente allerdings nicht so gut zu erreichen, wie man es sonst eigentlich von einer SG gewohnt ist. Wie heißt es so schön – wer schön sein will, der muss leiden?
Die SG 61 Standard Maestro in der Praxis
Genug Schelte hat sie ja nun abbekommen, unsere Robby-Krieger-SG. Das Bild ändert sich aber drastisch, wenn man das Instrument nur wenige Augenblicke in den Händen hält und ein paar wenige Akkorde anschlägt. Sicher, die Gibson SG 61 Standard Maestro ist kein Hightech-Metalbrett und viele unserer Leser auf diesem Fachgebiet hätten den Test vermutlich ohnehin nicht (bis hier) gelesen. Für die härtere Gangart gibt es ganz sicher bessere Alternativen, im Bereich des Classic-Rock aber ist das gebotene Klangbild dieser SG schon sehr fein, glänzt die Gitarre doch bereits unverstärkt mit einem sehr schönen, resonanten Klangbild mit reichlich Obertönen und einem kräftigen Sustain dazu!
Über das verbesserungsbedürftige Werks-Setting habe ich weiter oben bereits berichtet, wäre die Saitenlage optimal eingestellt, ergäbe sich dank des außerordentlich schlanken Slim-Taper Halsprofils sicherlich eine optimale Bespielbarkeit. Das Setting unseres Testinstruments verführt daher eher zum Spielen von Akkorden im unteren Bereich des Halses und dort entsteht ein wuchtiger und durchsetzungskräftiger Sound, der zudem wunderbar „Vintage“ klingt und dem Klang der 60s daher alle Ehre macht.
Die beiden Burstbucker sind mühelos in der Lage, diesen strahlenden und obertonreichen Grundsound an den angeschlossenen Amp zu portieren. Sie brummen zwar dann und wann bei zu viel Zerrung etwas und sind jetzt auch nicht die Stärksten in Sachen Output, sie liefern aber einen ausgesprochen warmen Ton mit jeder Menge Headroom, sodass hier bei Zurücknahme der Volume-Regler jede Menge Reserven für eine gute Interaktion mit dem Verstärker zur Verfügung steht. Das Klangbild bricht auch in Sachen Dynamik und Frequenzgang nicht übermäßig zusammen, was die Klangvielfalt und die Möglichkeiten noch einmal erweitert. Eine sehr gute Performance erwartet also den Spieler der Gibson SG 61 Standard Maestro – nur sollte man nicht auf die Idee kommen, den Vibratohebel zu sehr zu strapazieren, denn ansonsten wandert die Hand zwangsläufig Richtung Mechaniken, die ansonsten aber einen guten Job verrichten.
Gibson SG 61 Standard Maestro – Klangbeispiele
Für die Klangbeispiele wurde folgendes Equipment verwendet: Gibson SG 61 Standard Maestro – Mesa/Boogie Studio 22+ Combo Amp – AKG C3000 Mikrofon – Logic Audio.
Robby Krieger? Ist das nicht der Typ mit den Scherenhänden aus der Elm Street, der manchen Gitarristen in den Albträumen heimsucht und die Saiten abschnippelt?
Hieß der nicht Hardy Krüger und verkauft Kaffee?
@Stephan Güte ….der Hardy heisst auch eigentlich Mike und hat ne riesen Nase
Nee, Mike heißt Gottschalk und hat ’ne Tanke.
… dann hat er auch keine Zeit zum Gitarre spielen
Astreines Review, wie ich finde.
Ich habe diese Gitarre aus genau den angeführten Gründen der Stimmstabilität zurückgegeben und gegen das ansonsten baugleiche Modell OHNE Vibratohebel und Metallplatte getauscht.
Und siehe da … das passte dann.
Was mir noch auffiel ist folgendes:
Der Wechsel von Hals auf Bridge Pickup ist mit einem deutlich wahrnehmbaren Lautstärkeverlust verbunden.
Oha, bei dem Preis sollte man solche Dinge nicht erwarten müssen. Daran merkt man, wie sehr Gibson in der Klemme steckt.