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Interview: Cuckoo, YouTube-Body – deutsche Version

And Now for Something Completely Different

11. März 2017

Wer hat heute noch gedruckte Bedienungsanleitungen – oder besser gefragt: Wer liest sie noch? Wer liest überhaupt noch Bedienungsanweisungen? Der Klick zu YouTube gehört sicher bei vielen heute zur neuen Realität eines Musikerdaseins. Und auch der Autor lernt Neues am liebsten per Video.

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Bei einem meiner Streifzüge durch YouTube, auf der Suche nach Tutorial für mein neu erworbenes ELEKTRON-Trio, stieß ich relativ rasch – und vor allem mehrmals – auf die Tutorials von Cuckoo. Was mich als erstes irritierte, war die Laufzeit von Cuckoos Tutorials. Ein bis eineinhalb Stunden sind da keine Seltenheit. Das Zweite war die Machart. Cuckoos Videos sind „hand made“, sind ohne viel technischen Firlefanz – und das Markanteste, Cuckoo setzt sich selbst in Szene mit einem Spiegel, den er auf oder zwischen die vorgestellten Objekte legt.

Schon nach dem Genuss der ersten „Session“ ist man ein wenig Cuckoo-stone. Der sympathische Norweger mit seiner gemütlichen und ausführlichen Art ist das genaue Gegenteil von den klassischen Tutoren, die einem auf YT so oft begegnen. Cuckoo erklärt einfühlsam ohne Zeitdruck fast so, als säße man ihm gegenüber. Nichts wirkt einstudiert. Cuckoo legt einfach los.

Für mich war klar, Cuckoo wäre ganz, ganz sicher ein interessanter Gesprächspartner. Aber wie sich später herausstellte, „interessant“ war eine vollkommene Untertreibung.

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Peter:
Hallo Cuckoo, Du bist uns durch deine beeieindruckenden Tutorials auf YT aufgefallen. Wie kam es denn dazu, dass du Dich entschlossen hast, Tutorials zu produzieren?

Cuckoo:
Hi, danke für das Interesse. Eigentlich hat es aus reiner Freude damit angefangen, meine Begeisterung für neue Synths zu teilen. Im Prinzip habe ich nur ein bisschen herumgespielt und kleine Ausschnitte auf YouTube gestellt. Aber als ich dann dieses eine mit dem OP-1 gemacht hatte, war das Level an positiven Reaktionen in den Kommentaren so hoch wie noch nie. Also habe ich weitergemacht. Ein alter Freund von mir hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass ich meinen Freunden gegenüber schon immer einen Drang dazu hatte, Wissen zu teilen und ihnen etwas beizubringen. Mir ist das nie aufgefallen. Für mich ist es ganz natürlich, mein Wissen zu teilen.

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Peter:
Erzähl doch mal, wo Du lebst und was du sonst so in Deinem Leben treibst?

Cuckoo:
Ich lebe in Oslo, in Norwegen. Ich schätze, mittlerweile könntest du mich als Norweger bezeichnen, obwohl ich immer noch ein schwedischer Bürger bin. Die meiste Zeit arbeite ich an meinen Cuckoo Sachen. Mache Patches für Synths. Beteilige mich an interessanten Fachmessen der Musikbranche. Erstelle Tutorials und ab diesem Jahr werde ich anfangen, mehr Tracks rauszubringen.
Ich habe als bildender Künstler, als Animationsregisseur und viele Jahre als Animateur gearbeitet. Aber seit ich 2016 einen animierten Kurzfilm fertig gestellt hatte, (der mittlerweile auf ausgewählten Festivals gespielt wird), habe ich genug Unterstützer gewonnen, um Vollzeit Cuckoo zu sein.

Cuckoo live

Peter:
Cuckoo wirkt ein wenig, als wenn er eigentlich in den 60ern geboren wurde. PEACE and FLOWER POWER würden doch gut zu ihm passen – was meinst DU?

Cuckoo:
Haha, ja. Die 70er sind schließlich nicht allzu weit von den 60ern entfernt ;-) Obwohl Flower Power ja auch mit Drogen assoziiert wird. Ich bin beinahe ein „Straight Edger“. Keine Drogen, kein Alkohol und ich bin Vegetarier.

Peter:
Cuckoo ist irgendwie … „Chaos“ und „Durchblick“ gleichzeitig. Ist das gewollt?

Cuckoo:
Ja, ich schätze da hast du recht. Wenn ich Mitten in der Schaffungsphase bin, ist es wirklich chaotisch und in gewisser Weise auch, wenn ich unterrichte. Wenn ich ein Tutorial erstelle, will ich, dass die Leute, die es anschauen, für eine gewisse Zeit meine Augen und meine Denkweise teilen. Es ist sehr chaotisch, neue Dinge zu lernen. Ich versuche immer Real-Case Szenarien darzustellen und Probleme zu lösen, die dabei entstehen. So wie in einer realen Situation. Auf diese Weise ist die Funktionalität im Kontext dargestellt. Und ich glaube, dadurch bekommt man einen viel besseren Eindruck davon, als wenn man einfach eine Liste der verschiedenen Funktionen liest. Außerdem hoffe ich, dass wenn man lernt Probleme zu lösen, wenn sie sich ergeben, dass man dann auch lernt, kreativ zu denken und dadurch dann das Gerät alleine weiter erkunden kann.

Peter:
Wie geht Cuckoo an ein neues Produkt ran? Liest er Bediengsanleitungen oder ist das lernen per Trial & Error?

Cuckoo:
Mein Motto ist: Wenn das Gerät gut klingt, lohnt es sich zu lernen, wie es funktioniert. Der Klang ist immer mein erster Eindruck. Wenn ich mit dem Sound mitschwinge, dann begeistert es mich. Manchmal ist der Klang nicht so toll, aber mich begeistern auch schönes Design, Portabilität, musikalische Funktionen etc. Wenn mich ein neues Produkt neugierig macht, muss ich lernen, wie man es benutzt. Ich fange nie damit an, Bedienungsanleitungen zu lesen. Aber manchmal braucht man es für bestimmte Funktionen. Besonders bei MIDI-Anwendungen.
In den meisten Fällen ist mit dem Design eine klare Vorstellung verankert, wie die Instrumente funktionieren. Sie sind beschriftet und meistens sagen dir Menüs, wie es funktioniert. Es ist nur sehr selten kompliziert. Es sind einfach nur viele Dinge, denen man sich klarwerden muss. Trial and Error, nach und nach, so schnell ich kann.

Peter:
Du scheinst die Produkte richtig gut zu kennen. Vor allem bei den Elektron-Produkten machst Du den Eindruck, als wärst du Heavy-User. Wie kommt das?

Cuckoo:
Wenn ich ein elektronisches Instrument benutze, bin ich ein totaler Nerd. Ich benutze sie sehr viel. Stunden über Stunden an Arbeit und Erforschen. Außerdem liebe ich es, Sounddesign zu machen und das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Im Laufe dieses Prozesses lerne ich die Instrumente sehr gut kennen. Wenn man die Elektron-Geräte sehr gut kennt, hat man eine sehr große Freiheit und Effizienz, um zu improvisieren. Ich liebe es zu improvisieren, deshalb ist es für mich sehr wichtig, eine Plattform zu haben, auf der ich improvisieren kann. Also lohnt es sich für mich, viel Zeit darin zu investieren.

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Jam in Studio

Peter:
Die Elektron-Produkte sind teilweise auch ziemlich gewöhnungsbedürftig mit ihren vielen Menüs und Doppelbelegungen der Tasten. Nicht umsonst erhalten Deine Tutorials richtig hohe Quoten. Was würdest Du Elektron empfehlen, besser zu machen?

Cuckoo:
Ja, sie sind ein wenig komplex. Sie bemühen sich immer, das Beste aus einem kleinen Formfaktor Instrument herauszuholen. Wenn du ein Elektron mit Tasten und Knöpfen für jede einzelne Funktion hättest, wäre es so groß wie ein Konzertflügel! Haha…
Ich denke, sie sollten mehr „Entry-Level” Instrumente herstellen. Im Moment sehen wir eine neue Ladung von Produkten und einen neuen Formfaktor von Elektron ausgehen. Der Analog Heat und die neuerdings eingeführte Digitakt Sampler/Drum Machine. Es scheint so, als seien sie ein bisschen leichter zugänglich. Ich persönlich würde gerne auch eine tragbare Elektron Plattform sehen.

Peter:
Du produzierst ja nicht nur Tutorials, sondern bist vor allem auch Musiker. Die Songs, die wir auf Deinem YT-Channel gefunden haben, sind wirklich große Klasse, lassen sich aber schwer irgendwelchen Genres zuordnen. Erzähl uns doch etwas über Deine Musik.

Cuckoo:
Danke schön! Ich denke kaum über Genres nach. Ich denke nur darüber nach, die Musik zu machen, die ich liebe. Und ich bin eine sehr melodische Person. Für mich gehen eigentlich die Melodien über alles. Für mich selbst nenne ich es manchmal «Melodica». Haha. In meinen Anfangsjahren habe ich immer wieder Soundtracks von Videospielen auf unserer elektrischen Orgel und später auf unserem Klavier gespielt. Ich schätze, man könnte sagen, dass ich als 11-Jähriger Videospiele gecovert habe. Später habe ich mit meinen Freunden ein paar Amiga Spiele gemacht und ich habe immer bei Beidem mitgewirkt, bei der Animation und bei der Musik. Als Teenager habe ich auch Notentexte geschrieben. In der Schule habe ich sogar als Sonderarbeit ein Streichquartett geschrieben und auch ein paar Sachen für den Chor. Aber nachdem ich mit der Schule fertig war, habe ich fast 20 Jahre gebraucht, um die Musik zu meiner Hauptarbeit zu machen. Damals habe ich viel Inspiration in Videospielen gefunden. Jetzt finde ich die Inspiration darin, neue Synths und Instrumente kennenzulernen und auch darin, die Leute zu treffen, die sie kreiert haben.

Peter:
Da liegt es doch nahe, dass Du selbst Konzepte für Synthesizer entwirfst, oder?

Cuckoo:
Ja. Ich mache viel in meinen Skizzenbüchern und auf meinem iPad (bevor man es mir gestohlen hat). Ich habe viele Ideen. Über drei davon denke ich mehr nach. Ein paar ernstzunehmende Designs auf meinen Computern warten auf mehr Arbeit. Bei den meisten Konzepten geht es um mehr Spielbarkeit, Jam-Freundlichkeit für Keyboarder und darum, dass es unterhaltsam und ausdrucksstark bleibt. Aber um aus einem Konzept ein echtes Produkt zu machen, braucht es jahrelangen Einsatz und man muss die richtigen Leute motivieren und engagieren. Ich mag die Erfindungs-, Design- und Konzeptionierungsphase sehr. In meinem Kopf könnte ich die besten Instrumente überhaupt designen! Haha…

Peter:
Wie stehst Du zur Frage Analog oder Digital?

Cuckoo:
Das ist mir nicht wirklich wichtig, solange es toll klingt. Ich muss zugeben, dass ich Analog ein bisschen lieber mag.

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Forum
  1. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    Ja, Cuckoo ist ein Star in unserer „Music Tech Szene“. Danke für das Interview. Schaue Cuckoo schon seit Jahren. Einzigartig, und genau diesen Spirit sollten wir uns alle erhalten. Cuckoo machst richtig!

  2. Profilbild
    SimonChiChi AHU

    Hatte ich überhaupt nciht auf dem Schirm. Hab soeben mal seine Viideos angespielt – einfach super der Typ!!! Danke an Peter für das tolle Interview.

  3. Profilbild
    Rough

    Ohne Cuckoo wäre ich mit meinen Elektrons aufgeschmissen, tolle Vids, toller Mann!

    • Profilbild
      gutzufuss

      @Rough So verhält es sich auch bei mir. Die Dinger sind aber auch erstmal sehr kompliziert. Sein Tutorial zum Speichern von Patches, Sequenzen etc. dauert ja tatsächlich über 1 Stunde. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Und dann ist es auf einmal ganz einfach und logisch. Der Lernaufwand bei den Elektron-Geräten lohnt sich allemal.

  4. Profilbild
    aszent

    Ja, ihm sei Dank das ich mich nochmal auf elektron eingelassen habe, denn den A4 hatte ich schon mal verkauft. Mittlerweile habe ich 3 Maschinen von elektron. Habe Cuckoo mal auf der Musikmesse kennengelernt.. sehr netter Kerl und total entspannt.
    Super Interview übrigens

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Sehr sympathischer Typ. Danke für das tolle Interview!

  6. Profilbild
    BurtBurtson

    Der Bob Ross der Synthesizer. Wobei er immer ein bisschen aussieht als hätte er im Gebüsch übernachtet.

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