Inspired by Jean Michel Jarre
Es ist schlichtweg faszinierend, wenn man EQUINOXE 2 zum ersten Mal hört und erst danach erfährt, dass für dieses Projekt ausschließlich FREE WARE PlugIns und ein Low-Cost PC verwendet worden sind.
Für mich geredazu eine schockierende Offenbarung, betreibe ich doch vehement so wie viele unserer Synth-Leser den analogen Hardware-Overkill im heimischen Studio.
Was Stefan Paulus und Tom Kassner mit NO Budget Mitteln als EQUINOXE 2 produziert haben, verdient meine absolute Hochachtung und erinnert mich beschämend an die Zeit, als ich in den ersten Jahren meines Schaffens mit minimalem Equipment-Aufwand produktiver war als 25 Jahre später inmitten meiner Synth-Burgen.
Ganz nebenbei bemerkt ist EQUINOXE 2 aber auch musikalisch hoch interessant, professionell produziert und wirklich hörenswert. Natürlich werden sich an dieser Stelle die Geister scheiden, fordert doch schon der Projektname und Musikstil eine geradezu polarisierende Meinung heraus.
„Plagiat“ werden die einen schreien, „endlich wieder ein Jean-Michel-Jarre“ Album die anderen. Und seien wir doch mal ehrlich, wann genau hat den Jean-Michel Jarre tatsächlich sein letztes echte Jean-Michel-Jarre Album produziert? Das ist wohl ebenso lange her wie bei Tangerine Dream.
Mögen also die Diskussionen beginnen, aber vorher möchte ich Ihnen das nun folgende Interview mit zwei Musikern nahelegen, die ungeachtet aller möglichen Vorwürfe einfach Spaß hatten, ein Album zu produzieren, wie es sich schon lange viele JMJ-Fans gewünscht haben.
Peter Grandl / August 2008
AMAZONA.de
Hallo Stefan & Tom. Zunächst wurde mich brennend interessieren, was Eure Intentionen waren, EQUINOX von Jean-Michel-Jarre als eigenständiges Werk fortzusetzen.
Equinoxe 2
Der Anstoß, ein Projekt wie dieses zu realisieren, war einfach das Experimentieren mit virtuellen Instrumenten. Wir wollten mal sehen, ob es überhaupt möglich ist, zumindest an den Jarre-Sound heranzukommen. Unser Ziel war und ist es natürlich nicht, die Musik von Jarre zu kopieren und deshalb sollte dieses Ergebnis auch nicht als eine Cover-Version vom Original Equinoxe betrachtet werden. Es wurde frei improvisiert und gebastelt, ohne dass die Musik von Jarre jemals im Hintergrund gelaufen ist
AMAZONA.de
Dann mal von Anfang an. Wie seid ihr zum „Musik-Machen“ gekommen.
Equinoxe 2 / Stefan
Mit 13 habe ich meine ersten Erfahrungen mit dem alten Casio Synthesizer meiner Schwester sammeln können, und kurz darauf nannte ich einen Casio CZ1 und einen gebrauchten Atari ST mein eigen. Doch mein spärliches Equipment war für meine Ideen einfach zu wenig. So arbeitete ich mit 14 in einem Musikladen, was zwei Vorteile brachte: Ich konnte alle Synths vor Ort ausprobieren und verdiente mir die ein oder andere Mark, um diese sofort in einen Poly61 und einem DW8000 von Korg zu investieren.
Nachdem mein Vater bemerkt hatte, dass ich mich für nichts anderes außer elektronische Musik interessiere, kaufte er mir spontan eine Korg Wavestation EX und schickte mich in eine Musikschule, um auf einer alten Hohner Orgel das Keyboard spielen zu lernen. Mein entnervter Musiklehrer holte schließlich das Notenbuch „Oxygene und Equinoxe“ von Jean-Michel Jarre aus dem Schrank, da ich mit der typischen klassischen Musik nur wenig anfangen konnte und gab endgültig auf, als ich anstatt zu lernen mit dem Improvisieren begann und die Kompositionen von Jarre einfach umschrieb. Das war der ausschlaggebende Moment, indem ich beschloss, künftig meine eigene elektronische Musik zu komponieren.
Equinoxe 2 / Tom
Bei mir war es ähnlich. Begeistert von den Tönen einer Art elektronischen Orgel, welche ich mit 12 auf einem Gartenfest hörte, stellte ich fest, dass es mir aufgrund vieler Faktoren (damalige DDR) unmöglich war, selbst ein Gerät dieser Art zu besitzen. Also übte ich mich im „mittrommeln“ etc.
Einen angebotenen Kurs in einer Musikschule lehnte ich aus meinem damaligen Desinteresse an klassischer Musik (leider) ab. Erst 1984 kaufte ich mein erstes Keyboard, ebenfalls ein kleiner Casio und begann zu experimentieren, und auch bei mir kam es zum Bruch mit meiner Keyboard-Lehrerin, nachdem mich der klassische Unterricht langweilte und wir im Streit über eine von mir punktiert gespielte Note gerieten, welche nicht punktiert war, sondern lediglich das Papier einen Einschluß in Form eines Punktes hatte.
Also „hing“ ich lieber in Tonstudios rum und investierte mein Geld lieber in einen Amiga, Atari, Synths wie einen DX7 und eine Roland Drummachine, denn dank MIDI konnte man ja seine eigene „Band“ simulieren. Nach diversen Experimenten mit verschiedensten Sängern/innen über Rock bis klassisch, welche meist in der NewWave Kategorie endeten, begann ich mich, begeistert von seiner Art Gitarren zu spielen und deren Sounds, in die Alben von Mike Oldfield hineinzusteigern und auch Arrangements / Kompositionen von Ulrich (Ed) Swillms nachzuempfinden, welcher für mich einer der weltbesten Keyboarder und Komponisten ist.
Wahnsinn, mit minimalsten Mitteln. Da sieht man mal wieder, dass man nicht mega Equipment braucht um gute Musik zu machen. Schöner Beitrag von amazona, weiter so!
Stefan
Reife Leistung was da mit Freeware produziert wurde. Toll.
Niemals! Ich glaube es nicht. Das darf nicht wahr sein!
Aber ich bin ja auch schon mitte 40, ein halber alter Sack.
Ja ihr unpolitischen Jungs und Mädels, ihr seit anders.
Das Internet machts möglich.
Ein zwei Soft-Synths umsonst heruntergelagden und ab geht die Post.
Schöne neue Welt.
Man darf aber auch nicht vergessen:
Die Hardware ist die mediale Verbindung zwischen Instrumentenklang und Instrument. Nur weil hier endlich mal wieder ein Projekt für Begeisterung sorgt, heist das noch lange nicht das alles Andere außer einem PlugIn und ein bissel Midiuso unsinnig geworden ist.
Ich werd mir die Scheibe kaufen, ein genaues Ohr dranhängen und dann meine Meinung posten.
Bin schon gespannt…
(Jarre und Vangelis gehören bei mir zum Jugendbrot)
Nachtrag/
…zwischen Instrumentenklang und Instrumentenspieler…
(war noch nicht ganz wach)
meinen herzlichsten glückwunsch an die beiden produzenten, die klänge sind superb! und an alle hardware-überfrachteten heimtüftler der freundliche hinweis, dass es auch mit einer hardware im wert von sage und schreibe euritos 1400 incl. laptop, software, sample digi synth und virtuell-analogem synth möglich ist, kreativste klangbilder zu generieren. soviel zu den access, dave smith, clavia preisexzessen. schon mal den blofeld angetestet mit simpler midi-tastatur ? da gehen viele sonnen auf einmal auf, wenn man's denn richtig hindreht, die lfo's, die wavetables und auch den arpeggio note für note programmiert. schweisstreibend und nervenzerrend, macht nix !! (-;
Also ich kann euch nur darin bestärken davon doch eine CD zu produzieren. Mir gefällt das sehr gut.
Ich kann mich da nur anschließen – Hut ab !
Klingt gut, macht neugierig, es weiterzuhören…
Außerdem ist mir diese Arbeitsweise der Beschränkung sehr bekannt und sympathisch…
Eigentlich zu schade für "nur ein Experiment" !
Jonson
Ich bin wirklich absolut überrascht! Es klingt wirklich exakt nach Jarre. Seine Art der Arrangements, die Sounds, und auch seine Harmonien sind perfekt übertragen. Meine Hochachtung an solch ein geniales Konzept ! Wie genial wäre es wenn der etwas in die Jahre gekommene Vangelis ebenfalls mal solch einen Relaunch erfahren würde. Seine 80er-Jahre mit den CS80-Strings waren einfach die besten.
Das wäre es natürlich. Schade daß man von Vangelis nichts mehr hört aber ich glaube der Mann ist zu alt für neue Projekte. Auf jeden Fall ist Vangelis für mich der Synthvirtuose schlechthin.
Ich hab mir die Scheibe zwar nicht gekauft, aber die Internet- Kostproben im direkt Vergleich mit einer Best of Jarre CD auf einem analog DJ-Mixer (Vestax PMC55) per Crossfader (hin&her) durch ein 2.1 System verglichen.
Absolut! Das ideale Expieriment um analoge Synths mit Pluggi’s zu vergleichen.
Irre, wie nah sich beide Welten liegen (Glückwunsch an die Desingner). Ich musste mich echt erstmal genauer hinein hören um überhaupt Unterschiede auszumachen. Aber um allen analog Freaks das Herz zu beruhigen: Die Unterschiede sind da!
Fazit: Der org.Jarre Sound liegt im Einzelnen dichter, also präsenter am Lautsprecher. Das EQ2 Expieriment klingt Hifimäßiger (sauberer) und räumlich etwas matschig, dennoch Eindrucksvoll. Beim höhen/obertonreichen Summenzusammenspiel dann allerdings nach „Handy“ bzw. Plastik.
Leider lagen die „Kontrahenten“ nicht im gleichen (wav) Format vor, sodass eine Fehlbeurteilung nicht auszuschließen ist, was das Obertospektrum anbelangt.
Außerdem ist dem Jarre- Sound es nunmal anzuhören, das seine Mischung aus Hardware Synthesizern/Samplern/Effekten etc. besteht, das lässt sich nicht so einfach Simulieren.
Aber Soundtechnisch, gerade im „geklonten“ Synthbereich und erstaunlicher Weise auch im Gesammtklang- ist nun all dies wohl eher gleich zu beurteilen. Obgleich bei resonanten Filterfahrten das gebritzel Fehlt. Der Bass ist auch bei EQ2 ordentlich, weiß bei analogen Down’n’ups aber auf Jarres Sauriern zu dominieren.
Ansonsten wird einem endlich klar welcherlei Möglichkeiten in heutigen Softwaresynthis/etc.
stecken.
Fragt sich nur ob es sich genauso anfasst? Und wenn der Hardwarecontroller sehr teuer war, gummibezogene 10bit Potis und Steinweehl besitzt? Analoge Röhren und Zerramp als auxsend &
Metalloberfläche???
Dann hoffen wir doch nur noch das Windows nicht hängen bleibt.
:-)
mit wenigen worten – was besseres habe ich noch nie gehört – ich glaubte – es wäre jarre selbst – alles klingt so analog warm und fett – wie ist das mit software möglich? ;-)
diese cd hätte ich sogar gekauft!
grüße aus thüringen
Leute, warum habt ihr euch nicht um alle Formalitäten gekümmert und es kommerziell vertrieben? Klänge oder Harmoniefolgen nachgeahmt, simuliert oder was auch immer, was zählt ist das was unterm Strich dabei heraus kommt, und das ist nunmal absolut hörenswert!! Und da sich heutzutage niemand mehr an diesen „Stil“ des damaligen JMJ´s ranzutrauen scheint, ist es ein Genuß diese Musik hören zu dürfen! Kompliment!!! Ein Stück Jugend (-Musik) kehrt zurück…
Equinoxe 2 nennt sich im übrigen jetzt „4334“ und ist ein Release als MP3 in diversen Shops. Wenn man http://www.equinoxe-two.com in den Browser eingibt, dann wird man automatisch mit http://www.4-3-3-4.de verlinkt.
Für alle Leute, die es vielleicht nicht mehr finden konnten.
Euer CandyDandy
Grandiose Umsetzung… kann mich dem Tenor nur anschließen. Ich sehe, das Projekt war sozusagen ohne Budget geplant, aber das 4334 Cover ist ja nun echt grausam gestaltet. Hier hätte man meiner Meinung nach ebenso Ideen im Jarre Stil entwickeln sollen, selbst wenn ein Grafiker von Nöten gewesen wäre. Gerade Granger’s geheimnisvolle Coverbilder von Oxygene und Equinoxe tragen viel zur Stimmung von Jarre’s frühen Erfolgswerken bei. Ohne Soundsamples hätte ich nie auf diese Qualitätsdimension geschlossen!
@Jauly Ha ha, danke für die konstruktive Kritik des CD-Covers. Michel Granger ist ziemlich Jarre treu und hat trotz seines bestehenden Interesses im Jahr 2006 einen Rückzieher gemacht, was die Gestaltung des Covers anging. Aus diesem Grund ist es sehr schwer einen brauchbaren Nenner dafür zu finden. Nach ewigem hin und her war das leider eine Notlösung.
Tut mir sehr leid wenn es nicht zusagt, aber vielleicht wird das künftig noch verändert.
Einen schönen Gruß
Elektronalin
Habt ihr gut gemacht. Wieder mal ein Beispiel für zwei, die es einfach DURCHziehen. Die Beschränkung einfacher Computer und Freeware Plugs ist super. Es ist vieles möglich, wenn man sich nicht nur über seine eigenen Ideen freut, die Vor- und Nachteile von Plug a und Hardware b im Fachgespräch erörtert und die Idee dann nicht bis zum Ende umsetzt. Ich schliesse mich selbst da keineswegs aus und ich mag JMJ noch nicht einmal :-)
Hätte ich gern nochmal gehört. Alle verlinkten Downloadseiten der Macher sind down oder unbrauchbar. Und ja, ich schreibe hier als erster seit über 10 Jahren. :) Da können die Macher schon durchaus stolz sein, wenn das so hängenbleibt, dass man das nochmal researched.