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Interview: Lennar Digital

Lennar Digital

30. November 2006

Lennar Digital (www.lennardigital.com) ist eine neue kleine Software-Firma aus Holland, die mit ihrem ersten und aktuellen Produkt „Sylenth“, einem virtuell analogen Synthesizer, für viel Furore in den einschlägigen Internet-Foren gesorgt hat. Ich habe mit Lennar über sich selber, den Synthesizer und seine Pläne gesprochen. Den Testbericht finden Sie in unserem Testarchiv.

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AMAZONA: Hallo Lennar, der Sylenth scheint auf extrem hochentwickelten Algorithmen aufzubauen. Warst Du schon in andere Audio Projekt involviert, oder hast Du erst für den Sylenth Deine DSP Kenntnisse erworben?

Lennar: Ich habe schon bei vielen Audio und DSP Projekten für Siemens VDO und die Universität von Twente (Holland) gearbeitet. Dabei ging es vor allem um Equalizer-Filter für Automobil-Multimedia. Zudem habe ich bei wissenschaftlichen Forschungsprojekten mitgearbeitet, bei denen ging es um aktive multikanal-Rauschunterdrückung.

AMAZONA: Du hast also einen fundierten Background! Der Sylenth ist ob dem guten Klang sehr genügsam, was den CPU-Verbrauch angeht. Wie stehst Du zum CPU-Verbrauch ähnlicher Software? Wissen die verantwortlichen Programmierer vielleicht nicht wie man eine solch gute Performance hinbekommt, oder wird denen seitens der Geschäftsleitung keine Zeit eingeräumt den Code dahingehend zu optimieren?

Lennar: Nun, zunächst scheinen es vor allem die großen Firmen zu sein, die sich offensichtlich nicht genug um Code-Optimierungen kümmern. Das kostet einfach Zeit und Zeit ist bekanntlich Geld! Und sie möchten den Code so Plattform-unabhängig halten wie möglich. Wenn man für ein OS hoch optimiert ist es schwerer es zu portieren, was wieder mehr Arbeit -> Zeit und -> Geld bedeutet.

AMAZONA: Bezüglich der Plattform-Kompatibiliät: Heute und in naher Zukunft sind ja die meisten Musik Computer und Workstations Intel-basiert. Die G5 Generation läuft aus und Apple ist zum Hohn aller Mac-Anwender die den G5 für die schnellste CPU hielten auf Intel umgestiegen. Insofern könnte man in Zukunft also auf bessere allgemeine Performance hoffen, da die Assembler Instruktionen OS-übergreifend gleich sind. Aber die Bedienoberfläche macht ja noch viel Programmierarbeit aus, oder?

Lennar: In der Tat, aber das gilt ja nur für Intel-CPUs und bei Altivec ist das eine ganz andere Geschichte. Man kann nicht für Altivec und SSE mit dem gleichen Code arbeiten. Die Bedienoberfläche (GUI) ist dabei noch nicht mal das Problem, da es Plattform-übergreifende Bibliotheken gibt, auf denen man aufbauen kann. Die nehmen einem schon viel Arbeit ab.
Dann gibt es Entwickler, die großartige Programmierer sind, aber nicht viel Ahnung von DSP-Algorithmen haben. Es geht auch viel mehr um die Optimierung des Algorithmus selber als um die Optimierung des Codes. Diese Entwickler implementieren einfach Algorithmen aus Lehrbüchern oder aus dem Internet, aber verstehen nicht wirklich wie sie diese Algorithmen verbessern können, geschweige denn komplett Eigene zu entwickeln.

AMAZONA: Du hast also wirklich einen neuartigen Ansatz bei der Entwicklung Deiner Algorithmen gewählt anstatt bereits bekannte Algorithmen ’nur‘ in SSE Assembler umzuschreiben ohne die C++ Compiler zu benutzen?

Lennar: Ja, ich habe angefangen mir die bekannten Algorithmen näher anzusehen um diese dann schließlich grundlegend zu verbessern. Die Oszillatoren waren möglicherweise der größte Teil. Die meisten digitalen Oszillatoren die ich kenne fangen in sehr tiefen und in sehr hohen Lagen an Qualiät einzubüßen. Manche Firmen nutzen sehr große Wavetables oder lange Interpolationsfilter, aber das benötigt sehr viele CPU-Zyklen und/oder den langsamen Speicher-Zugriff. Ich habe eine neue Technik entwickelt, um diese Probleme zu umgehen. Meine Oszillatoren klingen über den gesamten Frequenzbereich klar und qualitativ hochwertig. Und das von 0 Hz an bis zur halben Abtastrate, beanspruchen dabei aber nur einen Bruchteil an CPU. Das macht es mir möglich viele Oszillatoren auf einmal zu erzeugen ohne die CPU zu überlasten. Manche Synthesizer benutzen einen Trick um Unisono zu simulieren. Meist ist das ein einfacher Chorus, was aber nicht wirklich gut klingt. Im Synlenth ist wirklich jede Stimme ein echter unabhängig erzeugter Oszillator, was natürlich viel besser klingt!

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AMAZONA: Sehr interessant! Wenn Du also keine Wavetables benutzt, addierst Du dann so etwas wie einen Impuls bei jeder steilen Flanke um Aliasing zu vermeiden? Ich habe darüber schon mit anderen Entwicklern gesprochen, die ebenfalls Aliasing-freie Oszillatoren anbieten. Die sind aber nicht so effizient wie Deine! Es ist schon fast lustig, dass eine „One-Man-Show“ wie Du den großen Firmen zeigen kann wie der Hase läuft :-) !!

Lennar: Die Technik auf die Du Dich beziehst nennt sich minBLEP und ist bei vielen Entwicklern sehr beliebt. Vor allem für aliasingfreies Hardsync (Oszillator-Sync) und PWM (Pulswellenmodulation) ist das sehr hilfreich. Aber das benutze ich nicht. Meine Methode basiert schon weitestgehend auf Wavetables, aber nutzt nur sehr kleine. Ich habe eine Art von intelligentem Morphing konstruiert, welches über das gesamte Spektrum einfach super klingt. Aber mehr verrate ich jetzt nicht ;-)

Es gibt also eine Optimierung des Algorithmus auf der einen Seite, als auch die volle Nutzung des SSE Instruktionen auf der anderen Seite. So wurden die Filter vollständig in SSE Code geschrieben. Es gibt zwei Stereo-Filter für jede Stimme. Mit SSE kann ich alle vier Filter genauso schnell berechnen wie einen ohne SSE. Zudem habe ich alle Teile in denen ich mit Oversampling (z.B. Verzerung) arbeite auch in SSE geschrieben.

AMAZONA: Ja ich vestehe! Die Performance des Sylenth ist wirklich die beste die ich je bei einem VSTi gesehen habe. Hast Du Dich denn beim Klang der Oszillatoren und Filter an Hardware orientiert?

Lennar: Ich mag den analogen Klang des Minimoogs, aber auch die Unisono-Klänge (Supersaw) vom Virus oder dem JP8000. Obwohl ich die nicht als Referenz genutzt habe, haben sie mich doch bei der Programmierung des Sylenth indirekt inspiriert. Und das kann man auch hören, meine ich.

AMAZONA: Ok, Du hast also einen ’neu‘ klingenden Synthesizer kreiert :-) Nach diesem tollen Debut, was können wir für Folgeprodukte erwarten?

Lennar: Ich habe schon einige Anfragen für ein Effekt-PlugIn mit den Filtern des Sylenth wegen ihrem analogen Klang. Also kannst Du in dieser Richtung auf jeden Fall etwas erwarten. Ich bin auch sehr vom Resultat meines Phasers angetan, der mit seinem Klang fast einzigartig ist. Die Range ist viel höher als das hörbare Spektrum und er hat eine spezielle Frequenzspreizungsoption. Somit ist sowas auch auf meiner Liste. Aber ich habe schon viel mehr Ideen für andere Synthesizer und Effekte. Worauf Du Dich verlassen kannst ist, dass sie einzigartig sein werden, dass sie toll klingen werden und dass sie hoch optimiert sind! :-)

AMAZONA: Sehr gut, das ist genau was wir im derzeitigen PlugIn-Jungle benötigen! ;-) Vielleicht hast Du ja auch vor mal einen hochoptimierten Sample-Oszillator zu entwicklen. Ich meine für einen Sample-Player, denn der Bedarf an CPU-schonenden ROMplern ist immer noch sehr hoch, wenn man sich die ganzen 0815 Engines so anschaut. Einzig der Hypersoniq kann sich da etwas abheben. Halion klingt zwar gut, braucht aber viel Ressourcen, während Kontakt zwar schonender damit umgeht, klanglich aber nicht voll überzeugen kann, finde ich. Und nachdem wir schon mit Terrabytes an Sounds überhäuft werden, fehlt immer noch der ultimative und kompromisslose Sampleplayer. Hast Du auch schon über Hardware nachgedacht? Ich meine ein Synth mit dem (!) Sound würde auch als Hardware durchaus Sinn machen. Zudem würde das auch Deine tollen Algorithmen vor der Verbreitund durch Hacker-Gruppen schützen.

Lennar: Ja, ich habe darüber nachgedacht und ich bin auch jetzt noch fasziniert davon. Ich bin der Meinung, dass das höchste der Gefühle eine VST/Hardware Integration ist, so wie sie der Virus TI anbietet. Ich denke aber auch dass man dieses System noch verbessern kann. Es könnte also interessant sein, eine PCI Karte zu haben, auf der richtige analoge Filter sitzen, die man dann in seine DAW einbindet. (Stichwort Waldorf)
Das sind aber nur wilde Ideen ;-)
Auf jeden Fall werde ich aber Sylenth von Synthedit auf die VSTSDK portieren und dann ist auch noch eine Mac-Version geplant!

AMAZONA: Lennar, danke für das Interview!

 

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Forum
  1. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Prima Interview. Allerdings , lieber Thorsten Walter, ist Deine Anmerkung zu Apple (Zitat"Die G5 Generation läuft aus und Apple ist zum Hohn aller Mac-Anwender die den G5 für die schnellste CPU hielten auf Intel umgestiegen."") ..na ja, sagen wir einmal vorsichtig ..eine äusserst naive wie subjektive Intepretation der Entscheidung von Apple nunmehr halt Intel CPUs einzusetzen (die Gründe hierfür waren Verfügbarkeit der CPUs und Performance). Wenn schon überhaupt (noch) dann ging die Debatte doch immer Win versus OSX , also nicht um IBM CPUs versus Intel CPUs.

    Ansonsten ist das Interview wirklich sehr interessant. Beste Grüße

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Hallo Udap,

    schön dass Dir das Interview gefallen hat. Auch hier urteilst Du allerdings über meine G5 Aussage recht emotional, was die Intention meiner Aussage bestätigt. ;-)
    Denk mal drüber nach!

    Grüße,
    Thorsten

  3. Profilbild
    Dreitagebart

    Zitat: „… während Kontakt zwar schonender damit umgeht, klanglich aber nicht voll überzeugen kann, finde ich …“ Zitatende. (So eine ähnliche Meinung habe ich auch) Hilfe: Welcher Softwaresampler bläst meinen E4 Ultra aus dem Studio, ich bin für jeden Rat sehr sehr dankbar. Ich möchte auf Softwaresampler umsteigen (Mac oder PC ist egal), habe aber bis jetzt noch nichts entdeckt, was diesbezüglich so fett und present wie die alte Hardware klingt. Ich nutze RME- (PC), Metric- und Apogee-Wandler (Mac).

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