Ein U47 Mikrofon für das nächste Jahrtausend!
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Das Golden Age Premier GA-47 MkII Röhren-Großmembran Kondensatormikrofon: Im April noch in unserem großartigen AMAZONA.de Gewinnspiel und jetzt in unserem Studiotest – ich freue mich! Denn das GA-47 MkII ist nicht nur ein weiterer Neumann U47 Nachbau, sondern bietet einige Besonderheiten, die beim deutsche Original nicht vorhanden waren und ist zudem deutlich preisgünstiger. Na, wenn das nicht gute Zutaten für einen echten Feinschmeckertest sind? Also: Wohl bekomm’s!
Golden Age Premier GA-47 MkII und das große Vorbild
Sparen Sie sich die Internetsuche: Während ich diesen Test schreibe, finde ich aktuell nur ein Neumann U47 als Röhrenmikrofon im Netz. Ein Verkäufer auf einer bekannten Online-Auktionsplattform möchte 24.900,- Euro für ein gut erhaltenes Exemplar haben. Auch wenn das vielleicht etwas hoch gegriffen ist: 5-stellig wird es auf jeden Fall, wenn Sie noch so ein Schätzchen in der Röhrenausführung mit originalem Netzteil haben möchten.
Die Georg Neumann GmbH hat zwar das U47 wieder neu aufgelegt, aber nur in der FET Konfiguration und auch hier sind über 3.500,- Euro zu berappen.
Natürlich gibt es zahllose Nachbauten, wie das Warm Audio WA-47 und – man mag es kaum glauben, auch das noch erhältliche Telefunken U-47 für schlappe 11.199, – Euro ist nur ein Klon, denn es handelt sich natürlich nicht um den ehrenwerten deutschen Hersteller, sondern um ein US -Unternehmen, das die Markenrechten erworben hat und die Produkte „originalgetreu“ fertigt.
Das Neumann U47 war und ist sehr beliebt beim Einsatz für Frauenstimmen und bekannte Künstlerinnen wie Cyndi Lauper und Aretha Franklin bevorzugten das eher tiefenbetonte Klangbild des 47ers. Selbst Taylor Swift hat schon komplette Alben damit aufgenommen. Kein Wunder, dass der Wunsch nach einer gleich oder zumindest ähnlich klingenden Lösung aufkommt.
Die Ausstattung des Golden Age Premier GA-47 MkII
Das in einer chinesischen Spezialwerkstatt von Hand gefertigte Mikrofon wird in einem stabilen Alukoffer geliefert und die gesamte Aufmachung macht keinen Hehl daraus, dass man es hier mit einem Premium-Produkt der Schweden zu tun hat.
Das GA-47 MkII wird nach der Fertigung in Fernost in Alingsas (Schweden) nochmals auf Her(t)z und Nieren geprüft, bevor es ausgeliefert wird. Ein Netzteil mit Hammerschlag-Metall-Schutzlack, eine Mikrofonspinne und das 5-polige Verbindungskabel zwischen Netzteil und Mikrofon sind ebenfalls Teil des Sets. 5-poliges Kabel? Ja, denn das Mikrofon besitzt zwei Membrane und ist in der Richtcharakteristik zwischen Niere und Kugel umschaltbar.
Für den Anschluss an das Audiointerface wird dann noch ein handelsübliches XLR-Kabel benötigt. Dass der Hersteller das edle Stück zusätzlich in eine mit Samt ausgekleidete Echtholzkiste bettet, versteht sich praktisch von selbst.
Das Mikrofon besitzt intern eine Rogers PCB HF-Leiterplatine mit Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung und eine Telefunkten EF-800 Pentodenröhre. Diese Röhre ähnelt der VF14M, die im Vintage-Neumann U47 zum Einsatz kam. Die EF-800 ist allerdings rausch- und verzerrungsärmer und zudem langlebiger als das ehrwürdige Original oder eine englische Phaedrus VF14M.
Der Mikrofonkorpus besteht aus Messing mit einem Korbgitter aus Eisen. Im Vergleich zum Vorgänger hat man die Kapsel weiter optimiert: Golden Age hat die Eigenschaften einer K47 Kapsel und einer K67 miteinander verbunden, um einen weiterhin warmen, aber auch klaren Sound zu erreichen. Auch hier wird deutlich: Das Golden Age Premier GA-47 MkII ist nicht nur einfach ein Nachbau, sondern das schwedische Unternehmen nimmt sich die Freiheit, innerhalb der verschiedene Klänge der originalen Neumänner zu experimentieren. Ich persönlich mag es, wenn der Hersteller selbst bei einem Nachbau einen eigenen Sound einfließen lässt.
Im Netzteil des GA-47 MkII wartet ein 6,5:1 Dual Bobbin Mikrofon-Ausgangsübertrager auf seinen Einsatz. Dieser ist eine Replik des BV8, der im Neumann U47 zum Einsatz kam. Neben einem Power-Knopf haben wir dann noch den Umschalter der Richtcharakteristika: Kugel oder Niere.
Das Mikrofon selbst hat keinerlei Bedienelemente und wird üblicherweise mit einem Mikrofonständer betrieben. Mit nur 591 g Gewicht ist das Mikrofon zwar nicht zu schwer, aber durch den ausgeprägten Nahbesprechungseffekt erscheint es besser, wenn Mensch und Mikro eine weitgehend konstante Entfernung zueinander haben. Zumal man das GA-47 MkII natürlich von vorne bespricht und nicht von oben.
Die Spinne ist eine recht einfache Konstruktion mit Gummibändern: Der Neigungswinkel lässt sich über eine Fixierschraube einstellen und die Aufnahme erfolgt klassisch über den nordamerikanischen Gewindestandard oder ein Reduziergewinde für europäische Stative und Halterungen.
Ich habe schon robustere Spinnen in der Hand gehabt und es stellt sich die Frage, wie lange die Gummibänder das Mikrofon gerade halten. Einen Windschutz oder ein Popfilter sucht man vergebens – was aber zu erwarten war, denn in dieser Preisklasse wird kaum ein Mikrofon jemals den freien Himmel sehen.
Eine Besonderheit ist sicher die Tatsache, dass der Korpus und die Kapsel jeweils mit den Komponenten des U47 austauschbar sind: Gewinde und Maße stimmen mit dem U47 von Neumann überein. Ob dies tatsächlich genutzt wird, kann ich mir kaum vorstellen, aber warum eigentlich nicht?
Die technische Daten des Golden Age Premier GA-47 MkII
Die Daten entsprechen heutigen Studiostandards:
- Frequenzbereich 20 Hz – 20 kHz
- Max. SPL 140 dB
- Noise Level: 10 dB
- Impedanz: 200 Ohm
- Kapseldurchmesser: 1 Zoll (27 mm)
Auffällig ist das für Röhrenmikrofone sehr niedrige Eigenrauschen von nur 10 dB – da braucht man keine Gates etc. einzusetzen. Lobenswert!


Golden Age Premier GA-47 MKII
Was ist der Unterschied zum Vorgänger?
Der Vorgänger (ohne MkII) wurde in einem authentischen Tweed-Koffer geliefert, was einen tollen Vintage-Charme transportiert. Das Netzteil ist jetzt schwarz (vorher silber) und das war es auch schon mit den augenscheinlichen Unterscheiden. Das MkII soll mehr den Anforderungen moderner Aufnahmen genügen: Die überarbeiteten Kapseln sind empfindlicher und sollen anspringender und insbesondere in den Mitten transparenter klingen. Und ganz wichtig: Das Lötzinn stammt vom deutschen Spezialisten Mundorf aus Köln. (Ironie-Alarm!)
Wie klingt das Golden Age Premier GA-47 MkII?
Gleich vorneweg: Nein, ich habe kein originales Neumann U47 in Röhrenkonfiguration zum Vergleich. Leider verdienen AMAZONA.de Autoren nicht so viel, um „eben mal“ ein 25.000,- Euro Mikrofon für Tests vorhalten zu können. Aber ich habe aktuell noch das Universal Audio Sphere dlx bei mir, das mit dem Profil LD-47K ein Neumann U47 modelliert. Hier die Beschreibung von Universal Audio:
Das 1947 entwickelte Neumann U47 hat sich als das ultimative Studiomikrofon bewährt. Ausgiebig genutzt von den Beatles, Frank Sinatra und unzähligen anderen, wurden nur etwa 6.000 dieser Mikrofone produziert. Das für dieses Modell analysierte Neumann U47 verfügt über eine Vollmessingkapsel mit einer geschraubten Mylar-Membran und einer echten VF14-Röhre.
Falls Ihnen, verehrter Leser, das nicht genügt, kann ich Ihnen gerne den Link zum Online-Angebot zusenden (ja, auch das ist Ironie!). Bitte seien Sie sich auch bewusst, dass die angebotenen Vintage U47 Mikros alle unterschiedlich klingen – einen echten Originalklang findet man wohl nur noch im geheimen unterirdischen Lager der Georg Neumann GmbH. Alle anderen U47er sind in Sachen Röhre, Membran und Übertrager gealtert und somit ist es wie bei fast allen Vintage-Geräten: Sie sind Einzelstücke mit ihrer eigenen Klangsignatur, die sich abhängig von Licht, Luftfeuchtigkeit, Zigarettenrauch und anderen Umwelteinflüssen gebildet hat.
Um Raumeinflüsse zu vermeiden, habe ich die Mikrofone in meinen sE ElectronicsAudio RF-X Reflektor eingespannt und meine Stimme im Vergleich mit dem UAD Sphere DLX aufgenommen. Als Preamp wurden die sehr neutralen Universal Audio Apollos verwendet. Alles ohne weitere Effekte.
Im direkten Vergleich klingen die beiden Mikrofone erwartungsgemäß sehr ähnlich, wenn auch das Golden Age in den Mitten einen helleren Charakter hat. Dies zeigt sich besonders in der Sprachverständlichkeit und Durchsetzung. Im Gesang kann dies unter Umständen diese Prise „too much“ sein, aber im Bereich von Podcasts, Sprecher oder insbesondere Rap fühlt sich das Golden Age sehr wohl. Alle Transienten, Zischlaute und harte Konsonanten werden klar und sehr präzise aufgenommen.
Natürlich hat das mit dem insgesamt dunkler abgestimmten U47 Modeling von Universal Audio weniger zu tun, aber ich finde, dass dieser moderne Charakter dem GA-47 MkII gutsteht. Insgesamt haben beide Mikrofone eine schöne Abbildung, einen natürlichen Raum und viele Klangfarben, die aber nie ins übertrieben „röhrenartige“ verfällt, sondern immer auf der neutralen Seite bleibt.
Conclusio
Ich frage mich: Würde ich mir das Golden Age Premier GA-47 MkII kaufen, wenn ich auf der Suche nach einer U47 Alternative wäre? Ganz ehrlich? Nein. Hier wären das Warm Audio oder sogar das Universal Audio Sphere LX/DLX Modeling-Mikrofon meine erste Wahl. Diese sind klanglich einfach näher am Original mit dem insgesamt dunkleren Charakter. Möchte ich aber ein qualitativ sehr hochwertiges und gut klingendes Röhrenmikrofon haben, welches den U47 Klang ins neue Jahrtausend transportiert, dann kann ich das Golden Age Premier GA-47 MkII guten Gewissens empfehlen! Aber, liebes Golden Age Team: Eine Pad-Funktion und ein Low-Cut direkt am Mikrofonkörper würden dieser Neuauflage noch gut tun!
Es hat eine sehr gute Sprachverständigkeit und ist deshalb für Hiphop und Rap zu empfehlen.
Wäre es auch brauchbar für Sänger oder Blockflötenvirtuosen?😎
@chris Nein, für Sänger und insbesondere Blockflöten ist das Mikro GAR NICHT GEEIGNET. ;-)
Bei Blockflöte würde ich auch nichts unter 10.000 Euro in Betracht ziehen – besonders im Musikunterricht für 5-Jährige.
@Jörg Hoffmann Hi. Jörg!
😂
Find ich gut, dass du auf meinen Kommentar so locker antwortest.
Ich wollte dich ein bisschen Hochnehmen.😎
Dein Testbericht ist gut geschrieben und informativ.
Ich frage mich nur immer, ob man als Amateur oder Hobbymusiker so etwas benötigt.
Als Profi holt man sich wahrscheinlich Zeugs vom Originalhersteller.
Mich zumindest würde die Preis/Leistungs Abwägung im Vergleich zu „Billigheimern“ abschrecken, zugunsten der Letztgenannten.
Das Warm Audio kostet gute 1000 € weniger obwohl mir die Optik vom GA-47 MkII schon sehr gut gefällt.
Bei dem Preis ist es aber auch super als Einweg-Mikrofon zu gebrauchen. Mir fehlt allerdings noch eine sinnvolle Lavalier-Montierung…
Auf JEDEN Fall ein spannendes Teil.