Hi-End-Kopfhörerverstärker allein auf weitem Feld
Eine kleine Einführung in die Firmenhistorie von Phil Jones Bass hatte ich ja bereits im letzten Artikel zum Phil Jones Bass BP-800 geliefert, so hier nur in aller Kürze: Es gibt tatsächlich einen Menschen ,der so heißt, das ist kein ausgedachter Firmenname und der Mann ist seit den späten 1960ern mit diversen Firmen im Audiosektor tätig. Da Phil Jones aber ursprünglich nicht nur Ingenieur, sondern auch Bassist ist, ergab es natürlich vollkommen Sinn, früher oder später auch Bassverstärker herzustellen. Die werden unter der Marke Phil Jones Bass vermarktet und haben sich in den letzten Jahren einen ganz ansehnlichen Ruf erworben. Nun liegt der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 zum Test vor, ein batteriebetriebener Kopfhörerverstärker mit Zweitfunktion als Recording-Interface. Teilweise wird das Ding auch als Mobile Bass Amp HA-2 beworben, ich halte mich im Folgenden aber an die Bezeichnung, die sich auf der Hersteller-Website findet.
Der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 stellt eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Bighead HA-1 dar, der auch weiterhin erhältlich ist. Im Prinzip hat man die Funktionalität etwas erweitert, der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 bietet gegenüber dem HA-1 unter anderem verbesserte Interface-Funktionen mit höherer Sampling-Rate, eine etwas höhere Ausgangsleistung sowie einen Line-Out in 6,3 mm Klinke. Das lässt sich Phil Jones aber auch fürstlich bezahlen. Das Gerät ist wie alle Phil-Jones-Verstärker designed in the U.S.A., aber made in China und schlägt mit derzeit 389,- Euro zu Buche. Den HA-1 bekommt man für 199,- Euro, also in etwa die Hälfte. Für einen Kopfhörerverstärker ist das auf jeden Fall ein stolzer Preis, fühlen wir dem Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 mal auf den Zahn, ob die Qualität den Preis rechtfertigt.
Facts & Features
Der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 wird wie üblich im bedruckten Pappschuber ausgeliefert, auf dem man außen bereits ein Diagramm des Frequenzgangs findet. Hier wird lineares Verhalten versprochen, das mit den beiden EQ-Reglern beeinflusst werden kann. Diese greifen bei Center-Frequenzen von 50 Hz und 5,5 kHz mit einem Hub von maximal 18 dB und sind relativ breitbandig ausgeführt. Angesteuert werden sie über ein Stack-Poti, derer zwei sind auf der Frontplatte zu finden. Das andere ist für Gain und Lautstärke zuständig. Die Vorstufe ist komplett analog ausgeführt, die Interface-Funktionen natürlich digital, unter Verwendung von Komponenten aus dem Hause Burr-Brown, also der Firma, die in den 1950ern den ersten in Serie gefertigten Halbleiter-Operationsverstärker herstellte, inzwischen allerdings zu Texas Instruments gehört.
Der Kopfhörerausgang ist als 3,5 mm Stereoklinke ausgeführt, da mag sich der eine oder andere Purist zwar dran stören, aber gerade für die Verwendung als Übungsgerät mit In-Ears ist das natürlich praktisch. Weiterhin gibt es einen Aux-Input im selben Format, was den Anschluss diverser Quellen ermöglicht – allerdings haben moderne Smartphones meist keinen Klinkenausgang mehr, entsprechend stellt sich hier die Frage, ob nicht eine (ggf. zusätzliche) Bluetooth-Schnittstelle zeitgemäßer gewesen wäre. Line-Out und Input im 6,3 mm Klinkenformat sind Standard, daneben sitzen auf der Rückseite dann noch der On/Off-Schalter und der Micro-USB-Anschluss. Letzterer erfüllt zwei Funktionen, einmal dient er zum Laden des Akkus mittels handelsüblichem Handy-Ladegerät, außerdem kann man den Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 über USB an einen Rechner anschließen und so als Interface nutzen. Intern ist ein Lithium-Ionen-Akku verbaut, der in drei Stunden geladen sein soll und für acht Stunden Betrieb reicht, grob überschlagen müsste er also eine Kapazität von etwa 15 Wh aufweisen. Was mich etwas wundert ist, dass der Akku anscheinend leer ausgeliefert wird – nicht unbedingt best practice für diesen Batterietyp, die Dinger leben am längsten, wenn sie ungefähr halbvoll geladen sind. Der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 ist aber sofort betriebsbereit, sobald der mit dem Ladekabel verbunden ist, man muss also nicht erst warten, bis der Akku voll ist. Ein Ladegerät wird nicht mitgeliefert, das Kabel schon, ein Handy-Ladegerät sollte sich 2019 allerdings in jedem Haushalt auftreiben lassen.
Mit Abmessungen von 75 x 149 x 24 mm und einem Gewicht von knapp unter 300 g ist der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 für einen Kopfhörerverstärker recht ausladend, passt aber im Prinzip gerade noch so in die Hosentasche. Einen Clip zum Anbringen am Gitarrengurt sucht man allerdings vergeblich. Das Gerät selbst ist fast komplett in Aluminium ausgeführt und wirkt solide und wertig, so wie die meisten anderen Phil-Jones-Amps auch.
Zwischenfazit
Ehrlich gesagt hinterlässt der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 bei mir einen etwas zwiespältigen ersten Eindruck. Klar, das Gerät wirkt wertig und solide und was die Klangqualität angeht, hat Phil Jones eigentlich noch nie enttäuscht. Allerdings fehlt eine Schnittstelle für moderne Smartphones, einen Clip zum Anbringen am Gurt gibt es auch nicht und allzu viele Features bringt der Amp auch nicht mit. Phil Jones Bass ist ja an sich auch für relativ abgespecktes, fast primitiv anmutendes Equipment in hoher Qualität bekannt – hoffen wir mal, dass das hier auch der Fall ist und den Preis von 389,- Euro rechtfertigt.
Praxistest
Was bislang noch unerwähnt blieb ist, dass Phil Jones den Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 als Universalgerät für Bass, Gitarre und sämtliche Instrumente bewirbt, das man obendrein auch einfach zum Musikhören verwenden kann. Letzteres kann ich unterschreiben, der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 gibt genau das Signal an die Kopfhörer weiter, was am Aux anliegt, ohne irgendwie zu verzerren oder auszudünnen. Was das Gitarrenspiel angeht – nein. Man kann natürlich eine Gitarre anschließen, aber durch die sehr lineare Charakteristik bekommt man eben den nicht sehr charmanten „nackten“ Klang der E-Gitarre auf die Ohren, im folgenden Beispiel eine Powerstrat mit einem Seymour Duncan SH6 am Steg.
Mangels Boxensimulation klingt der Amp auch mit Zerrpedalen davor mit der Gitarre nicht wirklich gut. Hier ist die Werbung auf jeden Fall über das Ziel hinausgeschossen – der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 ist klar ein Kopfhörerverstärker für den E-Bass. (Als Recording-Interface zusätzlich zu einem Verstärker ist er natürlich universell nutzbar.)
Mit dem Bass bekommt man zwar ebenfalls das trockene Signal auf die Ohren, das lässt sich aber mit den natürlich bassgerecht abgestimmten EQ-Reglern gut formen und genießbar machen. Bereits beim HA-1 war hin und wieder das Fehlen einer Boxensimulation bemängelt worden, ich sehe das eher nicht als Manko, gerade zum Üben und Aufnehmen habe ich gerne das trockene Signal, um genau zu hören, was ich da eigentlich tue. Mit meinem alten Preci klingt der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 jedenfalls mit kleinen Anpassungen sehr gut. Ich wollte dann kurz den Aux-Eingang auf Herz und Nieren testen, was darin resultierte, dass ich fast eine Stunde damit verbrachte, fast die komplette Powerslave von Iron Maiden mitzuspielen. Da man das eigene Signal sehr kontrolliert dazumischen kann, macht es wirklich einen Heidenspaß, mit dem Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 zu Aufnahmen mitzuspielen und das ist denke ich auch das, wozu dieser Verstärker gemacht ist. Ich selbst bin zum Beispiel musikalisch nur semiprofessionell unterwegs und muss mein Geld mit was anderem verdienen. Beruflich bin ich im Moment relativ oft auf Reisen (ich schreibe diesen Testbericht z. B. gerade in Jakarta) und finde mich dadurch häufig in der Situation, dass ich direkt nach der Heimkehr Gigs oder Studiotermine anstehen habe. Gerade dafür ist ein guter Kopfhörerverstärker Gold wert, um sich adäquat vorbereiten zu können und auch für jeden anderen Bassisten, der daheim beim Üben in der Mietwohnung nicht die Lärmhölle lostreten möchte, lohnt sich eine solche Anschaffung.
Nun gut, also mal die Funktion als Recording-Interface ausgecheckt – Soundbeispiele aufnehmen muss ich ja sowieso, auch wenn das bei einem sehr linear ausgelegten Kopfhörerverstärker fast schon ein wenig witzlos ist. Anders als bei Verstärkertürmen, wo noch diverse Mikrofone und Vorverstärker das Signal verfremden, hört man hier bei den Beispielen allerdings wirklich, was einen erwartet, wenn man seine Kopfhörer in den Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 einstöpselt.
Windows erkennt das Gerät bei Anschluss über USB sofort, findet allerdings keinen Treiber – den kann man sich aber schnell und unkompliziert von der Phil Jones-Website herunter laden. Komischerweise bestand mein Antivirus-Programm darauf, den Treiber mehrmals in die Quarantäne zu verschieben – ein Scan ergab dann aber nichts, hätte mich auch gewundert. Nachdem dieses Problem eliminiert war, ließ sich der Treiber schnell installieren und der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 wurde von sämtlichen Audioprogrammen erkannt, zusätzliche Software ist nicht erforderlich. Schön! Also los, wie üblich ist mein alter PJ-Bass am Start. Ausgehend vom neutralen Sound, der wirklich genau so klingt als wenn man den Bass einfach ins Board jagen würde, lassen sich mit Bass- und Höhenregler verschiedene Grundsounds basteln. Die Klangregelung ist wie erwähnt relativ abgespeckt, aber effektiv.
Auch Extremeinstellungen à la Bässe und Höhen voll geboostet meistert der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 ohne Verzerrungen oder Ähnliches. Erst bei Vollausschlag des Treble zeigt sich ein ganz leichtes Rauschen, bis dahin verhält der kleine Jones sich extrem nebengeräuscharm.
Beides ganz rausdrehen kann man natürlich auch – in Ermangelung eines Mittenreglers kann man so einen Mitten-Boost erzielen.
Auch mit dem Plektrum kriegt man ordentliche Sounds raus, ich bin etwas überrascht, dass ich es fertiggebracht habe, mit nur einem 2-Band-EQ sieben verschiedene Soundbeispiele zu fabrizieren!
Im Prinzip hat man eben die gleichen Einstellmöglichkeiten wie an einem aktiven Bass mit 2-Band-EQ. Den Grundsound des Instruments verbiegen kann man damit zwar nicht, aber zur groben Anpassung an Spieltechnik und Musikgenre reicht es. Zum Recording ist der Phil Jones Bass Bighead Pro HA-2 somit eher ein Interface mit zusätzlicher Klangregelung als wirklich ein klangfärbender Verstärker. Keine ultimative Waffe für das Studio, eher ein Tool, um mal eben fix daheim was zu tracken. Das geht mit Sampling-Rates bis zu 384 kHz und 24 Bit allerdings in sehr guter Qualität – man ist zur Verwendung des Signals im Mix aber gegebenenfalls auf Reamping im Studio oder Digital-Plugins angewiesen.