Der verbesserte Arturia Mini Version 2.0
Der Heilige Gral 2.0
Wir erinnern uns: Der Minimoog war der erste tragbare Kompaktsynthesizer (daher eben das „Mini“) und dank Holzgehäuse, drei Oszillatoren, Rauschgenerator und eben einem 24dB Lowpass Filter im legendären Moogdesign praktisch der Prototyp für alle halbwegs tragbaren Synthies. Außerdem klang er enorm gut – breit, druckvoll, warm, obertonreich – ideal für Bässe und Leads. Nur für Flächen und ähnliches war er wenig zu gebrauchen – er war eben nur einstimmig. Nichtsdestotrotz blieb er für viele der Synthesizer (zumindest der Analoge), der „Heilige Gral“ unter den Synthesizern (Ken Macbeth), und sowohl seine aktuellen Nachfolger, der immer noch so komisch nach Japan-Plüschtier klingenden Firma, als auch die meisten klanglich halbwegs an ihn heranreichenden Kopien teilen mit dem Original immer noch eines: den Preis. 4875 DM kostete das Ding damals neu – auf Ebay ist es heute wohl auch kaum billiger zu bekommen.
Dank Karl Steinberg und seiner VST-Technologie ist das ganze mittlerweile aber auch einfacher zu haben, zwar als Programmcode ohne Seitenteile aus Holz, aber auf einer CD eben auch platzsparender. Arturia Minimoog heißt die Kopie, und sie wurde hier auf Amazona auch schon besprochen (siehe Link unten). Nun kommt mit Version 2.0 eine überarbeitete Version der Franzosen, die einige Neuerungen bieten soll: neues Presetmanagement, verbesserte Modulationsmöglichkeiten, einige neue Presets und vor allem eine neue Vokalfiltereinheit. Anlass genug für einen ergänzenden Test, der darüber hinaus auch die Frage diskutieren soll, was denn nun der beste Clon unseres Heiligen Grals ist – denn eine ganze Reihe von Software-Programmierern konnte sich nicht beherrschen und klonte munter los. Und so gibt es neben einer Variante für das Soniccore/Creamware Scope-System auch zwei weitere Nachbauten für die VST-Schnittstelle.
Überblick
Da das Original schon von Amazona getestet wurde, sollen die Features der ersten Version hier nur kurz zusammengefasst werden. Wer es genauer wissen will, sollte den ursprünglichen AMAZONA -Test lesen. Prinzipiell folgt Arturias Nachbau der oben beschriebenen (3-Oszillator/Lowpass-)Spezifikation bis ins Detail. Wie das Original erlaubt auch der Minimoog V das Wiedereinschleifen des Ausgangs in den Eingang, was tendenziell leicht chaotische Feedbacks und ähnliches erlaubt. Außerdem sind einige Verbesserungen integriert. Neben der Polyphonie sind dies eine zuschaltbare Übersteuerung/Softclip zum Limitieren und leichten Anfetten, ein zuschaltbares Unisono sowie eine Modulationsmatrix mit zusätzlichem LFO, ein Arpeggiator, ein Chorus und ein Delay.
Auch gibt es einen „Motion Rekorder“, der nach Art der Vektorsynthesizer wie Prophet VS die Aufnahme und freie Erstellung komplexer Hüllkurven erlaubt, die ihrerseits diverse Synthesizerparameter steuern können. Generell beschränken sich alle Zusätze auf das nötige und musikalisch Sinnvolle. Das Delay ist beispielsweise als Stereovariante integriert und bietet MIDI-Sync sowie separate Delayzeit und Feedback für rechts und links. Mit diesen Erweiterungen wird der Synthesizer deutlich mehr als ein reiner Bass- und Leadsynth: Flächen, Arpeggios aber auch Keys und viel Abgefahrenes wird möglich – sehr gut. Die Oberfläche ist dabei photorealistisch gestaltet und hübsch (mit zumindest virtuellem Holz), aber zum Teil kaum ablesbar. Auf einem kleineren Notebook oder Monitor ist die Oberfläche nahe am Prädikat „unbedienbar“. Hier sollte man sich schnell alle Parameter auf den eigenen USB-Controller setzen, was zum Glück mittels „Strg+Mausklick“ sehr einfach gelöst wurde. Auch folgen die Werte und Bezeichnungen dem Original-Minimoog, was zum Teil verwirrt. „Emphasis“ für die Resonanzfrequenz ist heute eben nicht mehr gebräuchlich, hier muss man sich etwas eingewöhnen. Gut gelungen sind dagegen die Presets, von denen der Minimoog V mittlerweile etwa 700 bieten dürfte. Hier sind eigentlich alle möglichen Standard-Sounds vorhanden, und auch die neuen Möglichkeiten – etwa der Vokalfilter – sind bei einigen Sounds zu hören. Die Möglichkeiten der Modulationsmatrix wurden allerdings nicht ausgereizt, schade.
Vokalfilter
Das Vokalfilter prägt Signalen die Charakteristika menschlicher Vokale (ja !) auf und bietet hier das mittlerweile übliche A, E, I, O, U. Ungewöhnlich ist aber, dass hier mittels eines LFOs und einer cleveren Benutzeroberfläche Zwischenstufen oder auch sehr lebendige Wechsel zwischen den Formanten möglich sind. Der gewünschte Klang wird einfach durch Positionierung eines kleinen roten Punktes in der Nähe der Vokale auf einem Bedienfeld erzeugt. Schaltet man den in Geschwindigkeit regelbaren LFO ein, lässt sich durch Positionierung des Punktes und der Formanten auf dem Feld praktisch jede gewünschte O-A-I-E-U-Kombination erreichen. Ein Resonanzparameter erlaubt es außerdem, den vokalen Charakter nach Wunsch zu betonen. Weiterhin ist der Vokalfilter auch als Ziel für die Modulationsmatrix einsetzbar.
Soundmap
Die zweite große Neuerung ist das „Soundmap“ getaufte Presetsystem, das separat aufrufbar ist und drei verschiedene Ansichten bietet. Die erste zeigt einfach die Presets in eine Liste an. Prinzipiell werden die Sounds nach Kategorien und Sounddesigner geordnet dargestellt, wobei sich einzelne Kategorien abschalten lassen. In zwei weiteren Ansichten erlaubt Soundmap nun das Überblenden bzw. Morphen zwischen einzelnen Sounds, die sich als Snapshots speichern lassen. Hierzu ist es möglich, auf einer Art graphischem Feld alle oder auch nur die gewünschten Kategorien von Sounds anzuzeigen und dann mittels gedrücktem Mausbutton den Ursprungssound ihn Richtung gewünschtem Sound zu ziehen. Auf diese Art lassen sich bis zu vier Varianten erstellen und speichern, die sich in einer weiteren Ansicht dann gleichfalls zwecks Feintuning weiter mischen bzw. überblenden lassen. Das System ist in der Praxis einfach zu bedienen und erlaubt sowohl die Verfeinerung von Presets als auch das unkomplizierte Erschaffen von neuen und unerhörten Klängen.
Klang & Konkurrenz
Wie auch schon Version 1.0 klingt der Minimoog V auch in der Version 2.0 ausgesprochen gut. Der Sound wirkt breit, ziemlich warm und klar – „mächtig“ ist ein ganz gutes Adjektiv zur Beschreibung. Mit den neuen Möglichkeiten bzw. den alten Zusätzen wie Arpeggiator, den gut klingenden Effekten und vor allem dem Vokalfilter hat man auch eine Menge an Klangpotential. Vor allem das Vokalfilter klingt prima und ist ordentlich zu bedienen – für Effektsounds und insbesondere interessante Flächen bringt dieser neue Zusatz viel. Unter den analogen VSTI-Emulationen nimmt auch der Minimoog V 2.0 einen Platz an der Spitze ein, wenn auch nicht konkurrenzlos:
Zum einen gibt es da den Gmedia Minimonsta, der ebenfalls eine nahezu absolute 1:1-Kopie des Minimoogs ist, mit mehr Presets kommt und als Download nur 149 Euro kostet. Seine Oberfläche ist übersichtlicher, wenn auch weniger hübsch, und auch er hat Patch-morphing, mehr Modulationsmöglichkeiten und ein Delay an Board. Klanglich ist er sehr ähnlich, aber zumindest für die Ohren des Autors etwas präziser: gerade das Filter greift besser, und der manchmal minimal schwammige Arturia-typische Grundklang fehlt. Persönlich würde ich daher den Minimonsta bevorzugen, wenn man das Vokalfilter nicht braucht. Eine andere Alternative für Preisbewusste ist der MinimogueVA, der in Synthedit erstellt wurde und Freeware ist. Auch er bietet diverse Extras wie einen Stepsequencer. Der Klang ist gut, aber erreicht nicht das Niveau des Minimoog V oder des Minimonsta.
Dann wäre da noch der Minimax, der Nachbau von Creamware bzw. Soniccore, der nur auf den hauseigenen Karten und Systemen läuft, also den Scope-PCI-Karten, dem Noah, den ASB-Boxen und neuerdings dem Use Audio Plugiator. Gerade für Perfektionisten und Live-Interessierte bietet sich hier eine echte Alternative: Für meine Ohren klingt der Minimax einfach noch einen Zacken runder, druckvoller und analoger als der Arturia Minimoog V oder der Minimonsta. Bei dem Preis kommt man aber auch in die Nähe eines echten Analogen und sei es auch nur Dave Smiths Mopho (um die 350 Euro) – das wäre auch mein persönlicher Alternativ-Tipp, auch wenn der als Prophet-Ableger deutlich anders klingt.
Hallo Christopher,
Du schreibst „Gmedia Minimonsta, der ebenfalls eine nahezu absolute 1:1-Kopie des Minimoogs ist“ . Bezogen auf das User Interface stimmt durchaus , mit einigen Unterschieden. Der Klang dieser Softwaresynths fangen aber lediglich den Charakter des Originals ein. Ansnonsten sind Welten dazwischen.
Top Soft Synth – der fehlt in keiner meiner Produktionen.
Als leichtes Add on Pad, als schreiender Lead Sound, als Percussiver Bass, als FX Filter…. er klingt einfach rund, passt überall rein = Hochwertigster Grundsound überhaupt.
Abgesehen von der enormen CPU Auslastung ist dieser Synth das non-plus Ultra, wer auf elektronische Klänge abfährt – ob im pop rock, hiphop oder Techhouse genre usw.
Mit der neuen Sound Map funktion kommt noch mehr leben in das Teil – geschweige von den Vocal filtern.
Ob er jetzt wie das Original klingt? Keine Ahnung – mir auch egal ;-) Er kann zumindest mehr als das Original. Und wann kommt ein Sound in einem Song mal rein solo vor?… in nem Mix eingebttet kann das NIEMAND raushören…
Von mir alle Daumen hoch!
mfg