Der Profi DAW-Controller
Die Artist-Serie der Avid Controller-Riege waren lange Zeit nur den MAC-Usern zugänglich. Mittlerweile gibt es auch Treiber für den geduldig wartenden Windows 7 User. Euphonix, an dem auch Dieter Meier – Gründungsmitglied von Yello – beteiligt ist, wurde an AVID verkauft, daher hören die Controller nicht mehr auf den Namen Euphonix, sondern tragen beim Startup im Display und auch auf dem Gehäuse das AVID-Logo.
Ich habe mir den Avid Artist Control unter Windows genauer angesehen.
Der Avid Artist Control in der Übersicht
Der erste Eindruck macht was her: Die Hardware sieht stylisch aus, wirkt wertig und solide. In der Packung ist alles enthalten, was man braucht, um sofort loszulegen: Netzteil, Netzwerkkabel, Treiber-CD und ein Mini-Handbuch. Netzwerkkabel? Ja, der Controller bekommt via Ethernet Verbindung zum DAW-Rechner – dazu später. Das gute Stück hat auch ein solides Gewicht, welches ein rutschfestes Arbeiten ermöglicht. Das Ganze sieht schon gut aus, der Avid Artist Control ist nicht zu tief wie beispielsweise die Mitbewerber aus dem Hause Mackie und fügt sich schön und ergonomisch ins Gesamtbild zu Tastatur, Maus und Walldorf Blofeld ein.
Inbetriebnahme des Artist Control
Die Avid Artist Control weilt also auf dem Arbeitstisch, das Netzwerkkabel ist eingesteckt, das Stromkabel auch, fehlt nur noch der Treiber. Also Laufwerk auf, CD-ROM reinb … Naja fast! Die mitgelieferte Treiber-CD beherbergt nur die Treiber für das Apple Betriebssystem. Das ist nicht so elegant, aber auch nicht schlimm: Nichts ist so veraltet wie die Treiber von gestern; also besuche ich die Homepage von Avid. Dort ergibt sich eine kleine Hürde: Treiberdownload nur für registrierte Kunden. Kein Problem, legen wir schnell einen Account bei AVID an. Dort soll ich dann auch noch nebst Kontaktdaten die Seriennummer des Controllers eingeben. Das ist nicht so kundenfreundlich!
EuCon Protokoll
Wegweisend ist die Unterstützung des hauseigenen EuCon-Protokolls, das auch bei den hauseigenen großen Controller-Konsolen Verwendung findet, welche aus dem Euphonix-Portfolio stamm. Mit solchen Standards muss das Rad nicht zweimal erfunden werden, und alle Controller, die dieses Protokoll verstehen, können sofort am Rechner betrieben werden, wenn einmal die Steuersoftware installiert ist. Ganz im Gegensatz zu dem in die Jahre gekommenen MIDI-Protokoll verfügt EuCon beispielsweise über eine Auflösung von 1024 Schritten – Freund MIDI kann hier nur 128-Werte rastern.
Klar lässt sich hier mittels Kombination von Controllern (wie beim Pitchbend) oder SysEx-Daten auch diese MIDI-Barriere umgehen. Das ist aber wieder eine „Nischenlösung“ und fährt die Kapazitäten des MIDI-Busses nur weiter „an die Wand“: MIDI schafft nur 32 Kbps, EuCon 8000 kbps. Hier bietet also das Verlassen der ausgetretenen Pfade und das Verwenden von Ethernet gewichtige Vorteile. Das Konzept, die Daten über ein „handelsübliches Netzwerk“ zu übertragen, birgt weiteren Nutzen: Es ist also möglich, den Controller im laufenden Betrieb des Sequencers zuzuschalten oder zu wechseln. Das klappt mit USB-Hardware generell nicht. Außerdem lässt sich Ethernet eleganter verkabeln als MIDI oder USB, da die Kabellänge hier unkritisch(er) ist.
Über EuCon lassen sich derzeit einige Sequencer und Video-Edit-Lösungen steuern! Logic, Digital Performer, Cubase/Nuendo, ProTools (seit der aktuellen Version) oder auch der Maestro-Mixer der Apogee-Wandler sind nur ein paar der möglichen Anwendungen. Ältere Versionen und Software, die nur das MackieHUI bzw. das Mackie-Control-Protokoll zu bieten haben, lassen sich auch steuern, wenn auch nicht so optimal und komfortabel. Weitere Anwendungen sollen folgen. In der EuCon-Client-Software stehen sämtliche Konfigurationsmöglichkeiten der Controller bereit. Hier kann beispielsweise aus verschiedenen Solo-Modi (SIP = „Solo in place“, AFL, PFL) und Display-Einstellungen gewählt werden. Auch die Kombination von Controllern ist möglich: Die Avid Artist Control lässt sich noch mit bis zu vier Avid Artist Mix aufstocken, so dass man auf insgesamt 36 Fader und 41 Drehgeber kommt – Budget natürlich vorausgesetzt.
Der Artist Control in der Praxis
Ich habe die Hardware mit Cubase/Nuendo und ProTools getestet. Gleich vorweg: Die Integration in ProTools ist absolut vorbildlich, und die Integration in Cubase ist sehr, sehr gut! Es muss nichts händisch programmiert oder eingestellt werden, wenn man möchte. Anpassungen, sogar sehr umfassende, sind problemlos möglich. Was in der Praxis auch hier wieder negativ auffällt: Um an Nuendo und Cubase EuCon-Hardware nutzen zu können, muss man sich zunächst den Software-Adapter bei Steinberg herunter laden. Damit nicht genug: Man benötigt auf seinem Lizenz-Key auch noch eine entsprechende Lizenz. Diese ist völlig problemlos zu bekommen, wenn man – richtig – die Seriennummer des Controllers den Steinbergern präsentiert. Mir erscheint das in keiner Weise kundenfreundlich. Das ist in dem Fall allerdings ein Relikt aus der Vergangenheit, da der EuCon-Adapter einst ein kostenpflichtiges AddOn für Nuendo war, soll wohl geändert werden.
Aber der Reihe nach: Nach dem Start des Sequencers und dem stets absolut stressfreien einrichten der Hardware (unter ProTools muss beispielsweise nur ein Häkchen gesetzt, unter Cubase nur EuCon als Controller hinzugefügt werden) steht der Controller auch sofort zur Verfügung. Mit dem Öffnen einer Session bilden die Fader sofort das Mischpult ab, und auch die Kanalbeschriftung ist im Touch-Display zu sehen. Das ist etwas ungelenk, da somit die Beschriftung nicht über den Fadern zu sehen ist und damit ein gewisses Abstraktionsvermögen gefragt ist, was ein Controller ja gerade eindämmen soll(te).
Auch nicht so schön fand ich, dass die Servos der Fader manchmal leise brummten, so als ob sie eine Position nicht richtig anfahren könnten (Dieses Brummen überträgt sich aber nicht in den Audiokanal). Ich dachte an ein Implementierungsproblem unter Cubase/Nuendo, es tritt aber auch unter ProTools auf, und ich hatte es mit dem Avid Artist Mix und dem Avid Artist Control gleichermaßen. Ein kurzes Berühren des jeweiligen Brummers behob das Problem sofort, das ist aber nicht eben praxistauglich für ein TONstudio.
Die Darstellung der Programmfunktionen auf dem Touch-Screen ist eine sehr gute Lösung. Es ist dem haptischen Gefühl einer Tastatur zwar gnadenlos unterlegen, dafür in der Darstellung äußerst flexibel. Die Steigerung wäre eine Tastatur mit (O)LED-Tasten. Dabei reden wir allerdings von einer ganz anderen Preisklasse.
Das Navigieren in die Pages ist nicht immer intuitiv und komfortabel. Das Layout lässt sich zwar spielend anpassen, aber ich fühlte mich am Anfang etwas verloren. Richtig gut ist die Page mit den Layout-SoftKeys. Diejenigen unter uns, die mit Bildschirm Layouts/Screensets arbeiten, können diese nun bequem auf einer Softkey-Page ablegen und auch so aufrufen. Keine kryptischen Tastenkombinationen mehr, so macht arbeiten Spaß. Richtig interessant wird es für diejenigen, die ganze Befehle auf einer Taste zum Abrufen haben möchten: Es ist möglich, ganze Befehlsketten als Makros auf den Softkeys zu platzieren, so muss das sein!
Nicht so überzeugt hat mich die Anordnung der Drehgeber. Das Platzieren über den Fadern, wie das die Schwester „Mix“ hat, ist erheblich intuitiver und mit OLED-Display auch viel bequemer abzulesen. Schön wäre auch gewesen, wenn man die Kanal-EQs von zum Beispiel Cubase direkt stilisiert auf dem Touch-Screen zu sehen bekäme. Das Drehen auf dem Arbeitstisch und Starren auf den Computerbildschirm erschien mir nicht so ideal. Hier kommen wir aber auch schnell an die Grenzen der Controller-Integration an und für sich.
Ich hab mir heute den CC121-Controller von Steinberg besorgt. Auch ein wenig überteuert aber das sind trotzdem über 1000 EURO Unterschied und zudem kompatibler mit meinem Cubase 6 denke ich.
cool :-) Aber was heißt „kompatibler“, der Touchscreen funktioniert schon gut, ist aber eine zusätzliche Abstraktion… das finde ich nicht eben Ideal…
Bist Du mit dem CC121 zufrieden?
Ich hab grad meine komplette Regie neu umgebaut. Der Workflow ist noch nicht annähernd zu spüren. Ich muss erst mal Tonnen von Samples umladen auf den neuen Rechner und mich an die neue Akustik gewöhnen. Sobald das alles steht, freu ich mich tierisch auf die CC121. Ich halte dich gerne auf dem laufenden Kollege ;o) LG, Selcuk
Gerne!!!
Okay, hab den CC121 heute ausgiebig getestet und wird hiermit als „Sehr geil“ bewertet mit wenigen Abzügen. Jetzt weiß ich was mir abging.
Das Teil ist irre schnell konfiguriert, und flutschte sofort in mein Cubase 6. Auf den Punkt gebracht: Sehr geiler Workflow!
Finde es zwar immer noch überteuert mit 379€ (dafür kriegste schon nen guten Office-Laptop!!!). Die Haptik könnte daher echt ein kleinwenig hochwertiger sein. Auch der Motorfader ist für den Preis ein wenig kratzig und laut. Das nervt wenn du im Arrangefenster hin- und herhüpfst auf deinen Kanälen, denn die CC121 springt ja logischerweise immer mit. Da macht das Teil dann Geräusche wie ein ICE der vorbeidüst. Mit dem heutigen Stand der Technik darf sowas nicht mehr sein! Selbst Behringer hat das schon im Griff.
Mag sein dass ich ein wenig verwöhnt bin von meiner restlichen Arbeitsumgebung. Hoffe trotzdem dass ich das bald nicht mehr höre. Ansonsten: Als Werkzeug selbst bin ich total happy. Daher: Kaufen, wenn das Arbeitsfeld wie bei mir auf drei Arbeitstische abläuft. :o)
Kann man mit den Potis auch andere Plugins-Steuern als den Cubase EQ, oder ist da alles noch beim Alten?
Ui, da erwischt du mich jetzt eiskalt, keine Ahnung.
Ich sehe da aber nicht so großen Bedarf für mich persönlich. Ich brauch das Teil in erster als Cubase-Mausergänzung beim Aufnehmen und in der Mischung.
wie kann das tei eine sehr gute bewertung bekommen wenn die genannten mängel doch eigentlich nicht grade lappalien sind?
Du hast Recht! War ein Irrtum… ;-)
Ich hab‘ das Teil jetzt seit 3 Jahren im Einsatz und die genannten Mängel kann ich nicht ganz nachvollziehen. Die „umständliche“ Registrierung bei Avid und Steinberg braucht 10 Minuten, danach ist das ganze gegessen – seitdem hab ich seit 3 Jahren damit gearbeitet, also steht das in keinem Verhältnis. Im Test nimmt dieser Mangel 1/8 des gesamten Artikel ein. Außerdem hab‘ ich den Dongle für Cubase/Nuendo doch eh‘ im Rechner, also warum die Lizenz nicht dort ablegen! Im Vergleich zu anderen Controllern hat es schon 3 Sterne verdient.
Das ist allerdings seltsam, denn genau dieser Bug ging mir mächtig auf die Nerven und umso erfreuter war ich, dass er mit dem letzten Update dauerhaft(!!) beseitigt war. Evtl. besteht dann ein Zusammenhang zwischen Hardware Revision und Firmware.
Ja, kann man. Mit dem AI-Knob rechts unten.
Man fährt mit der Maus auf den zu verändernden Parameter und kann diesen dann mit dem AI-Drehregler verändern…
Ich finde das ist der iPod unter den Controllern, etwas zu schick und auch zu teuer geraten, für diejenigen die sich der höheren Gesellschaft zugeöhrig fühlen wollen, ist dieser Controller genau das richtige. Einen Touchscreen hätte ich lieber nicht gehabt, lieber was richtiges zum Anfassen, ein paar Regler mehr wären mir da schon lieber gewesen. Aber gut, wers mag….