Die fette Biene summt!
Beetronics ist vor allem Fuzz-Liebhabern ein Begriff: Die amerikanische Schmiede hat einiges an Fuzz-Kult zu verantworten – die Standard Series zum Beispiel ist den Kennern der Szene ein Begriff. Das Octahive und das Whoctahell sind tatsächlich großartige Schätze, die in rauer Klangumgebung eine ebenso gute Figur machen wie in sauberen Gefilden, aber eben nicht von vielen bekannt sind.
Doch diesen „Underground“-Nimbus hat die Firma seitdem abgelegt. Die Royal-Serie wirbelte genug Staub auf, dass wir uns auch entschlossen, den damaligen Dauerbrenner der Firma einem umfangreichen Test zu unterziehen: Das Beetronics, ein sehr eigensinniger Fuzz-Harmonizer, der vom originalen Schumann PPL inspiriert wurde und über Lo-Fi Sounds bis fette Fuzz Octaver alles abdeckt, was das Herz begehrt. Irgendwie sieht die Royal-Serie auch einfach schweinecool aus. Der Fatbee Overdrive ist keine abgespeckte Version des Beetronics: Er ist ein kleiner, aber feiner Overdrive, der sich mit Röhrenamps bestens verstehen soll. Ein ausführlicher Praxistest soll klären, ob die kleine Kiste genug Biss besitzt.
Beetronics Fatbee Overdrive Pedal – Facts & Panel
Das Fatbee ist klein – 11,43 x 5,7 x 5,7 cm sind überschaubare Maße. Wie auch alle anderen Pedale der Boutique-Firma ist das Fatbee handgebaut – ein feines Aluminiumgehäuse, in dem sich der original erdachte und nicht kopierte, vollständig neu inspirierte Schaltkreis für die Verzerrung befindet. Ganz recht: Beetronics haben sich mit Howard Davis zusammengetan. Ganz recht: Der Erschaffer des Deluxe Memory Man hat sich hier mit Beetronics zusammengetan und eine neue Overdrive-Schaltung gewagt. Eine JFET-Schaltung, die an den Anfang eurer Signalkette gehört und sowohl als saturierter Crunch als auch als Mid-Gain-Monster agieren kann. Das wird sich im Praxistest demonstrieren lassen. Doch die Kernidee ist die: Wenn ein Verstärker an seine Grenzen kommt, reagiert er verstärkt auf die Resonanzen an der Gitarre – alles, was man tut, erzeugt eine verstärkte Form von Output. Diese Reaktionsfähigkeit, diese „Lebendigkeit“ im Spiel soll der Fatbee eben produzieren. Also, was bedeutet das? Analoger Schaltkreis, True-Bypass. Auch nett: die entfernbaren Gummifüße, die dafür sorgen, dass gute Stück Grip hat und nicht unter einem wegrutscht.
Das Ungewöhnlichste am Design dürften die drei Regler sein, die sich an der Stirnseite des Pedals befinden und ganz typisch für Beetronics poetisch benannt sind. Irgendwie hat diese Positionierung was – das schnittige Design verlangt förmlich danach. Problem des Ganzen könnte jedoch sein, dass die Regler arg eng beisammen stehen und nicht ganz einfach lesbar sind. Doch was genau leisten die drei Regler?
- Weight ist nichts anderes als die Lautstärke der Fatbee. Wer Headroom und Potential des Sounds ausweiten möchte, kann Weight entsprechend ein bisschen runterdrehen.
- Flavor ist Tone – das Beetronics Fatbee ist von seinem Grundcharakter her schon geerdet und eher dunkel. Das lässt sich durch den Regler entsprechend einpendeln.
- Honey steht für die Verzerrung. Das Fatbee ist ein Overdrive – es kann Mid-Gain und Crunch, kommt aber wirklich zum Scheinen, wenn es mit viel Verzerrung arbeiten darf – das wird sich im Praxisteil ebenfalls demonstrieren lassen.
Es ist also eine fette, bissige Biene, die hier zum Einsatz kommen soll. Interessant und spannend ist es immer, wenn ein Pedal einen reduzierten, aber inspirierten Ansatz hat. Die Overdrive-Welt könnte ein neues, frisches Gesicht durchaus vertragen. Wenn auch oft qualitativ hochwertig, sind viele Overdrive-Pedale Kopien oder Anlehnungen an kultige Vorgänger, um die Attraktivität zu erhöhen. Schön, dass sich Beetronics mit dem Fatbee was potentiell Frisches wagen. Also – bestätigt sich das im Praxisteil?
Beetronics Fatbee Verzerrer Pedal – in der Praxis
Das Beetronics Fatbee Overdrive wird in den Yamaha THR30 III eingespeist und dann mithilfe der Cabinets des Two Notes C.A.B. M mit Raum versehen. Entsprechend versuchen wir nun in der DAW zu erforschen, wofür der Fatbee alles in Frage kommt.
Klein – aber so was von fein. Die Beetronics Fatbee atmet regelrecht, bringt eine sehr trockene, aber warme Note mit sich. Es darf nicht vergessen werden – Beetronics steht für Fuzz und ich würde soweit gehen und sogar sagen, dass der Charakter der Fatbee näher am Fuzz als am klassischen Overdrive ist. Dennoch öffnet das Pedal den Sound und pusht den Amp, wie es der Overdrive tut – tatsächlich ein sehr eigener Charakter, der mit voranschreitender Zeit immer mehr Spaß macht.
Besondere Wunder tut das Pedal vor allem für den Singlecoil: Es fettet den Sound regelrecht an, ohne die Akzentuierung der Coils zu beeinträchtigen. Das Gain-Potential offenbart eine ganz eigene Dynamik – auf Halbmast, mit mittlerem Tone hat man es schon deutlicher mit einem Overdrive zu tun, aber sobald man ein bisschen mehr Gain rauskitzelt, kippt das Ganze und wir befinden uns wieder deutlich im Fuzz-Bereich. Der Fatbee ist trotz seiner übersichtlichen Statur also überraschend flexibel. Ich entlocke dem Gerät mit dem Steg-Pickup einen warmen, bluesigen Crunch-Sound, kann auf der Neck-Position aber auch Fuzz mit leichtem Silizium-Clipping-Charakter entfalten à la Desert Sessions – aber es bleibt bissig, kratzig, und das im besten Sinne. Die Zerre bleibt hoch-dynamisch, wenn man das Volume-Poti an der Gitarre herunterfährt und auch der Frequenzrahmen des Tone-Reglers macht einiges her. Auf der Neck-Position nutzen wir den Zerr-Kanal des Amps, fahren dessen Gain zurück – der Fatbee infiltriert den Charakter des Amp und bleibt markant.