Alles Käse?
JHS ist und bleibt eine feste Bank in Sachen Gitarrenpedale. Das Bonsai ist eins der beliebtesten Overdrive-Pedale des letzten Jahres, eine Art Heimspiel für Joshua Heath Scott, der seine Anfänge damit machte, dass er Overdrive-Pedale und Tubescreamer modifizierte und reparierte. Der Erfolg des Morning Glory Overdrive war ebenfalls auf Joshuas große Expertise in Sachen Overdrive, Distortion und Fuzz zurückzuführen. JHS verließen das Fährwasser der Verzerrung nie zur Gänze, brachten unter anderem das Panther Analog Delay oder das schweinecoole JHS Space Commander raus, das Modulation und Reverb elegant zusammenführte. Alles zweifelsohne gelungen, aber JHS bleiben trotzdem vor allem für ihre Arbeit in Sachen Zerre interessant und genießen da einen durchaus legendären Ruf – in erster Linie eben dank dem Morning Glory, aber nicht nur. Übrigens besitzt Joshua einen der coolsten Kanäle für Gitarren-Pedale überhaupt – wer sich für Pedale interessiert, sollte den Kanal um jeden Preis mal abchecken.
Bald schon werden wir uns die JHS Colour Box zu Gemüte führen, einen Preamp und EQ, der bereits mit Spannung erwartet wird. In Sachen Fuzz legte die Firma aus Jackson, Mississippi, vor geraumer Zeit die Muffuletta vor – eine Zeitreise durch die einzelnen Iterationen des Big Muff als kompaktes Pedal. Verschiedene Schaltkreise und Varianten des Big Muff unter einer Haube – das Russian Modell, das Pi. Inzwischen heiß begehrt, ist das Muffuletta ganz klar eine Verbeugung vor der Mutter aller Distortions.
Das Cheese Ball Fuzz ist da schon ähnlich, ein inspirierter Gehversuch in Sachen Fuzz, in erster Linie inspiriert durch die Fuzz-Modelle der 90er Jahre und dem legendären Big Cheese von Lovetone. Joshua hat das Pedal mit viel Enthusiasmus angekündigt – Grund genug also, für uns mal drüberzuschauen.
JHS Cheese Ball Fuzz Pedal – Facts, Features & Panel
Zwar vereint das Cheese Ball nicht unzählige getrennte Circuits unter einer Haube – vielfältig soll es hier trotzdem zugehen. Das Pedal funktioniert, wie fast alles bei JHS, vollständig analog, besitzt ein stabiles, handliches Metallgehäuse und wiegt nicht mal 300 g. Ein LED-Lämpchen neben dem Schalter für den True-Bypass zeigt den Aktivitätsstatus an. Überschaubar also. Im Vergleich: Das große Vorbild, der Big Cheese von Lovetone, war da durchaus massiger und schwerer, eine nicht gerade elegante Stompbox. Und ganz in diesem „Retro“-Sinne gibt’s entsprechend auch keine Anschlüsse auf der Stirn-, sondern der linken und rechten Nebenseite. Naja – Ergonomie wird eh überbewertet.
Das Panel ist ganz Fuzz-typisch recht übersichtlich gehalten – vier violette Poti, allesamt in der Farbe des Käsestücks auf der Front. Optisch hat das was, wobei das natürlich Geschmacksfrage ist. Vier Potis gibt es hier insgesamt, die folgende Funktionen besitzen:
- Volume kümmert sich um die Lautstärke des Outputs
- Tone erlaubt es, die Klangfarbe einzustellen, beispielsweise Tiefen abzudämpfen und Höhen zu betonen.
- Gain bestimmt das Ausmaß an Verzerrung, das man für den Klang möchte. Breitflächiger Attack ist hier genauso möglich wie gated, abgehackter Fuzz.
Der vierte Poti ist für die vier distinkten Modi des Cheese Ball zuständig. Der Cheese Ball hat mehrere Gesichter, die in unterschiedlichen Gebieten zum Einsatz kommen können, je nachdem was man sich vom Setting von Gain und Tone wünscht. Wer ein brachialen, aber treibenden Big Muff Sound durch Herabsenkung der Mitten möchte, ist bei Mode 1 gut beraten. Mode 2 ist das Gegenteil: Der „Tubescreamer“ Modus, der ein Pushen der Mitten ermöglicht und ordentlich zerrt. Mode 3 brutzelt nur so: ein abgewürgter, gated Fuzz, der mit viel Gain auskommt. Der Off-Modus ist für Crunch gedacht – hier gibt’s hellen Klang, wenig Zerre und ein vergleichsweise warmes Klangbild.
Das ist ganz im Sinne des Kultpedals: Ob Grunge- und Noise-Pioniere wie Pavement, Stadion-Rocker wie U2, Ikonen wie Nirvana oder auch Wilco: Fast jeder besaß dieses Lovetone-Meisterstück eines Fuzz Anfang und Mitte der 90er Jahre. Der Big Cheese hat zudem eine besondere Rolle im Klangbild des Shoegaze gespielt. Absoluter Kult und echte Vielfalt also, den JHS hier einzufangen versuchen. Gelingt das? Kriegen wir jetzt im Praxisteil raus.
In der Praxis
Wir werden das Fuzz ausschließlich über den Laney Lionheart Combo spielen – im Direct-In eines Audiointerfaces lässt sich zwar der Klangcharakter eines Fuzz beurteilen, aber richtig zum Leben kommt diese Effektklasse erst, wenn man sie durch einen Amp jagt. Abgenommen wird der Klang mit einem Shure SDM75, gespielt wird über eine Schecter Hellraiser. Der Reihe nach sehen wir uns die Modi an und schauen, ob sie ausreichend klar und deutlich abgegrenzt sind, um einen Kaufpreis von 200,- Euro zu rechtfertigen.
Klar wird sofort: Das ist ein Fuzz, kein Distortion-Pedal mit „Fuzz-Charakter“. Mode 1, 2 und 3 geben sich gegenseitig die Klinke in die Hand, sind aber auf den ersten Blick nicht so klar und deutlich abgegrenzt, wie man es erwarten würde. Tatsächlich wird ein Fuzz-Connaisseur durchaus den Unterschied zwischen Mode 1 und 2 darlegen können – diese kommen für mich nicht so stark durch, wie ich zunächst erwartet hatte. Klar ist: Mode 2 beherrscht das Spiel mit den Mitten, während Mode 1 ganz klar Big Muff Charakter besitzt. Trotzdem: Man muss schon ein Faible für die Fachwelt des Fuzz haben, um auf Anhieb den Unterschied auszumachen. Mode 3 wiederum ist ganz klar zu unterscheiden, ist bei höheren Gain-Regionen wunderbar „gated“ und gepresst und eine wahre Freude. Würgt man mit dem Tone-Regler die Höhen komplett ab, kommt auch ein wunderbarer Doom-Sound zustande. Im Off-Mode lassen sich warme, crunchige Gefilde nicht ganz so erzeugen, wie man es gerne hätte, dafür ist es bedeutend transparenter. Insgesamt ist Bandbreite nicht ganz so gegeben wie erwartet und speziell in Mode 2 deckt der Gain-Regler ein vergleichsweise enges Feld ab, insofern kann dieser getrost als unflexibelster Mode bezeichnet werden. Dafür erstrahlen 1 und 3 in bester Fuzz-Manier. An manchen Klangbeispielen wurde in der DAW ein Reverb hinzugefügt, um mit dem Klangcharakter zu experimentieren.
Ich finde, deine Tests einfach zu unstetig: Mal mit Halll oder anderen Effekten und jedes Mal wird was anderes gespielt. Warum nicht mal ein Riff in den Looper spielen und dann durch die verschiedenen Möglichkeiten des jeweiligen Effektes durchlaufen lassen.
Zusätzlich wenn nötig Beispiele mit direkter Interaktion Fuzz-Gitarre(Volumen-Poti) und fertig.
Aber so ist es wirklich schwer, die Treter zu beurteilen. Schade.
@harrymudd Hey harrymudd
Ich verwende sehr selten andere Effekte – manchmal Reverb oder Delay, aber niemals Modulationen, und eine Post-Bearbeitung findet ebenfalls nicht statt. Die einzelnen Modi verlangen jeweils andere Spielweisen, insofern sehe ich auch keinen Sinn, für jeden Modus das Gleiche zu spielen, sondern aus jedem etwas anderes herauszuholen.
LG
@harrymudd Sehe ich auch so. Reverb und Delay dicken den Sound an, ich kann so ein Pedal überhaupt nicht einschätzen.
Ich würde es sogar gut finden, wenn man nicht immer nur Röhrenamps zum Testen benutzen würde, sondern auch ein paar Beispiele mit reinen Transistoren dabei wären.