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Test: Behringer WING, Digitalmischpult

Mit WING in die fast grenzenlose Freiheit

14. Februar 2020
behringer wing

Behringer WING, Digitalmischpult

Obwohl man Behringer immer noch als Neuling in Sachen digitale Mischpulte bezeichnen darf, hat das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit einen beachtlichen Erfolg hingelegt. Mag das DDX3216, Behringers erster Versuch aus dem Jahr 2001, mittlerweile vergessen sein, hat sich die X32 Plattform doch so schnell und weit verbreitet, dass andere Hersteller Mühe hatten, verloren gegangenes Terrain wieder zurück zu erobern. Der Erfolg des X32 ist bis heute ungebrochen und Behringer entwickelt die Firmware immer noch weiter.

Dennoch pfiffen es 2019 die Spatzen von den Dächern, dass ein Nachfolger oder ein völlig neues Digitalmischpult in den unmittelbaren Startlöchern stehe. Behringer hat diesen im Rahmen der Beta-Phase an diverse Techniker verteilt und so staunte auch ich nicht schlecht, als kurz nach dem ersten Teaser im Internet einer der maßgeblich beteiligten Entwickler, der als Techniker für eine meiner Veranstaltungen gebucht war, im November 2019 mit dem neuen Behringer Digitalpult unsere Veranstaltung gemischt hat. Nachdem ich mich damals schon für das neue Pult begeistern konnte, starten wir hier nun den offiziellen Test. Gestatten: Behringer WING.

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behringer wing

Vom DDX3216 zur WING – ein kurzer Abriss

Schon das DDX3216 war für Behringer eine große Sache. Dass das Behringer DDX3216 rein optisch an das Yamaha 01V angelehnt war, kam nicht von ungefähr. Das Yamaha 01V hatte sich seit seinem Erscheinen 1998 zum digitalen Volksmischpult  gemausert und viele Techniker verbinden bis heute damit eine Art Hassliebe. Schon das DDX3216 verfügte über einige Features, die bis heute beim X32 erhalten geblieben sind. Dazu gehören die Push Encoder und Taster rund um das Display, Encoder in den Kanalzügen, Motorfader, Kanalausstattung mit Delay, Gate, Kompressor, EQ, 16 Busse, Matrix, Routing der Ein- und Ausgänge in Achtergruppen (ab V4.0 beim X32 auch frei möglich). Ein Feature, das schon das DDX3216 beherrschte, im X32 aber fehlte, war die freie Konfiguration aller Kanäle. So konnte aus einem Kanalzug auch einfach ein Bus gemacht werden und aus einer 32/2 auch eine 24/8/2 oder 16/2/16/2 Konfiguration gemacht werden. Damit war das Behringer DDX3216 seiner Zeit weit voraus.

Behringer WING-DDX3216

So fing alles an: Das Behringer DDX3216 war Behringers erster Versuch in Sachen Digitalpult und doch schon seiner Zeit und der Konkurrenz weit voraus

Versahen im DDX3216 damals noch die Effekte aus dem Behringer Virtualizer ihren Dienst, wurden die Effekte im Behringer X32 erheblich aufgewertet. Spätestens ab der Firmware V2 hatte das X32 gegenüber der Konkurrenz von PreSonus und Co einen gewaltigen Vorsprung hinsichtlich der Effektvielfalt und der Qualität der Effekte. Übernommen hat Behringer beim X32 auch die Expansion Ports – schon damals eine Stärke des DDX3216 – mit denen sich das Pult um zahlreiche Digitalschnittsstellen erweitern lässt. War das DDX3216 hinsichtlich der Automation (Stichwort „dynamische Automation“) damals bereits der Konkurrenz weit überlegen, lässt sich auch das X32 diesbezüglich nicht lumpen und stellt mit seinem ausgeklügelten System Technikern vielfältige Arbeitsmittel zur Verfügung. Nun, sieben Jahre nach der Erstauslieferung des Behringer X32 im Jahr 2013, stellt Behringer WING vor. Das Behringer WING Digitalpult setzt da an, wo das X32 aufhört und greift darüber hinaus einige Konzepte des DDX3216 wieder auf.

Behringer WING-X32

Und der zweite Streich: Die X32-Plattform darf zurecht mittlerweile zu den erfolgreichsten Digitalpulten gezählt werden

Behringer Wing

Behringer WING: Das Konzept

Das Konzept des Behringer WING ist schnell zusammengefasst: WING ist ein Digitalpult mit äußerster Flexibilität hinsichtlich Konfiguration und Bedienung. Punkt.

Das klingt zunächst wie aus einem Behringer Werbeprospekt, ist aber tatsächlich das, was WING ausmacht. Hinsichtlich der Mischpultkonfiguration haben die Behringer Ingenieure auf einige Konzepte des DDX3216 zurückgegriffen: Das Kanal-Layout ist vollkommen frei. Was ein Kanalzug ist, entscheidet der Benutzer. Um dies zu erreichen, unterscheidet das Behringer WING zwischen „Sources“ und „Channels“. Sources entspricht im Prinzip einer Klangquelle, wo auch immer diese herstammen mag. Jede Source ist mit bestimmten Parametern verknüpft. Dazu gehören: Name, Farbe, Icon, Gain, Phantomspeisung, Mono/Stereo-Modus und Tags. Diese Parameter einer Source werden immer von dieser transportiert und bei Bedarf am Ziel übernommen. So kann beispielsweise ein Kanal automatisch den Namen, die Farbe und das Icon übernehmen.

Über ein vergebenes Tag kann eine Zuordnung zwecks Routing erfolgen und so weiter. Jeder Kanal („Channel“) der WING kann also auf eine Source zurückgreifen. Insgesamt stehen 374 Input Sources zur Verfügung – darunter die 16 analogen Eingänge (8 x XLR, 8 x TRS) und alle möglichen Digitaleingänge (3 x AES50, AES/EBU, 48 x USB I/O, 32 x StageConnect XLR, 64 x Expansion Card, 64 x Audio over IP, USB Audio vom USB Stick). Das ist eine Menge. Hinzu kommen dann noch die Sources aus internen Quellen, denn auch hier ist das Ein- und Ausgangsrouting sehr flexibel. Verdrahtet wird das alles über eine Point-to-Point Matrix und die Spezifikation spricht hier von 502 möglichen Sources. Wohl dem, der hier den Überblick behält. Doch schon an dieser Stelle kann gesagt werden, dass hier Behringer mit den Top-Pulten der Digitalpultliga gleich zieht. Wer hier noch über fehlende Features beim Routing meckert, dem kann wohl nicht mehr geholfen werden.

Behringer Wing_Source-Routing

WING Source Routing

Doch wohin nun mit den ganzen Sources? Das Behringer WING bietet dafür 48 Stereo-Kanäle (wahlweise auch mono oder M/S). Jeder dieser Kanäle darf auf eine primäre Source und eine alternative Source zugreifen. Somit ist es also möglich, Kanäle doppelt zu belegen. Ein Beispiel dafür wäre zum Beispiel der virtuelle Soundcheck, um schon vor dem Erscheinen der Band wichtige Einstellungen vornehmen zu können. Man füttert dazu einfach die Alt-Eingänge der Kanäle mit den Sources des SD-Card Recorders. Eine andere Möglichkeit wäre zum Beispiel ein Backup-Mikrofon auf den Alt-Eingang des Gesangskanals zu patchen, welches dann genutzt wird, wenn das Funkmikrofon streikt. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Die Kanäle vereinigen sich schließlich in 16 Bussen, 8 Matrix Bussen und 4 Main Bussen – alle natürlich wieder wahlweise mono, stereo oder M/S. Hier liegt bereits ein wesentlicher Unterschied zum X32. Da alle Kanäle und Busse mono wie stereo verfügbar sind, müssen im Stereobetrieb nicht zusätzliche Kanäle geopfert werden. Ein Beispiel: Die beiden Stereo-Ausgänge eines Keyboards belegen am X32 zwei Kanäle, am Behringer WING jedoch nur einen Kanal. Fünf Musiker einer Band mit Stereo-IEM würden an einem X32 zehn Busse belegen. Am Behringer WING jedoch gerade einmal fünf.

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behringer wing

Das Kanal-Layout mit seinen 24 Motor-Fadern ist frei: So ist es vollkommen egal, ob alle Kanäle mit den Sources der Instrumente nebeneinander liegen oder die Kanäle mit den Drums direkt neben einem Aux-Bus. Das gilt dabei für alle Kanäle. Es sind also auch die Kanäle der Main-Sektion frei konfigurierbar. Das Layout des Pultes ist also nur die Standardkonfiguration, die jederzeit vom Anwender verändert werden kann. Jeder darf das Kanal-Layout so managen wie er es für richtig hält und nicht, wie der Hersteller es gerne hätte.

Kommen wir zum nächsten Punkt, der das Behringer WING einzigartig hinsichtlich der Bedienung macht: Es gibt immer mehrere Wege, Einstellungen vorzunehmen. Zu nennen wäre einerseits das 10“ Touch Display mit zahlreichen Encodern und Tastern auf der linken Pultseite, andererseits aber der separate Channel Strip mit eigenem Display auf der rechten Pultseite. Außerdem gibt es eine „4-Channel Sektion“, die Zugriff auf vier Kanäle zur Bearbeitung gibt und komplett unabhängig von dem agiert, was auf der linken Pultseite selektiert ist. Eine Custom Control-Sektion mit frei belegbaren Buttons und Encodern ermöglicht weitere Zugriffe auf Teile des Pults und Pultfunktionen. 16 Control Layer stehen zur Verfügung. Zusätzlich gibt es noch weitere Controller für die DAW Steuerung, Mute Groups, Show Control und so weiter. Auch ein Jog Wheel ist mit an Bord.

Schon allein die genannten Features machen das Behringer WING Digitalpult in seiner Preisklasse einzigartig, findet man solche Features eigentlich nur in preislich erheblich höheren Gefilden.

Die analoge Seite des Digitalpults

Anders als das Behringer X32 besitzt das Behringer WING über eine verminderte Zahl analoger Eingänge. Hier wird ein Paradigmenwechsel deutlich: Behringer geht davon aus, dass heutzutage die meisten Leute digitale Stageboxen auf der Bühne nutzen und nur noch selten mit den analogen Eingängen eines Mischpults arbeiten. Dementsprechend wurde die Zahl der analogen Eingänge drastisch reduziert.

Immerhin verfügt WING über acht XLR-Anschlüsse und Mikrofonvorverstärker in MIDAS PRO-Qualität. Außerdem sind acht AUX-Eingänge mit TRS-Klinkenbuchsen mit an Bord. Raus geht es auf analoger Seite ebenfalls über acht XLR-Ausgänge und acht TRS-Ausgänge (Aux). Das ist zwar insgesamt nicht viel, ermöglicht aber zum Beispiel, analoges Outboard anzuschließen oder Empfänger von Funkmikrofonen am Mischerplatz zu verwalten und dort direkt an die analogen Eingänge anzuschließen.

Behringer WING-Anschlussfeld

Rückseite von WING: Verzicht auf analoge Anschlüsse zugunsten vieler verschiedener Digitalformate

Die digitale Welt des WING

Die digitale Seite des Behringer WING Digitalpult liest sich wie der Wunschzettel eines Kindes. Natürlich setzt Behringer weiterhin auf das hauseigene Format AES50. Die Wandler arbeiten mit 24 Bit und 44.8 bzw. 48 Kilohertz. Das ermöglicht Anwendern, ihre AES50 Stageboxen von Behringer oder MIDAS weiterhin einzusetzen. Aber: Schaut man in die Spezifikation des Quick Start Manuals findet man folgende Angabe: „192 kHz-ready, 24 Bit“ Es ist zu vermuten, dass es in Zukunft weitere Stageboxen geben wird, die die erheblich höhere Taktfrequenz unterstützen. Intern arbeitet das Pult übrigens mit 40 Bit Floating Point DSPs bei 48 Kilohertz. Beachtenswert sind dabei die sehr geringen Latenzen: 1 Millisekunde vom analogen Eingang zum analogen Ausgang und 1.2 Millisekunden vom Stagebox-Eingang über das Mischpult zum Stagebox-Ausgang. Das kann man weder hören noch spüren.

Mit drei AES50 Ports lassen sich dabei bereits 144 Eingänge verwalten. Doch damit nicht genug. War am X32 noch eine Erweiterungskarte notwendig, um digitale Signale per USB2 in das Pult hinein oder hinaus zu bekommen, ist die USB2-Schnittstelle mit 48 Eingängen und 48 Ausgängen nun fester Bestandteil des Behringer WING Digitalpults. Im Expansion Slot ist ab Werk außerdem eine Karte ähnlich der vom X32 bekannten X-Live Card verbaut. Diese nimmt nun aber auf zwei SD-Karten simultan bis zu 64 Kanäle auf oder spielt diese zurück. Das sollte selbst für umfangreiche Live-Recordings ausreichen. Und auch das reichte Behringer noch nicht aus: Wie wäre es mit Audio over Ethernet in Form von Dante oder Waves Soundgrid? Über ein optionales Modul sind hier noch einmal 64 x 64 Kanäle drin. Die stereofone AES/EBU-Schnittstelle kennen wir bereits vom X32, auch sie ist wieder mit von der Partie. Bleibt noch ein unscheinbarer XLR-Ausgang mit der Bezeichnung StageConnect. Was ist das denn nun wieder? Aufmerksame Leser haben sich bemerkt, dass noch nicht von Ultranet die Rede war. Ultranet, bekannt von X32 und den X-Air Mischpulten, ist die hauseigene Personal Monitoring Schnittstelle von Behringer. Ultranet sucht man an der Wing vergebens. Stattdessen findet man StageConnect, das über ein einzelnes XLR-Kabel 32 Kanäle überträgt – und das über eine Entfernung von bis zu 50 Metern bei Nutzung von DMX-Kabeln oder 25 Meter bei der Nutzung handelsüblicher Mikrofonkabel. StageConnect kann dabei frei konfiguriert werden. Es müssen nicht zwingend 32 Kanäle in eine Richtung übertragen werden. Auch eine Aufteilung der 32 Kanäle in Send und Returns ist möglich. Somit eignet sich StageConnect nicht nur für Personal In Ear Monitoring-Systeme, sondern auch für Stagebox-Anwendungen. Wie soll man sich da nur entscheiden? Außerdem hat MIDAS mit dem MIDAS DP48 einen neuen 48-Kanal Personal Monitor Mixer im Programm, der natürlich auch prima mit WING harmonisiert und einfach über einen AES50 Port gespeist wird.

Behringer WING-MIDAS DP48

Auch der MIDAS DP48 Personal Monitor Mixer harmoniert mit WING

Aufbau eines Kanalzugs

Zunächst einmal muss einem Kanal eine Source zugewiesen werden. Der Name, die zugewiesene Farbe und das Icon werden dabei automatisch übernommen. Handelt es sich bei der Source um ein Stereosignal, schaltet auch der Kanal auf Stereobetrieb um. Hier finden wir zunächst einmal alles, was zu einem guten Digitalpultkanalzug gehört: Gate/Kompressor, EQ mit sechs Bändern plus Low Cut, High Cut, für die Aux-Kanäle gibt es einen Vierband-EQ. Das Gate verfügt über einen Key Filter (Flat, Low Pass, High Pass, Band Pass) mit RTA-Anzeige und Key Solo. Gleiches gilt für den Kompressor. Der WING EQ kommt mit verschiedenen Filtern daher: Tilt, Max, AP90 und AP180. Neu ist auch die Solo-Funktion für die einzelnen EQ-Bänder. So lässt sich besser die Effektivität der Bearbeitung isoliert verfolgen. Doch damit nicht genug: Sechs verschiedene EQ-Typen lassen sich zusätzlich auswählen, darunter Klassiker von SSL, Focusrite, Pultec und mehr. Auch der WING Kompressor lässt sich durch weitere Typen austauschen. Wie wäre es mit Modellen von DBX wie DBX160, Universal Audio LA2A, Empirical Labs Distressor oder ein RED, SSL oder Fairchild Modell?

Behringer Wing_Home-Screen

Der HOME-Screen des Behringer WING Digitalpults

Jeder Kanalzug verfügt darüber hinaus über zwei Insert-Punkte. Diese können Pre Fader oder Post Fader liegen und dürfen entweder mit einem internen Effekt aus der riesigen FX Library oder mit externen Effekten bestückt werden. Die Effektsektion der WING unterscheidet zwischen Premium und Standard Effekten. Letztere sind besonders Ressourcen schonend. Unter den acht Premium Effekten befinden sich erneut Emulationen bekannter Vintage Geräte von Lexikon, TC Electronic, Quantec und EMT, aber auch von Spezialisten, zum Beispiel zur automatischen Tonhöhenkorrektur oder zum Vocal Doubling. Zu diesen acht Premium Effekten gesellen sich zahlreiche Standard Effekte wie EQs, Gitarrenverstärkersimulationen, Lautsprechersimulationen, Modulationseffekte und vieles mehr. Selbst eine Tape-Emulation ist zu finden. Vieles davon ist außerdem aus dem X32 bekannt.

Eine Besonderheit des Kanalzugs ist das neue Panning: Das am Kanalzug anliegende Signal lässt sich auf einer Kreisbahn verschieben und aufweiten oder einengen. Auch das Invertieren ist möglich. Was früher das Einbinden spezialisierter Effekte erfordert hat, ist also hier standardmäßig in den Kanalzug implementiert. Hat der Keyboarder also mal wieder zu viel mit den Stereo-Effekten gespielt, lässt sich dessen Stereo-Signal einfach einengen. Oder wie wäre es mit ultraweiten Flächen-Sounds? Kein Problem!

Behringer Wing_Trim-Balance

Die neue TRIM & BALANCE Funktion von WING

Das Signal kann direkt auf einen der 16 Busse geroutet werden oder auf die vier Master Busse. Oder doch auf die Matrix? Oder alle Kanäle mit dem Tag „Drums“ mal eben auf einen der acht DCAs? Alles kein Problem und in Windeseile erledigt. Eine Besonderheit finden wir im Metering Bildschirm. Dieser zeigt oben alle Eingangskanäle, unten die Aux Inputs, die 16 Busse, 4 Main Busse, 8 Matrxi Busse und 8 DCAs. Tippt man auf einen dieser Kanäle wird dieser sofort selektiert und zum entsprechenden Bildschirm gesprungen.

Behringer Wing_by-night

Behringer Wing Digitalpult „by night“

Was sonst noch?

Eigentlich weiß man gar nicht so recht, wo man anfangen und aufhören soll, so umfangreich sind die Features des Behringer WING Digitalpults. Hinweisen sollte man in jedem Fall auf ein kleines, aber herausragendes Feature, dessen Nutzen man nicht unterschätzen sollte: Das Pult bietet umfangreiche Beleuchtungsfunktionen. Es gibt Licht auf der Oberfläche, Licht auf der Rückseite für das Anschlussfeld, beleuchtete Buttons, Ambience Glow und vieles mehr. Und all das lässt sich individuell einstellen! Nie mehr mit der Taschenlampe beim Gig auf der Rückseite des Pults nach den Anschlüssen suchen, weil mal eben schnell noch ein Zuspieler angeschlossen werden muss oder  der Künstler unbedingt einen Mitschnitt auf seinen mitgebrachten Recorder möchte.

Behringer Wing_Glow-Backlight

Ambience Glow und Anschlussfeldbeleuchtung

Auch die Busse (Main, Matrix, Aux Busse) bieten umfangreiche Möglichkeiten mit 8-Band-EQs, Dynamics und Inserts.

Schaut man sich das Layout der Konsole an, wird man von der schieren Anzahl an Displays und LED Meter geradezu erschlagen. Wer hier behauptet, nicht jederzeit die Kontrolle über seine Signale zu haben, muss blind sein. Man hat wirklich alles jederzeit im Überblick und direkten Zugriff.  Behringer hat das Pult dabei so gestaltet, dass sogar zwei Techniker gleichzeitig daran arbeiten können, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen. Während ein Techniker die linke Pultseite mit dem Touch Display bedient, arbeitet der zweite Techniker mit dem Channel Strip und den zusätzlichen Kontrollsektionen auf der rechten Mischpultseite – alles komplett unabhängig.

Behringer Wing-Control

Die Control-Sektion auf der rechten Pultseite ist schon fast ein Mischpult im Mischpult. Es gibt dermaßen viele Möglichkeiten, diese Fader, Buttons und Controller zu konfigurieren, dass eigentlich keine Wünsche offen bleiben. Auch zwei Personen gleichzeitig können so WING bedienen

Dass der kapazitive 10“ Touch Screen schwenkbar ist (15° bis 60°) und deshalb in jeder Position ein gutes Bild liefert, wird bei so vielen Features fast schon zur Nebensache. Das Display bietet eine Auflösung von 1280 x 800 Pixeln. Das kleinere Channel Strip TFT-Display hat eine Größe von 2,4“ bei einer Auflösung von 320 x 240 Pixeln, die Scribble Strips sind monochrom und kommen mit einer Auflösung von 320 x 48 Pixeln daher. Das schön lange Main Stereo Meter hat 18 Segmente und bietet somit die perfekte Pegelkontrolle.

Ich zähle übrigens ganze 29 berührungsempfindliche Encoder und eine ganze Armada von hintergrundbeleuchteten Schaltern. Das ist meines Wissens in der Preisklasse unter 5.000,- Euro ein Rekord.

Eine Sache fehlt dem Behringer WING Digitalpult jedoch: Eine ausführliche Bedienungsanleitung. Anders als beim X32 existiert derzeit auch noch kein WIKI. Schon beim Behringer X32 vermisse ich eine Bedienungsanleitung schmerzlich. Das Behringer WING macht da leider keine Ausnahme und auch hier macht sich das Fehlen der technischen Dokumentation schmerzlich bemerkbar.

 

behringer wing

Wer darüber hinaus die Produktseite für Recherchen zu Funktionen nutzen möchte, wird seinen Augen nicht trauen. Das Pult heißt hier „Flügel“ und ist ein „48-Kanal, 28-Bus voller Stereo Digital-Mischpult“. Mit „5 variable Steckschlitze“ und „mit den ikonischen Vintage Analog Equalizern und Verdichtern“. Schön sind auch „Custom Controls mit 16 Rast- oder momentane Tasten“ oder der Satz „Die Flügelsteuerfläche verwendet eine große kapazitive Touchscreen-Schnittstelle mit berührungsempfindlichen Drehregler für eine neue Bedienungsfreundlichkeit.“ Lieber Uli, wenn voller Stolz verkündet wird „Entwickelt und konstruiert in Deutschland“, dann sollte zumindest eine vernünftige deutschsprachige Produktseite vorhanden sein. Als ehemaliger Technischer Autor von Behringer tut mir das in der Seele weh. Ein so tolles Produkt solle mehr wert sein als eine schlechte Übersetzung mit dem Google Translator. Bitte hier sofort nachbessern.

Brandaktuell: Die Behringer WING Firmware 1.03

Am 07. Februar 2020 wurde während des Testzeitraums die Firmware 1.02 für das Behringer WING Digitalpult veröffentlicht und nur drei Tage später am 01. Februar dann Firmware 1.03. Es wurden viele Features nachgelegt, so dass das Pult nun fast komplett wirkt:

  • TC Electronic VSS3 Reverb aus dem System 6000
  • Stereo/4-Kanal 24 Bit USB-Recorder/-Player für USB Sticks im FAT32 Format
  • Das Channel Alignment Delay wurde von den mageren 3 Metern auf 8 Meter (23.3 Milllisekunden) erhöht
  • Die Apps WING Copilot und Mixingstation werden nun unterstützt
  • Neue FX-Mix Control (dry/wet)
  • Low und High Cut Filter wurden erweitert: Low Cut bis rauf zu 2 Kilohertz und High Cut bis runter auf 50 Hertz
  • Die WING-Live Karte beherrscht nun die Aufnahme von bis zu 64 Kanälen auf zwei verlinkten SD-Cards
  • MUTE Gruppen können nun über die Oberfläche erstellt werden, indem man die Schalter MUTE GROUPS und einen der MUTE GROUP 1-8 Schalter gedrückt hält und dabei die Kanäle selektiert, die zur MUTE Gruppe gehören sollen
  • MUTE Schalter blinken, wenn eine MUTE Gruppe aktiv ist
  • Der Parameter EQ-Bandbreite wurde zu Q-Faktor geändert
  • MIDAS Stageboxen DL251, DL15x und DL231 werden nun unterstützt
  • TAP-Button für das Delay per Custom Controls
  • Die Laufgeschwindigkeit der Kanal-Fader ist nun einstellbar (fast, medium, slow)
  • SOLO-IN-PLACE auch für die Busse

behringer wing

Darüber hinaus gibt es noch weitere kleinere Verbesserungen und Bug Fixes. Ich empfehle WING Besitzern, dieses Update unbedingt zu installieren, da sich das Pult nach der Installation gleich sehr viel besser anfühlt. Allein die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der Fader zu beeinflussen, macht einen großen Unterschied. Die zusätzlichen Features wie das USB-Recording auf vier Spuren auf einem handelsüblichen USB-Stick oder auch die Aufnahme von bis zu 64 Spuren auf SD-Karten sowie das erstklassige TC Electronic VSS3 Reverb machen das Update eigentlich schon zu einem Pflicht-Update. Leider fehlt mir immer noch eine handliche Möglichkeit, ohne Rechner das Update aufzuspielen. Beim X32 gelingt das über einen USB-Stick. Für das Behringer WING wird immer noch ein per USB2 verbundener Computer benötigt.

Qualität der Vorverstärker & Messungen

Neugierig macht die Qualität der Vorverstärker. Um einen besseren Vergleich zu haben, führe ich mehrere Messungen durch und vergleiche mit dem X32. Im oberen Frequenzbereich über 10 Kilohertz ist das X32 sogar ein klein wenig besser aufgestellt als das Behringer WING Digitalpult. Hören kann ich diesen Unterschied bei einem einzelnen Signal nicht. Einen Unterschied macht aber die Summe mehrerer Signale. Hier kommt mir WING etwas druckvoller und dynamischer vor. Ein Vergleich der technischen Daten offenbart, dass die maximale Dynamik von Vorverstärkern und Wandlern der WING-Konsole höher ist als die des X32 Digitalpults. Verbessert wurde auch der Kopfhörerverstärker, der nun endlich mit meinem 150 Ohm Beyerdynamic DT770 Pro klar kommt.

Behringer WING_Frequenzgang_FuzzMeasure

Der Frequenzgang des MIDAS PRO Mikrofonvorverstärkers (Rot: XLR 1 – Main Out, Gelb: XLR 1 – USB 1 Out) gemessen mit FuzzMeasure und dem iConnectivity iConnectAudio 2+.

 

Behringer Wing_Frequenzgang

Der Frequenzgang der Vorverstärker von X32 (rot) und WING (blau) im Vergleich. Gemessen mit REW und dem iConnectivity iConnectAudio 2+.

WING Commander

Kommen wir zur Praxis und zu einem Vergleich mit dem X32. Zunächst einmal muss man konstatieren, dass das Behringer WING Digitalpult kein Nachfolger der X32 Plattform ist. Behringer hat versprochen, die X32-Serie weiter zu produzieren und zu unterstützen. Die jüngsten Updates zeigen, dass man gewillt ist, weiterhin Energie in das sieben Jahre alte Pult-Design zu investieren.

Hier warte ich immer noch sehnlichst auf ein User Management, um bestimmte Bereiche und Funktionen für Nutzer sperren zu können. WING ist so eigenständig, dass man das Produkt komplett losgelöst vom X32 betrachten muss. So erfordert insbesondere die Trennung zwischen Source und Channel einige Einarbeitungszeit. Auch das Zuweisen von Effekten funktioniert nun anders als beim X32 und muss aufgrund der fehlenden Bedienungsanleitung selbst erarbeitet werden. Es empfiehlt sich, die zahlreichen Online Videos auf der Behringer Produktseite zu studieren.

Ein großer Vorteil gegenüber dem X32 ist die neue Bedienoberfläche. Diese ist extrem übersichtlich und sofort verständlich. Wer zunächst einmal beim Behringer Layout der WING bleibt, dürfte sofort loslegen können und auch Signale in und aus dem Pult heraus bekommen. Der Workflow beschleunigt sich durch WING beträchtlich, sobald man das Pult einigermaßen durchblickt hat. Ob man nun lieber mit dem Touch Display arbeitet oder mit dem Channel Strip, ist einem selbst überlassen. Durch die vielen Kontrollmöglichkeiten führen stets mehrere Wege nach Rom und jeder Nutzer wird sich im Laufe der Zeit eine eigene Arbeitsweise angewöhnen.

Die Möglichkeit, Sources zu benennen und mit Tags zu versehen, verschafft Überblick. Dies ist auch erforderlich, denn die Zahl der möglichen Eingänge ist einfach immens hoch. Die App WING Copilot soll bei diesem Job helfen und es bietet sich an, mit dem Tablet bewaffnet zur Stagebox zu gehen und Namen, Farben und Tags direkt per App beim Verkabeln der Stagebox zu vergeben. So ist es später ein Leichtes, beim Kanalmanagement die richtigen Sources zu finden und zuzuweisen.

Behringer Wing_Copilot01

Behringer Wing_Copilot03

Die Copilot App für Android und iPad OS gestattet das Konfigurieren von Sources und Channels. Bewaffnet man sich beim Verkabeln der Stagebox mit einem Tablet, können sofort alle Sources passend benannt werden

Gestandene X32-User werden sich in vielerlei Hinsicht neue orientieren müssen. So gibt es nun keine festen Effektbusse mehr, sondern Effekte können entweder direkt in einen Kanal-Insert gepatcht werden oder in den Insert eines Busses. Um zum Beispiel einen Hall FX-Send zu erstellen, weise ich einem Kanal einen Stereo-Bus zu, zum Beispiel Bus 1. Am Besten benennt man diesen jetzt auch mit FX Bus. In den Insert des Busses setzen wir nun das gewünschte Hall-Plugin. Nun kann man in allen Kanälen, die auf diesen Bus geschickt werden sollen, den Bus Send auf Post Fader setzen und wie gewünscht den Send-Pegel regeln. Nicht vergessen, den entsprechenden Bus-Master aufzuziehen! Die Effektqualität, insbesondere der Premiumeffekte, ist sehr gut. Die Auswahl ist reichhaltig und übertrifft meines Erachtens auch die Konkurrenz.

Behringer Wing_Premium-FX

Die hervorragenden Premiumeffekte im Überblick

Behringer Wing_Standard-FX

Die DSP-schonenden Standardeffekte

Bei den DCAs bleibt alles wie gehabt. DCA selektieren und gleichzeitig alle Kanäle selektieren, die dem entsprechenden DCA zugeordnet werden sollen. Änderungen gibt es aber hinsichtlich der Zuweisung von Kanälen zu einer Mute-Gruppe. Funktionierte dies am X32 genauso wie bei den DCAs, muss nun im jeweiligen Kanal das Tag-Menü aufgerufen werden. Dort findet sich ein Bereich, um den Kanal entweder einem DCA oder einer Mute-Gruppe zuzuweisen. Das ist recht umständlich, es gibt aber einen leichteren Weg: Hat man die Sources oder Kanäle mit Tags versehen, können alle Kanäle mit dem gleichem Tag automatisch einem DCA oder einer Mute-Gruppe zugewiesen werden, indem man dem DCA oder der Mute-Gruppe den gleichen Namen gibt. Vergeben wir beispielsweise in allen Gitarrenkanälen das Tag „Guitar“ und nennen nun einen DCA „Guitar“ und eine Mute Gruppe auch „Guitar“, so werden automatisch alle Kanäle mit diesem Tag diesem DCA und dieser Mute Gruppe zugewiesen. Super! Trotzdem würde ich mir zusätzlich eine einfache Selektionslösung wie beim X32 wünschen. Bei den DCAs geht es ja auch.

Was mir sehr gut gefällt ist die Möglichkeit, jeden Kanal nicht nur als Mono-, sondern auch als Stereokanal zu betreiben. Das macht das Leben so viel einfacher und auch bei vielen stereofonen Quellen bleibt die Kanalzahl übersichtlich. Ich habe zum Testen ein großes Ableton Live-Projekt mit vielen Stereo-Stems geöffnet. An meinem X32 belegt dieses 32 Kanäle, am Behringer WING hingegen nur 16.

behringer wing

Die vielen Displays sorgen für einen fantastischen Überblick darüber, was sich auf der Pultoberfläche gerade abspielt. Gerade weil die Pultbelegung so individuell sein kann, ist das eine große Hilfe, um nicht den Überblick zu verlieren. Dazu trägt auch der winkelbare Touch Screen bei.

Die vielen verschiedenen Kontrollsektionen erlauben es dem Anwender, sich das Pult so ergonomisch wie möglich zu machen. Allein die Möglichkeit, die rechte Pultseite funktionell komplett frei zu gestalten, ist genial. Ich nutze oft Backing Tracks auf der Bühne. Der Tontechniker bekommt von mir in der Regel einen Keyboard-Mix und einen Stereo-Mix für das Backing. Da die Keyboard-Parts, die ich live spiele, immer von Song zu Song wechseln (mal Klavier, mal Orgel, mal Synthie), muss der Techniker Backing und Live-Keyboards kontinuierlich aneinander anpassen. Am X32 haben wir dazu die DCAs verwendet. Für tiefergehende Eingriffe musste dann allerdings der betreffende Mischpult-Layer aufgerufen werden.  Am Behringer Wing Digitalpult habe ich mir diese vier Signale einfach auf die rechte Mischpultseite gelegt und diese wie einen Submixer genutzt.

Taucht man später tiefer in das Layout der WING ein, so bleiben eigentlich keine Wünsche übrig und ich wage mal zu behaupten, dass viele Features, die DiGiCo und andere Anbieter aus höheren Preisregionen bieten, auch bei WING zu finden sind. Welchen Grund sollte man noch haben, 7.000,- Euro und mehr in ein DiGiCo-Pult zu investieren, wenn WING ähnliche Features bietet?

Von der Bedienbarkeit her schlägt WING das kürzlich von mir getestete DiGiCo S21 spielend und was den Bereich der Effekte angeht, kann DiGiCo dem WING überhaupt nichts entgegen setzen. Das gesparte Geld investiert man dann lieber in MIDAS Stageboxen. Hinsichtlich der Verarbeitungsqualität konnte ich nichts Negatives finden. Das Behringer WING ist erstklassig verarbeitet und absolut Road-tauglich.

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Konkurrenzlos

Vielleicht sorgt WING endlich dafür, dass die Angabe „No Behringer“ in Technik-Ridern verschwindet. Mutige setzen sich vielleicht einfach mal darüber hinweg und versetzen mit WING den Kunden ins Staunen.

Sobald die DANTE und Waves SoundGrid Optionen erhältlich sind, dürfte WING endgültig den etablierten Herstellern auch in höheren preislichen Gefilden Konkurrenz machen. Die DANTE Card für den Card Slot ist in Vorbereitung und voraussichtlich in vier Monaten verfügbar. Verzögert hat sich diese leider durch das grassierende Coronavirus, dessen weitere Ausbreitung die chinesische Regierung mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Davon war leider auch die Produktion bei Behringer betroffen. Seit dieser Woche wird dort wieder gearbeitet und die Karte geht so schnell wie Möglich in Produktion.

behringer wing

Die Erweiterungen für DANTE und Waves SoundGrid für den internen Steckplatz auf dem Mainboard lassen leider auch noch etwas auf sich warten. Dazu Jan Duwe: „Neben der Expansion Card gibt es aber auch die Möglichkeit, ein Brooklyn II Modul direkt auf dem WING Mainboard einzusetzen. Das scheitert derzeit noch an Audinate, die ihr Modell der kundenseitigen Kanallizensierung vermutlich erst in den kommenden Monaten marktreif bekommen werden. Aktuell müssten wir alle Kanallizenzen schon im Werk aufspielen, wodurch das WING deutlich teurer würde. Das erwägen wir zur Zeit als Sonderserie umzusetzen, ist aber noch nicht in Entwicklung. Waves hat noch nicht klar gesagt wann deren 64 Kanal Modul entwickelt sein wird. Wir könnten das sehr kurzfristig bei uns einsetzen.“ 

Der Preis von aktuell 2.999,- Euro (Stand Februar 2020) ist unschlagbar günstig. PreSonus, die mit dem StudioLive 32S und 64S wieder Boden zurückgewinnen konnten, haben jetzt wieder einen Konkurrenten, der ihnen das Fürchten lehren wird. Auch Allen & Heath werden sich hinsichtlich der SQ-Serie etwas einfallen lassen müssen. Das einzige Alleinstellungsmerkmal ist meines Erachtens derzeit noch die 96 Kilohertz FPGA-Verarbeitung. Doch hört man diesen Unterschied am Ende wirklich? Und wie erwähnt lassen die technischen Daten des Behringer WING Digitalpults vermuten, dass auch WING in Zukunft diesbezüglich mehr zu leisten vermag. Vielleicht, wenn neue Stageboxen am Markt sind, die mit höheren Taktfrequenzen arbeiten?

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Interessant wird sein, wie sich nach dem Erscheinen des Behringer WING Digitalpults die Preise der MIDAS M-Serie entwickeln. Eine Vermutung wäre, dass Behringer im Laufe der Zeit das X32 vom Markt nimmt und nur noch das MIDAS-Pendent im jetztigen Preissegment beibehält, schließlich teilen sich beide Pulte eine gemeinsame Plattform. Die MIDAS-Preise sind in den vergangenen Wochen schon ordentlich gepurzelt und ob sich ein MIDAS M32 Live, das immerhin noch 300 Euro teurer ist als das Behringer WING mit MIDAS PRO-Vorverstärkern, weiterhin behaupten kann, ist fraglich. Das kleinere MIDAS M32R Live liegt bereits nur noch bei 1889 Euro und kommt damit dem Fullsize X32 mit 1625 Euro verdammt nahe. Die bessere Verarbeitung und die besseren Preamps des M32R lassen das X32 schon fast obsolet werden. Wir werden beobachten, wie sich der Markt reguliert und über Änderungen im Behringer/MIDAS Produktportfolio entsprechend berichten. Vielleicht erscheint irgendwann auch WING in einer MIDAS-Variante.

behringer wing

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Fazit

Den abgedroschenen Spruch, dass WING Flügel verleiht, muss ich im Fazit nun doch noch bringen. Ob Behringer sich mit WING erneut zu Höhenflügen aufschwingen kann, lässt sich aktuell noch nicht sagen, aber bereits vermuten. Mit dem Behringer WING Digitalpult zeigt der Hersteller, dass er sich von seiner einstigen Copy & Paste Produktpolitik endgültig verabschiedet hat. In Willich werden mittlerweile Standards gesetzt, die das Zeug haben, eine ganze Branche nachhaltig zu beeinflussen. Den Makel chinesischer Fertigung ist Behringer ohnehin los, da es kaum noch ein Produkt auf dem Markt gibt, das nicht zumindest in weiten Teilen im „Reich der Mitte“ gefertigt wird. Darunter auch die allseits beliebten Apple Luxusprodukte. Diesbezüglich hat sich Behringer durch das frühzeitige Erkennen von China als Produktionspartner der Zukunft schon früh einen Vorteil verschafft.

Schaut man sich das Produktportfolio an, darf Behringer zurecht in einem Atemzug mit Yamaha genannt werden und würde sicherlich ebenfalls spielend eine ganze Halle auf der Musikmesse in Frankfurt füllen. Mit dem gerade erschienenen Firmware Update 1.03 ist WING endgültig aus dem „Beta-Status“ raus und darf schon jetzt den Digitalpultkäufern als heißer Tipp empfohlen werden.

Ich wüsste nicht, was man in der Preisklasse um 3.000,- Euro sonst kaufen sollte, wenn man zukunftssicher sein möchte. Für den „Best Buy“-Sticker fehlen mir derzeit noch ein ausführliches Manual und die Dante/SoundGrid-Erweiterungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Behringer WING Konsole ein ähnlicher Erfolg wie dem X32/M32 beschieden ist, welches in seinen verschiedenen Ausprägungen nach wie vor regelmäßig die Top Seller-Liste von Thomann anführt. Denn dort hat sich WING im Januar 2020 schon direkt zur Erstauslieferung den zehnten Platz gesichert.

Plus

  • Verarbeitung
  • freies Mischpult-Layout
  • freies Routing
  • Touch Screen
  • viele Bedienelemente und Scribble Strips
  • sehr gute Qualität der DSP-Effekte
  • ausgeklügeltes Beleuchtungssystem
  • sehr viele digitale Ein- und Ausgänge
  • Dante/Waves Soundgrid optional möglich
  • drei AES50 Schnittstellen
  • StageConnect
  • 48/48 I/O USB-Interface
  • 64 Kanal-Recording auf zwei SD-Karten
  • Recording auf USB-Stick mit 24 Bit und mit bis zu vier Spuren
  • alternative Kanalbelegungen möglich
  • Preis-Leistungsverhältnis

Minus

  • keine Bedienungsanleitung

Preis

  • 2.999,- Euro
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Forum
  1. Profilbild
    DSL-man RED

    Danke für den guten Bericht.
    Frage: beim x32 geht das Wet Effekt Signal nicht per Card outputs (usb/Madi) (außer über sehr umständliche Routings mit Kanalverlust)
    Gibt der Wing die Wet Signale an die DAW weiter ?

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @DSL-man Bei WING sollte das ohne Probleme gehen, da hier das Routing komplett frei ist. Ein Kanal kann im Prinzip alles sein und somit sollte es möglich sein, das Signal auch aufzeichnen zu können, da, wenn ich das richtig gesehen habe, die Kanäle aufgezeichnet werden und nicht die Sources. Es war nicht ganz einfach, in der kurzen Zeit alles herauszubekommen, da es kein Manual gibt, nur Videos.

  2. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    Ich benötige einen Hinweis, wie man es schafft, mehr analoge Signale als die 8 Kanäle ins Pult zu bekommen? Möglichst nicht nur mit XLR. Die Buchsen im Wing sind Kombibuchsen, das ist gut. Die Behringer Stagebuchsen haben aber nur XLR und kein Kombis, wenn ich mich nicht irre. Welches Produkt sollte man denn nehmen um mehr analoge Anschlüsse zu bekommen? Irgendeinen Tipp für mich?

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @[P]-HEAD Das ist kein Problem. Schau Dir mal die Behringer SD16 an, die SD-Stageboxen haben Combobuchsen. Gibt es in verschiedenen Größen.

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      JensBee

      @[P]-HEAD Die Behringer SD8 Box hat Kombianschlüsse.
      Aber nur nach Internetsuche, keine eigene Erfahrung.

    • Profilbild
      NDA

      @[P]-HEAD Ja, das ist schon mal ein guter & richtiger Schritt (sicher nicht nur für die Synth-Gemeinde), daß im Wing jetzt bereits 8 Kombibuchsen eingebaut sind :-).
      Wie von Markus und JensBee erwähnt gibt’s die beiden SD-Stageboxen SD16 & SD8. Nur diese haben Kombibuchsen. Der Anschluß per AES50 ports und Konfiguration über das Display am Pult war beim X32 sehr einfach & komfortabel. Dürfte also beim Wing vergleichbar sein. Das Wing Pult bietet offenbar sogar 3 AES50 ports. Weiter sind die Stageboxen auch kaskadierbar.

      @Penishead,
      wenn ich mich an Deinen Artikel & Photos über Dein Studiosetup richtig erinnere, dürfte die Lösung mit den SD* Stageboxen bei Dir sogar eher praktischer sein. Du sparst Dir den Kabelsalat bzw. Multi-Core Kabel zum Pult. Stattdessen einfach nur die entsprechenden Netzwerk-Kabel.
      Da die Synthesizer typisch Line-Signale mit ausreichend hohem Pegel liefern, sind die Vorverstärker in den Stageboxen nicht überkritisch. Davon abgesehen enthalten diese meines Wissens die gleichen programmierbaren Midas Pre-Amps – also nicht die schlechteste Adresse ;-).

      Natürlich bedeutet das Zusatzkosten; ist dafür aber sehr flexibel und das Setup / Studio ist aufgeräumter [zumindest was die Kabel betrifft ;-)].

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @[P]-HEAD Du kannst übrigens auch problemlos die acht Aux-Returns für Synths nutzen. Sind symmetrische TRS-Buchsen. Damit wäre man dann schon bei 16 analogen Eingängen. Dann noch eine oder zwei SD16 dran und Du hast sicherlich genug. Eine andere Möglichkeit ist übrigens, statt einer Stagebox ein X32 Rack zu verwenden. Das ist stark im Preis gefallen und gibt Dir 16 XLR und acht TRS-Line Eingänge. So kommst Du zusammen mit den 16 analogen Eingängen von Wing auch auf 32 Eingänge im Studio. Und auf der Bühne ist das X32 Rack ein fantastisches Monitorpult. Ich habe immer ein X32 Producer oder X32 als FoH im Einsatz und ein X32 Rack als Monitorpult. Auf der Bühne außerdem eine S32 und eine SD16 Stagebox. Super Setup. Zuhause steht dann nur das Rack mit dem X32 Rack.

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        [P]-HEAD AHU

        @Markus Galla Danke für die Rückmeldung. Ja, klar kann man erstmal die 8 Aux nehmen, ausserdem kann man die Eingänge auch über eine Patchbay laufen lassen, dann liegt das auch direkt im Zugriff. mmh, mal schauen.

  3. Profilbild
    solartron

    Bei Stiftung Warentest wäre das Wing aufgrund von „keine Bedienungsanleitung“ sofort durchgefallen… ?

    ansonsten: Toller, umfangreicher Artikel. ?

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      Markus Galla RED

      @solartron Das stimmt. Ich würde wirklich mal gerne so einen Stiftung Warentest-Test von einem Digitalpult lesen :-)

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    vssmnn AHU

    Bei Stiftung warentest würden auch atomkraftwerke durch den Test fallen, weil es keine einfache Bedienungsanleitung gibt.

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    Anthony Rother AHU

    Das Mischpult ist wirklich ein absoluter Traum.

    Und als Software Update einfach mal einen TC VSS3 Reverb reinzupacken… ist einfach nur großes Kino.

    Hätte ich nicht schon ein Mischpult, das Pult wäre ganz oben auf meiner Wunschliste.

  6. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hallo,

    vielen Dank für den sehr guten und aufschlussreichen Bericht über das Behringer Wing!

    Ich bin seit 2015 überzeugter und begeisterter Nutzer des X32. Einen der wenigen Nachteile des X32 sehe ich darin, dass ich bei Veranstaltungen unter freiem Himmel am besten immer ein großes und lichtundurchlässiges Tuch mitnehmen musste, um das Pult bei Sonnenschein überhaupt bedienen zu können! Der Bildschirm war ansonsten nicht lesbar und auch die kleinen Anzeigen über den Kanalzügen waren nicht ablesbar!

    Gibt es bereits Erkenntnisse/Tests, wie es damit beim Behringer Wing aussieht?

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      Insgesamt kommen mir die Displays heller und kontrastreicher vor als beim X32. Ich würde aber generell immer Equipment vor Sonneneinstrahlung schützen und gerade das Pult nur unter einem Pavillon oder so nutzen.

  7. Profilbild
    donsilakis

    Weiß jemand, wie die AD-Wandler vom Wing abschneiden? Ich arbeite grade mit einem RME UFX+ Interface und zeichne damit hauptsächlich Synthesizer/Drum Machines auf. Ein Presonus Faderport 16 hilft mir dann beim produzieren und abmischen in der DAW.
    Ich würde gerne beide Geräte durch eine Wing Konsole ersetzen (DAW Control läuft ja jetzt), frage mich aber, ob mit einem Qualitätsverlust in den Aufnahmen zu rechnen ist?

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @donsilakis „Die Wandler arbeiten mit 24 Bit und 44.8 bzw. 48 Kilohertz.“

      –> schon das ist ein Ausschlusskriterium für das Studio, wenn man gerne mit 192 kHz aufnehmen möchte.

      Mal davon abgesehen: Du besitzt eines der besten Interfaces in dieser Preisklasse am Markt und willst dann eine WING anschaffen, um dieses zu ersetzen? Das macht keinen Sinn.

      Kauf dir lieber einen guten Controller. Ich hatte den Avid S1zum Test hier. In Verbindung mit ProTools oder Logic ein Traum.

      Als reiner DAW-Controller wäre mir die WING zu teuer und zu groß. Da macht ein Controller-System von Avid erheblich mehr Sinn.

      • Profilbild
        donsilakis

        @Markus Galla Ja so gehen die Meinungen wohl auseinander. Aber das ist ja auch ok. Ein Avid S1 mit dem stolzen Preis von 1.360 EUR und nur 8 Fadern macht wiederum für mich keinen Sinn. Da würde ich mindestens 2 benötigen um komfortabel arbeiten zu können, ohne ständig hin- und herspringen zu müssen. Und dann wäre man aber schon beim Preis der WING gelandet. Die bietet allerdings nochmal mehr Fader im Direktzugriff und erfüllt auch weitere Studioaufgaben wie Recording. Darüberhinaus kann man mit der WING ja immer noch Shows abmischen ;) Außerdem schneiden einige der Premium Plugins sehr gut ab und man kann diese in der DAW integrieren, anstatt entsprechende Plugins zu kaufen (z.B. TC Electronic VSS3, NoStressor).
        Ich sehe da einen großen Mehrwert in der Konsole als Studio Equipment. Ich denke, das ist auch der Anspruch den Presonus mit seinen StudioLive Pulten verfolgt – für Live und fürs Studio.

        Man nehme mal an, die Aufnahmen gelingen in ähnlicher Qualität (und man benötigt keine höhere Abtastrate als 48 kHz), dann würde die WING, in meinen Augen, eine sehr gute und auch noch günstige Studiolösung darstellen. Allerdings liegt genau darin mein Problem, man findet keinerlei Aussagen oder Tests über die Qualität der Wandler im Vergleich zu etablierten Audio Interfaces.

        • Profilbild
          Markus Galla RED

          @donsilakis Das liegt halt daran, dass WING in erster Linie eine Live-Konsole ist und die Wandler auch so bewertet werden. Meine Messungen siehst du ja oben. Aber bei einem Studiomix stehen halt noch andere Dinge im Vordergrund als der reine Frequenzgang.

          Natürlich funktioniert die Konsole im Studio – geht auch bei den genannten Studiolive-Pulten. Ich habe hier auch ein X32 Rack im Studio. Aber ich glaube nicht, dass man an die RME-Qualität ran kommt.

          • Profilbild
            donsilakis

            @Markus Galla Du hast sicherlich recht, an die RME Qualität kommen die genannten Digital Mixer nicht ran. Ich fände es dennoch interessant zu sehen/hören, wie dicht dran sie kommen, bzw. wie weit entfernt sie noch sind. Scheint allerdings momentan nicht möglich zu sein das herauszufinden, ohne selbst einen side-by-side Vergleich zu starten.
            Auf jeden Fall vielen Dank für deine interessante Einschätzung!

            • Profilbild
              AMAZONA Archiv

              @donsilakis An die RME-Qualität kommt im Grunde gar kein anderer Hersteller dran. Die Frage ist hier eher die Relevanz,
              denn der einzige Vorteil – neben der excellenten Treiberversorgung bei RME – wäre die leicht erhöhte Dynamik der
              RME-Wandler im Vergleich zur Wing.
              Das ist allerdings Makulatur, weil kaum irgendeine Quelle weniger Rauschen kann.
              Zuletzt zur leidigen Abtastratenfrage, weil schon seit Jahrzehnten durchgekaut: Mit doppelter oder gar dreifacher Samplingfrequenz steigt die Qualität der Aufnahme nicht im geringsten…

  8. Profilbild
    Govil

    Was ich in dem Beitrag und auch sonst im Internet nicht gefunden habe ist eine Antwort auf meine Frage, wie ich meine analogen Kompressoren und Entzerrer einbinden kann, die ich bisher in den Subgruppeninserts meines Analogpultes hatte. Es sind liebgewonnene TLAudio-Geräte, die ich in meinem Studioalltag nicht missen möchte.

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @Govil Du kannst sie vor den Eingang schalten oder im Prinzip aus allen Ein- und Ausgängen Inserts basteln. Da sind Digitalpulte sehr frei.

  9. Profilbild
    Holly B.

    Hat das Pult eigentlich ein eingebautes W-Lan? Oder muss man zur Nutzung eines IPads zur Steuerung wieder extra einen Router anschließen wie bei der X32? Das wäre ein großes Manko…..

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @Holly B. Außer bei der XR-Serie wird immer ein externer WLAN-Router benötigt. Das ist auch gut so, denn wer die XR-Serie kennt, weiß, dass es da ohne externen Router nur schlecht läuft. Router benötigen immer eine optimale Position und können auch Störgeräusche verursachen. Sie in so ein Mischpult dieses Levels zu integrieren, wäre also eher unpassend.

      • Profilbild
        Holly B.

        @Markus Galla Hallo Markus, also ich hab mehrere XAir im Einsatz und bei richtiger Konfiguration des Wlan nur beste Erfahrungen damit. Dass man da nicht den Kanal 1 nimmt, versteht sich von selbst.

        Weitere Frage: Gibt es tatsächlich nicht mal ein englisches Handbuch für die Wing? (deutsch erwartet man ja schon gar nicht mehr

        Und gibt es zur Wing auch eine PC-Software wie bei den X32?

        Viele Grüße Holly

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