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Test: Grace Design m900, Kopfhörerverstärker, DAC

Kopfhörerverstärker, DAC oder Controller?

10. Mai 2019
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Grace Design m900, Kopfhörerverstärker, DAC

Wenn man sich den Grace Design m900 als Tester so anschaut, dann denkt man: „Easy. Nur ein Knopf, ein paar Buchsen – das ist ja schnell runtergeschrieben.“ Und tatsächlich ist das Gerät ziemlich „Apple-esque“, also mit minimalistischem Design und wenigen Bedienelementen ausgestattet. Wenn es jetzt noch weiß wäre mit Apfel Symbol auf dem Drehknopf und – voilà – da ist es, das neue Apple Device. Grundsätzlich kann man sogleich festhalten: Das Gerät macht einen sehr hochwertigen Eindruck, ist robust gefertigt und sieht obendrein hübsch auf den meisten Studiotischen aus.

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Also ein Grace Design Kopfhörerverstärker? Naaaaaa jaaaaaa … so ganz eigentlich nicht. Durch die verfügbare Stromversorgung durch USB 2.0 ist das Wort „Verstärker“ auch nur eingeschränkt zu verstehen. Dazu aber später mehr. Ein DAC, also ein Digital-Audio-Converter? Ja, das kommt hin. Monitor-Controller? Hm, so richtig werde ich mit der Bezeichnung auch nicht warm – Erklärung folgt.

Ich finde am m900 vorne zwei Stereo-TRS Buchsen (6,3 mm) und auf der Rückseite ein Stereo-Cinch-Pärchen, eine S/PDIF-Buchse und die Anschlussmöglichkeit für ein Toslink-Kabel. Und natürlich USB, wobei eine der beiden Buchsen nur der Stromversorgung dient und der zweite Anschluss sowohl die Stromversorgung als auch die Audiodaten übertragen kann. Aber auch dazu später mehr.

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Und schon merke ich: Mensch, in dem kleinen Kistchen steckt doch mehr Konnektivität, als ich zuerst dachte. Also dann: Ran an die Tasten!

Grace Design m900 – Konnektivität

Im m900 steckt eine Menge Know-how und gerade, wenn man das Gerät im Studio einsetzen will, dann wird einiges geboten. Hier die Inputs und Outputs im Überblick:

Kopfhörerausgänge (Frontpanel)

Vorne finden sich zwei parallel geschaltete 6,3 mm Klinkenbuchsen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden ist, dass die Cinch-Buchsen auf der Rückseite stummgeschaltet werden, wenn der Kopfhörer in der rechten Buchse angesteckt wird. Bei der linken Buchse bleibt der Output hinten aktiv.

RCA-Phono-Jacks (Cinch-Outputs)

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Das Stereo-Pärchen auf der Rückseite dienen laut Grace Design der Verbindung zu einem Verstärker, zu aktiven Monitoren oder zu einem Kopfhörerverstärker.

S/PDIF-Eingang

Der S/PDIF unterstützt 192 kHz und 24 Bit PCM. Bei diesem Verbindungstyp sei empfohlen, dass möglichst ein spezielles Koaxialkabel verwendet werden sollte. Das ist kein Voodoo, sondern Physik, denn analoge (einfache) Audio-Cinch-Kabel haben oft einen Wellenwiderstand von nur 50 Ohm, wobei der S/PDIF 75 Ohm spezifiziert. Trotz der besseren Schirmung von Koaxkabel ist diese Verbindungsmethode aber nicht brummfrei!

TOSLINK-Eingang

Wenn ich Daten über den optischen TOSLINK-Eingang übertrage, dann habe ich zumindest kein Problem mit Brummen, denn durch diese Übertragungsart hat man eine sogenannte galvanische Trennung erreicht. ABER: In der reinen High-End-Lehre ist jeder weitere Übertrager einer zu viel. Die Wandlung vom analogen „Strom“ in optische Signale findet oft nicht verlustfrei statt und kann sich klanglich auswirken. Das gehört aber eher in das Reich von Voodoo und viele Studios nehmen diesen eventuell gar nicht vorhandenen Klangunterschied gerne in Kauf, um brummfrei zu leben. Fakt ist aber: TOSLINK unterstützt im Grace Design m900 nur 96 kHz / 24 Bit, obwohl das Interface auch 192 kHz hergeben würde.

USB-Eingänge

Der m900 hat zwei USB Ports – ausgelegt im Mikro-USB-Format. Der USB-Konnektor #2 ist als reine Stromversorgung für den m900 ausgelegt und überträgt keine Daten. Der USB #1 kann beides: Strom und Audiodaten. Und Letztere sogar bis 384 kHz und 64X – 256X DSD-Support.

USB Betriebsarten am m900

Und jetzt wird es kompliziert und erklärt auch, warum ich oben so mit dem Wort „Verstärker“ gehadert habe. Der m900 hat nämlich zwei USB-Betriebsmodi: den Low Power Modus, bei dem Daten und Stromversorgung über USB #1 laufen. Der Grace Design m900 wird also in einen USB-2- oder USB-3-Port des Computers angestöpselt und bekommt so seine Lebensenergie vom Rechner, die naturgemäß schwächer auf der Brust ist als eine dedizierte Stromversorgung. Wenn der m900 nun zusätzlich über das mitgelieferte 2 A USB-Netzteil (verbunden mit USB #2) versorgt wird, dann schaltet das Gerät in den High-Power-Modus.

Optional gibt es auch einen „Self Powered Mode“, bei dem die Stromversorgung über ein iOS- oder Android-Gerät stattfindet. Dazu wird aber Zubehör wie das „Apple Camera Connection Kit“ oder das Android „On the Go“ USB-Kabel benötigt.

Später mehr über die klanglichen Auswirkungen der unterschiedlichen Betriebsarten. Übrigens gibt es die High- und Low-Power-Modi auch in Verbindung mit S/PDIF und Toslink.

Zu den USB-Ports lässt sich ergänzend noch sagen, dass diese wahlweise im USB-Audio-Class 1 oder Class 2 Modus betrieben werden können. Als asynchrones USB-Interface verfügt der Grace Design m900 über eine interne Clock und agiert auch als Clock-Master mit extrem geringem Jitter.

Angeschlossen im Audio-Class 1 Modus benötigt man an Windows oder Apple keinen Treiber und es werden maximal 96 kHz unterstützt. Wenn man mehr will, dann wird für beide Plattformen ein Treiber benötigt, den man auf der Grace Design Website kostenlos herunterladen kann.

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Wie schon erwähnt, wird der Grace Design m900 als Kopfhörerverstärker, als DAC und als Monitorcontroller beworben. Gehen wir diese Funktionalität mal im Einzelnen durch.

Grace Design m900: Kopfhörerverstärker

Ich habe hier diverse Kopfhörer ausprobiert: einen Beyerdynamik DT770 mit 250 Ohm, einen Philips Fidelio X2 mit 30 Ohm und die Apple Earpods mit 23 Ohm. Als Vergleich zum m900 verwende ich meinen Allen&Heath Mixer und einen Meridian Explorer DAC/Kopfhörerverstärker.

Test 1: Self Powered Modus

Als Zuspieler habe ich alternativ ein iPad 9,7“ und ein Apple iPhone Xs Max verwendet. Um es kurz zu machen: Das funktionierte allenfalls mit den Apple Earpods zufriedenstellend. Der Philips und insbesondere der DT770 waren hier viel zu leise und sträubten sich gegen jede Art von Dynamik. Gut, der Self Powered Modus ist natürlich in erster Linie genau für diese Art von Kopfhörern gemacht, aber offenbar benötigt die Elektronik im m900 eine ganze Menge Saft. Der Explorer von Meridian ist ebenfalls „nur“ USB-Powered, aber bringt deutlich mehr Leistungsreserven mit. Klanglich ist dieser Betriebsmodus allenfalls Durchschnitt, was bei mobilem Einsatz aber zu verzeihen ist.

Test 2: Low Power Modus

In dieser Betriebsart kommt es sehr auf den Zuspieler an. Mein älteres Windows Notebook mit USB 2.0 Ports war auch nicht die Offenbarung, während das MacBook Pro mit Thunderbolt/USB-C-Ports wohl genügend Power bereitstellt, um die Musik vernünftig mit entsprechender Dynamik zu hören. Ich bin kein Lauthörer, aber auch in dieser Betriebsart kommt es sehr drauf an, wie laut die verwendete Musik eingespielt wurde. Bei einem live aufgenommenen klassischen Kammerkonzert musste ich schon auf Level 80 der frontseitigen Anzeige des m900 aufdrehen, damit keine Passagen verschluckt werden. Beim Beyerdynamik mit seinen 250 Ohm brauchte es sogar Levels von mehr als 85. Allerdings war dann bei lauteren Passagen schon eine Art digitale Kompression zu hören. Richtig dynamisch klang es auch so nicht.

Test 3: High Power Modus

Jetzt also mit Power aus dem USB-Netzteil. Und wenn Sie jetzt meinen, dass jetzt die Luzie abgeht – leider nein. Das Signal ist jetzt dynamisch, fein und facettenreich, aber so richtig was auf die Ohren – da benötigt der m900 definitiv einen nachgeschalteten Kopfhörerverstärker. Aber zumindest darf ich sagen: In dieser Betriebsart macht der Grace Design m900 wirklich Spaß. Nicht zu hell, sehr detailreich und neutral abgestimmt. Meckern würde ich nur über die räumliche Darstellung, die der Meridian Explorer eindeutig besser in Tiefe und Breite auffächert. Als Referenz nehme ich da gerne eine digital aufbereite Aufnahme des Klassikers „Guantanamera“ von den Weavers. Ein gutes Setup bringt hier eine tolle, mehrstufige Tiefenstaffelung, die selbst über Kopfhörer gut nachvollziehbar ist. Der m900 bevorzugt hier lieber die direkte Gangart mit klaren und detailreichen Mitten, aber tendenziell flächiger Bühnendarstellung.

Als interessantes Feature bietet der Grace Design m900 eine Cross-Feed-Option für den Kopfhörerbetrieb. Hierbei werden – einfach erklärt – dem linken Signal Anteile vom rechten Signal zugemischt und umgekehrt. So wie man im Hörraum bei Lautsprechern von links auch Anteile des rechten Speakers hört. So wird versucht, diese Unzulänglichkeit von Kopfhörern (dass sie eben keinen Raum erzeugen) zu kompensieren. Ich bin persönlich kein Fan dieser Funktion. Wenn ich den Klang im Raum hören will, dann schalte ich auf die Monitore.

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Grace Design m900 als DAC

Wichtig beim DAC ist – neben dem Klang – natürlich die Kompatibilität mit aktuellen Formaten. Und da ist man beim m900 richtig: Sample-Raten von bis zu 384 kHz und Unterstützung von hochauflösenden DSD-Formaten machen das schwarze Kistchen zum treuen Begleiter im Dschungel der Formate. Bei meinen Tests mit Material unterschiedlichster Formate und Sample-Raten: Der m900 hat mich nie im Stich gelassen. Übrigens verfügt das Gerät auch über ein konfigurierbares digitales DAC-Filter mit vier Betriebsmodi (erreichbar über das Konfigurationsmenü): Von „sharp roll off, linear phase“ bis „slow roll off minimum phase“ kann man das Phasenverhalten und die zeitliche Kohärenz einstellen. Das wiederum beeinflusst Faktoren wie Aliasing, die Transienten und das Verzerrungsverhalten bei hohen Phasenamplituden. Die klanglichen Einflüsse dieser Einstellungen sind gering, aber für ein phasenkorrektes Arbeiten sehr hilfreich. Machen wir es kurz: Als DAC kann das Gerät wirklich punkten.

Grace Design m900 als Monitorcontroller

Hier kommt es darauf an, welche Ansprüche man an einen Monitorcontroller stellt, denn in mancher Hinsicht ist der Grace Design m900 doch recht eingeschränkt. Allerdings muss man das Ganze auch immer preisbezogen sehen.

Man kann zwar zwischen den Inputs wählen, aber nur über das Konfigurationsmenü, welches man erreicht, wenn man 2 Sekunden auf den Volume-Regler drückt. Dann kann man in einer Art Menü navigieren. Das ist zwar ok, aber nicht komfortabel. Schnell mal zwischen S/PDIF und TOSLINK hin- und herschalten geht so leider nicht. Ich kann auch nicht die Eingänge auf die Ausgänge frei mappen. TOSLINK auf Kopfhörer 1 und S/PDIF auf Kopfhörer 2 – nein, das wird nicht unterstützt. Auch kann ich nicht mehrere Lautsprecherpaare anschließen – na ja, kann ich schon, aber nicht unterschiedlich konfigurieren.

Dafür kann man aber sehr genau den Pegel über das leichtgängige Volume-Potentiometer in ½ dB Schritten einstellen – dargestellt durch einen Punkt neben der Anzeige auf der Front. Ein kurzer Druck auf den Regler schaltet die Wiedergabe stumm, was durch eine gedimmte Anzeige deutlich wird. Mein subjektiver Eindruck: Wenn man auf der Suche nach einem flexiblen Monitorcontroller ist, gibt es sicher attraktivere Angebote als den m900.

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Grace Design m900: Bedienung

Bedienung ist so ein großes Wort. Beim m900 ist die Bedienung im täglichen Arbeiten das Gerät zu starten und die Funktionen des Volume-Reglers zu nutzen. Als Feedback für den Regler dient die 2-stellige LED-Anzeige, die überaus informationsfreudig ist und dazu noch einigermaßen verständlich, was ein dickes Kompliment an die Entwickler bedeutet. Neben der Pegelanzeige gibt das „Display“ (haha) Auskunft über die Sample-Rate, die DSD-Rates und sämtliche Konfigurationseinstellungen. Nach kurzer Einarbeitung sollte jeder damit klarkommen.

Eine große Hilfe ist übrigens das umfangreiche und gut geschriebene Handbuch, das sowohl Verbindungsbeispiele als auch detaillierte Beschreibungen zu den Funktionen liefert.

Grace Design m900: Klang

Das Meiste habe ich im Bereich „m900 als Kopfhörerverstärker“ schon geschrieben: Der m900 klingt wirklich ausgesprochen gut, wenn man davon absieht, dass es eben kein Hi-Power-Monster ist. Im Vergleich klingt mein Mischpult am Kopfhörer etwas vordergründiger und höhenbetonter, was für die Funktion eines Mischpultes natürlich völlig in Ordnung ist, denn hier will ich die Pegelunterschiede der Kanäle genau hören. Der Meridian Explorer bietet deutlich mehr High-End als der m900. Er ist weiträumiger und detailverliebter. Trotzdem fiel mir beim Testen auf, dass ich gerne und auch lange mit dem m900 gehört habe. Durch meine digitalisierte Plattensammlung surfen (FLAC, 88,2 kHz), ein paar DSD-Aufnahmen, MP3-, Hi-Res-Aufnahmen: Ich war selber überrascht, wie gerne ich mit dem Grace Audio m900 die Musik genossen habe (vorwiegend über den Philips Fidelio X2, einem offenen, weiträumigen Hi-Fi Kopfhörer). Offensichtlich bietet die Abstimmung des m900 ein sehr hohes „Langhörenpotenzial“: sehr gefällig, aber dennoch reich an musikalischer Information.

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Fazit

Ich bin hin und her gerissen. Vielleicht, weil Grace Design mit der Produktbezeichnung sehr viel verspricht, aber nur manches halten kann. Als Kopfhöhrerverstärker kann ich den m900 nur empfehlen, wenn man keine hohen Pegel abverlangt und Kopfhörer mit niedrigem Innenwiderstand nutzt – klanglich hingegen ist der Grace Design m900 sehr gut.

Von einem Monitorcontroller erwarte ich mehr Flexibilität. Diese wiederum bekommt man, wenn man das Gerät vorwiegend als DAC nutzt: Hier werden die meisten Anforderungen an Formate und Sample-Rates gut erfüllt. Da habe ich schon DACs für weit mehr als die aufgerufenen knapp 600,- Euro in der Hand gehabt, die deutlich weniger geboten haben. Zudem ist der m900 wirklich klasse verarbeitet und lässt sich sehr intuitiv bedienen. Mein Tipp: ausprobieren! Schauen Sie sich an, ob das Gerät für Ihren Workflow geeignet ist – dann werden Sie den Kauf sicher nicht bereuen!

Plus

  • sehr gute Verarbeitung
  • guter Klang
  • intuitive Bedienung
  • als DAC viel Kompatibilität und Flexibilität

Minus

  • als Kopfhörerverstärker etwas schwach
  • als Monitorcontroller zu unflexibel

Preis

  • Ladenpreis: 579,- Euro
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