Harley Benton Akustik für den Blues!?
Harley Benton – die unangefochtenen Meister des Sparens! Die Hausmarke des Musikhauses Thomann verblüfft uns immer wieder mit Instrumenten zu Preisen, die eigentlich gar keine sein dürften. Und dabei steigt die Qualität der Instrumente spürbar an, wir verfolgen die Entwicklung ja schon seit einiger Zeit mit entsprechenden Tests. Mittlerweile hat sich die Marke Harley Benton vom Low-Budget-Lieferanten also tatsächlich zu einer echten Alternative in der Mittelklasse entwickelt und das unabhängig davon, ob die Wahl nun auf ein elektrisches oder ein akustisches Instrument fällt. Elektrische Harley Bentons hatten wir in letzter Zeit einige im Test, von daher werfen wir heute mal einen Blick auf das akustische Segment des Herstellers und da im speziellen auf die Harley Benton Delta Blues MJCE, die für einen lächerlichen Kurs von 99,- Euro bei Thomann im Shop bestellt werden kann. Lohnt sich die Ausgabe oder haben wir es hier mit dem klassischen Feuerholz zu tun?
Harley Benton Delta Blues MJCE – Facts & Features
Gut abgehangen sieht sie aus, die Delta Blues MJCE mit ihrem Mini-Jumbo-Korpus und der braunen, nur ganz dünn aufgebrachten Satinlackschicht. Die Struktur des verwendeten Mahagonis für Decke, Zargen und Boden ist gut zu erkennen und auch gut zu fühlen, viel Holz wurde nicht verwendet, die Wandstärke ist ziemlich dünn geraten. Das muss aber kein Nachteil für den Sound sein, denn ein dickeres Material bedeutet nicht immer auch gleich einen fetteren Sound. Dass dies der Tatsache entspricht, wird die Delta Blues MJCE später im Praxisteil noch beweisen dürfen!
Die Verarbeitung des Korpus kann man durchaus als gut bezeichnen und selbst auf ein klein wenig Luxus in Form einer Rosette aus Perlmutt rund um das Schallloch muss man nicht verzichten. Bei der Gelegenheit werfen wir auch gleich mal einen Blick in das Innere des Korpus – ehrlich gesagt hätte ich hier mit dem Schlimmsten gerechnet, denn was sollte man für 99,- Euro schon erwarten können? Doch weit gefehlt: Abgesehen von ein paar wenigen Leimresten rund um die Verstrebungen wurde auch hier sehr sauber gearbeitet, da kann man nur staunen!
HB Delta Blues MJCE – Hals & Griffbrett
Ein ähnlich gutes Bild gibt auch der Hals ab. Klar, er besteht aus drei Teilen, dafür aber ist die Bundierung ziemlich gut gelungen und auch der 43 mm breite Sattel wurde sauber in seine Position eingesetzt. 22 Bünde gilt es zu bespielen, beim Erreichen der letzten 2-3 Kandidaten dürften Spieler mit großen Händen allerdings Probleme bekommen – das Cutaway hätte ruhig noch ein Stück weiter ausfallen dürfen. Trotzdem bietet die Delta Blues MJCE dank ihres schmalen Halsprofils und der griffigen Rückseite des Halses eine für diese Preisklasse außergewöhnlich gute Bespielbarkeit und das schon ab Werk. Man sieht also: Eine gute Saitenlage einstellen ist kein Hexenwerk, das scheint selbst bei solch günstigen Akustikgitarren kein Thema zu sein. Man muss es eben nur wollen! Sehr schön finde ich auch, dass an einen Gurtendknopf am Halsfuß gedacht wurde, so kann man die Delta Blues MJCE sofort an den Gurt schnallen und loslegen.
Wir lassen unseren Blick weiter nach oben wandern und erreichen die Kopfplatte mit den sechs Mechaniken. Überraschung auch hier: Wo man bei anderen (und durchaus auch teureren) Akustikgitarren zumeist Typen findet, deren Mechanik offen liegt und die von daher bereits recht früh die Segel streichen, besitzt die Harley Benton Delta Blues MJCE einen Satz geschlossener Tuner, die auch von einer E-Gitarre stammen könnten. Sie arbeiten absolut zufriedenstellend, das Stimmen ist dank des nur wenigen Spiels der Achsen schnell erledigt und auch beim Halten der Stimmung ist mir während der Testdauer nichts Negatives aufgefallen.
Der PT-20 Preamp
Bis hierhin bin ich ehrlich gesagt verblüfft, mit welcher Qualität die Delta Blues MJCE auftritt. Doch das soll noch nicht alles gewesen sein, denn zu dem guten Gesamtbild der Konstruktion gesellt sich zusätzlich noch ein Preamp mit Piezo-Pickup, dessen Bedienpanel wie üblich im oberen Zargen der Akustikgitarre eingesetzt wurde. Von einem Sparkurs ist auch an dieser Stelle nichts zu sehen, ganz im Gegenteil, denn der PT-20 Preamp aus eigenem Hause besitzt ein grafikfähiges und hintergrundbeleuchtetes Display für die Stimmfunktion, eine Vierband- (!) Klangregelung mit Bässen, Mitten, Höhen und Präsenzen, einen Mastervolume-Regler sowie eine rote LED, die über die zur Neige gehende Energieversorgung informiert. Die benötigte Power wird von einem 9-Volt-Block geliefert, der zusammen mit der Ausgangsbuchse an der Unterseite eingesetzt wurde. Mittels eines Schnellverschlusses ist die Batterie im Falle eines Falles binnen Sekunden gewechselt.
Harley Benton Delta Blues MJCE – ein Zwischenfazit
Man kann wirklich nur staunen, welche Qualität die Delta Blues MJCE für diesen extrem schmalen Kurs bietet. Abgesehen von der guten Verarbeitung und ihrer Ausstattung mit dem Preamp vermittelt diese Akustikgitarre durch ihre dunkelbraune, offenporige Lackierung zudem den Eindruck, als würde sie schon Jahrzehnte in irgendeinem verrauchten Club an der Wand hängen, um nur für Bluessessions heruntergenommen zu werden. Verarbeitung gut, Optik stimmig – wo ist denn nun der Haken bei der Sache? Beim Klang etwa?
Die Delta Blues MJCE Akustikgitarre in der Praxis
Auch da kann ich nichts Negatives berichten. Klar, der Mini-Jumbo-Korpus reißt in Sachen Lautstärke nicht unbedingt Wände ein, aber durch die dünnwandige Konstruktion des Korpus schwingt das Instrument kräftig vor sich hin und überrascht dabei mit einem bissigen, drahtigen und durchsetzungsfähigen Klang, der darüber hinaus ein ordentliches Attack vorweist, beim Sustain jedoch etwas abfällt. Einschränkungen beim Bespielen des Halses gibt es lediglich für den Bereich um das Cutaway herum, ich erwähnte es bereits weiter oben. Was ich ebenfalls schon erwähnte, ist die gute Bespielbarkeit, die die Harley Benton Delta Blues MJCE direkt aus ihrem Karton bietet. Davon könnten sich selbst drei Mal so teure Instrumente eine Scheibe abschneiden! Intonation, Oktavreinheit: Alles im grünen Bereich und so macht es wirklich Spaß, mit dieser Akustikgitarre zu jammen!
Doch die Überraschungen wollen nicht aufhören – oder waren meine Erwartungen allen Ernstes so niedrig? Es geht um den PT-20 Preamp bzw. dessen Piezo-Pickup und die erstaunliche Klangbreite, die der Vorverstärker bei Abnahme der Gitarre über ein Verstärkersystem leistet. Bereits der Grundsound des Preamps klingt mehr als ordentlich und mithilfe des Vierband-Equalizers ist ein erstaunlich großes Klangspektrum abrufbar. Zudem arbeitet die Elektronik sehr rauscharm, ist aber auch aufgrund des dünnwandigen Holzes des Korpus anfällig gegenüber Griffgeräuschen oder anderen Dingen, die auf den Korpus bzw. die Gitarre insgesamt einwirken.
Um zu hören, wie brauchbar der PT-20 Preamp in der Harley Benton Delta Blues MJCE klingt, wurden die folgenden Klangbeispiele ausnahmslos damit aufgenommen. Das Klinkenkabel steckte in meinem UAD-Interface und aufgenommen wurde wie immer in Logic Audio. Ohne Effekte.
Hören wir im ersten Beispiel ein Bluesthema mit dem EQ in Neutralposition.
Im nächsten Beispiel ein Picking mit angehobenen Bässen, Mitten und Präsenzen, bei dem ich kreuz und quer über dem Griffbrett zum Teil mehrstimmige Voicings spiele. Hier kann man gut hören, wie sauber und klar die Delta Blues MJCE intoniert und wie korrekt die Oktavreinheit eingestellt wurde.
Nun zu den guten alten Strumming-Patterns. In Beispiel 3 hören wir zunächst ein Akkordschlagmuster mit dem Equalizer in Neutralstellung, danach eines wieder mit etwas angehobenen Bässen, Mitten und Präsenzen.
Auf den Thomannbildern sieht sie braun aus, auf den Amazonabildern eher grau.
Wie ist sie denn wirklich in der Farbe?
Wenn sie so grau wie bei Amazona ist, kauf ich mir eine, nur um sie ins Wohnzimmer zu stellen. Geile Farbe!
@Michael Krusch Einfach über den Sommer in den Garten stellen, dann wird die ganz von selbst grau ^^
@Michael Krusch Sie sieht schon eher Dirty aus :) Und sie passt auch sehr gut in mein Wohnzimmer!
Ich frage mich ja schon, ob die Instrumente, die ihr zum testen erhaltet, nicht vorher extra sorgfältig eingestellt werden. Ich habe bisher zwei akustische Gitarren von HB bestellt (teurer als diese hier), und die Saitenlage war eher so 4mm am 12 Bund, obwohl da extra ein Zettel dranhing, wo die Saite Lage mit 2.5mm angegeben wurde.
Bei der ersten hätte ich gar nicht so viel an der Stegeinlage abfeilen können, da sonst die Saiten an den Steg gekommen wären, so miese war der Hals eingesetzt.
Die zweite war dann etwas besser und mit viel abschleifen auf eine gerade erträgliche Lage einzustellen.
Will heißen, man kann wohl nicht unbedingt davon ausgehen, dass man als normaler Kunde ein top eingestelltes Modell erhält und man muss damit rechnen, öfter mal was zurück zu schicken.
Dafür klingen sie echt ordentlich und kosten wirklich nicht viel. Als Hauptinstrument vielleicht nicht zu empfehlen, aber für unterwegs oder als zweit/dritt/viert/…-Gitarre durchaus brauchbar.
@janschneider Ich glaube eher, dass HB die ersten Exemplare einer neuen Serie mit größter Sorgfalt herstellt, weil die natürlich am ehesten getestet werden und weil deren Bewertungen beim Händler den größten Einfluß haben. Wenn sich dann eine hohe Nachfrage entwickelt, wird gern mal hektisch rausgehauen, was halt gerade vom Band fällt und Endkontrolle ist optional, hauptsache, geliefert.
Bei den E-Gitarren haben die Modelle auch gern erst etwas höherwertige Pickups, die dann später „kostenoptimiert“ werden.
Ich glaube aber nicht, dass Tester besondere Exemplare bekommen. Ich nehme an, dass die Tester ihre Prüflinge an ihre Privatadresse ordern, oder gleich Freunde und Bekannte bitten, für sie zu bestellen.
Ich hab übrigens eine HB TE-20 Telecaster, an der ich zwar etliches ausgetauscht habe, die aber von der Grundsubstanz her wirklich erstaunlich gut ist, und die ich praktisch jeden Tag in die Hand nehme. Aber E-Gitarren sind ja auch viel einstellfreundlicher als akustische.