Wie groß klingt klein?
Das Trio ist komplett. Mit dem HK Audio Polar 8 Säulen PA-System steht der aktuelle Neuzugang dieser Produktfamilie, bislang bestehend aus den Modellen Polar 10 und 12, bereit zum AMAZONA.de-Test. Gute Transporteigenschaften, gemessen an Größe und Gewicht, erstaunliche Leistungsreserven und einfache Bedienung charakterisieren nicht nur die Polar-Familie, sondern ebenso die bekannten Produkte der zahlreichen Mitbewerber wie Bose und LD Systems. Das macht die Orientierung für den interessierten Musiker nicht einfacher, andererseits ist bei der Fülle an Produkten praktisch für jede Preis-Leistungs-Anforderung eine Lösung dabei. Das HK Audio Polar 8 Säulen-PA-System wird vom Musikhaus Thomann für 648,- Euro angeboten. Es schließt damit das HK Audio Portfolio im unteren Preissegment ab und führt unweigerlich zur Frage: Kann die Bonsai-PA nicht nur klanglich, sondern auch in puncto Leistung überzeugen?
Inhaltsverzeichnis
Tonsäulen und Linienstrahler zwischen Werbung und Physik
Im Jahr 2022 braucht zu den generellen Merkmalen der seit Jahren populären Linienstrahler oder Säulen-PAs wenig Grundsätzliches ergänzt werden. Eins sollte klar sein: Linienstrahler sind keine Alleskönner, sondern eine mögliche Beschallungsalternative zur oft eingesetzten Kombination aus 2-Wege-Box plus Subwoofer. Ich verweise in diesem Sinne auf die Ausführungen des AMAZONA.de-Kollegen Markus Galla, der in dem Grundlagen-Artikel „Vom Line Array zum Säulenlautsprecher“ nicht nur die konstruktionsbedingten Vor- und Nachteile erläutert, sondern auch Einblicke zur Historie der großen und kleinen „Säulen“ gibt. Zur Einordnung der Polar 8 gegenüber den nächsthöheren Systemen der HK Audio Polar-Familie bietet das AMAZONA.de-Archiv ebenfalls Hilfestellung – hier empfehle ich den Polar 10 Test vom Kollegen Axel Ritt. Soweit die Einstimmung – die nächsten Zeilen gehören ganz dem HK Audio Polar 8 Säulen PA-System.
Ausstattung: HK Audio Polar 8 Säulen PA-System
Zum eingangs genannten Preis von knapp 650,- Euro gibt es Polar 8 als Mono-System, das erst durch den Zukauf eines zweiten zur Stereo-Klein-PA wird. Während der knapp 14 kg wiegende Subwoofer (30,2 x 54 x 39 cm) mit einem 8“ Lautsprecher ausgestattet ist, bringt die eigentliche Tonsäule (9,4 x 82 x 9,8 cm) gut 3 kg auf die Waage und ist mit 6x 2,5“ Neodym-Speakern bestückt (Abstrahlcharakteristik: 120° x 45°).
Der sogenannte Spacer bringt die Tonsäule auf „Höhe“, wenn der Subwoofer am Boden positioniert wird. Inklusive Spacer beträgt die Gesamthöhe 214 cm, ohne gut 120 cm. Er leitet die anliegenden Audiosignale weiter und kann bei erhöhter Position des Subwoofers (Bühne, Podest etc.) einfach weggelassen werden. Die Verbindung zwischen dem Subwoofer und den „Säulen“ geschieht kabellos. Die Signalführung im Stecksystem ist vergleichbar mit einer Kombination aus 6,3 mm Klinkenstecker nebst dazugehöriger Buchse. Die drei Komponenten Mid/High-Unit, Spacer und Subwoofer erweisen sich als erstaunlich standfest und stabil, selbst bei eingesetztem Spacer.
Laut HK Audio beträgt der maximale Peak SPL 118 dB, bei 1.200 Watt (Peak)/300 Watt (RMS) und einem Frequenzgang von 50 bis 20.000 Hz (+/-10 dB). Als Material für die Gehäuse kommt ABS Kunststoff (Acrylnitril-Butadien-Styrol) zum Einsatz.
Wie die bereits erwähnten Produkte der Polar Familie verfügt auch Polar 8 über eine interne Mix-Funktion – Mischpult wäre in diesem Zusammenhang wohl etwas zu viel gesagt. Geboten werden 2x Mic/Line sowie 1x Aux/Bluetooth (5.0). Wobei sich die Belegung des Aux-Eingangs (Cinch) und Bluetooth nicht ausschließen, es können also zwei Signale gleichzeitig anliegen. Anders als beim 10er und 12er wurde auf einen hochohmigen Instrumenteneingang verzichtet, ebenso auf als Presets nutzbare Sound-Modes oder ein Display.
Zur Anpassung der Wiedergabeeigenschaften existieren lediglich ein Höhenregler (+/-6 dB), ein Regler für das Zumischen des Subs (-12/+6 dB) sowie ein Master. Als Ausgang stehen ein Mix-Out als auch Bluetooth TWS (True Wireless Stereo) zur Verfügung. Beispielsweise zum Anschluss einer zweiten Polar 8. Es werden via TWS allerdings nur die Streaming-Daten übertragen, keine Line- oder Mikrofonsignale, die an Kanal 1 und 2 anliegen.
Das ist praktisch, wenn als Zuspieler für kleinere Partys oder Hintergrundmusik Handy oder Tablet genutzt werden. Um „echte Audiodaten“ weiterzuleiten, dient der als XLR-Buchse ausgeführte Mix-Out.
Flexibel?
Wie sieht es mit den Ausbaumöglichkeiten aus? Ein zweites HK Audio Polar 8 Säulen PA-System ist Bedingung für den Stereobetrieb und markiert gleichzeitig das Ende der Ausbaufähigkeit. Flexibilität wie bei HK Audio Elements und damit eine weitreichende Skalierbarkeit ist nicht vorgesehen.
Da Spacer und Top identisch aufgebaut sind, wäre es natürlich prinzipiell möglich, bei der Polar 8 ein zweites Top zu nutzen. Schon klar, aber letztendlich ist Polar anders konzipiert als Elements – in der Polar-Familie steht klar der Plug & Play-Faktor auf Basis eines erschwinglichen Preisrahmens im Vordergrund. Wem Polar 8 zu wenig Leistung bietet, der schaut halt, ob Polar 10 oder 12 besser „passen“. Oder eben ein vergleichbares System der zahlreichen Mitbewerber.
Kompromisslos einfacher Aufbau
Das Handling gestaltet sich kompromisslos einfach und geht aufgrund der – bis auf den Netzstecker – kabellosen Verbindung schnell von der Hand. Hier baumeln keine Kabel, die empfindliche Ästhetiker rein optisch stören. Säulensysteme sind im Vergleich zur Kombination aus herkömmlichem Subwoofer samt per Distanzstange aufgesetzter Box weniger störend in das „Raum-Ambiente“ zu integrieren, kurz: einfach schicker. Das kann, neben der klanglichen Abstimmung, der Abstrahlcharakteristik und der Leistung einer solchen Kompakt-PA durchaus ein gewichtiges Argument sein.
Im Lieferumfang befinden sich neben Anleitung und Netzkabel ebenso eine Schutzhülle für den Sub als auch eine Tragetasche für Spacer und Top. Beim Zusammenstecken war auffällig, dass beim Andocken zum Sub hin, Spacer oder Top sehr fest einrasten. Das ist einerseits wichtig, damit bei gut 2 m Höhe kein unnötiges Spiel der Komponenten die Standfestigkeit der Säule beeinträchtigt. Andererseits kann es beim Auseinanderbauen schon mal irritieren, wie fest Säule und Sub miteinander verbunden sind. Könnte sein, dass sich nach einiger Zeit durch die Steckvorgänge in der Praxis dort automatisch etwas mehr Spiel ergibt. Noch ein Tipp: Es ist zwar verlockend, aber keine gute Idee, Tonsäule/Top (ohne Spacer) und Sub gemeinsam zu transportieren. Der Schwerpunkt beim Tragen des Subs am entsprechenden Griff verlagert sich durch die eingesteckte Tonsäule ungünstig nach vorne, das System droht zu kippen (darauf wird auch in der Bedienungsanleitung hingewiesen).
Wie klingt das HK Audio Polar 8 Säulen PA-System?
Natürlich gehen bei so einem System für gut 648,- Euro Verkaufspreis die Meinungen ob der klanglichen Grundabstimmung auseinander. Übrigens auch bei deutlich teureren Systemen, denn über Geschmack lässt sich trefflich streiten, mehr aber auch nicht. Dem einen entwickelt der Subwoofer zu wenig Tiefbass, dem anderen fehlen bei der Tonsäule (Trennfrequenz 220 Hz; 24 dB/Oktave) die prägnanten Mitten. Ein 8 Zoll Tieftöner (1,5“ Schwingspule) ist eben kein 18 Zoll Bolide – nun, darüber gibt es wohl keine Diskussion. Mir persönlich gefällt die Grundabstimmung von Polar 8. Weder beim Ein- noch beim Ausschalten stören Schaltgeräusche, das Grundrauschen ist kaum wahrnehmbar. Klar sollte sein, dass bei den übersichtlichen klanglichen Eingriffsmöglichkeiten (es gibt lediglich den genannten Höhenregler), entsprechend großes Gewicht der Audioqualität anliegender Signale zukommt. Das betrifft besonders Audio-Streaming mit entsprechend komprimierten Datenformaten. Wurde zudem noch beim Mastering die Dynamik „gequetscht“, dann wird es anstrengend für das Publikum, besonders wenn – wie in diesem Fall – die Möglichkeiten zur „Klangformung“ im Eingangskanal oder der Summe einfach gehalten sind.
Gute Ergebnisse resultierten aus der Verwendung eines dynamischen Mikrofons wie dem the t.bone MB85 Beta (für die Verwendung von Kondensator-Mikrofonen ist keine Speisespannung vorgesehen). Getestet wurde Gesang in Kombination mit einem geclonten Fender Rhodes aus dem Rechner. Dabei standen die Höhen auf 14 Uhr, der Subwoofer-Regler zwischen 12 und 13 Uhr, der Spacer wurde nicht eingesetzt. Sogar als Monitor für ein E-Drum-System, das via einem Roland Drum-to-MIDI Interface mit PreSonus Studio One 5 verbunden war, machte die Polar 8 Freude.
Entsprechend des gewünschten Schubs für Bass-Drum und tiefe Toms stand der Sub-Level auf 15 Uhr, der Höhenregler am Anschlag, um HiHat, Ride und Crash-Becken etwas „Leben“ einzuhauchen. Wohlgemerkt: Ich spreche hier nicht von „bühnentauglich“, sondern von einer Übungssituation in moderater Lautstärke. Womit ich bei der möglichen Leistung des HK Audio Polar 8 Säulen-PA-Systems angekommen bin. Der Hersteller gibt als maximalen SPL 118 dB (Peak) an – daraus leite ich kleinere Veranstaltungen in entsprechenden Räumlichkeiten mit akustischer Musik (Gesang plus Begleitinstrument) oder Hintergrundmusik ab. Oder Lesungen, kleinere Theatervorstellungen (wegen der guten Sprachverständlichkeit) oder Präsentationen. Party plus DJ gehen auch, hier sind sicherlich zwei Polar Systeme empfehlenswert. In diesem Fall stellt sich mir die Frage, ob nicht Polar 10 oder 12 aufgrund der deutlicheren Leistungsreserven die passendere Wahl darstellen würden.
Beim Beschicken mit Rosa Rauschen zeigte die Anzeige des internen Limiters ab 102-103 dB erste Aktivität, die Regler für Höhen und Subwoofer standen in der 12 Uhr Position. Der mit dem NTi Audio XL2 dargestellte Frequenzgang soll eine Orientierung geben und ist nicht vergleichbar mit Ergebnissen im Freifeld oder reflexionsarmen Raum – die Messung erfolgte in 1 m Abstand, die Polar 8 war mit Sub und aufgesteckter Tonsäule am Start (ohne Spacer). Der Bassanteil des Subwoofers steht in Relation zur Position des Messmikrofons (oder des Level-Reglers des Subs). In diesem Fall wurde das NTi-Audio Messmikrofon etwa auf die Mitte der Tonsäule ausgerichtet. Schon erstaunlich, was so ein von Abmessungen wie Gewicht überschaubares und vergleichsweise kostengünstiges System am unteren und oberen Ende des relevanten Frequenzspektrums zu leisten vermag.
Offensichtlich hat da ein Leser eine schlechte Erfahrung gemacht, wenn ich mir die Leserbewertung so anschaue. Für kleine Events, Messestände, Chorproben etc. sieht das nach einem soliden System aus. Der Preis ist ok und auch die beiden größeren Modelle sind gut. Wie das „ungenügend“ des Lesers da zustande gekommen sein soll, frage ich mich. Wäre interessant, wenn derjenige oder diejenige mal was dazu in die Kommentare schreibt.
@Markus Galla Dem Kommentar von Markus möchte ich mich anschließen: Gerne kontrovers diskutieren und Praxiserfahrungen teilen, aber einfach grob verallgemeinernd abwerten, wird keinem Produkt gerecht.
Danke für den Testbericht. Gut geschrieben. Leider habe ich dies Systeme noch nicht Live erlebt. Da ich aber Nano 300 und 600 besitze und einsetze, kann ich mir vorstellen, dass die gut klingen und für die jeweiligen Anwendungen laut genug sind.
Ich tingel immer noch mit meinen Bose L1S durch die Gegend und bin auch nach vielen Jahren immer noch sehr zufrieden.
Und die haben wirklich schon viel erlebt und alles überstanden.
👍
@DJ Larsen Was das mit diesem Test zu tun hat? Eine Menge 🙂! Denn genau darauf kommt es an – ein PA-System oder auch Instrument zu finden, das abseits allgegenwärtiger Werbeversprechen den individuellen Anforderungen möglichst optimal entspricht. Tests sind lediglich eine Momentaufnahme, sie können die Orientierung erleichtern, helfen bei der Vorauswahl. Aber so ein persönlicher Langzeittest ist unschlagbar in der Aussagekraft. Leider nur begrenzt auf andere Anwender übertragbar, aber immerhin. In so einem Fall empfehle ich die alte Informatik-Weisheit: Never change a running system!