Klang
Die Einordnung des iConnectAudio4+ ist etwas kompliziert, also ganz Kind seiner Eltern. Grund dafür ist das iConnectMIDI4+, das mit derzeit 249,- Euro ausgezeichnet ist. Das Audio4+ kostet derzeit rund 120,- Euro mehr. Worauf ich hinaus will ist, dass hier eine ganze Menge mehr Komponenten werkeln, die nichts mit Audiosignalwandlung und analogem Frontend zu tun haben und damit einen wesentlich größeren Kostenfaktor darstellen, der nicht in die Audioqualität fließen kann, im Vergleich zu anderen Audiointerfaces der 400,- Euro Preisklasse, die nur mit einem simplen USB-MIDI-Port und einem simplen MIDI-DIN I/O daherkommen. Wobei das analoge Frontend (MicPres, Eingangs- und Ausgangstufen) tatsächlich mehr zum Signalcharakter beiträgt als die Wandler selbst, wie die Technikgeschichte gezeigt hat.
Die Frage lautet also: Haben wir, was den Klang angeht, es letzten Endes mit einem Audiointerface der 200,- Euro Klasse zu tun?
Zunächst muss intensiv probegehört werden. Wobei ich anmerken möchte, dass ich nur wenige Tage hatte, um diesen Test durchzupowern. Jeder hat so seine Go-To-Musikstücke für diese Tests. Bei mir sind das (u.a.) „Making Of Cyborg‟ von Kenji Kawai vom Ghost in The Shell Soundtrack und Fragile von Nine Inch Nails, die mir immer gute Dienste geleistet haben. Bei „Making of Cyborg‟ werden, je besser die Wandler und das analoge Frontend sind, die Hallfahnen immer artikulierter und länger und das Schwingen des Schlagfells der Taiko wird immer lebendiger. Fragile ist ein Album das, aus welchen Gründen auch immer, sich nur auf wirklich guten Soundanlagen richtig gut anhört. Mit schlechtem Equipment wirkt es matt und breiig. Besonders offensichtlich wird das bei „We’re in this together‟. Darin gibt es ein Gitarrenriff im Refrain, das auf schlechten Systemen nur ein Wall-of-Sound-Brei ist. Doch je besser die DA-Wandler sind, desto artikulierter und rhythmischer wird das Riff und die Rhythmussektion löst sich aus dem Riff-Klang heraus. Natürlich wurden noch viele andere Musikstücke und Einzelspuren angehört.
Aber bleiben wir bei diesen beiden Soundbeispielen. Als Vergleich diente mein Standard Mac mini (late 2014 / 8,1). Die oben genannte Teststücken machten mit dem 4+ viel Spaß. Die Hallfahnen und das Gitarrenriff waren gut artikuliert mit wahrnehmbarer rhythmischer Feinstruktur. Das Transientenverhalten war zwar auch sehr zufriedenstellend, doch ist das Audio4+ recht markant in den Höhen.
Zusätzliche A/B-Tests mit meiner alten Focusrite Saffire LE (am alten 2006er Macbook, wegen FireWire) bestätigten dies. Die Betonung der Höhen beeinflusst natürlich besonders die Wahrnehmung selbiger Transienten. Die Hallfahnenzeichnung war bei der alten Saffire LE aber dennoch feiner, weitläufiger und natürlicher. Die Tiefenstaffelung des Audio4+ konnte auch zufriedenstellen. Der Mac mini konnte da zwar nicht im Detail mithalten, folgte aber überraschend dicht in puncto Gesamtmusikalität. Überhaupt fiel mir bei diesem Test zum ersten Mal auf, dass der mini eigentlich gar nicht schlecht klingt. Die Überlegenheit des Audio4+ bei der klanglichen Differenzierung insgesamt war deutlich gegenüber dem mini, aber nicht drastisch. Das Ende der Fahnenstange ist das Audio4+ nicht, da hatte ich schon Besseres. Aber nicht, dass ich den Fehler machen wollte, es mit über doppelt so teuren RME-, Apogee- oder Motu-Wandlern zu vergleichen.
Man sollte nur realistisch bleiben, was man erwarten kann. Nein, für die 300,- Euro Preisklasse der aktuellen Audiointerfaces, in die ich den Klang des 4+ einordne, bin ich überaus angetan. Modern, knackig und mit ordentlicher Differenzierung. Es ist schon erstaunlich, wie weit man heute mit 300,- Euro klangtechnisch kommt.