Jackson und die böse Orange
Ich bin ja immer voller Vorfreude, wenn es um den Test einer Superstrat geht! Die Kategorie dieser „Sportgitarren“ hat sich seit ihrem Erscheinen Mitte der 80er Jahre zu einem Verkaufsschlager entwickelt – und das nicht ohne Grund. Vorbei waren damals die Zeiten von permanent verstimmten Vintage-Vibratos, dank eines gewissen Herren Floyd Rose, der mit seinem System einen wahren Meilenstein geschaffen hat. Schlanke Hälse mit unfassbar flachen Saitenlagen eroberten zudem die Herzen und Hände der Spieler und eine Tonabnehmerbestückung, bei der Singlecoils und Humbucker gleichermaßen vertreten waren, erweiterte von da an die klangliche Flexibilität einer solchen E-Gitarre um ein Vielfaches. Instrumente von Kramer, ESP, Charvel, Hamer oder Jackson waren damals die absoluten Dauerbrenner und sind es zum Teil bis heute noch. Das gilt in jedem Fall für Jackson, die ihre Soloist Serie kontinuierlich weiterentwickeln und uns für einen Test eine Pro SL3 Satin Orange Blaze haben zukommen lassen. Wollen wir doch mal schauen, wie der aktuelle Stand der Dinge im Hause Jackson bzw. innerhalb der Soloist Serie ist.
Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze – Facts & Features
„Orange Blaze“ nennt sich das knallige Finish, in dem unsere Pro Soloist ausgeliefert wird. Die Oberfläche ist matt lackiert, was bei mir immer auch gleich die Frage auslöst, wie lange wohl diese im Originalzustand zweifellos schöne Lackierung so aussehen mag? Nach einiger Zeit der Nutzung werden bestimmt einige glattpolierte Stellen auf dem Korpus entstehen, verursacht durch den Kontakt mit dem Unterarm und der rechten Hand. Das scheint wohl das Schicksal einer matten Lackierung zu sein, die in unserem Fall aber dennoch perfekt aufgetragen wurde und ein echter Hingucker ist. Neben diesem knalligen Orange ist das Instrument noch in zwei weiteren Farben zu bekommen, in einem Blauton („Chlorine Blue“) sowie in „Dark Amber“, dann aufgrund der sichtbaren Decken aber mit rund 50,- Euro Aufpreis.
Ob nun Wölkchenahornfurnier oder deckende Lackierung wie bei unserem Testmodell – die Basis der SLO 3 bildet ein durchgehender einteiliger Ahornhals, an den zwei Teile Mahagoni angeleimt wurden. Wir haben es also mit einer so genannten „Neck-through-Konstruktion“ zu tun, was nicht nur bei einer Metal-Gitarre bzw. hier bei einer Superstrat spürbare Vorteile in Sachen Sustain mit sich bringt. Die Halsrückseite wurde bis etwa in Höhe des 19. Bundes von der Lackierung verschont und bietet dank der nur geölten Rückseite ein wunderbar natürliches Spielgefühl, das von einem Compound Radius noch unterstützt wird. So ändert sich der Radius vom ersten bis hinauf zum letzten Bund Nummer 24 von 305 auf 406 mm. So hat man also in den unteren Lagen spürbar „mehr Fleisch“ für Akkorde und Riffs, während der schlankere Radius beim Bespielen jenseits der Oktavlage der Greifhand eine deutliche Erleichterung bringt. Vergessen sollte man dabei aber nicht den Hals-Korpus-Übergang, der dermaßen flach ausgefallen ist, dass in der Praxis kein wirklicher Übergang zu spüren ist.
Das pechschwarze Ebenholzgriffbrett bildet einen schönen optischen Kontrast zum Orange des Korpus, die Verarbeitung der Jumbobünde ist makellos gelungen und bietet keinen Anlass zur Kritik. Zur Orientierung wurden kleine „Piranha Tooth“ Inlays in den bekannten Stellen eingesetzt, die den insgesamt dezenten Look der E-Gitarre unterstreichen. Im „Matched Headstock Design“ glüht die Kopfplatte mit dem Korpus um die Wette, sie trägt die sechs Mechaniken aus dem Hause Jackson, die ja hinter dem Klemmsattel des Floyd-Rose-Vibratos keine allzu großen Aufgaben zu verrichten haben.
Besagtes Floyd Rose ist eine überarbeitete Version des Originals. Jackson hat hier die Brücke mit den Feinstimmern nicht nur etwas nach hinten gesetzt, sondern auch abgesenkt, sodass die rechte Hand nun einen spürbar besseren Auflagepunkt vorfindet. Ärgerlich ist erneut der geschraubte Vibratohebel mit seiner Überwurfmutter, der nur locker angezogen in seiner Führung kräftig wackelt und bei zu fest angezogener Schraube einfach nicht aus dem Aktionsradius der rechten Hand verschwinden will. Zudem kann ich an dieser Stelle schon mal vorab verraten, dass das montierte Floyd Rose nicht ganz verstimmungsfrei arbeitet, leider. Doch dazu kommen wir später im Praxisteil noch, werfen wir zunächst einen Blick auf die Elektronik der Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze.
Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze – Elektrik & Pickups
Die Wahl bei der Jackson Pro SL3 fiel auf Tonabnehmer aus dem Hause Seymour Duncan. Am Steg verrichtet ein TB-6 Distortion seinen Dienst, in der Mitten- und Halsposition sitzt jeweils ein SSL-6 und wartet auf Beschäftigung. Die Schaltung entspricht mal wieder der Norm, ein Fünfwegeschalter wählt die Pickups aus, ein Lautstärke- und ein Tone-Poti besorgen den Rest. Die beiden Regler mit ihren griffigen Metallknöpfen machen einen guten Eindruck, sie laufen leichtgängig und frei von jeglichem Spiel auf ihren Achsen.
Etwas Sorge bereitet dagegen der Schalter, der bereits im Neuzustand ein äußerst schwammiges Gefühl vermittelt und als eines der am häufigsten genutzten Teile einer E-Gitarre vermutlich recht früh die Segel streichen wird. Aber gut, der Kosten- und Zeitaufwand zum Tauschen gegen ein höherwertiges Modell sollte niemanden in den Ruin stürzen, man sollte jedoch auf den Crash vorbereitet sein.
Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze – in der Praxis!
Durch ihre Neck-through-Konstruktion bietet die Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze schon im trockenen Zustand ein ordentliches Pfund in Sachen Sustain und Druck. Eher durchschnittlich fällt der Attack aus, speziell schneller gepickte Linien wirken etwas träge und nicht besonders spritzig. Ähnliches gilt für den akustischen Grundsound, der ein klares Höhenbild missen lässt. Dieser Eindruck setzt sich auch am Amp fort, es drückt und dröhnt wie Hölle, die Duncans besitzen einen enormen Output, können aber das fehlende Höhenbild und die fehlende „Frische“ im Klang der Gitarre nicht kaschieren. Insofern klingen die Cleansounds gar nicht so glockig und strahlend, wie man es vielleicht gerne hätte und dem Humbucker am Steg hätten ein paar Wicklungen weniger zugunsten eines differenzierten Klangbilds sicher nicht geschadet. Moderne Amps bieten schon lange genügend Gain-Reserven, um auch Tonabnehmern mit weniger Ausgangsleistung auf die Sprünge zu helfen. Und wer sich solch eine E-Gitarre kauft, der wird sie sicher nicht zusammen mit einem VOX AC30 benutzen wollen …
Doch es gibt auch Licht am Horizont, denn die beiden Singlecoils lassen sich auch bei hoher Zerrung mit einem akzeptablen Brummverhalten nutzen. Aber auch hier gilt: Lieber den Gain-Regler am Verstärker etwas absenken, sonst erhält man früher oder später ein undifferenziertes Matschen und das unabhängig davon, welcher der beiden Singlecoils nun gerade am Start ist. Doch jetzt genug der Worte, kommen wir zu den Klangbeispielen.
Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze – die Klangbeispiele
Als Referenz-Amp habe ich wieder meinen kleinen Orange Micro Dark mit der 1×12″ Celestion Vintage 30 Box benutzt, der mit einem AKG C3000 Mikrofon in Logic Audio aufgenommen wurde. Fangen wir an mit den Cleansounds, im ersten Beispiel der Klang des Steg-Humbuckers zusammen mit dem mittleren Singlecoil. Das ist meiner Meinung nach die beste Wahl für einen unverzerrten Sound bei dieser E-Gitarre: Der Steg-Pickup liefert die nötige Schärfe und den Biss, während der Singlecoil in der Mitte sein warmes Fundament beisteuert.
Deutlich verwaschener geht es dagegen zu, sobald der Hals-Pickup ins Spiel kommt. Im zweiten Beispiel ein Cleansound mit der Kombination der beiden Singlecoils.
Jetzt zu den Overdrive-Sounds, bei denen die Jackson Pro SL3 Satin Orange Blaze loslegt wie Hölle! Zunächst ein Riff im 80s Style, eingespielt mit dem Steg-Pickup.
In Beispiel 4 und 5 hören wir die beiden Singlecoils einzeln mit einer saftigen Zerrung versehen. Beispiel 4 zeigt den SC am Hals, Beispiel 5 sein Pendant in der Mitte.
Ich finde es bei Deinen Reviews super, dass Du ein sehr kritisches Auge auf die Qualität des FRs legst. Dieser Teil wird oft recht oberflächlich ala „Klemmsattel und Feinstimmer garantieren Stimmstabilität“ abgehandelt, aber in der Realität entscheidet sich bei solchen Gitarren gerade hieran, ob ein Modell wirklich alltagstauglich ist oder nicht.
@OscSync Hey :) Vielen dank! Ich halte es da, wie der TÜV: Wenn etwas dran ist, dann muss es funktionieren … Und jetzt ohne Witz: es ist einfach frustrierend, so einen Aufwand zu sehen und dann mit diesem Ergebnis leben zu müssen.
Ihr zwei seit so einig bei dem Thema, als wuerde im Praxisteil was zum FR stehen.
;-)