Einfach gut funken: Mackie EleMent Wave XLR Funksystem
Mackie zielt mit den Wireless-Produkten EleMent Wave LAV und Mackie EleMent Wave XLR in erster Linie auf das Produktionsumfeld von Podcasts und Vlogs. Denn im Vergleich zur durch die hinlänglich bekannten Auswirkungen der Corona-Pandemie, gebeutelten Event-Branche haben diese Bereiche deutlich an Popularität gewonnen. Beide EleMent Wave Systeme nutzen die gleiche technische Basis zum Funkbetrieb im 2,4-GHz-Bereich, unterscheiden sich aber durch die Art der zu nutzenden Schallwandler. Während EleMent Wave LAV inklusive Lavaliermikrofon geliefert wird, bietet sich EleMent Wave XLR als Add-on zur Verbindung mit dynamischen Mikrofonen an. Interessant, wenn beispielsweise schon ein dynamisches Mikrofon gleichermaßen genutzt wie geschätzt wird, um es zu einem Funk-Mikrofon mutieren zu lassen. Beide Systeme sollen einfache Bedienung und typischen Mackie-Klang bieten (was auch immer darunter zu verstehen ist), so die Botschaft des Herstellers. Mal sehen, wie die „neue Einfachheit“ sich in der Praxis bewährt und ob das Mackie EleMent Wave XLR auch „Bühnenqualitäten“ besitzt.
Mackie EleMent Wave XLR – Ausstattung und technische Daten
Der Lieferumfang besteht aus einem Transport-Case, in dem sich die beiden leichtgewichtigen, etwa Streichholzschachtel großen Gehäuse von Sender und Empfänger befinden. Zum Aufladen des fest verbauten und nicht wechselbaren Lithium-Ionen-Akkus dient ein USB-Kabel, auf der einen Seite mit handelsüblichem USB-A-Stecker, auf der anderen Seite per Y-Weiche auf zwei USB-C-Stecker führend, damit Sender und Empfänger gleichzeitig aufgeladen werden können.
Gleich zu Beginn des Tests lade ich Sender und Empfänger am Notebook auf – nach dem Ladevorgang erlischt die während des Ladevorgangs rot aufleuchtende LED, das System ist betriebsbereit. Mackie verspricht für die im anmelde- und gebührenfreien 2,4-GHz-Band arbeiteten „Funken“ eine Betriebszeit von bis zu sieben Stunden, was im Rahmen des Tests nicht erreicht wurde. Nach gut sechs Stunden war Stille im Funkverkehr. Wer die Betriebszeit erweitern oder einfach die Betriebssicherheit erhöhen möchte, der bedient sich beispielsweise einer handelsüblichen Powerbank (im Test kamen zwei Modelle von Anker zum Einsatz), denn Betrieb und Ladevorgang schließen sich nicht aus. Auf diese Weise wird man unabhängig von USB-Ports oder Netzteilen. Die Miniaturbauweise bei entsprechendem Gewicht wird erst durch fest integrierte Akkus möglich, die – das ist die Kehrseite der Medaille – nicht vom Anwender gewechselt werden können. So wie mittlerweile üblich bei vielen „elektronischen Begleitern“, vom LED-Licht an Fahrrädern bis hin zu Smartphone, Tablet und Notebook. Auf Nachfrage konnte Mackie keine Angaben zu den voraussichtlichen Ladezyklen und damit zur ungefähren Lebensdauer des integrierten Akkus geben. Sollte der Akku in die Knie gehen, sind solche Produkte reif für die Entsorgung. Das gilt auch für die Konkurrenz wie dem Rode Wireless GO II Drahtlossystem, was die Tatsache hinsichtlich der Nachhaltigkeit derartiger Produkte nicht weniger diskutabel macht.
Grundsätzlich kann jedes dynamische Mikrofon mit dem Mackie EleMent Wave XLR Sender verbunden werden. Zum Test stand ein Mackie EM 89 D zur Verfügung (Nierencharakteristik, Output: 600 Ohm, Sensitivity: -52 dB), das derzeit für 54 Euro im Handel erhältlich ist. Zudem nutzte ich ein the t.bone MB 85 Beta aus meinem Mikrofonkoffer (Supernierencharakteristik, Output: 415 Ohm, Sensitivity: -52,4 dB, Preis: 39,90 Euro).
Am Sender befinden sich seitlich zwei Plus/Minus-Taster, mit der sich eine Anpassung an den Output unterschiedlicher dynamischer Mikrofone vornehmen lässt. Das eher grobe Raster erstreckt sich auf drei Werte: 0, -12 und -24 dB. Nicht gut gelöst ist die Tatsache, dass der Anwender nicht weiß, welche der drei Stufen gewählt ist. Es gibt keine Kontrolle durch verschiedenfarbige LEDs, auch keine Peak-LED, die zumindest signalisieren würde, dass der vom Mikrofon ausgehende Pegel im Sender reduziert werden muss. Hier ließe sich die Bedienung durch eine optische Kontrollmöglichkeit deutlich verbessern – speziell auch vor dem Hintergrund, dass hier auch weniger geschulte Anwender zur Zielgruppe gehören, die gerade von solchen Hilfestellungen profitieren. Die beiden Plus/Minus-Taster befinden sich auch am Empfänger, um dort den Output für den Kopfhörerausgang oder den 3,5-mm-Audio-Out justieren zu können. Auch hier fehlt eine visuelle Orientierung.
Grundsätzlich ist die Bedienung überschaubar. Nur einschalten, die Pairing-Taste am Sender und Empfänger drücken – schon steht die Verbindung. Bis zu sechs „Funken“ sollen sich ohne Interferenzprobleme gleichzeitig betreiben lassen. Und unter optimalen Bedingungen 70 Meter Reichweite möglich sein. Zum Test habe ich mich draußen im Freifeld mit Sender und Mikrofon langsam vom Empfänger entfernt und dabei parallel mit einem Fieldrecorder aufgenommen – nach knapp 60 Metern machten sich erste Störungen bemerkbar. In der (Live-) Praxis werden selten größere Entfernungen als 15 Meter zu überbrücken sein, eher weniger.
Im Lieferumfang befinden sich zwei Audiokabel mit 3,5 mm Stecker, mal ausgeführt als TRS (TipRingSleve) oder TRRS (TipRingRingSleve). Falls das Mackie EleMent Wave XLR System an ein Mischpult angeschlossen werden soll, ist ein entsprechender XLR-Adapter erforderlich. Im Test kam ein Adapter als Kombination von XLR und Miniklinke zum Einsatz. Eine Bemerkung am Rande: Der Befestigungs-Clip beim Sender passt auch auf den Blitzschuh einer DSLR-Kamera – praktisch!
Mackie EleMent Wave LAV
Grundsätzlich sind beide Produkte aus technischer Hinsicht ähnlich, nur beim Mackie EleMent Wave LAV befindet sich, wie die drei Buchstaben zum Schluss der Typenbezeichnung andeuten, ein Lavaliermikrofon im Lieferumfang. Wahlweise kann auch ein fest integriertes Mikrofon genutzt werden. Entsprechend ist die Anwendung eher für die Moderation oder andere Wortbeiträge gedacht, wobei Mackie auf der Verpackung mit der Montage an einem Saxofon wohl auch die Verwendung zur Mikrofonierung von Instrumenten nicht ausschließt. Da das Lavalier-Set nicht im Fokus dieses Tests steht, sei es erwähnt, aber nicht tiefergehend – beispielsweise durch Messungen – vorgestellt. Gutes Stichwort: Messungen. Wie klingen dynamische Mikrofone mit der Funkstrecke. Ist ein Unterschied hörbar? Und falls ja, wie zeigt er sich in der messtechnischen Überprüfung des Frequenzgangs?
Hören und messen
Grundsätzlich „klingen“ verschiedene Mikrofone unterschiedlich aufgrund ihrer speziellen Kapselabstimmung und dem damit zusammenhängenden Frequenzgang. Diese spezielle klangliche Eigenheit soll möglichst durch eine Funkstrecke erhalten und nicht verfälscht werden. Um dies zu beurteilen, bietet sich ein A/B-Vergleich an, mal läuft die Audioverbindung per Mikrofonkabel, mal über die Funkstrecke. Interessant dabei ist nicht nur der Frequenzgang, sondern ebenso das Grundrauschen eines Funksystems. Zunächst wird das Mikrofon mit definierter und reproduzierbarer Pegeleinstellung mit einem neutral eingestellten Kanalzug im Pult verbunden und über den Main-Out des Pults zum NTi Audio XL2 Audio-Analyser geschickt. Dort lässt sich das kombinierte Grundrauschen von Pult, Raum und Mikrofon ablesen – in diesem Fall liegt es bei 35,8 dB. Der gleiche Vorgang mit identischem Pegel aber über die Funkstrecke ergibt 45,9 dB. Weniger akademisch, dafür recht einfach und praxistauglich ist ein solcher Vergleich auch über den am Mischpult angeschlossenen Kopfhörer (hier ein beyerdynamic DT 990 Pro) zu kontrollieren. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Funkstrecke Grundrauschen produziert – die Frage, inwieweit sich eben dies störend innerhalb der Audiokette auswirkt, allerdings eine persönliche Bewertung. Schließlich lockt auf der anderen Seite die „kabellose Freizügigkeit“, die mit einigen praktischen Vorteilen einhergeht. Aus rein qualitativer Hinsicht betrachtet, ist speziell auch in dem hier relevanten preislichen Rahmen eine kabelgebundene Verbindung oft im Vorteil.
Zum Frequenzgang: Das EM 89 D Mikrofon wird per Studiomonitor (Neumann KH-120) mit definierten Testsignalen beschickt (weißes Rauschen), das Ergebnis über ein Audiointerface (Roland Super UA S 10; 24 Bit/44,1 kHz) in der DAW (Steinberg Wavelab) aufgenommen und analysiert. Im ersten Durchgang kabelgebunden, dann über die Funkstrecke. Selbstredend befindet sich keine weitere Hardware in der Audiokette und die Signale bleiben unbearbeitet – lediglich die Eingangspegel werden abgeglichen. Auf diese Weise ist der einfache A/B-Vergleich per Frequenzanalyse darstellbar, also nicht nur subjektiv „gefühlt“ der Klang zu beurteilen, sondern messtechnisch reproduzierbar. In dieser Disziplin bewährt sich das Mackie EleMent Wave XLR. Einschneidende Veränderungen im Frequenzgang ließen sich im A/B-Vergleich nicht feststellen. Bis auf einen etwas deutlicher verlaufenden Roll-off im Bass ab 80 Hz (was für die Stimme sogar von Vorteil sein kann), desgleichen in den Höhen jenseits von 14 kHz (siehe die Klangbeispiele mit Sprache in 2 cm Abstand und Snare/HiHat in 20 cm Abstand, jeweils kabelgebunden und über die Funkverbindung).
Mackie EM 89 D Funkübertragung: Spectral-Analyse in Steinbergs Wavelab
Vergleichen hilft
Interessant ist die Gegenüberstellung des hier vorgestellten Mackie EleMent Wave XLR mit dem bereits erwähnten Rode Wireless GO II Drahtlossystem (265 Euro). Auch wenn Zielgruppe und preislicher Rahmen keine Welten auseinander liegen, gibt es deutliche Unterschiede (siehe dazu auch den aktuellen Test vom AMAZONA.de-Kollegen Peter Ludl. So lassen sich beim Rode, da sich zwei Sender im Lieferumfang befinden, Stereoaufnahmen realisieren. Zudem ist die USB-Schnittstelle auch für die digitale Ausgabe der Audiodaten hin konfiguriert. Eine entsprechende App ermöglicht weitreichendere Einstellungen, was die Kontrolle der Signale angeht. Zudem bietet das Rode Wireless GO II eine interne Recording-Funktion: über 40 Stunden in komprimierter Fassung oder sieben Stunden unkomprimierter Audiostream (48 kHz, 24 Bit). Anderseits sind die Mikrofone mit Kugelcharakteristik dort in den Sendern fest verbaut – keine Flexibilität wie beim Mackie EleMent Wave XLR zum Anschluss bestehender dynamischer Mikrofone, es befindet sich kein Lavaliermikrofon im Lieferumfang wie beim Mackie EleMent Wave LAV. Zudem wird das Mackie EleMent Wave XLR im Vergleich zum Rode günstiger, nämlich für derzeit 189,- Euro angeboten. Unter dem Strich: Soll ein dynamisches Mikrofon eingesetzt werden, ist das Rode System raus. Ansonsten kann der individuelle Vergleich beider Systeme in Abstimmung mit dem persönlichen Anwendungsprofil empfohlen werden.
Ebenfalls eine Alternative, falls die Miniaturbauform wie bei den Mackie-Produkten keine entscheidende Rolle spielt, es also ausschließlich um die kabellose Nutzung dynamischer Mikrofone geht, sind Systeme wie das Boss WL-30XLR (222,- Euro), das XVive U3 Microphone Wireless System (199,- Euro) oder das preislich gesehen sehr günstige Fun Generation Wireless Plug & Play (85,- Euro).