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Test: Sonic Farm Creamer SE, Mikrofonvorverstärker

Heiß und cremig

15. Januar 2024
Sonic Farm Creamer SE, Mikrofonvorverstärker

Sonic Farm Creamer SE, Mikrofonvorverstärker

Sonic Farm Creamer SE im AMAZONA.de Test. Der Name Sonic Farm wird auch hierzulande immer bekannter, was an der ganz eigenen Design-Philosophie der kanadischen Pro Audio Schmiede liegen könnte. Das Ziel ist nichts Geringeres, als die Goldohren unter den Tontechnikern zufrieden zu stellen und das nicht mit Nachbauten alter Studio-Vorverstärker. Das Augenmerk liegt eher darauf, neue oder schwer erreichbare klangliche Optionen verfügbar zu machen. Wer also meint, die meisten Mikrofonvorverstärker klingen eh gleich, gehört nicht zur Zielgruppe von Sonic Farm. Diese ist durch den recht stolzen Preis von knapp über 3.000,- kanadischen Dollar sowieso eher auf die Profi-Liga beschränkt. Und hier können auch feinste, klangliche Unterschiede die Welt bedeuten. Ob der Creamer SE seinem Namen alle Ehre macht, wird der folgende Testbericht zeigen.

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Design-Philosophie des Creamer SE

Sonic Farm Creamer SE

Stereo-Röhrenvorverstärker made in Kanada

Das Ziel beim Design des Creamer SE war ein färbender Vorverstärker, der einerseits transparent und gleichzeitig warm und fett klingt, ohne die nötige Definition vermissen zu lassen. Laut Hersteller kommt dafür nur eine sorgfältig konzipierte Röhrenschaltung infrage. Der Creamer SE ist genaugenommen aber ein hybrider Vorverstärker, der Röhren- und Transistorbauweise miteinander vereint.

Am Anfang der Schaltung sitzt ein überdimensionierter Eingangsübertrager von Cinemag, der das Mikrofonsignal um 20 oder 26 dB verstärkt, was am Gerät umgeschaltet werden kann. Das Eingangssignal geht dann direkt in die Röhre vom Typ EF-86, wo das Mikrofon eine ähnliche Impedanz sieht wie bei einem Röhren-Gitarrenverstärker. Sonic Farm verzichtet beim Creamer SE ganz gezielt auf negatives Feedback in der Vorverstärker-Schaltung. Dieses wird bei Vorverstärkern oft dazu benutzt, um Verzerrungen und Verfärbungen im Zaum zu halten. Das sorgt durch die vielen Verstärkungsstufen jedoch für eine minimale Latenz, die bei der Rückführung vom Ausgang zum Eingang zu Phasenverschiebungen im Hochfrequenzbereich führt. Der Klang wird dadurch etwas verwaschen, die Transienten, sprich die kurze Attack-Phase des Signals, wird leicht verschmiert und damit weniger präzise.

EF-86 Röhre

EF-86 Röhre

Im Creamer SE ist das einzige verstärkende Bauteil eine EF-86 Röhre im Class-A Modus. Diese kann entweder als Triode oder als Pentode betrieben werden, wobei sie als Pentode etwa 9 dB mehr Gain besitzt. Durch den Einsatz von Spulen und Kondensatoren wurde eine subtile Klangregelung in die Röhrenschaltung integriert, die mit FAT und AIR bezeichnet wird und zweistufig schaltbar ist. Anstelle einer negativen Feedback-Anzapfung vom Ausgangsübertrager kommt im Creamer SE hinter der Röhre ein Trennverstärker in Transistorbauweise (Buffer) zum Einsatz sowie ein passives Low-Cut-Filter und der Ausgangspegelregler. Ganz am Ende sitzt ein weiterer Buffer mit extrem geringen Verzerrungswerten zur Anpassung an den Ausgangsübertrager. Sonic Farm hat im Creamer SE also einigen Aufwand betrieben, um die klanglichen Nachteile von negativem Feedback zu umgehen und maximale Klarheit mit der Färbung und Wärme der Röhre zu vereinen. Einzig der Komfort eines einzelnen Gain-Reglers ist dabei auf der Strecke geblieben.

Ausstattung und Bedienung des Creamer SE

Der Creamer SE von Sonic Farm ist ein 2-kanaliger Mikrofonvorverstärker im 19 Zoll Format und einer Höheneinheit. Er besitzt eine maximale Verstärkung von 74 dB, von denen 42 dB (Pentoden-Modus) über die Röhre generiert werden. Weitere 26 dB Verstärkung werden durch den Eingangsübertrager verursacht, die restlichen 6 dB entstehen in der Ausgangsschaltung. Die Vorverstärkung wird über mehrere Schalter eingestellt, was am Anfang etwas verwirrend sein kann. Es befinden sich immerhin pro Kanal ganze 13 Schalter in zwei Reihen auf der Front sowie ein Ausgangspegelregler, der genau genommen ein Pegel-Abschwächer ist.

Sonic Farm Creamer SE

Ziemlich viele Schalter für einen Mikrofonvorverstärker

Gehen wir von links unten nach rechts oben vor, aktiviert der erste Schalter die 48 V Phantomspeisung gefolgt vom +6 dB Schalter, der die Anzapfung des Eingangsübertragers ändert, womit die Verstärkung vor der Röhre um 6 dB angehoben wird. Als nächstes folgt der vorbildlich mit dem Gehäuse verschraubte und mit 2,2 Megaohm sehr hochohmige Instrumenteneingang nebst Umschalter, um diesen bzw. den hinteren Line-Eingang zu aktivieren. Darauf folgt der G/MAX-Schalter, der im Trioden-Modus etwa 5 dB und im Pentoden-Modus 9 dB zusätzliche Verstärkung freisetzt.

Wechseln wir nun in die obere Schalter-Reihe. Hier befinden sich ganz links die 3-Wege-Schalter zur Aktivierung und Umschaltung der Low- und High-Shelfing-Filter (FAT und AIR), die bei 200 Hz oder 400 Hz bzw. 2,2 kHz oder 7 kHz ansetzen. Die Frequenzanhebung kann über Trim-Potis auf der Platine eingestellt werden und beträgt maximal 4,5 dB im Trioden-Modus und 9 dB im Pentoden-Modus. Über zwei kleine Öffnungen im Gehäusedeckel können die Trim-Potis mit einem dünnen Schraubenzieher bedient werden.

Sonic Farm Creamer SE

Die Trim-Potis für die Shelving-Filter lassen sich über 2 Löcher im Gehäuse erreichen

Daneben liegt der eigentliche Gain-Schalter, der dreistufig die Verstärkung der Röhre regelt. Weiter geht es mit dem Impedanz-Umschalter. Hier kann die Eingangs-Impedanz ebenfalls dreistufig umgestellt werden. Die Impedanz hat vor allem Einfluss auf dynamische Mikrofone und weniger auf Bändchen- bzw. keinen Einfluss auf Kondensator-Mikrofone. Je höher die Impedanz, desto ausgeprägter die Höhenwiedergabe bei dynamischen Mikrofonen. Der Creamer SE besitzt eine Impedanz zwischen 900 Ohm im LO-Setting und 10 kOhm im HI-Setting. In der Mittelposition (MED) beträgt die Impedanz 2.400 Ohm. Mein Shure SM7 gefiel mir aufgrund der ausgeprägteren Höhenwiedergabe im HI-Setting am besten.

Als nächstes folgt die Umschaltung zwischen Trioden- und Pentoden-Modus, was unterschiedliche Verstärkungswerte (+9 dB im Pentoden-Modus) und einen geringfügig veränderten Klangcharakter zur Folge hat. Kommen wir nun zur Ausgangssektion, die mit dem Ausgangspegelregler beginnt. Der Schalter SS/OT wechselt zwischen der Transistor-basierten Ausgangsstufe und dem Ausgangsübertrager von Cinemag. Erstere sorgt für eher sauberen Klang während der Ausgangsübertrager das Signal etwas anfettet und abrundet. Der Creamer SE kann mit unterschiedlichen Ausgangsübertragern bei Sonic Farm bestellt werden, auch die Eingangsimpedanzen können ab Werk auf Kundenwunsch angepasst werden. Die Ausgangssektion wird komplettiert über einen zweistufigen Low-Cut mit Ansatzfrequenzen bei 160 Hz (Pos.1) und 80 Hz (Pos.2) bei einer Flankensteilheit von 6 dB/Okt., einem Schalter zur Phaseninvertierung sowie einer schaltbaren Ausgangsabschwächung von 6 oder 12 dB.

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Für einen Mikrofonvorverstärker sind das eine ganze Menge Schaltoptionen. Allein die Verstärkung kann über 5 (!) Schalter und einen Drehregler beeinflusst werden. Einen technischen Laien würde das heillos überfordern, daher sind wohl ganz bewusst die tontechnischen Goldohren mit einem Hang zur Klangformung als Zielgruppe für den Creamer SE auserkoren.

Welche Anschlüsse bietet der Sonic Farm Creamer SE?

Sonic Farm Creamer SE

Rückseite mit XLR-Anschlüssen

Bis auf den hochohmigen Instrumenteneingang befinden sich alle Ein- und Ausgänge im XLR-Format auf der Rückseite. Die Line-Eingänge liegen separat vor, so dass ohne Neuverkabelung einfach zwischen Mikrofon- und Line-Signalen gewechselt werden kann. Weiterhin befindet sich auf der Rückseite der Anschluss für den Kaltgerätestecker, der Ground-Lift-Schalter sowie der Zugang zur Sicherung.

Creamer SE in der Praxis – oder wie klingt es denn nun?

Mikrofone

Ungleiches Duo – Sonic Farm Creamer SE und SPL Channel One Mk3

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Ingenieure bei Sonic Farm ihr gesetztes Ziel voll und ganz erreichen konnten. Der Creamer SE besitzt eine ausgesprochene Klarheit und Präsenz im Klang. Die Transienten z. B. beim Anschlagen einer Akustikgitarre werden sehr definiert und gänzlich unverwaschen abgebildet. Dazu kommt das Röhrenelement, das bei höheren Verstärkungswerten zusätzliche Obertöne generiert und damit auf Wunsch für ein schönes Obertonglitzern sorgt. Das Ganze lässt sich sehr fein dosieren. Möchte man beispielsweise mehr Obertöne und Sättigung, stellt man den Gain-Wahlschalter auf HI und drückt zusätzlich den G/MAX-Schalter, um die Röhre am oberen Ende ihrer Verstärkungskennlinie zu betreiben und möglichst viele harmonische Verzerrungen zu erhalten. Mit dem Ausgangspegelregler und der Abschwächung lässt sich ein zu hoher Pegel am Ende wieder auffangen.

Auch der Ausgangsübertrager kann im Tieftonbereich für etwas Sättigung sorgen. Möchte man wiederum das Gegenteil, d. h. einen maximal sauberen Klang, erreichen, dann sollte der Ausgangsregler voll aufgedreht, die Abschwächung abgeschaltet und die Röhre nur mit geringer Verstärkung betrieben werden. Die klanglichen Optionen sind hier mannigfaltig. Die beiden Shelving-Filter arbeiten eher subtil, wobei die sogenannte AIR-Schaltung noch am ehesten wahrnehmbar und durchaus sehr nützlich ist, um Signalen etwas Frische zu verleihen. Die beiden Einstellungen der FAT-Schaltung sind für mein Empfinden klanglich schon sehr homöopathisch.

Die unterschiedlichen Impedanzen wirken sich wie erwartet am meisten auf dynamische Mikrofone aus. Mir gefällt dabei die höchste Impedanz am besten, aber Geschmäcker variieren bekanntlich. Auch der Instrumenteneingang klingt mit seiner hohen Impedanz und der Röhre schön definiert und spritzig, bei niedrigen Gain-Settings schon fast ein wenig knorrig/knarzig. In den höhrern Gain-Einstellungen wird der Klang dann etwas weicher, fetter und gesättigter, vor allem mit aktiviertem Ausgangsübertrager. Die Dynamik wird subtil eingeschränkt und der Basston stabiler. Das gefällt mir sehr gut. Für die Bassisten unter euch hat Sonic Farm sogar eine passende DI-Box im Angebot, die ich auch schon testen durfte.

Die Gain-Reserven des Creamer SE haben mir für alle Anwendungen genug Pegel beschert. Egal ob mit gezupfter Gitarre, Bändchenmikrofon oder dem notorisch leisen Shure SM7, die Verstärkung ist mehr als ausreichend. Auch bei hohen Gain-Settings klingt der Creamer SE niemals matt und leblos, sondern schön spritzig und offen. Die Nebengeräusche halten sich in sehr erfreulichen Grenzen für einen Röhren-Preamp, Brummen ist mir nicht aufgefallen.

Aber genug geschrieben, kommen wir zu den Klangbeispielen. Ich habe diesmal wieder mehrere unterschiedliche Mikrofone antreten lassen. Zum einen das Astin Origin als Kondensator-Großmembranmikrofon, das Sennheiser MKH40 als Vertreter der Kondensator-Kleinmembran-Fraktion und natürlich das notorisch Gain-hungrige Shure SM7 als dynamisches Mikrofon. Auch mein SE Electronics R1 Bändchenmikrofon durfte sich testweise an der Akustikgitarre versuchen, was jetzt klanglich aus Prinzip nicht unbedingt meine erste Wahl wäre. Den Instrumenteneingang habe ich basstechnisch mit meinem Sandberg Basic Ken Taylor auf Herz und Nieren geprüft.

Für die ersten beiden Klangbeispiele habe ich meine Westerngitarre mit den Fingern gezupft und gleichzeitig mit dem Astin Origin am Hals-Korpus-Übergang und dem Sennheiser MKH40 am Steg abgenommen. Das Astin Origin liegt im Stereo-Panorama ganz links, das MKH40 ganz rechts.

Im ersten Beispiel ist keinerlei Klangregelung aktiv und auch kein Low-Cut gesetzt. Die Röhre arbietet im Trioden-Modus bei mittlerem Gain-Setting, der Ausgangsübertrager ist nicht aktiviert.

Im zweiten Beispiel arbeitet die Röhre im Pentoden-Modus, das AIR-Filter ist in Stellung 2 aktiv, der Low-Cut ist bei 80 Hz gesetzt und der Ausgangsübertrager ist aktiviert.

Im dritten Klangbeispiel kommt das R1 Bändchen mit gleicher Einstellung, jedoch im HI-Gain Modus zum Einsatz. Ein Bändchenmikrofon an der Westerngitarre ist wie gesagt nicht unbedingt meine erste Wahl.

Als nächstes Beispiel hört ihr meinen Sandberg Bass im Trioden-Modus (HI-Gain) mit aktivierter FAT-Schaltung (FAT 2), aktiviertem Ausgangsübertrager und aktivierter -12 dB Abschwächung, um den Wandler meines Audiointerfaces nicht zu übersteuern.

Im nächsten Beispiel hört ihr denselben Bass mit zusätzlicher Ampeg Software-Emulation, um zu zeigen, wie Verstärkersimulationen mit dem Creamer SE harmonieren.

In den nächsten beiden Klangbeispielen hört ihr meine Stimme über das Shure SM7 bei vollem Gain. Die Röhre arbeitet dabei im Pentoden-Modus für mehr Verstärkung, der Low-Cut ist aktiv bei 80 Hz, Der Impedanz-Schalter ist auf HI (10 kOhm) gestellt und der AIR-Modus ist in Einstellung 2 (7 kHz) aktiv. Im zweiten Sprachbeispiel wurde zusätzlich der Ausgangsübertrager aktiviert.

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Fazit

Der Sonic Farm Creamer SE ist ein äußerst vielseitiger, zweikanaliger Röhrenvorverstärker made in Kanada. Er besitzt neben seiner auffallenden Klarheit und schönen Präsenz auf Wunsch auch genügend Fundament und Wärme mit dem richtigen Schuss Röhren-Funkeln, Attribute, die selten zusammenkommen. Die Transienten werden fein und und unverwaschen abgebildet. Hier legt sich keine Watte über das Klangbild, Signale klingen stets definiert und fett. An den Gain-Reserven gibt es nichts zu meckern, ebensowenig wie am Nebengeräuschverhalten. Einzig die für einen Preamp komplizierte Bedienung könnte den einen oder anderen überfordern.

Plus

  • sehr vielseitig
  • Anpassung an unterschiedlichste Mikrofone und Quellen
  • hohe Gain-Reserven
  • sehr klare, definierte Abbildung
  • gleichzeitig warm und fett im Klang

Minus

  • kompliziert zu bedienen

Preis

  • ca. 3.300,- Euro
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        ollo AHU

        @SFA Europa Es sind ja nun auch wirklich ziemlich viele Bedienelemente, die muss man überhaupt erstmal auf der Oberfläche unterbringen. Dass das dann nicht super clean und übersichtlich ist, liegt dann in der Natur der Sache.

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