Bereits im Clean-Channel zeigt der SL-5, aus welchem Hause er stammt. Mittig-drückend und mit einer kräftigen Portion Sustain präsentiert sich der kleine Amp bereits bei unverzerrten Sounds und zusammen mit dem effektiven Dreiband-EQ und nicht zuletzt auch wegen des Presence-Potis lassen sich im Handumdrehen einige sehr brauchbare Sounds entlocken. Diese können dann mit dem gut klingenden Digital-Reverb abgerundet werden. Bis etwa in 12-Uhr-Position des Volume-Reglers bleibt der Klang, zumindest bei Verwendung von Pickups mit gemäßigtem Ausgangspegel, weitestgehend frei von Verzerrungen, ab dann aber beginnt sich der Sound schön anzudicken und die ersten harmonischen Verzerrungen werden hörbar.
Doch die Domäne des Marshall SL-5 sind klar die verzerrten Sounds und hier kann man dem Amp nur ein hervorragendes Zeugnis ausstellen! Die Variationen mit dem Gain-Regler offenbaren fast alle angesagten Stile des Rock’n’Roll, egal ob nur leicht angezerrte Riffs im Stile der 70er, powervolle Voicings im 80s Style oder High-Gain-Leadlines unserer Zeit. Auch in puncto Gainreserven gibt sich der SL-5 keineswegs die Blöße, die erreichbare Verzerrung sollte auch die Metal-Fraktion durchaus zufriedenstellen, zumindest wenn man mit einer Humbucker-bestückten Gitarre an den Start geht.
Besonders imposant ist im Overdrive-Kanal das kräftige Sustain, auch bei Einsatz des Gainreglers im unteren Bereich, also mit nur wenig Distortion. Töne und Akkorde stehen sekundenlang und kippen willig in Obertöne um, auf jede Nuance im Spiel reagiert der Amp prompt und mit einer weiten Dynamik. Auch das Rauschverhalten hält sich, selbst bei voll aufgedrehtem Gainpoti, in tolerierbaren Grenzen. Was dem Kleinen allerdings fehlt, ist ein wenig Druck aus dem Keller, bei einer Konstruktion mit einem 12″ Speaker und einem derart massiven Gehäuse dürfte man schon mehr erwarten. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Laut ist er schon, aber drücken tut er nicht unbedingt.