Kleines Audiointerface für alle Plattformen
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Der Audiointerface Markt dürfte längst gesättigt sein und doch drängen nach wie vor Hersteller mit neuen Produkten auf den Markt. Nach dem Mikrofonhersteller Lewitt folgen nun die ersten zwei Audiointerfaces von Mooer, bekannt durch seine günstigen Effekte und Amps für Gitarristen und Bassisten. Was es mit dem Mooer Steep I Audiointerface (und dem fast identischen großen Bruder Steep II) auf sich hat, erfahrt ihr hier.
Mooer
Mooer traten im Jahr 2010 mit einer Reihe von Micro-Fußbodentretern in den Markt an Gitarrenpedalen ein. Der chinesische Hersteller aus der Technik-Region Shenzhen konnte sich mit seinen günstigen Produkten schnell einen Namen machen. 197 Produkte sind mittlerweile bei Thomann gelistet – von der Modeling-Gitarre, über diverse Gitarrenpedale hin zu Multieffektgeräten, Drahtlosanlagen für Gitarre und Bass und nun Audiointerfaces. Mit der Mooer GTRS Guitars Standard 800 MR Modeling-Gitarre hat man es sogar bei Thomann auf Platz 1 in der Rubrik MIDI/Modeling-Gitarren geschafft.
Das Audiointerface Steep I
Das Mooer Steep I ist ein kleines Desktop-Interface mit zwei Eingängen. Kanal 1 ist als Instrumenten-/Line-Eingang (TRS-Klinke, symmetrisch) ausgelegt, der zweite Kanal als Mic/Line/Instrumenten-Eingang (XLR/Klinke Combo, symmetrisch). Die beiden Main-Ausgänge (TRS-Klinke) sind ebenfalls symmetrisch ausgelegt. Störgeräusche sollten mit dem Mooer Steep I also kein Thema sein. Das Steep I besitzt außerdem einen Kopfhörerausgang (TRS-Klinke) für latenzfreies Monitoring. Direkt neben dem Kopfhörerausgang erblicke ich einen Volume-Regler für die Kopfhörerlautstärke.
Mit Strom versorgt wird das Mooer Steep I entweder über ein externes USB-Netzteil an der mit „Power“ beschrifteten USB C-Buchse oder per USB-Power an der zweiten mit USB 2.0 beschrifteten USB-C-Buchse. Das ist praktisch, da so auf das Zwischenschalten eines Hubs verzichtet werden kann, wenn das Steep I mit einem Smartphone oder einem Tablet genutzt wird, die in der Regel nicht genügend Strom an ihrem Anschluss zur Verfügung stellen. Eine Powerbank oder ein externes Netzteil an der zweiten USB-C-Buchse stellt in diesen Fällen die wichtige Stromversorgung sicher.
Welche Ausstattung bietet das Mooer Steep I Interface?
Die Oberseite des Mooer Steep I enthält alle Bedienelemente. Ins Auge springen ein großer Main-Ausgangsregler für die Main-Out-Lautstärke und drei weitere Regler für Input-Gain (Kanal 1 und Kanal 2) sowie Mix. Über den Mix-Regler lässt sich der Anteil zwischen dem Return-Signal aus der DAW und dem Direct-Monitor-Signal stufenlos einstellen. Zwischen den beiden Input-Gain-Reglern entdecke ich zwei fünfstufige LED-Ketten für den Eingangspegel.
In der Reihe darunter sind vier Schalter zu finden: Die beiden INST-Schalter ermöglichen die Aufnahme von Instrumenten wie E-Gitarren oder E-Bässe. Der 48 V Schalter aktiviert die Phantomspeisung auf dem Mikrofonkanal (Kanal 2). Der letzte Schalter ist mit S.DRCT beschriftet, was für Stereo-Direct-Monitor steht. Mit diesem Schalter lassen sich die beiden Eingangssignale im Stereopanorama verteilen und werden dann nach ganz links und rechts auf dem Kopfhörer- und Main-Ausgängen gelegt. Ist er ausgeschaltet, werden die Signale von Eingang 1 und Eingang 2 gemischt und auf den Ausgängen ausgegeben. Der USB-Bus bleibt vom S.DRCT-Schalter unbeeinflusst.
Multi-Plattformer
Das Mooer Audiointerface läuft unter MacOS Version 10.12 oder höher, unter Windows 10 oder höher, iOS ab Version 10, iPad OS ab Version 13 und Android ab Version 9. Für Windows-Nutzer steht ein ASIO-Treiber zum Download bereit. Mac/iOS/iPad OS/Android-Anwender benötigen keinen Treiber für den Betrieb des Steep I.
Aufgenommen wird mit bis zu 192 kHz und 24 Bit. Die technischen Daten des Winzlings lesen sich auf dem Papier gut: Mehr als 108 dBA Dynamikumfang, linearer Frequenzgang von 20 Hz bis 20 kHz bei nur < ±0,07 dB Abweichung, THD+N < 0,0094 % bei Minimum Gain und -1 dB FS Input für die Eingangskanäle und < 0,019 % für die Ausgänge. 50 dB Gain für die Eingangsverstärker. Das schaue ich mir natürlich genauer an und mache einige Tests im Looptest-Verfahren mit REW. Dazu später mehr.
Unterschiede zum Mooer Steep II
Das Mooer Steep I besitzt einen größeren Bruder, das Mooer Steep II. Preislich liegen beide Interfaces nicht allzu weit auseinander, deshalb lohnt sich ein Blick auf die Unterschiede.
Das Mooer Steep II ist mit einem zweiten Mikrofonvorverstärker bestückt. Es besitzt also zwei Combo-Buchsen (XLR/Klinke), sodass sich entweder zwei Mikrofone, zwei Instrumente oder zwei Line-Quellen wie Keyboards etc. anschließen lassen. Außerdem sind auf der Rückseite des Steep II MIDI IN- und OUT-Buchsen zu finden. Auf diese Weise lassen sich MIDI-Keyboards anschließen und das Audiointerface parallel als MIDI-Interface nutzen.
Ansonsten sind beide technisch identisch. Der Preisunterschied zwischen beiden Interfaces beträgt gerade einmal 20,- Euro.
Messungen zum Mooer Steep I
Die eigenen Messungen habe ich im Loop-Verfahren mit der Software RMAA durchgeführt, die gezielt für das Testen von Audiointerfaces entwickelt wurde. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Zwei Werte weichen ab: Der Dynamikumfang, der von RMAA ermittelt wurde, ist mit 95,8 dBA geringer als der Dynamikumfang, den Mooer angibt. Hier muss aber auch das Messverfahren berücksichtigt werden, das sicherlich unterschiedlich ausfällt, da hier im Loop-Verfahren gemessen wurde, während Mooer bei ihren Messungen die Werte einzeln für die verschiedenen Ein- und Ausgänge ermittelt haben. Was nicht so schön ist, ist das Übersprechen von einem Kanal auf den anderen. Das ist leider oft ein Problem bei günstigeren Interfaces. Alles in allem ist für den aufgerufenen Preis die Performance aber wirklich gut. Nicht herausragend, aber sehr gut. Hier die Messwerte:
Mooer Steep I Audiointerface: Praxis
Das Interface ist sehr leicht zu bedienen, eine Bedienungsanleitung wird im Prinzip nicht benötigt. Dennoch gibt die englischsprachige Bedienungsanleitung wichtige Informationen, ist übersichtlich aufgemacht und es lohnt sich, sie einfach einmal durchzublättern.

Die Bedienungsanleitung zeigt einige Anschlussbeispiele für das Steep I und den größeren Bruder Steep II
Nach dem Anschluss an meinen M1 Mac Mini wird das Mooer Steep I sofort erkannt und ist aus dem Stand einsatzbereit. Möchte man das Interface an einem iPhone oder iPad nutzen, sollte ein Netzteil mit der zweiten USB-C-Buchse verbunden werden. Das kann zum Beispiel das Netzteil des Smartphones sein. Ohne zusätzliche Stromversorgung kann es vorkommen, dass das Interface nicht erkannt wird oder nicht ordnungsgemäß funktioniert.
Interessant ist gerade bei den kleinen und günstigen Interfaces immer auch die Latenz, denn oftmals arbeiten die Anwender komplett „in the box“ und beim Einspielen von E-Gitarren mit virtuellen Gitarrenverstärkern oder Keyboards mit Soft-Synthesizern soll natürlich keine allzu große Verzögerung den Spielspaß hemmen.
Ableton Live 11 meldet mir für 192 kHz und einem Buffer von 128 Samples eine Eingangslatenz von 3,92 ms, eine Ausgangslatenz von 3,67 ms, die Roundtrip-Latenz beträgt 7,59 ms. Damit kann man gut arbeiten. Die kleinste Buffer-Einstellung liegt bei 64 Samples und einer theoretischen Roundtrip-Latenz von 6,92 ms. Allerdings quittierte Ableton Live dies schon bei wenigen Spuren mit deutlichen Knacksern und Verzerrungen. Bei 48 kHz, was für viele Anwender immer noch die typische Samplingrate darstellt, beträgt die Roundtrip-Latenz bei einem Buffer von 128 Samples 11,6 ms, bei 64 Samples 8,94 ms. Hier funktionieren knackt es dann bei einem Buffer von 64 Samples dann nicht.


Ansonsten gibt sich das Mooer Steep I recht unspektakulär. Vielleicht noch eine kleine Bemerkung am Rande: Der Mikrofonvorverstärker ist sehr kräftig und schafft sogar auf meinem Beyerdynamic DT770 Pro 250 Ohm Kopfhörer eine sehr laute und vor allem verzerrungsfreie Wiedergabe. Sehr schön.
Alternativen
Alternativen gibt es reichlich. Große Konkurrenz bekommt das Mooer Steep II durch das Behringer U-Phoria UMC202HD, das im Handel für 89,- Euro erhältlich ist. Das M-Audio AIR 192|4 ist ebenfalls eine große Konkurrenz und kostet 94,- Euro. Auch hier ist ein großes Software-Paket enthalten.
Das Steinberg UR12 ist für 95,- Euro erhältlich, kommt mit einem großen Software-Paket und ist ebenfalls kompatibel zu iOS & Co. Leider bekommt man hier nur RCA-Ausgänge. Arturia ist mit dem MiniFuse für 96,- Euro vertreten und aufgrund des riesigen Software-Pakets eine sehr große Konkurrenz für das Steep I.
Weiter geht es mit den Focusrite Scarlett-Interfaces, den größeren Native Instruments Komplete Audiointerfaces, Evo 4 mit DSP-basiertem Software-Mixing, Universal Audio Volt 1, dem Arturia MiniFuse 2, der Steinberg UR22 MK2 Value Edition und, und, und. Die Konkurrenz ist dermaßen groß, dass man schon genau vergleichen muss, welches Interface welchen Mehrwert bietet und da liegt leider der Haken an der Sache: Die Mooer Steep-Interfaces sind im Vergleich zur Konkurrenz deutlich zu teuer. Kein Software-Paket, keine bessere Ausstattung als die Konkurrenz – da fehlen wirklich die Kaufargumente für die beiden Steep-Interfaces, trotz der guten technischen Leistung. Diese bietet die Konkurrenz aber auch.
interessante designentscheidung