Ein tolles Tool für Studio und Bühne
Glühwürmchen im Anflug
DI-Boxen gibt es wie Sand am Meer und oftmals fragt man sich, warum überhaupt so große Preisunterschiede zwischen den einzelnen Modellen existieren. Von einfachen Standardausführungen für wenige Euro bis hin zu sehr teuren Modellen ist alles drin. Ist es so wie beim Auto, bei dem es wichtig ist, dass es fährt und alles darüber hinaus purer Luxus – oder führt an den teuren Modellen kein Weg vorbei? Radial Engineering hat ein großes Portfolio an verschiedenen DI-Boxen und schickt mit der Firefly nun ein besonders luxuriöses und teures Röhrenmodell ins Rennen. Firefly bedeutet übersetzt Glühwürmchen. Mal schauen, ob die Radial Engineering Firefly wegweisend ist oder eher Irrlicht.
Radial Engineering Firefly: Design ist alles
Die Firefly DI-Box erinnert mich optisch etwas an den Universal Audio Solo 610 Preamp, nur bunter. Auch die Firefly DI-Box hat oben einen praktischen Griff. Sie sitzt in einem 1 HE hohen gelb-schwarzen Metallgehäuse. Während vorne die wichtigsten Regler platziert sind, gibt es hinten die Anschlussbuchsen sowie weitere kleine, versenkt angebrachte Schalter. An die linke Seite hat sich ebenfalls ein versenkter Schalter verirrt. Eine nach vorne verlängerte Ober- und Unterseite schützt die empfindlichen Regler vor Beschädigungen.
In die Röhre gucken: Facts zur Radial Engineering Firefly
Im Inneren der Radial Engineering Firefly sitzt eine 12AX7 Röhre, die dem zugeführten Signal etwas Wärme und Schmauch einhauchen soll. Sehen kann man sie von außen nicht. So bleibt sämtliche Illusion von „Röhrensound“, wie sie Mitbewerber durch das gut sichtbare Glimmen der Röhre erzeugen wollen, aus. Natürlich benötigt eine Röhre ausreichend Strom. Diesen bekommt sie nicht etwa per Phantomspeisung vom Pult, sondern wie bei einem Röhren-Preamp durch ein nicht gerade kleines externes Netzteil. Dieses versorgt die Firefly DI mit ±16 Volt bei 1600 mA, die intern auf 48 Volt hochtransformiert werden.
Das Besondere an der Radial Engineering Firefly DI-Box ist aber nicht die Röhre, sondern die umfangreichen Verschaltungen, die sogar per Fußschalter beeinflussbar sind. Dafür sorgen zunächst einmal zwei getrennt in der Lautstärke regelbare unsymmetrische Eingänge A und B, zwischen denen umgeschaltet werden kann (Fußschalter/manuell). Die nächste Besonderheit ist die Drag-Funktion, bei der es sich um eine Anpassung des Eingangswiderstandes handelt. Was hat es damit auf sich?
Tonabnehmer haben die Eigenschaft, sich bei hoher Eingangsimpedanz anders zu verhalten als bei niedriger. So erfreut sich ein Singlecoil-Tonabnehmer an der hohen Impedanz der Eingangsstufe eines Röhren-Amps, während er am Line-Eingang eines Audiointerfaces sprichwörtlich in die Röhre guckt und alle Viere von sich streckt. Das Resultat: ein dumpfer und matter Sound. Möchte man nun eine E-Gitarre zwecks Re-Amping direkt ins Pult oder Interface spielen, ist eine Impedanzanpassung notwendig, um die Pickups glücklich zu machen. Viele Interfaces verfügen deshalb über HiZ-Eingänge. Doch leider unterscheiden sich Humbucker wieder von Singlecoils, aktive Pickups von passiven Pickups, diese von Piezos und Line-Signalen sowieso. Die Radial Engineering Firefly gestattet deshalb die flexible Anpassung der Eingangsimpedanz an das jeweilige Instrument per Drag-Poti. Leider lässt sich dieses nur per Schraubendreher einstellen, was den Schraubspaß etwas mildert. Immerhin lässt sich durch den Drag-Schalter schnell ein A-B-Vergleich anstellen.
Was nervt mehr als Feedback? Richtig – Trittschall oder anderer tieffrequenter Müll. Die Radial Engineering Firefly DI-Box bringt gleich ein eigenes Low-Cut-Filter mit, das von 25 Hertz bis 500 Hertz (-3 dB) durchstimmbar ist. So lässt sich schon vor dem Mischpult ein sanfter Bass-Roll-off erzielen und das Klangbild aufräumen. Prima.
Es gibt noch mehr Anschlussmöglichkeiten: Tuner Out ist immer aktiv und ermöglicht den Anschluss eines Stimmgerätes. Per Fußschalter lässt sich der symmetrische Ausgang stummschalten, um lautloses Stimmen zu ermöglichen. Der Tuner Out kann auch eine Split-Funktion übernehmen und das Signal einem weiteren Amp zuführen. Der Aux-Ausgang ist für den Anschluss eines Verstärkers gedacht. Per XLR-Ausgang geht es zum Mischpult. Remote ermöglicht den Anschluss des JR2 Fußschalters, Insert dient zum Einschleifen von Effekten in den Signalweg. Drei versenkte Mini-Schalter gestatten, die Polarität zu ändern (180°), den Ground Lift am XLR-Ausgang zu aktivieren oder den Abgriff des Aux-Ausgangs von Post auf Pre zu ändern. In der Einstellung „Pre“ liegt der Signalabgriff direkt nach Eingangsstufe, Drag Control und Class A-Buffer. Bei „Post“ hingegen durchläuft das Signal auch noch die Röhrenstufe, den Insert sowie das Highpass-Filter. Brummt es auf dem Verstärker? Dann schnell ab zur linken Seite und die Trafosymmetrierung für den Aux-Weg aktivieren.
Sound
Wer einfach nur ein unsymmetrisches Signal symmetrieren möchte, darf gerne zu einem günstigeren Modell greifen. Geht es hingegen zum Beispiel um die Aufnahme des trockenen Gitarrensignals im Studio, ist die Radial Engineering Firefly DI-Box aufgrund der Drag-Funktion Gold wert. Gerade Spieler einer Strat kennen das Phänomen, dass die direkt ins Interface gespielte Stratocaster eher dumpf und uninteressant klingt. Das liegt an der oft mangelhaften Impedanzanpassung und der daraus resultierenden Verschiebung der Tonabnehmer-Resonanzfrequenz, die für den Strat-Sound so charakteristisch ist. Per Drag-Funktion gehört dies der Vergangenheit an: Gitarre einstöpseln, Lieblingseinstellung per Drag-Poti suchen, fertig. Bei aktiven Gitarren muss nichts verstellt werden, sondern es genügt, Drag per Schalter auszuschalten. Und was ist mit der Röhre? Nun ja, sie wärmt, doch viel hören konnte ich von ihr nicht. Das ist ein Phänomen, das man auch von vielen Röhren-Mikrofonvorverstärkern kennt. Die Resultate sind eher dezent. Hier zerrt nichts. Bei weit aufgedrehtem Eingangs-Volume kommt es zu einer dezenten Kompression, mehr aber auch nicht. Und wie unterscheidet sich der Sound von einer günstigen DI-Box? Ich habe den direkten Vergleich mit einer günstigen Vierfach-DI von t.racks (TDI 4 MKII) aus dem Hause Thomann angestellt und das Resultat aufgenommen. Die Firefly klingt etwas besser aufgelöst und knackiger, aber auch diese Unterschiede sind sehr dezent. Nutzt man das Signal nun mit einem Software-Instrument, nivellieren sich die Unterschiede weiter. Auf der Bühne würde man das nicht hören. Im Studio jedoch, wo später der Mix mehr als die Summe der Einzelsignale ist, darf es dann ruhig die Radial Engineering Firefly sein.