Günstiges Grenzflächenmikrofon für Bühne und Studio
Mit dem sE Electronics BL8 Omni Grenzflächenmikrofon bringt der chinesische Hersteller gleich sein zweites Grenzflächenmikrofon auf den Markt – jetzt mit einer Kugelcharakteristik. Was das sE Electronics BL8 Omni Grenzflächenmikrofon kann und ob es damit überzeugt, erfahrt ihr hier.
Inhaltsverzeichnis
Über sE Electronics
sE Electronics wurde 2003 gegründet und ist somit eine recht junge Firma für Mikrofone zwischen Giganten wie Shure oder Sennheiser. Dennoch sind sie durchaus konkurrenzfähig und beeindrucken mit erschwinglichen Produkten, die sowohl klanglich als auch in puncto Verarbeitung überzeugen. In der nahen Vergangenheit hat sich der Hersteller vermehrt um die Abnahme von Drums gekümmert und zum Beispiel mit dem V Pack Arena ein hervorragendes Set auf den Markt gebracht, das die klassischen Belange der Schlagzeugmikrofonie abdeckt. Dieses wird nun ergänzt mit dem BL8 Omni, das schwerpunktmäßig auf die Kickabnahme gebrandet wurde.
Technische Details
Wie schon erwähnt, gibt es das sE Electronics BL8 in zwei Varianten. In der originalen Version wurde eine Kapsel mit Halbnierencharakteristik verbaut. In der getesteten Omni-Variante steckt eine Kapsel mit Kugelcharakteristik. Ansonsten sind die beiden Grenzflächenmikrofone baugleich, was all jene freuen dürfte, die von beiden Varianten Gebrauch machen wollen, denn: Die Kapseln sind austauschbar. Somit kann aus einem BL8 ganz schnell ein BL8 Omni gemacht werden.
Ansonsten ist das Mikrofon mit einigen Features ausgestattet. Auf der Rückseite sind drei Wahlschalter verbaut, mit denen ein Lo-Cut-Filter optional für 80 bzw. 160 Hz zugeschaltet werden kann. Auch eine Pegelabsenkung ist hier verbaut, die auf 0/-10/-20 dB eingestellt werden kann. So ist dafür gesorgt, dass auch laute Signale den Input der Konsole nicht überlasten. Bei 163 dB SPL ist also genug Headroom für alle herkömmlichen Signale gegeben.
Des Weiteren verfügt das sE Electronics BL8 Omni Grenzflächenmikrofon über zwei zuschaltbare Klangcharakteristiken, die mit „Classic“ und „Modern“ benannt wurden. Dabei handelt es sich um eine breitbandige Absenkung in den Mitten, mit 10 dB Absenkung für Classic und 15 dB für Modern.
Das Mikrofon kam in einer edlen Verpackung und fühlte sich schon beim Auspacken mit einem recht hohen Gewicht sehr hochwertig an. Mit dabei waren zusätzlich eine kurze Bedienungsanleitung, ein roter Filz zum Wechseln und eine Tasche zum Transport sowie für die Lagerung. Außerdem lag ein kleiner Schraubendreher dabei, mit dem man den Grill lösen kann, um z. B. die Kapsel zu wechseln. Gleichzeitig erwies er sich als praktisches Tool, um die versenkten Wahlschalter zu verstellen. Ohne „Werkzeug“ lassen sich diese nämlich nicht verstellen. Dennoch ist die Entscheidung verständlich – das Mikrofon soll ja ohne zu kippeln auf einer Fläche aufliegen können.
Das Grenzflächenmikrofon auf der Bühne
Anwendungen für Grenzflächenmikrofone gibt es viele. Ursprünglich gedacht waren jene für die unauffällige Abnahme von Stimmen auf Theaterbühnen bzw. an Rednerpulten wie zum Beispiel auf Konferenzen. Dabei ergeben sich gleich mehrere Vorteile. Die Mikrofone sind optisch unauffällig und lassen sich gut zum Beispiel in einer Theaterkulisse verstecken. Stative fallen natürlich weg und gleichzeitig hatte man einen großen Anteil Direktschall im Signal, wodurch Signalquellen auch bei größerer Entfernung zum Mikrofon gut abgebildet werden.
Bei Mikrofonen, die auf einem Stativ mit einigen Zentimetern Abstand zum Rednerpult oder einer Tischplatte angebracht sind, treffen die Reflexionen mit einem zeitlichen Versatz zum Direktschall auf das Mikrofon und Kammfiltereffekte entstehen. Mit einem Grenzflächenmikrofon werden diese wirkungsvoll vermieden, da durch das Anbringen des Grenzflächenmikrofon auf der reflektierenden Fläche keine zeitliche Differenz zwischen dem Direktschall des Redners und den Reflexionen an der Oberfläche existiert.
Irgendwann kam man auf die Idee, Grenzflächen auch in Kickdrums zu legen. Grenzflächenmikrofone zeichnen sich nämlich durch eine exzellente Basswiedergabe aus, vor allem dann, wenn sie eine Kapsel mit Kugelcharakteristik verwenden. Der Vorteil: Man braucht kein weiteres Stativ und bekommt einen sehr vollen Bassdrum-Sound.
Auch im Flügel machen Grenzflächenmikrofone eine sehr gute Figur. Der Deckel reflektiert im geöffneten Zustand den Schall des Flügels hin zum Publikum. Auf lauten Live-Bühnen ist der Einsatz eines Flügels stets kritisch und der Deckel muss zur Verhinderung von Rückkopplungen geschlossen bleiben. Im geschlossenen Flügel ist dann wenig Platz für Kleinmembran-Kondensatormikrofone und eine entsprechende Befestigung. Grenzflächenmikrofone sind hingegen einfach zu montieren: Man klebt sie einfach innen an den Deckel.
Sound des sE Electronic BL8 Omni Grenzflächenmikrofons
Kick-Drum
Die Vorbereitung am Drumset war einfach: Kein Stativ und keine aufwändige Positionierung sind erforderlich. Das Mikrofon wird lediglich an ein Kabel angeschlossen und in die Bassdrum gelegt. Dabei habe ich erst in der neutralen Einstellung mit einem Pad von 10 dB angefangen und sie daraufhin mit „classic“ und „modern“ verglichen.
Das Mikrofon klingt an für sich ausgeglichen. Von der Kick kommt ein anständiger Anteil Attack durch, wobei gleichzeitig auch der Bassanteil sehr gut wahrzunehmen ist. Gerade durch die Kugelcharakteristik ist das Signal zwar nicht so trocken wie bei einem klassischen Kick-In-Mikrofon, liefert so aber einen räumlichen, offenen und somit sehr natürlichen Klang des Instruments.
Die Einstellung „classic“ äußert sich in einer moderaten, aber wahrnehmbaren Absenkung der Mitten, wobei die Einstellung „modern“ nochmal deutlicher die Bässe und Höhen betont. Ich für meinen Teil würde jedoch die Flexibilität direkt am Pult bevorzugen.
Cajon
Auch im Cajon machte das Mikrofon eine gute Figur. Gerade in kleinen Räumen, in denen der Direktschall im Mitten/Höhenbereich schon einen großen Teil ausmacht, kann das sE Electronics BL8 Omni Grenzflächenmikrofon prima als Stütze für den Bassbereich genutzt werden. Hier erwies sich die Einstellung „classic“ meiner Meinung nach als sehr passend.
Viel gab es am Mischpult nicht zu tun – dennoch ein kleiner Tipp: Grundsätzlich entsteht bei solchen Mikrofonierungstechniken eine durchaus präsente Resonanzfrequenz. Diese gillt es zu finden und abzudämpfen. Ich bevorzuge hierbei einen dynamischen, schmalbandigen EQ mit schnellem Attack. So räumt man das Signal für weitere Schritte wie Kompression anständig auf und erhält sich dennoch die charakteristische Resonanz des jeweiligen Instruments.
Redner
Gerade für die Abnahme von Sprache ist das Mikrofon sehr gut geeignet. Durch die Kugelcharakteristik ist die Richtung der Ansprache nicht entscheidend. Ich habe es in einer Kirche getestet und empfand es auch bei einem Abstand von 1-1,5 m als sehr angenehm – auch ohne Bearbeitung. Die Stimme war verständlich und gleichzeitig nicht spitz oder dünn. Vorsicht ist geboten, wenn zum Beispiel auf dem Rednerpult Blätter liegen, von denen abgelesen wird. Das Umblättern ist in diesem Fall deutlich lauter zu hören als beim zum Vergleich herangezogenen Schwanenhalsmikrofon, denn die gesamte Auflagefläche wirkt als Grenzfläche und vergrößert den Aufnahmebereich des Mikrofons. In kleineren Räumen mit geringem Abstand zu den Lautsprechern ist zudem die Rückkopplungsgefahr größer.
Videokonferenzen
Grenzflächenmikrofone mit Kugelcharakteristik sind erstklassig für die Übertragung von Videokonferenzen geeignet. Sitzen zum Beispiel mehrere Teilnehmer gemeinsam in einem Konferenzraum an einem Tisch, wird das sE Electronics BL8 Omni Grenzflächenmikrofon einfach in die Mitte des Tisches gelegt. Der gesamte Tisch dient als Grenzfläche. Die Aussteuerung des Mikrofons ist aufgrund der nicht gegebenen Rückkopplungsgefahr problemlos möglich, sodass alle Teilnehmer gut verstanden werden.
Alternative Grenzflächenmikrofone
Als erstes liegt es natürlich nahe, das verwandte sE Electronics BL8 mit Nieren-Kapsel zu empfehlen. Mit der Halbnierencharakteristik entwickelt es in der Kick einen direkteren, weniger räumlichen Klang, der allerdings auch einen etwas geringeren Anteil tiefer Frequenzen überträgt. Häufig in der Bassdrum zu sehen ist das Shure Beta 91A Grenzflächenmikrofon. Allerdings besitzt auch dieses eine Halbnierencharakteristik anstelle einer Kugelcharakteristik. Im Gegenzug ist die Gefahr von Rückkopplungen geringer. Wie das sE Electronics BL8 Grenzflächenmikrofon, besitzt auch das Shure Beta 91A einen Contour-Schalter zur Absenkung der Mitten. Abgesenkt wird beim Shure Beta 91A der Bereich um 400 Hz.
Das beyerdynamic TG D71 besitzt ebenfalls eine Halbnierencharakteristik und wird für die Abnahme von Bassdrum, Cajon und Flügel empfohlen.
Ein eher günstiger Vertreter der Spezies Grenzflächenmikrofon ist das the t.bone BD 500 Beta. Ebenfalls mit einer Halbnierencharakteristik ausgestattet bietet es für nur 99,- Euro viel Klang und somit ein erstklassiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Bauform ähnelt verdächtig einem PZM-Mikrofon, welches vor gut 15, 18 Jahren mal entweder beim Store oder bei Thomann im Programm war und mit etwa 100 Euro zu Buche schlug. Der einzige Unterschied (?) war, daß das Speiseteil in einem separaten externen Gehäuse untergebracht war.
Es könnte mich reizen, zwei PZMs beidseitig einer Jecklinscheibe anzubringen, um raumakustische Aufnahmen zu machen, aber für knapp 600 Euro ist mir der Preis zu hoch für ein Experiment.
Da bleibe ich lieber beim Crown SASS-P.
Hi, ich verstehe die Aussage ehrlich gesagt nicht. Bei der Bauform handelt es sich eben um ein PZM-Mikrofon – ob man sich jetzt ein 91a ein e901 oder eben das BL8 anguckt:
Aussehen tun die alle recht ähnlich, entscheiden sich klanglich natürlich dennoch, da in allen eine unterschiedliche Kapsel verbaut ist.
Das SASS-P ist schon ein lustiges Ding. Ich hab‘ den Gedanken eher umgekehrt gedacht – die Mikros dort rausreißen und nen Paar Schoeps-Grenzflächen reinkleben…
Das Teil wurde doch schon mal hier getestet?! Also, soll keine Kritik sein, nur eine Nachfrage. Je mehr Tests umso besser.
@zirkuskind Hi, von der Studioredaktion wurde das Bl8 getestet. Hierbei handelt es sich um das BL8 Omni – anstelle einer Kapsel mit Nierencharakteristik arbeitet hier eine Kugel ;)
@zirkuskind Wie Thaddäus schon schrieb, ist das die neue Omni-Version.
@Markus Galla Alles klar, danke euch beiden.