Digitales Dual-Band Funksystem für Sängerinnen und Sänger
Ich zähle zu den glücklichen Fachautoren, die das erste digitale Funksystem von Shure bei einer Reihe von Auftritten mit einer fünfköpfigen Vokalcombo testen durften. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Reaktion des zuständigen Shure Produktmanagers: Fünf Systeme gleichzeitig? Ob das funktioniert? Das hat es. All das war im Jahr 2015. Nun sind wir acht Jahre weiter und die Technologie hat in dieser Zeit große Fortschritte erzielt. Digitale Funkanwendungen gehören allen Unkenrufen zum Trotz längst zum Alltag. Nun erscheint mit dem Shure GLXD+ ein Dual-Band Funksystem, das wir uns hier näher anschauen.
Inhaltsverzeichnis
Shure
Zu Shure müssen wir an dieser Stelle keine großen Worte mehr verlieren. Mit den beiden Modellen Shure SM57 und Shure SM58 hat der Hersteller nicht nur Rock’n’Roll-Geschichte geschrieben, sondern ist tatsächlich auf unzähligen historischen Fotos von berühmten Politikern verewigt. Insbesondere diverse US-Präsidenten wie Nixon, Reagan, Bush, Clinton, Obama, Trump und Biden sind immer wieder bei Reden vor ein bis zwei Shure SM57 zu sehen. Bei den Rock’n’Rollern ist es das SM58, das nach wie vor hoch im Kurs steht. Paul McCartney, Tina Turner, Curt Cobain, Whitney Houston, Udo Lindenberg, Axl Rose, Alice Cooper, Dave Grohl, Roger Daltrey und viele, viele andere vertrauen auf das Mikrofon, das für die Rockmusik mindestens so wichtig ist wie Fender Stratocaster, Gibson Les Paul und Marshall Verstärker. Natürlich hat man den Klassiker immer mal wieder verbessert. So sind Beta 57A und Beta 58A Alternativen zu den Klassikern. Das Beta 58A hat zum Beispiel einen erweiterten Frequenzgang, eine höhere Empfindlichkeit mit einem um 4 dB höheren Ausgangspegel, weniger Griffgeräusche, Superniere statt Niere und soll durch seinen gehärteten Korb noch unzerstörbarer sein (was man kaum glauben mag, ist doch das SM58 schon nahezu unzerstörbar). Dass gerade das SM58 und auch das Beta 58A als Kapseln für Funkstrecken nachgefragt sind, muss bestimmt nicht extra erwähnt werden. Und damit schlage ich den Bogen zu unserem Testkandidaten.
Redaktion: Im Rahmen dieses Specials haben wir das SM58 so richtig gequält.
Shure GLXD24+ Funksystem
Das Shure GLXD24+ Funksystem besteht aus dem Shure GLXD4+ Wireless Receiver und dem Shure GLXD2+ Transmitter. Letzterer ist in unserem Fall mit einer B58A-Kapsel bestückt, sollte klanglich also dem Shure Beta 58A entsprechen. Zum Vergleich hat Shure mir für den Test gleich ein kabelgebundenes Shure Beta 58A mitgeliefert.
Der Receiver sieht zunächst einmal nicht außergewöhnlich aus. Es handelt sich hier um die Version als Tisch-Receiver. Es gibt das System auch mit einem Rack-Receiver. Ein beleuchtetes Display auf der Frontseite, zwei Antennen, eine RF-Status LED, Group-Button, Link-Button, Channel-Button, Gain-Buttons, eine Aufladestation für den Transmitter-Akku sowie eine LED zum Anzeigen des Ladestands. Auf der Rückseite des Shure GLXD4+ Wireless Receiver entdecke ich einen Betriebsschalter, den Anschluss für das externe 15 V DC-Netzteil, den XLR-Mikrofonausgang, einen USB-C-Port für Firmware-Updates sowie einen Instrumentenausgang. All das ist verbaut in einem stabil wirkendem Kunststoffgehäuse.
Alternativ zum Handsender bietet Shure einen Bodypack-Transmitter für Headsets oder Instrumente an. Je nach Transmitter wählen wir für den Anschluss den passenden Ausgang am Receiver: für Mikrofone den XLR-Ausgang, für Instrumente den Instrumentenausgang im Klinkenformat.


Shure GLXD24+/Beta58
Der Handsender besitzt einen Betriebsschalter am Schaft, außerdem eine Status-LED für den Transmitter-Status. Je nach Status blinkt diese in verschiedenen Farben und signalisiert uns die Verbindung zum Receiver sowie den Batterieladestand. Der untere Teil des Mikrofonschafts lässt sich abschrauben und offenbart das Akkufach für den mitgelieferten Lithium-Ionen-Akku (Shure SB904, Kapazität: 2420 mAh), einen Link-Button sowie einen USB-C-Anschluss zum Laden (und vermutlich auch für ein Firmware-Update).
Interessant sind natürlich immer die Akkulaufzeiten und natürlich auch Ladezeiten. Diese werden von Shure wie folgt angegeben:
Bereits mit einer Ladezeit von 15 Minuten lassen sich bis zu eineinhalb Stunden Betriebszeit herausschlagen. Mit jeder Verdopplung der Ladezeit verdoppelt sich auch die Betriebsdauer des Transmitters: 30 Minuten Ladedauer entspricht also 3 Stunden Spielzeit, 1 Stunde Ladedauer 6 Stunden Spielzeit und 3 Stunden Ladedauer bis zu 11 Stunden und 30 Minuten Spielzeit. Das ist beachtlich. Es lohnt sich also, den Akku während der Spielpausen kurz zu entfernen und zu laden.
Zusätzlich zum Lade-Dock im Receiver gibt es einen optional erhältlichen Battery-Charger (SBC10-904). Dieser ist zum Beispiel dann praktisch, wenn die Empfänger im Rack verbaut sind oder anderweitig verstaut und die Akkus vor der Show geladen werden sollen.
Dual-Band Funksystem gleich doppelte Sicherheit?
Während die ersten digitalen Shure Funkstrecken ausschließlich im 2,4 GHz Band arbeiteten, handelt es sich beim Shure GLXD24+ Funksystem um ein echtes Dual-Band-System für das 2,4 GHz und 5,8 GHz Band. Wie auch andere Hersteller, befinden wir uns hier also im von WLAN genutzten Frequenzbereich.
Etwas Vorsicht ist also angesagt, wenn das Shure GLXD24+ Funksystem parallel zu WLAN eingesetzt werden soll. Nun ist das bekanntermaßen schwierig, denn jeder Konzertbesucher dürfte einen WLAN-Sender und -Empfänger in der Tasche haben, nämlich in Form eines Smartphones. Fast jeder zivilisierte Ort der Welt ist durchdrungen von unzähligen WLAN-Netzen aus den zahlreichen Routern, die in jedem Haushalt vorhanden sind. Hinzu kommen an Veranstaltungsorten Netzwerke der Techniker für die Steuerung von Digitalpult, Scheinwerfern und Co.
Für den Betrieb sind also einige Maßnahmen erforderlich, an die man sich tunlichst halten sollte:
Der Shure GLXD4+ Receiver sollte in keinem Fall nahe an einem WLAN-Router stehen oder anderen Geräten, die auf den WLAN-Frequenzen senden wie Computern oder Smartphones. Shure gibt dafür einen Sicherheitsabstand größer als 3 m an.
Zwischen Transmitter und Receiver sollte eine Sichtlinie vorhanden sein. Eine Blockade dieser Linie durch zum Beispiel das Publikum verringert die Empfangsqualität.
Zwischen mehreren Transmittern sollte ein Abstand von mehr als 2 m bestehen. Dieser Abstand kann verringert werden, wenn gleichermaßen der Abstand zwischen Sender und Empfänger verringert wird, die Empfänger also zum Beispiel am Bühnenrand statt am FoH-Platz positioniert werden (ohnehin empfehlenswert).
Für den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Shure GLXD24+ Funkstrecken (mehr als zwei) empfiehlt Shure den GLX-D+ Frequency Manager, an den dann alle GLXD4+ Receiver angeschlossen werden. Dieser übernimmt automatisch das Frequenzmanagement und sorgt für einen (hoffentlich) störungsfreien Betrieb.
Mit dem zweiten Band erhöht sich natürlich die Betriebssicherheit gegenüber einem Single-Band-System. Allerdings besitzt das 5,8 GHz Band eine geringere Reichweite als das 2,4 GHz Band, ist jedoch weniger störanfällig. Eine maximale Reichweite anzugeben, ist immer schwierig, zumal hier zwei verschiedene Bänder mit verschiedener Reichweite im Einsatz sind. Theoretisch wären im Freien bis zu 60 m Reichweite drin.
5,8 GHz – der Außenseiter im 5 GHz Band
Ein Blick auf das Protokoll meines WLAN-Routers zeigt, dass das 5 GHz Band regelmäßig ausgeschaltet wird. Warum? Hier liegen das Wetterradar und das Militärradar sowie die deutsche Flugsicherung. Der Router muss laut EU-Richtlinie regelmäßig überprüfen, ob eine vorrangige Nutzung durch Radar gegeben ist. Während dieser Prüfung ist das WLAN im 5 GHz Band nicht erreichbar und der Router schaltet vorübergehend auf das 2,4 GHz Band.

Für den Rack-Einbau greift man lieber auf den Rack-Empfänger der Serie zurück. Für den Test in der Nähe des verbauten Swissonic Routers habe ich den Empfänger einfach in eine Lücke geschoben-
Eine solches Szenario wäre für Ton- und Bildanwendungen denkbar ungünstig und so nutzt man eine Lücke im 5 GHz Band, nämlich den Bereich um 5,8 GHz, genauer gesagt von 5725 bis 5875 MHz. Hier darf mit einer maximalen (theoretischen) Leistung von 25 mW EIRP gesendet werden. Der Shure GLXD2+ Transmitter unterschreitet mit einer Sendeleistung von 10 mW EIRP diesen Wert sogar deutlich. Doch auch hier muss laut Vfg 34/2017 mit Störungen durch Radar und Satellitenkommunikation gerechnet werden, die Vorrang haben. Insbesondere militärische Anwendungen sind hier möglich. Vorgeschrieben ist außerdem ein automatisches Frequenzmanagement.
Unterm Strich ist jedoch das 5,8 GHz Band weitaus weniger frequentiert als das 2,4 GHz Band und deshalb eine sehr gute Alternative und auch die einzige Möglichkeit, mehr als vier digitale Funkstrecken gleichzeitig zu betreiben, denn im 2,4 GHz Band sind üblicherweise bis zu vier gleichzeitige Funkstrecken möglich, unter optimalen Bedingungen maximal fünf (siehe Einleitung). Und das ist schon wirklich sportlich. Durch die Erweiterung auf den 5,8 GHz Bereich sind nun bis zu 16 simultan nutzbare digitale Funkstrecken möglich. Das automatische Frequenzmanagement soll dabei den möglichst störungsfreien Betrieb ermöglichen und wird in derart großen Systemen durch den Shure GLXD+ Frequency Manager übernommen, der allerdings separat zu erwerben ist und 749,- Euro kostet (empfohlener Verkaufspreis).
Verbindung zwischen Transmitter und Receiver
Die Inbetriebnahme des Shure GLXD24+ Funksystems ist denkbar einfach: Receiver einschalten, Group-Button gedrückt halten, um eine Gruppe zu selektieren. Channel-Button drücken, um den Kanal-Scan zu starten. Das System ermittelt automatisch den besten verfügbaren Kanal. Transmitter einschalten und warten, bis die blaue RF-LED aufhört zu blinken. Nun ist die Verbindung hergestellt. Drückt und hält man den Link-Button an Receiver und Transmitter etwas länger, bis die RF-LED blau zu blinken beginnt, ist auch eine manuelle Verbindung möglich.
Möchte man mehr als eine Funkstrecke einsetzen, ist eine entsprechende Gruppe in Abhängigkeit von der Anzahl der zu verwendenden Systeme zu wählen. Die Bedienungsanleitung listet übersichtlich die Vorteile der einzelnen Gruppen und die dort maximal verfügbare Kanalzahl auf. Hier empfiehlt sich in jedem Fall das Studium der Bedienungsanleitung. Für größere Systeme mit mehr als acht Sendern/Empfängern ist der Shure GLXD+ Frequency Manager, der das automatisch übernimmt, in jedem Fall eine gute Empfehlung.
Am Receiver lassen sich noch weitere Einstellungen zum Beispiel für Gain, Sperre der Bedienelemente oder die Display-Helligkeit vornehmen. Für das Aufspielen einer aktuellen Firmware wird das Shure Update Utility sowie ein passendes USB-C-Kabel benötigt. Das Tool kann von der Shure Internetseite kostenlos heruntergeladen werden. Über eine Reset-Funktion lassen sich Receiver und Transmitter auf die Werkseinstellung zurücksetzen.
Die Shure Funkstrecke in der Praxis
Die Handhabung des Shure GLXD24+ Funksystems ist denkbar einfach und idiotensicher. Der Klang ist einwandfrei und eine Verzögerung (Latenz) lässt sich nicht feststellen. Für die erste Inbetriebnahme musste ich zunächst den Akku einmal komplett laden. Das dauert wie beschrieben drei Stunden. Sehr praktisch, dass sich der Akku gleich im Receiver laden lässt. Die mitgelieferte Ladeschale benötige ich deshalb gar nicht. Selbst mit eingelegtem Akku ist der Handsender sehr leicht. Knapp 320 g zeigt die Waage. Der Handsender liegt sehr gut in der Hand und auch längere Auftritte sind aufgrund des geringen Gewichts überhaupt kein Problem. Die mitgelieferte Klemme hält den Handsender sicher auf dem Mikrofonstativ.
Für den Test habe ich das Shure GLXD24+ mit seiner B58A-Kapsel mit dem mitgelieferten Kabel-Beta 58A verglichen.
Das erste kurze Klangbeispiel wurden einmal mit dem Shure GLXD24+ Funksystem aufgezeichnet und einmal mit dem kabelgebundenen Mikrofon. Der Klang ist identisch.
Sehr genau sollte man es mit dem Hinweis in der Bedienungsanleitung bezüglich naher Router und anderer WLAN-Netze nehmen. Ich habe hier im Haus eine Fritzbox samt Fritz Repeater, außerdem für das Digitalpult einen Swissonic Rack Router, der im 2,4 und 5 GHz Band sendet und empfängt. All das juckt den Shure GLXD4+ Empfänger nicht, solange man sich mit dem Funkmikrofon in unmittelbarer Nähe des Empfängers befindet. Die Reichweite schrumpft allerdings sofort stark zusammen und zwei Räume weiter ist die Sprache kaum noch zu verstehen und selbst im direkt angrenzenden Nachbarraum ist an ein „Nutzsignal“ nicht zu denken. Eine zum Vergleich herangezogene analoge Funkstrecke hat dagegen überhaupt keine Probleme. Mit jedem Meter, den der Shure GLXD4+ Empfänger von einem der WLAN-Router entfernt wird, steigt die maximale Reichweite. Es ist also unabdingbar, die Mindestentfernung von 3 m zwischen einem WLAN-Router und dem Shure GLXD4+ Empfänger einzuhalten. Nach Möglichkeit sollte man zudem mindestens eines der Bänder des Routers abschalten, nutzt man gleichzeitig das Shure GLXD24+ Funksystem, zum Beispiel das 5G WLAN-Band.
Das ist aber nicht dem Shure-Funksystem anzulasten, sondern ein Problem, das dem Frequenzbereich geschuldet ist und auch bei anderen Herstellern auftritt.