Das Einmaleins der Funktechnik für Einsteiger
Sie gehören für uns Musiker längst zum Alltag: Funkstrecken. Ob Mikrofon, Gitarre oder In-Ear-Monitoring, der kabellose Betrieb auf der Bühne bietet einige Vorteile. So richtig reibungslos funktionieren Funkstrecken aber nur dann, wenn man sich im Vorfeld etwas näher damit beschäftigt und vor allem die Fallstricke kennt, die im Frequenzdschungel und den Vorschriften der Bundesnetzagentur lauern. Alles Wichtige zu Frequenzbändern, Frequenzgruppen und Funkkanälen erfährst du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
- Funkstrecken? Was ist das überhaupt?
- Wozu gibt es die Bundesnetzagentur?
- Frequenzkoordination für Auftritte und Produktionen
- Frequenzband der Funkstrecke für die Bühne
- Der Kanal der Funkstrecke im Frequenzband
- Kanalgruppen der Funkstrecke für die Bühne
- Interferenzen und Intermodulation
- True Diversity bei Funksystemen
- Mehrere Funkstrecken auf der Bühne
Funkstrecken? Was ist das überhaupt?
Funkstrecken sind drahtlose Übertragungssysteme, die in verschiedenen Anwendungsbereichen wie Bühnen, Fernsehen, Film und Konferenzen weltweit eingesetzt werden. Dazu zählen Funkmikrofone und In-Ear-Monitoring-Systeme, aber auch Sender und Empfänger für Instrumente oder Intercom für die Kommunikation von Technikern untereinander.
All das will natürlich koordiniert werden, denn sich überlappende Frequenznutzungen führen zu Störungen und Aussetzern. Durch die Frequenzkoordination sollen außerdem Kanäle zugeteilt werden, die interferenzfrei zusammenarbeiten.
Wozu gibt es die Bundesnetzagentur?
Die Bundesnetzagentur ist eine Behörde, die neben sehr vielen anderen Aufgaben, die nichts mit Funktechnik zu tun haben, die übergeordnete Frequenzkoordination übernimmt und zwar auf der Basis ganzer Frequenzbänder, die einer bestimmten Nutzung eines bestimmten Nutzerkreises zugeteilt werden. Diese Zuteilung ist häufig zeitlich befristet und kann auch widerrufen werden. Die Bundesnetzagentur sorgt also dafür, dass in Deutschland kein Frequenzchaos entsteht, denn die Nutzergruppen sind vielfältig und manche Nutzungen haben Vorrang vor anderen, dazu zählen zum Beispiel der Flugzeugfunk, Polizei- und Feuerwehrfunk, Militärfunk und vieles mehr. Auch der Mobilfunk hat einen hohen Stellenwert bei der Vergabe von Funkfrequenzen.
Die Bundesnetzagentur veröffentlicht die Allgemeinzuteilungen und informiert somit die Öffentlichkeit. Diese Veröffentlichungen können zum Beispiel auf der Internetseite der Bundesnetzagentur eingesehen werden. Jede Allgemeinzuteilung enthält den Nutzerkreis, das zugeteilte Frequenzband, die maximale Sendeleistung sowie das Ablaufdatum der Allgemeinzuteilung und weitere Bestimmungen.
Frequenzkoordination für Auftritte und Produktionen
Wurde ein Frequenzband von der Bundesnetzagentur einer bestimmten Nutzung und einem Nutzerkreis zugeteilt, ist der betreffende Nutzerkreis für die Frequenzkoordination vor Ort in der Regel selbst zuständig. Möchten also Schausteller auf einer Kirmes Funkmikrofone verwenden, müssen sie sich selbst organisieren und dafür sorgen, dass der zur Verfügung stehende Frequenzbereich entsprechend unter den Nutzern aufgeteilt wird. Bei Großveranstaltungen wie großen Konzerten oder Sportveranstaltungen, Kongressen und mehr übernimmt ein Frequenzkoordinator vor Ort diese Zuteilung. Dieser wird in der Regel vom Veranstalter mit der Frequenzkoordination beauftragt. Der Frequenzkoordinator sorgt auch dafür, dass die einzelnen Kanäle, die er den Anwendern zuweist, möglichst frei von Interferenzen miteinander agieren.
Für feststehende Produktionsstätten können zudem Funkkanäle fest von der Bundesnetzagentur zugeteilt werden, die dann nur an diesem Ort für eine spezielle Produktion genutzt werden dürfen. Das kann zum Beispiel die Zuteilung für ein Fernsehstudio oder ein Theater sein. Für mobile Produktionen ist jeweils zu klären, welche Kanäle vor Ort zur Verfügung stehen.
Frequenzband der Funkstrecke für die Bühne
Funkstrecken arbeiten in bestimmten Frequenzbändern, die von den jeweiligen nationalen Regulierungsbehörden (wie eben der Bundesnetzagentur in Deutschland) zugewiesen werden. Diese Frequenzbänder werden in Deutschland speziell für die Anwendung mit Funkmikrofonen und ähnlichen Anwendungsbereichen (wie In-Ear-Monitoring) ausgewiesen. Folgende Frequenzbereiche stehen in Deutschland für diese Anwendung zur Verfügung:
Der Kanal der Funkstrecke im Frequenzband
Innerhalb der zulässigen Frequenzbänder sind mehrere Kanäle vorhanden. Ein Kanal ist ein definierter Bereich innerhalb des Frequenzbandes, der für eine einzelne Funkverbindung genutzt wird. Die Anzahl der verfügbaren Kanäle hängt von der Bandbreite des zugewiesenen Frequenzbandes und der Bandbreite des verwendeten Funksystems ab. Welche Bandbreite maximal zulässig ist, ist teilweise in den Allgemeinverfügungen von der Bundesnetzagentur definiert worden. Die Hersteller haben sich an diese Vorgaben zu halten.Viele günstige Funksysteme arbeiten ohnehin mit festen Kanalzuordnungen. Bei teureren Systemen können manchmal die Frequenzen frei einem Kanal zugeordnet werden.
Kanalgruppen der Funkstrecke für die Bühne
Um die Koordination und Planung von Funkstrecken zu erleichtern, sind Kanäle häufig in Gruppen organisiert. Eine Kanalgruppe ist eine Sammlung von Kanälen, die speziell für eine gute Zusammenarbeit ausgewählt wurden, um Interferenzen und Überschneidungen durch Intermodulationsprodukte zu minimieren (siehe unten). Hersteller von Funkmikrofonen und In-Ear Monitoring-Systemen bieten oft voreingestellte Kanalgruppen an, die für die jeweiligen Geräte und Frequenzbänder optimiert sind. Diese sind dann allerdings nur innerhalb einer Gerätebaureihe kompatibel. Es lassen sich also nicht einfach so Kanalgruppen verschiedener Hersteller oder manchmal sogar verschiedener Systeme eines Herstellers kombinieren. In einem solchen Fall muss die Trägerfrequenz des Fremdherstellers gezielt auf eine freie Frequenz einer Kanalgruppe, in der sich die anderen Funkstrecken befinden, eingestellt werden.
Interferenzen und Intermodulation
Bei der Nutzung von Funkstrecken können Interferenzen auftreten, die die Signalqualität beeinträchtigen. Interferenzen werden durch verschiedene Faktoren verursacht, z. B. durch andere Funkgeräte, die auf denselben oder benachbarten Kanälen arbeiten, oder durch Reflexionen und Absorptionen von Funkwellen in der Umgebung. Um Interferenzen zu vermeiden, sollten möglichst freie und kompatible Kanäle gewählt und eine sorgfältige Frequenzkoordination durchgeführt werden. Außerdem können gerichtete Antennen und Diversity-Systeme dabei helfen, Interferenzen zu reduzieren und die Empfangsqualität zu verbessern.
Intermodulationen entstehen immer dann, wenn mehrere Funksysteme eingesetzt werden. Abseits der eingestellten Trägerfrequenz besitzt jedes Funksystem sogenannte Intermodulationsprodukte. Dies sind Frequenzen, die im Nachbarbereich der Trägerfrequenz entstehen und die, wenn dort zufälligerweise ein weiteres Funksystem arbeitet, zu Problemen führen. Um die Auswirkungen von Intermodulationsprodukten zu verhindern, ist es wichtig, miteinander kompatible Frequenzen auszuwählen. Diese lassen sich per Software berechnen oder man nutzt die vom Hersteller ausgewiesenen Kanalgruppen (siehe oben).
True Diversity bei Funksystemen
Bei Non-Diversity Systemen, also Funksystemen, die nur mit einem Empfänger und einer Antenne arbeiten, können schon geringe Veränderungen des Abstands und Winkels des Senders zum Empfänger eine deutliche Verschlechterung oder Verbesserung des Signals verursachen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, werden bei True Diversity Systemen die Signale zweier Empfänger ständig miteinander verglichen. Die Elektronik schaltet dann stets auf den Empfänger mit der besten Signalqualität um. Der Anwender bekommt von diesem Schaltvorgang nichts mit. Bei Non-Diversity Systemen kann es zu den gefürchteten Dropouts kommen, also einem Komplettabriss des Signals. Aber auch Störungen wie Rauschen und Verzerrungen machen sich hier oft bemerkbar. Bis auf In-Ear-Systeme sind heute die Empfänger der meisten Funkmikrofone als True Diversity Empfänger ausgelegt.
Mehrere Funkstrecken auf der Bühne
Beim Einsatz mehrerer Funkstrecken auf der Bühne müssen die zu nutzenden Frequenzen gut koordiniert werden. Kleinere Bands nutzen dazu die Frequenzen innerhalb einer Kanalgruppe, die vom Hersteller als intermodulationsfrei ausgewählt werden. Bei größeren Produktionen nutzen Frequenzkoordinatoren spezielle Software, um Frequenzen zu ermitteln, die intermodulationsfrei miteinander arbeiten. Um Interferenzen zu minimieren, wird außerdem der Frequenzbereich gescannt und nach möglichen Störungen gesucht. Frequenzen, auf denen Störsignale ausgemacht werden, müssen unbedingt als Trägerfrequenz für die eigenen Funkstrecken vermieden werden. Manche Funksysteme suchen selbstständig nach einem freien Kanal und konfigurieren sich auf Wunsch auf diesen. Für Privatanwender ist es immer sinnvoll, diese Funktion am Auftrittsort zu nutzen.
Möchte man mehrere Empfänger in ein Rack einbauen, bietet sich zudem der Einsatz eines Antennensplitters an, der das Empfangssignal zweier Antennen auf die entsprechende Anzahl an (Diversity-)Empfängern aufteilt. Noch professioneller ist es, abgesetzte Richtantennen anstelle der Rundstrahlantennen zu verwenden, die dem Funksystem beiliegen. Durch das Nutzen von Richtantennen werden die Nutzsignale aus einer bestimmten Richtung verstärkt, während Störsignale aus anderen Richtungen unterdrückt werden. Das führt zu einer deutlich verbesserten Signalqualität und (hoffentlich) zu weniger Dropouts. Diese Antennen gehören auf die Bühne und werden seitlich davon positioniert und längs der Bühne ausgerichtet. Auf die Bühne gehört übrigens auch das Rack mit den Empfängern.
Ein sehr schöner und gelungener Einstieg in das Thema.
Vielen Dank.
interessanter artikel, danke!