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Test: Soundtoys V5.4 , Plug-in-Bundle

Ein Strauß bester Plug-ins

12. Juni 2023

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Soundtoys ist eine Plug-in-Collection für macOS und Windows, die seit 2003 in ihrer jetzigen Form am Markt ist. Das Bundle mit Version 5.4 ist inzwischen auf 22 Effekte angewachsen und hat sich schon früh das Prädikat „Industriestandard“ verdient. Das breite Portfolio an Effekten ist von großen, klassisch analogen und digitalen Vorbildern inspiriert, aber noch mehr von den unbegrenzten Möglichkeiten von Software in einer DAW-Umgebung. Sehen wir uns also genauer an, was die Plug-ins zu bieten haben.

Eine kleine Soundtoys-Geschichte

In der ersten Hälfte der 1980er wollte die Firma Eventide eine Nachfolger- und Stereoversion ihres H969 Harmonizers entwickeln. Mit den Entwicklungen wurden schließlich, aus welchen Gründen auch immer, die Neulinge Ken Bogdanowicz, Dave Derr and Gil Griffith sowie Robert „Bob“ Belcher betraut. Nach Aussagen von Ken „ist das Ganze dann etwas über das Ziel hinausgeschossen“ und sie ließen selbst den Eventide Gründer Richard Factor nicht wissen, was sie da eigentlich machten.

Bis schließlich 1986 das Eventide H3000 auf den Markt kam und Studio- und Musikgeschichte schrieb. Bis Mitte der 1990er entwickelte das Team auch die Folgemodelle der H-Effektgeräte, bis sich die Wege von Eventide trennten. Dave Derr gründete Emperical Labs und schrieb mit dem Distressor seine eigene Geschichte, während Ken und Bob die Software-Schmiede Wave Mechanics (Sound Blender, PurePitch, Pitch Doctor / UltraTools) gründeten die 1996 zu Soundtoys wurde. Zuerst nur für Digidesign (Avid) Pro Tools TDM auf dem Mac, dann ab 2003 mit dem Filterboy nativ und noch später auch für Windows.

Soundtoys Bundle V5.4

„H3000 was my first love …“, diesen Satz hätte Ken gesagt haben können, denn in fast allen seiner Plug-ins schlägt das Herz der H3000-Algorithmen und jedes der derzeit 22 Plug-ins, wovon sieben Plug-ins nur minimierte Versionen der Größeren darstellen, haben mit „Tonhöhe“, „Zeit“ oder „Harmonisierung“ zu tun.

Auch wenn Namen wie EchoBoy, FilterFreak oder PhaseMistress in die Richtung deuten, in die es geht, steckt immer noch etwas mehr dahinter, als es auf den ersten Blick vermuten lässt.

Wer von einer früheren Version des Soundtoys Komplettpakets auf V5 umsteigt, sieht sich mit einigen Änderungen in seinen Lizenzen konfrontiert. Die ursprünglichen Produkte Sound Blender, PurePitch und Pitch Doctor wurden bis V4 von Soundtoys gepflegt, aber da die Plug-in-Schnittstellen TDM und RTAS heute nicht mehr unterstützt werden, wurde auch der Support von Soundtoys dafür eingestellt. Auch Speed, das nicht (mehr) TDM- oder RTAS-basiert ist, wurde nicht in V5 übernommen. Auf der Website heißt es, dass „noch keine Zukunftspläne für das Plug-in veröffentlicht wurden“.

Das trifft mich persönlich etwas, denn Speed hat mir oft gute Dienste geleistet, musste dann aber doch Celemony Melodyne weichen. Trotzdem schade.

Aber vielleicht erinnert sich Ken eines Tages wieder an die „Legacy“ Plug-ins, jetzt wo Eventide mit dem H910 Plug-in die „technisch fehlerbehaftete“ Harmonizierung wieder en vogue macht. Daraus lernen wir wieder mal, dass „technisch fehlerhaft“ nicht unbedingt unmusikalisch ist.

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Mit V5.3.7 wurden die Plug-ins für Apple Silicon Mx-tauglich gemacht und und mit V5.3.8. kam plattformübergreifend die VST3-Unterstützung dazu.

Mit V5.4 kam dann die langerwartete große Version den Plattenhalls Little Plate hinzu, genannt Superplate. Für Besitzer des Soundtoys V5.x-Bundles kostet das Upgrade 29 USD,- bei Soundtoys. Das Superplate-Plug-in kann auch eigenständig für regular 149,- USD erworben werden.

Die Soundtoys-Plug-ins werden über iLok-Lizenzen aktiviert. Es kann der Dongle oder die Festplatte/SSD zur Autorisation benutzt, wobei letztere Möglichkeit bei Verlust/Versagen des Computers mit dem Verlust der Lizenzen einhergeht, da die kostenpflichtige iLok Theft & Lost Coverage nur für den Dongle greift.

Prinzipiell braucht man zum Herunterladen der neusten Plug-in-Versionen kein Kundenkonto bei Soundtoys. Die einzelnen Installationsdateien sind frei verfügbar (siehe Link unten). Aber für Upgrades etc. wird man sich über kurz oder lang doch eines anlegen, denn Kunden werden schon sehr in Richtung Bundle-Kauf/Upgrade gelotst. Die Plug-ins kosten einzeln zwischen 79,- und 199,- US-Dollar, während das Bundle für 499,- USD zu haben ist. Dafür wird einem aber auch jedes Plug-in, das man separat erwirbt auf das zukünftige Bundle-Upgrade angerechnet. Das ist besonders attraktiv, denn Soundtoys haben in den letzten Jahren auch einige Freebie-Plug-ins veröffentlicht, die dann auf den Update-Preis angerechnet wurden. Außerdem vergehen zwischen zwei kostenpflichtige Versionen oft mehrere Jahre, wodurch sich die Upgrade-Kosten auch sehr im Zaum halten. Wenn das kein Kundenservice ist, weiß ich es auch nicht.

Die Plug-ins für Mac und Windows in VST2/3, AU, AAX zur Verfügung.

Was allerdings immer noch nervt ist, dass die englischsprachigen PDF-Handbücher alle einzeln heruntergeladen werden müssen. Entweder von den einzelnen Produktseiten auf Soundtoys-Homepage oder über einen Taster im Plug-in selbst. Wohlgemerkt, das PDF wird heruntergeladen, nicht angezeigt.

Diese Mühe sollte man sich aber unbedingt machen. Zum einen enthalten gerade die „großen“ Plug-ins sehr viele Funktionen, die man sonst leicht übersieht und zum andern gehören diese Handbücher zum unterhaltsamsten, was jemals an Handbüchern verfasst wurde: einwandfrei formuliert, klar gegliedert und informativ. Das Lesevergnügen wird noch durch die stimmungsvollen Einleitungen gesteigert, die einem wirklich verständlich machen, worum es bei dem jeweiligen Plug-in eigentlich geht, denn so offensichtlich ist das oftmals nicht. Da kommt die Inspiration für den musikalischen Einsatz automatisch mit: „Wer hören will, muss lesen“ – selten so wahr wie hier.

So erfährt man beispielsweise, dass alle Parameter, die keine dedizierte Werteanzeige haben, per Klick auf den Parameternamen auf eine numerische Anzeige umgeschalten oder dass die Plug-ins einen Parameter-Lock haben. Außerdem gibt es bei Displays eine numerische Eingabe.

Es sei auch noch angemerkt, dass Soundtoys sehr viel Forschung an den Originalgeräten betreibt und daraufhin ihre Software entwickeln. Hauseigene R&D vom Feinsten.

FilterFreak 1 & FilterFreak 2

Soundtoys V5.4 FilterFreak 1 & 2

FilterFreak war das „erste“ Plug-in, mit dem Soundtoys 2004 ihre neue Produktlinie vorstellten. Hier fallen gleich zu Beginn große Namen wie Mutron III, Morley WahWah und Sherman Filterbank. Besonders Sherman ist eine Ansage und so bietet der FilterFreak nicht nur Synthesizer-ähnliche Modulationsmöglichkeiten, sondern auch eine Variante mit zwei Filtern, die seriell oder parallel geschaltet werden können. Mit FilterFreak zielten Soundtoys aber nicht darauf ab, ein bestimmtes Filter zu emulieren, sondern „nur“ ein möglichst analog klingendes. Es gibt auch keine umschaltbare Charakteristik der Filter wie SEM oder Ladder etc.

Die Filter gibt es in den Variationen Hoch-, Tief-, Bandpass und Bandsperre mit 12, 24, 36 und 48 dB/Oktave Flankensteilheit. FilterFreak ist damit ehr auf der drastischen Seite. Zur Modulation von Cutoff-Frequenz, Resonanz und Lautstärke bei dem Filter gibt es nur einen LFO. Immerhin kann die Modulation in Auslenkung und Richtung (positiv/negativ) bestimmt werden.

Es gibt auch einen Hüllkurvenverfolger für eingehende Audiosignale, aber leider ohne Side-Chain, um die Signatur eine anderen Spur auf das Eingangsignal aufzuprägen. Eine klassische ADSR-Hüllkurve und ein Zufallsgenerator runden das Bild ab.
Der Step-Modus wird durch das Eingangssignal ausgelöst und setzt dann die Filter auf einen Zufallswert, dessen Intensität festgelegt werden kann. Beide Modi verfügen über einen Regler zum Einstellen der Auslöselautstärke (Threshold), der ebenfalls auch die Intensität des Effekts beeinflusst.

Der Augenöffner ist aber der Rhythm-Modus, der eine Erweiterung des einfachen LFO-Modus ist. Hier lässt sich über nahezu beliebig viele Bezierpunkte eine LFO-Schwingungsform festlegen, die weit jenseits der üblichen Standards ist. Zusätzlich kann über die MODE-Taster festgelegt werden, wie der Kurvenverlauf zwischen den Punkten interpoliert wird. Der Smoothness-Regler transformiert die Schwingungsform stufenlos zwischen einer Rechteckschwingung, welche die Bezierpunkte eigentlich darstellen und einer voll interpolierten Sinusschwingung.

Im Rhythm-Editor wird dann die Schwingungsform für jeden Schritt der Sequenz eingefügt. Eine Rhythmussequenz besteht wie bei jedem Step-Sequencer aus der Anzahl der Schritte einer Sequenz und Anzahl der Patterns.
Bei FilterFreak kann über den „Num Bars“-Parameter bis zu 32 Patterns in einer Sequenz verwalten. Über „Beats/Bar“ wird festgelegt, über wie viele Takte sich in einem Pattern erstreckt und über die Quantisierung, wie viele Schritte, hier Schwingungsperioden, sich in dem Pattern befinden können. Das reicht von 1/2 bis zu 1/64 Note. Eine Periode kann aber auch bis zu 64 Takte lang sein. Über die Shift-Tasten können die Perioden verkürzt, verlängert oder aus dem Raster gelöscht werden.
Die selbsterstellten Schwingungsformen wie auch die Rhythmussequenzen können über eigene Preset-Manager verwaltet werden.

Die Unterschiede zwischen FilterFreak 1 und 2 sind neben der Anzahl der Filter nur
ein zusätzlicher Offset für die Panoramaposition in FilterFreak 1.

Vom Klang her ist das Soundtoys-Filter extrem geschmeidig und hört sich auch sehr analog an. Besonders bei hoher Resonanz drückt es unglaublich im Bassbereich und die Höhen klingen nie harsch. Soundtoys haben das sogar so gut hinbekommen, dass man bei zu hohen Lautstärken tatsächlich seine Boxen sprengen könnte. Und was ganz wichtig ist, der Bass bleibt fett und die Lautstärke bleibt konstant und wird nicht ausgedünnt. Ebenso sind die Filterfahrten mit dem LFO absolut fließend. Bedenkt man, dass dieses Plug-in schon seit 2004 erhältlich ist, hätte man sich so manche „Analog vs. Digital“-Diskussion sparen können. Am Plug-in-Markt kommen ansonsten allein vom Umfang nur noch Quadfromage von Ohmforce und Fabfilter Volcano 2 mit.

EchoBoy Jr. & EchoBoy

Soundtoys V5.4 EchoBoy & EchoBoy JR

Mit EchoBoy decken Soundtoys quasi die gesamte Entwicklungsgeschichte des Delay-Effekts ab und die dreiseitige Einleitung des 40-seitigen Handbuchs lässt von den 1960er Slap-Echos bis zum PCM 42 kaum einen großen Namen aus.

Unter Beweis stellt EchoBoy seine Fähigkeiten mit zwei unabhängigen Delay-Lines und nicht weniger als 31 Algorithmen, sogenannte Styles, die von generellem Verhalten z. B. „Analog“, „Digital“ „Tube“, „Tape“ bis zu spezifischen Nachbildungen wie „Space Echo“ oder „TelRay“ reichen.

Diese Styles können über den „Styles-Edit“-Taster sogar noch weiter angepasst werden. Da gibt es einen dreibandigen Equalizer, der aber eine ganz andere Funktion hat, als man vermuten könnte. Während der Gain-Parameter noch „normal“ ist, regelt der Decay-Parameter die Färbung des abklingenden Signals über die Zeit hinweg. Also ob die Echos mit der Zeit heller oder dunkler werden und wie schnell.

Mit „Diffusion“ wird die Streuung des Signals und die Raumgröße festgelegt und der
Loop/Post-Schalter legt fest, of das Signal am Plug-in-Ausgang gestreut wird (Post) oder in Feedback-Schleife.

Wobble ist ein LFO mit fünf Schwingungsformen zur Modulation der Abspiel- bzw. „Tonbandgeschwindigkeit“. Mit dem FB/Out-Schaltern wird festgelegt, welche Teile des Signal bearbeitet werden. „FB“ variert die Geschwindigkeit des initialen Echos wie auch jedes Ausgangssignal der Feedback-Schleife. „Out“ beeinflusst nur den Effektanteil (Wet) am Plug-in-Ausgang.

„Saturation“ fährt das Signal in die Sättigung. Die beiden Regler „Decay-Sat“ und der darunter liegende „Out-Sat“ bestimmen den Grad der Sättigung im Effektsignal (Wet) sowie den Grad der Sättigung am Plug-in Ausgang. Beide Regler wirken sich auf den Sättigungsregler auf dem Hauptpanel aus, der entsprechend den Gesamtanteil der Sättigung am Signal festlegt. Wenn also z.B. „Decay-Sat“ auf Null und „Out-Sat“ auf 50% steht, lässt der Saturation-Regler im Hauptfenster bei 100%-Stellung eben genau das durch. Die Sättigungsstufe bietet neun Algorithmen, darunter vier Arten von Limitern.

Wichtig wären noch die „Mode“-Enstellungen Single, Dual, Pingpong und Rhythm. Denn je nach Modus ändern sich auch die Bedienelemente auf dem Hauptpanel und der Tweak-Seite erheblich. Ganz besonders ist hier der Rhythm-Modus hervorzuheben, in dem eigene Echoverläufe in Form von Steps gesetzt und mit den Reglern eingestellt werden können. Die Auflösung reich dabei bis zu 1/64 Note oder 3000 ms, wobei bis zu 16 Echos gesetzt werden können. Das kann mit der Maus bei dem kleinen Display ganz schön anstrengend werden. Zum Glück können diese Rhythmus-Patterns über einen eigenen Preset-Manager verwaltet werden.

Als Letztes gibt es noch den Magic-Parameter „Groove“, der nach links „shufflelt“ und nach rechts „swingt“ und jedes Echo beeinflusst, während „Feel“ das gesamte Ausgangssignal, gemäß dem Taktverhältnis nach vorne oder nach hinten verschiebt, was zu einem treibenden oder entspannteren Rhythmusgefühlt führt.

EchoBoy Jr. bietet nur eine Delay-Line, keinen Rhythmusmodus und nur sieben der 31 Styles des großen Bruders.

Echoboy ist wohl eines der umfassendsten Delays im nicht gerade spärlichen besiedelten Delay-Markt, mit dem sich wirklich jeder Stil und jeder Charakter verwirklichen lässt. Auch wenn die Konkurrenz mit Ohmforce Ohmboys, Rob Papens RP-Delay, Fabfilters Timeless, Slate Digitals Repeater oder Unfiltered Audios Sandman auch jeden Menge zu bieten haben, mit EchoBoy wird man trotzdem so schnell kein neues Delay brauchen.

PhaseMistress

Soundtoys V5.4 PhaseMistress Shape

Während Jimi Hendrix mit dem Shin-ei Uni-Vibe Phaser Musikgeschichte geschrieben hat, nimmt sich die PhaseMistress trotz ihres dominanten Namens eher unscheinbar aus, aber dennoch nicht weniger umfassend heraus. Dasselbe gilt auch für den Tremolator und den PanMan.

Soundtoys V5.4 PhaseMistress Style

Was die PhaseMistress jedoch von anderen Phasern abhebt, neben dem natürlichen, analogen Klang, ist der Schwingungsform-Editor und Rhythm-Step-Editor, der auch im FilterFreak zu finden ist und das Phasing auf ein neues Level hebt.

Die acht verschiedenen „Analog Style“-Sättigungscharakteristiken aus dem FilterFreak gibt es zusätzlich, unabhängig zu den 72 „Styles“. Die „Styles“ sind das eigentliche Mark der PhaseMistress individuellen Schaltungsdesigns. Teils von existierenden Pedalen und Effektgeräten, teils von originalen Soundtoys-Design. Da auch hier mit Filterresonanz gearbeitet wird, ist wie bei FilterFreak eine Warnung anzubringen, denn Soundtoys haben kein Sicherheitsmechanismen eingebaut. Das mag zwar analog authentisch sein, ist aber in einer DAW-Umgebung unpraktisch. Dass ein Auto-Gain trotzdem funktioniert, haben Soundtoys beim Decapitator gezeigt und es würde auch PhaseMistress und FilterFreak gut zu Gemüte stehen. Insgesamt erhält man auch hier eine Menge Phaser in einem Plug-in, an die selbst die gängigen virtuellen Gitarren-Racks nicht rankommen.

Tremolator

Soundtoys V5.4 Tremolator

Beim Tremolator findet sich sowohl der Schwingungsformeditor und Rhythm-Step-Editor aus dem FilterFreak, als auch die Feel- und Groove-Parameter aus dem EchoBoy. Es gibt auch die acht Sättigungsmodelle aus PhaseMistress und FilterFreak, aber keine weiteren Style-Schaltungen. Dafür gibt es noch den Accent-Parameter mit den Positionen „Sync“ und Max“. Erste Position betont die „1“ und letztere die „2-3-4“. Auch Tremolator ist, was auf beim ersten Hörensehen sehr unscheinbar daherkommt, ziemlich umfassend mit besten natürlichen Sound.

PanMan

Soundtoys V5.4 PanMan

Das Dritte dieser Brot-und-Butter-Plug-ins ist ein Panning-Effekt, der umfassender kaum sein könnte Bis 105 Grad Panorama-Offset und 210 Grad Modulationsbandbreite erlauben ein Panning jenseits des physikalsichen Limits des normalen Panoramas. Er bietet zwar nicht den Schwingungsform-Editor, aber immerhin den Rhythm-Step-Editor, der natürlich auch per MIDI synchronisiert werden kann.
Eine Besonderheit, die vom Vorbild des Audio Designs PanScan übernommen wurde, ist der „Trigger Divider“. Dieser legt fest, wie viele Auslösungen des Triggers nötig sind, bis zum nächsten Schritt im Rhythm-Step-Editor weitergefahren wird.

Decapitator

Soundtoys V5.4 Decapitator

Bei diesem Plug-in handelt es sich um einen umfassenden Sättigungseffekt, der nicht nur als Effekt gedacht ist, sondern wie der Radiator auch auf jedem Mixerkanal der DAW eingefügt werden kann/sollte, wie etwa Slate Digitals Virtual Console Collection oder Sonnox Inflator. Auch wenn nur die VCC über eine Instanzen übergreifende Parameterkontrolle verfügt.

Decapitator verfügt über fünf sehr verschiedene Sättigungs-Algorithmen. Der „A“-Modus steht für den Ampex 350, eine Einzelspurbandmaschine von 1950, die in vielen legendären Studios dieser Zeit zu Hause war. Während neuere Bandmaschinen mehr Dynamik und Transparenz boten, kam keine an die einzigartige Färbung der Ampex ran. Zumeist überlebten aber nur die röhrenbasierten Mikrofonverstärker, die speziell für Bändchenmikrofone ausgelegt waren und damit nicht nur über immense Gain-Reserven verfügten, sondern auch über eine „ultra-ultraweiche“ Röhrensättigung.
„E“ stammt von einem Chandler/EMI TG-Channel Mixer aus den Abbey Road Studios mit einem vollen Bassbereich und luftig-seidigen Höhen.

„N“ stammt von einem Neve 1057 Kanalzug, der mit Germaniumtransistoren einen einzigartigen, besonders gitarrenfreundlichen Sound mit sattem Bassbereich und definierten Mitten bot.

„T“ wurde nach einer Thermionic Culture/Culture Vulture Triode modelliert, die besonders viele Harmonische geradzahliger Ordnung erzeugen. Das Culture Vulture war der erste studiotaugliche Verzerrungseffekt, dazu gedacht, allen Arten von Instrumenten eine paar Grad mehr Wärme, Schmutz und Punch zu verleihen.
„P“ ist ebenfalls nach einer Thermionic Culture/Culture Vulture modelliert, diesmal aber einer Pentode, die Harmonische ungerader Ordnung erzeugt und häufig in Verstärkern und Gitarrenendstufen zu finden ist.

Noch ein paar erklärungsbedürftige Parameter: Der „Thumb“-Schalter ist das Äquivalent zum „Head Bump“ eines Bandmaschinentonkopfes, also mit Anhebung des Basses zwischen, je nach Gerät, 30 Hz bis 120 Hz. „Steep“ schaltet die Flankensteilheit von 6 dB/Okt. auf steile 30 dB/Okt. Punish schaltet einfach eine 20 dB Verstärkung auf das Eingangssignal noch obendrauf. Damit einem trotzdem die Boxen nicht um die Ohren fliegen müssen, gibt es noch den „Auto“, der den Ausgangspegel automatisch auf den Wert des Eingangspegels angleicht. Ein sehr nützlicher Schalter, der auch in anderen Soundtoys-Plug-ins gerne gesehen wäre.

Die Auswirkungen von Decapitator reichen von subtil bis drastisch und sind damit sehr vielseitig einsetzbar, ganz besonders mit dem Mix-Regler, der den Effektanteil im Ausgangssignal bestimmt. Es lässt sich also sehr subtil damit arbeiten. Decapitator hat, auch wenn es umfassendere Plug-ins gibt, seit Einführung 2010 eine Messlatte gelegt, was authentische analoge Sättigung angeht, die auch heute nur selten erreicht wird und auch bei extremen Einstellungen immer noch analog klingt.

Crystallizer

Soundtoys V5.4 Crystallizer

Da sind wir wieder bei dem H3000. Crystalizer basiert auf dem „Reverse Shift“-Algorithmus des H3000 und besonders auf dem Preset „Crystal Echos“, das seitdem auf zahllosen Alben verewigt wurde. Crystalizer ist nun die überarbeitete und erweiterte Version von Soundtoys.
Der Effekt nimmt ein Sample des Eingangssignal und spielt es vorwärts, rückwärts und verschiebt die Tonhöhe um bis zu vier Oktaven und einem maximalen 2 Sekunden-Delay. Besonders definierend für den Charakter von Crystal ist dabei die Eigenschaft, das Ausgangssignal zu „recyclen“, indem es wieder in den Eingang eingespeist wird und einen Feedback-Zyklus erzeugt.

Crystalizer ist ein granularer Echosynthesizer für allen Arten von abgespaceten Echo- und Pitch- und Delay-Effekten. Der einzige Parameter, der bei Crystalizer aber wirklich der Erklärung bedarf, ist „Splice“, der die Länge des gesampelten Audiomatierals bis zu 2050 ms festlegt. Wahlweise auch in Notenwerten per MIDI synchronisiert. Das steigert die musikalische Einsetzbarkeit erheblich.

Crystalizer kann nicht nur spacigen und chaotischen Ambientsound verbreiten, sondern bei Einzelinstrumenten wie Streicher oder Synthesizern auch sehr überzeugenden Doubling- oder Chorus-Effekte erzeugen.

Leider ist der Pitch-Parameter nicht über MIDI steuerbar wie bei Little AlterBoy. Das wäre noch das Sahnehäubchen gewesen.

Little AlterBoy

Soundtoys V5.4 Little Alterboy

Dieses Plug-in „korrigiert“ die Tonhöhe und die Formanten eine monophonen Signals und ist der Nachfolger des alten Wave Mechanics PurePitch, dem ersten Plug-in, das Pitchshifting in Echtzeit konnte (und auch wieder eine H3000-Homage ist). Außerdem haben Soundtoys noch die Röhrensättigung von Decapitator eingebaut.

Besonders effektiv ist Little AlterBoy auf klaren, unbearbeiteten Einzelnstimmen und monophonen Instrumenten (-spuren) und sollte auch immer als erstes Plug-in im Track eingefügt werden. Dabei erlaubt es eine Manipulation über +/-12 Halbtönen und mit drei Algorithmen.

„Transpose“ ist die normale, sture Tonhöhenanpassung um den eingestellten Pitch-Wert ohne jede Korrektur oder Rücksicht auf das Originalmaterial.
„Quantize“ korrigiert das eingehende Signal automatisch und schnellstmöglich auf den nächstgelegenen chromatischen Halbtonschritt. Der Effekt ist alles andere als subtil und bedient damit den bekannt „Autotune“-Effekt. Von Cher bis Cloud-Rap geht alles.
„Robot“ korrigiert alle eingehenden Tonhöhen auf eine einzelne chromatische Note. Kraftwerk lässt grüßen.

Dabei reagiert der Pitch-Regler in allen drei Modi auf eingehende MIDI-Signale und kann somit über ein Keyboard gespielt werden, was der musikalischen Einsetzbarkeit sehr entgegenkommt.

Bisher hat sich aber noch kein großer Alterboy im Stile des Eventide H910 angekündigt. Allerdings ist das Plug-in schon in dieser Form ausreichend.

Devil-Loc & Devil-Loc Deluxe

Soundtoys V5.4 Devil-Loc / Deluxe

Der Devil-Loc ist ein Limiter und wurde dem Shure Level-Loc M62, einem nicht-professionellen Lautstärke-Limiter für Kleinmikrofone bei Live-Anwendungen aus dem Jahr 1960 nachempfunden.
Der Ruhm dieses Gerätes leitet sich aus dem „So schlecht, dass es gut ist“ Phänomen ab. Als Limiter für eine saubere Sprachübertagung nicht zu gebrauchen, hatte der Shure aber mit seinem schmutzigen, bösen, trashigen Charakter genau das, was lahmen Drums und anderen Instrumenten auf die Sprünge half und sie unbeabsichtigt genau mit der richtigen Art von Verzerrung anreicherte, die kleine Wunder bewirken kann, wenn es um Vibes geht.

Soundtoys legten noch ein paar interne Parameter frei, spendierten einen Mix-Regler für den Effektanteil, fertig war der Devil-Loc und viel treffender hätte der Name für diese unscheinbare Höllenmaschine nicht sein können.

Little Radiator & Radiator

Soundtoys V54 Radiator/Little

Der Radiator, also Heizkörper, verstrahlt genau das: Wärme. Es ist ein Sättigungs-Plug-in, das „kalten“ Audiospuren mehr analoge Wärme geben soll und ist damit in etwa vergleichbar mit Slate Digital Virtual Console Collection oder Pre-Collection oder SPLs TwinTube oder Vitalizer oder sonstigen Studioröhren-Plug-ins. Auch der Radiator wurde von einer Hardware aus den 1960ern inspiriert, nämlich dem grünen Altec 1567A Röhrenmixer. Im Übrigen ist der Little Radiator hier nicht einfach nur ein 1567A mit weniger Knöpfen, sondern die kleinere Altec Version 1566A mit einem leicht anderen Klangcharakter. Wem diese technischen Ausdrücke nichts sagen, dem sagt hoffentlich Motown etwas. Der Sound dieser Ära wurde zwischen 1961 und 1964 maßgeblich von diesem Mixer mitgeprägt.

Der Klang dieser Altec-Mixer ist sehr färbend und körnig. Mit der Entwicklung der Musikindustrie zu einem dynamischeren Sound, u. a hin zu dem lupenreinen Disco-Sound, der kurz darauf folgte, wurden die Altecs durch die neuen Namen wie Neve und API abgelöst.

Erst viel später wieder entdeckten, vor allem aufgrund der gefallenen Preise, diverse Musikproduzenten des digitalen Zeitalters den Altec als eine preisgünstige Möglichkeit, an den „Röhrensound“ zu kommen, was wie bei anderen Vintage-Geräten, wie z. B. der TB-303, die Preise wieder in exorbitante Höhen trieb.

Das Plug-in benötigt nicht viele Parameter. Die absolut nicht-linearen Shelf-EQs sitzen zwischen Eingangs- und Ausgangsstufen und erlauben eine Anpassung um +/-10 dB.
Nett ist die Umschaltbarkeit der Eingangsimpedanz zwischen 150 und 600 Ohm (Mic/Line) und die Optionen, das hohe Grundrauschen des Altec, das immerhin bei heftigen -68 dBu liegt, abzuschalten.

Der Radiator klingt subtil, aber sein Voodoo ist sofort bemerkbar, so wie es bei allen Plug-ins dieser Art klingen sollte. Das Mixen durch das Plug-in auf allen Tracks kann sehr vorteilhaft sein und verleiht dem Song eine gehörige Portion Vintage-Sound und Zusammenhalt, wenn man es mit dem Aufheizen nicht übertreibt. Auf Einzelspuren kann man aber gerne Dampf geben.

Little MicroShift & MicroShift

Soundtoys V5.4 MicroShift/Little

MicroShift ist ein Stereoeffekt, der das Panorama durch Variierung der Tonhöhe (Pitch-Shifting) verbreitert. Der Algorithmus dazu kommt nahezu direkt aus dem H3000 und repräsentiert zwei Presets dieses legendären Stereo-Harmonizers.
Style 1 wurde akustisch sehr genau an Preset 231 angepasst und „emuliert“ ebenso
den Sättigungscharakter der analogen Hardware.

Style 2 repräsentiert der Preset 519, welches auf einem anderen Pitch-Shifting-Algorithmus des H3000 basiert und in seiner Variation in Verzögerungszeiten und Frequenzantworten einen anderen Charakter hat als Style 1
Style 3 kommt hingegen nicht aus dem H3000, sondern aus einem AMS/Neve DMX-15-80, ebenfalls ein legendäreres digitales Delay/Harmonizer-Effektgerät. Der 15-80 hatte eine größere Verzögerungszeit, ein anderes Sättigungsverhalten und ein strengeres „Berichtigungsverhalten“ bei der Harmonisierung.

Der Focus-Regler ist ein zweibändiges Cross-Over-Filter, das nur den hohen Frequenzanteil durch den Effekt schickt. Das Filter ist dabei stufenlos zwischen 20 Hz und 10 kHz einstellbar. Damit lässt sich eine negative Beeinflussung des tiefen Frequenzbereiches vermeiden, um z.B. den Bass sauber zu halten.

Die Delay- und Detune-Regler bestimmen beide den Grad der Verzögerungszeit bzw. des Verstimmungseffekts. Da alle drei Algorithmen mit verschiedenen Verzögerungszeiten arbeiten, haben Soundtoys entschieden, die Angaben in Prozent zu machen. 50 % – also die Hälfte des Maximalwerts – also für jeden Style ein anderer Wert. Dadurch wird es u. a. einigermaßen schwierig, Vergleiche zwischen den drei Styles festzumachen, zumal softwaretechnisch ein Ändern der Anzeige ja auch in anderen Plug-ins funktioniert. Auch die numerische Anzeige hilft da nicht weiter. Hier ist man eindeutig den kurzen Weg gegangen. Auf der anderen Seite kann man aber auch mal wieder einfach die Ohren benutzen und danach gehen, was sich gut anhört.

Little MicroShift bieten einem lediglich drei Regler weniger, ob es das raushaut, wage ich zu bezweifeln.

Little Primaltap & PrimalTap

Soundtoys V5.4 PrimalTap/Little

Inspiriert wurde dieses Plug-in von Lexicon Prime Time Model 93 Digital Delay Prozessor, der 1978 auf den Markt kam. Dabei wurden sämtliche Fähigkeiten des Originals, Delay- Chorus- und Flanger-Sounds zu erzeugen, in PrimalTap eingebaut und dazu einer Fülle an zusätzlichen Optionen.

Was einem vielleicht nicht sofort ins Auge fällt, ist er Mulitply-Regler zum Multiplizieren der Delay-Zeit. Eigentlich ein Artefakt aus Hardware-Zeiten, das bei einem Plug-in nichts zu suchen hat – denkt man. Der Grund, warum dieser Regler dennoch hier auftaucht, ist die Tatsache, dass im Prime Time mit jeder Verdopplung der Delay-Zeit die Sample-Rate halbliert wurde, um in den begrenzten Arbeitsspeicher zu passen. D. h. die eh schon schwache Sampling-Rate von 12 kHz lag bei achtfacher Länge nur noch bei 1,5 kHz und klang auch nicht mehr ganz so sauber, tonhöhenmäßig eher „unberechenbar“, aber dennoch nicht unmusikalisch. So wurden auch hier die Schwächen eines Gerätes, wie so oft in der „Musikbranche“, sein Markenzeichen.

Primal Tab erweitert nun die Limitierungen des Lexicon mit zwei unabhängigen Delay-Kanälen, die unabhängig in Zeit- oder einem Taktmaß arbeiten können und einer Adjust-Kontrolle um die Delay-Zeiten zu modulieren. Der Witz des Adjust-Reglers gegenüber dem Time-Regler ist der sanfte Übergang zwischen der Start- und der End-Delay-Zeit. Die mit „Time“ eingestellte Delay-Zeit kann mit „Adjust“ stufenlos auf die Hälfte reduziert werden. Natürlich verändert sich dabei auch die Tonhöhe, aber eben kontinuierlich und nicht springend wie bei Time.
Zudem gibt es noch einen LFO zur Modulation des Effektanteils und der Rückkopplung und natürlich wurde auch das Sättigungsverhalten des Originals mit eingebaut.

Ein komplett von der Hardware unabhängiges Verhalten wurde mit dem Freeze-Taster implementiert. Damit wird das eingehende Audiosignal im Delay-Speicher eingefroren und zwar mit der Länge der eingestellten Delay-Zeit und des Multiply-Faktors, also maximal 2048 ms (es lebe die Zweierpotenz).

Die Little Version bietet nur einen Delay-Kanal mit „Adjust“, „Multiply“ und den Reglern für die Signalanteile.

Sie-Q

Soundtoys V5.4 SIE-Q

Wieder in den 1960ern mit dem Siemens w295b. Das war ein EQ-Modul der Siemens Sitral Mischkonsole mit einem laut Handbuch wundervollen Frequenzantwortverhalten. Diese komplett austauschbare EQ-Kassette ist ein durch und durch musikalischer und sanft arbeitender EQ. Der w295b wurde als ein rundfunktauglicher EQ entwickelt, dadurch fanden diverse Tontechniker seine Eigenschaften auch für das Aufnehmen und Abmischen bei Musikproduktionen sehr vorteilhaft.

Der Sie-Q bietet wie das Original drei EQ-Bänder. Der Low-Shelf-EQ, der ab ca. 3 kHz greift, kann eine Anpassung von +/-15 dB erhalten. Allerdings hat dieser Lowshelf bei ca. 600 Hz eine leichte Glockencharakteristik von wenigen dB, die sich invers zur Pegelanhebung ändert.

Soundtoys V5 Sie-Q Low-Shelf

Auch der High-Self-EQ ist nicht aus dem üblichen Regal und bietet ein proportionale Glockencharakteristik.

SoundToys V5 Sie-Q Hi-Shelf

Der Mitten-EQ wird über festgelegte Frequenzen eingestellt: 700 Hz, 1.000 Hz, 1.500 Hz, 2.300 Hz, 3.500 Hz und 5.600 Hz und bietet eine Anpassung von +/-8 dB. Da wir gerade von Anpassung reden. Der Pegel des w296b konnte nur in 2 bzw. 3 dB Schritten angepasst werden. Beim Sie-Q lässt sich der Pegel stufenlos einstellen. Danke Soundtoys, dass ihr nicht wie manch anderer Plug-in-Hersteller sinnfrei an Limitierungen des Originals kleben geblieben seid!

Da analoge Hardware bei Übersteuerung immer interessante Eigenschaften an den Tag legt, die im digitalen Bereich so nicht reproduzierbar sind, wurde dem Sie-Q noch ein Drive-Parameter beigefügt, der dieses spezielle Verhalten des w295b emuliert.

Der Sie-Q ist tatsächlich ein hervorragend klingender EQ. Die Einfachheit der Oberfläche täuscht leicht über die universale Einsetzbarkeit dieses Plug-ins hinweg. Einfach mal in eine Spur werfen und die Ohren gehen auf.

Little Plate

Soundtoys V5.4 Little Plate

Historisch nimmt sich das algorithmische Little Plate das EMT 140 vor, einen Klassiker des Studioplattenhalls, der ab 1957 die Musikwelt mit seinem dichten und weichen Sound bereicherte und maßgeblich als Konzertsaalersatz konzipiert wurde.

Auch hier legen sich Soundtoys ins Zeug und kleben nicht am Original. So wurde z. B. die recht moderate Hallzeit von 5 Sekunden auf über 32 Sekunden plus „unendlich“ erweitert. Um den unteren Frequenzbereich nicht mit Hall zuzukleistern, wurde ein Tiefpassfilter eingebaut. Und zuletzt wird über den „Mod“-Schalter die Hallfahne subtil mit zufällig erzeugten Variationen moduliert.

Leider ist das Little Plate wie das Original nur in mono ausgeführt.

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(55)

SuperPlate

Soundtoys V5.4 SuperPlate

Nach langem Warten haben Soundtoys mit Version 5.4 nun die große Version des Little Plate herausgebracht und die umfasst nicht nur  den EMT 140 Plattenhall, sondern noch vier weitere sehr unterscheidliche Varianten und echtes Stereo.

Da wären also noch der EMT 240 Goldfoil, der Audicon Plattenhall, der EchoPlate III und der Stocktronics RX4000. Da wird dann auch klar, wofür die lange Enwicklungszeit seit Einführung des Little Plate verwendet wurde.

Der EMT 140 wurde ja schon beschrieben.

Der EMT 240 Goldfoil ist eine kleinere eund leichtere Version des EMT 140 mit einem generell dunkleren Klang, erzeugt aber gleichzeitig mehr Obertöne. Allerdings bei einer kürzeren Ausklingzeit. Bei gleicher Einstellung des Mixreglers klingt das EMT 140 deutlich „halliger“.

Das Audicon basiert auf dem als „The Plate II“ bekannten Hall der Firma Lawson aus den 1970ern und war in der Country und Rock’n’Roll Hochburg Nashville sehr beliebt. Aufgrund der Stahlplatte hat der Hall hat einen knackigeren und etwas spritzigeren Charakter als das EMT 140.

Das E. Plate III basiert auf dem „Echoplate III“, das von Jim Cunningham in den 1980ern gebaut wurde und auch den Sound dieser Zeit mitprägte. Eingesetzt wurde es z. B. bei Stücken von Michael Jackson oder Quincy Jones. Der Stil basiert auf dem EMT-Sound, ist aber heller und eignet sich sehr gut für Perkusives und Material mit viel harmonischen Obertönen.

Das Stocktronics RX4000 ist ein Hall aus Schweden, der von Lars “Stockis” Liljeryd entwickelt wurde und von dem nur 250 Stück gebaut wurden. Die kaltgewaltzte nur 0,3 mm dicke Edelstahlplatte verleiht dem Hall einen sehr hellen Klang, der auch viele Obertöne erzeugt.

Unter dem Auswahlschalter gibt drei Icons für die „Analog Styles“, also die Vorverstärker, wie er bei Plattenhall-Geräten zum Einsatz kommt. Der erste ist „TUBE“ und basiert auf dem EMT V54 Röhrenvorverstärker, der Wärme und eine leichte Sättigung erzeugen kann und bei höheren Laustärken sogar eine deutliche, aber angenehme Verzerrung.

„Sold State“ ist der EMT 162 Transistorenvorverstärker, der auch einen Kompressor beinhaltet, der die Hardware vor Überladung schützen sollte. Im Plug-in, lässt sich damit stattdessen allerlei kreativer Unfug damit treiben, da der Preamp mit dem Eingangs-Gain-Regler übersteuert werden kann.

Die letzte Style ist „Clean“ und ist lediglich ein Bypass für den Vorverstärker.

Es sei darauf hingewiesen, dass es die V54 und EMT 162 Vorstufen nur für das EMT 140 gibt. Im Plug-in können sie für jeden der fünf Plattenhallvarianten benutzt werden.

Doch das ist nicht die einzige Erweiterung gegenüber der Hardware, die Soundtoys eingebaut hat.

Schon auf der „Hauptseite“ finden sich Parameter, die dem Original fehlten. So wurden die Abklingzeiten für alle Platten auf 32 Sekunden/unendlich erweitert, Es kam ein Pre-Delay mit bis bis 250 Milisekunden hinzu sowie ein Parameter für die Modualtionstiefe und Regler für die Cut-Off-Frequenzen für Hoch- und Tiefpassfilter. Auch ein Mix-Regler für den Effektanteil fehlt auch nicht.

Über den Tweak-Taster werden aber noch zusätzlich Parameter wie Modalationsrate für den Tondrift oder Auto-Decay, für die lautstärkeabhängige Kontrolle der Hallfahne, ähnlich einem Ducking-Effekt, zugänglich. Die Kontrolle erfolgt über „Threshold“, das die Lautstärkeschwelle für die Effektaktivierung setzt, „Target“ ist sozusagen die Effektstärke und „Recovery“ bestimmt die Aufholzeit zur Normallautstärke, die benötigt wird, nachdem die Attack-Phase beim Überschreiten von Threshold ausgelöst wird. Alles in allem also ein Kompressor nur für die Hallfahne.

Anders als Little Plate, das eine Monosummierung des Eingangssignals durchführt und auch nur Mono ausgibt, ist SuperPlate ein echter Stereohall. Mit „Width“ lässt sich daher die Stereobreite des Halls einstellen und mit „Balance“ die Position im Panorama. SuperPlate kann auf diese Weise auch Monoaufnahmen mit einem schönen Stereobild versehen.

Zuletzt kommt der zuschaltbare parametrische 2-Band-EQ. Beide Bänder können über das volle Frequenzspektrum verschoben werden. Die Filtergüte (Q) kann dabei über Modifier-Tasten (CRTL/ALT) individuell angepasst werden. Zusätzlich gibt es noch ein Hoch- und ein Tiefpassfilter mit einer einstellbaren Flankensteilheit von -6, -12, und -24 dB. Diese beiden Filter sind im übrigen die gleichen wie auf der „Hauptseite“.

SuperPlate ist eine enorme Erweiterung von Little Plate und macht es, wie bei auch bei den anderen „Little“-Plug-ins auch, eigentlich überflüssig. Aber auch andere Plattenhall-Plug-ins sollte sich warm anziehen.

EffectRack

Da Soundtoys davon ausgehen, dass man ihre Effekte gar nicht oft genug einsetzen kann, womit sie nicht ganz falsch liegen, haben sie das Effekt-Rack geschaffen.

Hier können bis zu sechs Effekte in Reihe geschaltet werden. Die Effekte werden einfach von der Seitenleiste in das Hauptfenster gezogen und auch genauso wieder entfernt.

Zur DAW-Automation besitzt das Rack 128 Automationsparameter, die automatisch den Parametern der aktiven Effekte zugeordnet werden. Zu beachten ist jedoch, dass bei einer Neuordnung der Effektfolge im Rack sich auch die Automationszuweisungen entsprechend ändern. Es ist ebenso möglich, dass einem die Automationsparameter ausgehen, wenn viele Effekte mit vielen Parametern benutzt werden. Soundtoys arbeiten aber daran, das zu beheben.

Ein kleine Besonderheit des Racks ist noch der Recycle-Regler, der den Anteil des Ausgangssignal, das wieder in den Eingang geschleift wird, kurz das Feedback, regelt. Umsichtige Handhabung ist angeraten. Little AlterBoy steht außerdem nicht im Effect-Rack zur Verfügung, aus verständlichen Gründen.

Was gibt es zu bemängeln?

Nun, so innovativ und experimentell Soundtoys sein mögen, das „Schwarz auf Schwarz“-Oberflächendesign ist es nicht und geht mit der Zeit doch recht auf die Augen. Da darf man noch froh sein, dass sie Striche und keine Punkte als Skalenmarkierung benutzt haben. Zudem werden die Plug-ins bei höheren Auflösungen als 1080p eine Zumutung. Das trifft besonders auf das Arbeiten in Rhythm-Sektionen zu. Delay-Taps erstellen oder die Griffpunkte der LFO-Schwingungen zu erwischen, wird zum Geduldsspiel. Es werden nicht mal größer skalierte Versionen angeboten. Pixelschriften in Größe 6 und GUI-Design aus dem gefühlten letzten Jahrhundert. Das tut besonders weh, da die Parameterauswahl in allen Plug-ins wirklich gut durchdacht ist. Ich habe ja nichts gegen den Vibe-Look und so, aber ein ergonomisches, augenfreundliches Design wäre mir wesentlich lieber.

Zu guter Letzt sind es eigentlich nur 15 Plug-ins und keine 22, denn die „Little“ Plug-ins sind alle eher redundant.

Die Sounddemos

Es werden jeweils die fünf Beispiele 50s Drum (Kontakt), MicroTonic Beat, Solo-Cello (Kontakt) MS-20 (KLC) und ein Vocal (mal wieder von Opa Jott) durch dasselbe Preset geschickt. Die AlterBoy Demos weichen davon ab.

Die Demos wurden leicht komprimiert, um die Lautstärkeschwankungen der Presets konsumerabel zu halten. Peak ca. -6 dBFS.

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Fazit

Klanglich ist den SoundToys Plug-ins nur schwer das Wasser zu reichen. Authentisch „analog“, wo sie analog sein sollen und „vintage-digital“, wenn dies das Gebot der Stunde ist und immer mit jeder Menge Vibe und Attitüde und Platz für weite Kreativausflüge ins Sounddesign.

Das Bundle enthält gefühlt mehrmals denselben Effekt. V5.4 bietet allein fünf verschiedene Delays und ob die „Little“-Plug-ins wirklich sein müssen, sei dahingestellt.

Doch was vordergründig so unaufgeregt daherkommt, sind in Wahrheit sehr extravagante Plug-ins, die sich in ihrem Umfang so schnell kein zweites Mal finden lassen. Das Gesamtpaket ist dennoch weit weniger abgerundet als z.B. bei Softube oder Arturia FX, weil einige Effektkategorien gar nicht bedient werden. Allein mit V5.4 kommt man nicht durch den Mixalltag.

Wie dem auch sei, Soundtoys sind superb klingende Spezial Plug-ins. Da verzeiht man auch diverse Unzulänglichkeiten im GUI-Design. Nicht umsonst zählen Soundtoys in ihrer jetzigen Form seit mehr als zwei Dekaden zu den besten Plug-ins, die bisher noch jedes Musikgenre bereichert haben. Klare Kaufempfehlung.

Plus

  • Klang
  • umfangreiche Features

Minus

  • "Schwarz auf Schwarz"-Oberfläche
  • kleine Beidenoberflächen
  • einige Redundanzen bei den Plug-ins

Preis

  • 499,-Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Round Robin AHU

    Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Test. Ich nutze Soundtoys schon über 10 Jahre und kann dem Fazit nur zustimmen. Ein Klangspielplatz ohne Ende. Ist absolut sein Geld wert.

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