Spektrum, Spektrum, du musst wandern
Steinberg SpectraLayers Pro 6: Manche Software-Titel wandern durch so einige Hände und damit ist jetzt keine illegale Kopie gemeint. 2012 zuerst von Sony Creative Software veröffentlicht, wanderte es als Spectral Layers Pro 4 dann ab 2016 zu MAGIX, die es dann 2019 an Steinberg verkauften. Die nun aktuelle Version SpectraLayers Pro 6 ist Gegenstand dieses Tests.
Installation der Software
Die Installation geht (beinahe) schnell vonstatten, man muss nur den Steinberg Download-Assistenten und den eLicencer herunterladen und dann mithilfe dieser beiden SpectraLayers Pro 6 herunterladen und installieren. Es werden alle 64 Bit Windows Versionen ab 7 unterstützt, die macOS Version muss allerdings mindestens 11.12 (Mojave) sein. Es gibt nur eine Lizenz für einen Rechner.
Ein spektraler Ebenen-orientierter Audio-Editor – hört sich nach Trekkie-Jargon an, ist aber tatsächlich eine schon lang genutzte Darstellungs- und Bearbeitungsmöglichkeit von Audio-Informationen. Ich erinnere mich noch, wie wir im Seminar nur anhand eines Spektogramms den gesprochenen Satz herausfinden mussten. Lang ist‘s her.
Jeder kennt die Wellenformdarstellung, die einfach die Amplitude auf einer Zeitskala abbildet. Man kann dieser Darstellung zwar entnehmen, ob es sich um Bässe, Höhen oder etwa einen Snare-Schlag handelt – vielmehr kann man aber kaum ausmachen. Hier kommt die spektrale Darstellung ins Spiel: Anstatt das Signal eindimensional aufzutragen, wird durch eine Fourier-Transformation das Signal von der Zeit- in die Frequenzdomäne transformiert – und das verlustfrei.
Jetzt hat man nicht bloß die gesamte Amplitude zu einer bestimmten Zeit, sondern die Amplituden aller Frequenzen. Und in dieser Darstellung kann man sehr wohl erkennen, um was es sich bei dem Audio-File ungefähr handeln muss. Moment mal – Spektrum, Bild, wieso nicht einfach in die Darstellung malen, und das wieder in ein Zeitsignal, sprich eine Wellenformdarstellung umsetzen? Genau das macht Steinberg SpectraLayers Pro 6. Es bietet verschiedene Werkzeuge an, die jedem, der schon mal ein Foto-Programm bedient hat, geläufig sind: Pinsel, Radiergummi, Stempel etc., mit denen man einen Teil des Bildes auf eine andere Stelle des Bildes übertragen kann. Man kann auch Rauschen sprühen und Frequenzen malen. Selbstverständlich darf auch das Arbeiten in mehreren Ebenen nicht fehlen – und siehe da, Steinberg SpectraLayers Pro 6 ist beinahe vollständig beschrieben
SpectraLayers 6: Erstaunlich intuitiv
Diese Herangehensweise ist erstaunlich intuitiv: Anstatt ein Bandstoppfilter zwischen 1 kHz und 2 kHz zu konfigurieren und in das Audio-File einzurechnen, nimmt man sich einfach einen Radierer, weist ihm eine bestimmte Größe und Stärke zu und radiert einfach den Bereich zwischen 1 kHz und 2 kHz. War es nicht genug, radiert man eben noch mal.
Neben diesen Möglichkeiten kann man auch gezielt Bereiche unabhängig in Tonhöhe und Zeitdauer verändern. Dies geschieht über das Transformieren-Werkzeug.
Extrem wichtig bei der spektralen Darstellung sind natürlich die Auswahlwerkzeuge – man wird ja kaum Pixel für Pixel vorgehen wollen. Hier stehen neben rechteckigen auch lassoartige und pinselartige Auswahl-Methoden zur Verfügung. Wie bei der Bildverarbeitung gibt es auch eine Zauberstab-Auswahl, die einen bestimmten zusammenhängenden Bereich auswählt. Auch um einzelne Frequenzen auszuwählen gibt es ein Werkzeug und vor allem: eines das eine Frequenz samt seiner Obertöne auswählen kann – denn in der Natur kommen seltenst Töne vor, die aus einem reinen Sinuston bestehen.
Jedes der Auswahlwerkzeuge hat mehrere Optionen. Die Wichtigste ist wohl das sanfte Ausfaden am Rand der Auswahl. Auch das kennt man ja von der Bildverarbeitung, wenn die Kanten nicht so hart werden sollen. In Steinberg SpectraLayers Pro 6 wird dann in dem Fall ein Frequenz-Fade, sprich: Filter, gesetzt. Eine einmal erstellte Auswahl kann natürlich gespeichert werden.
Layers
Wie der Name schon suggeriert, können beinahe beliebig viele Layers angelegt werden. Man kann Layers mischen und so zusammenführen. Zusätzlich kann ein Layer mehr als nur ein Stereo-File enthalten – extrem wichtig für alles, was Postproduktion im Filmbereich angeht.
Automatische Reduktionen
Unter dem Menü Verarbeiten verbirgt sich das absolute Muss für einen Audio-Editor: Rauschen reduzieren. Man wählt einen Zeitbereich, der nur das Rauschen enthält und kann ihn danach von diesem Rauschen in verschiedenen Stärkegraden befreien. Interessanterweise steht auch die Option Signal Reduzieren bereit, so dass nur das Rauschen übrig bleibt. Wie alle solche Algorithmen, darf man die Reduktion nicht zu heftig einsetzen, sonst hört man das Blubbern der Sinusschwingungen, die das Rauschen ersetzen. Apropos hören: Man kann die Aktionen vorhören und natürlich hat Steinberg SpectraLayers Pro 6 eine UNDO-Funktion.
Eine weitere Option ist Reverb-Reduktion. Hier wird der Nachhall aufgrund der Korrelation mit dem Vordergrundsignal herausgerechnet. Steinberg SpectraLayers Pro 6 macht hier einen guten Job und arg verhallte Aufnahmen kann man so auf ein erträgliches Maß reduzieren.
Dann kommt die Flicken-Funktion, besser bekannt unter Heal. Selektiert man ein unerwünschtes Geräusch, z. B. eine Kettensäge inmitten einer friedlichen sommerlichen Wiesen-Szene, so versucht Steinberg SpectraLayers Pro 6 anhand des umgebenden Materials herauszufinden, wie man das Geräusch am besten kaschieren kann. Super Sache – es sei denn, es ist Freitag der Dreizehnte.
Footprints
Eine weitere nützliche Funktion ist der spektrale Abdruck. Hat man mehrere Layer übereinanderliegen und kommen sich zwei davon in die Quere, z. B. im Bassbereich, so kann man von einer Ebene einen Abdruck machen und diesen dann von der anderen abziehen. Als Beispiel sei hier ein E-Bass angeführt, der die Bassdrum absaufen lässt. Also: Abdruck von der Bassdrum-Layer machen, auf die E-Bass-Spur anwenden und schon erscheint die geliebte Großtrommel wieder im Mix.
ARA2
Nein, es handelt sich nicht um einen tropischen Vogel, sondern den Standard zum Austausch von audiobezogenen Daten: Audio Random Access 2. Es wird als VST3-Plugin installiert und ermöglicht das Bearbeiten von Tracks innerhalb der DAW (die natürlich ARA2 unterstützen muss). Somit fällt das Aufrufen des externen Editors und der damit verbundene Mehraufwand und potenzielle Fehlerquellen weg. Dabei verhält sich Steinberg SpectraLayers Pro 6 im Plugin-Format genau wie die Standalone-Version. Und das ist ungemein praxistauglich. Vorbei die Zeiten, in denen man einen ganzen Take in den Audio-Editor zum Bearbeiten übertragen musste.
Bin mittlerweile auch auf Version 6 gelandet. Sehr intuitiv zu bedienen und ziemlich cool zur Restauration, da man Fehler sofort erkennen kann.
Bei Aufnahmen eines großen Gongs ist mir ein Schlegel auf den Fußboden gefallen, das konnte ich sehr schnell übermalen.
Gutes Studiotool.
Hall-Unterdrückung gibt es seit RX6 in der Standard-Version.
Kennt jemand deutliche Unterschiede zwischen Version 6 und Version 5, oder ist Version 6 nur die Steinberg-Version mit Dongle-Schutz und Einschränkung auf eine Installation pro Lizenz?