Gilmour Sound to go
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Die Jünger David Gilmours könnten darauf gewartet haben. Eine Hiwatt-Amp-Simulation mit zwei „Kanälen“ und zuschaltbaren Big Muff Verzerrer in einem extrem kompakten Pedal. Die Firma SansAmp war Vorreiter in Sachen Amp-Simulation und setzt seit jeher auf den Bau verhältnismäßig kompakter Pedale mit intuitiver Bedienung.
Die erste Character-Serie erschien im Jahr 2008, nun wollte die New Yorker Firma mit den vier neuen Pedalen ihre Klangpalette noch erweitern. Die Idee ist an sich clever, weil man so den Sound seiner Vorbilder (wenn natürlich auch nicht 100%ig) recht schnell nachbilden kann, da die hauptsächlichen Komponenten (jeweils ein Verstärkermodell in Verbindung mit einem Verzerrerpedal) als Kombination auf kleinstem Raum bereitgestellt werden.
Die neue Character Plus Serie von SansAmp beinhaltet bisher vier Pedale (Amp-Simulation plus einen charakteristischen Bodentreterklassiker, die allesamt einen speziellen Sound reproduzieren, als da wären:
Fender plus Tube Screamer Style
Hiwatt plus Big Muff
Diese vier Pedale können vor einem Verstärker eingesetzt werden, könnten aber auch mit einer Endstufe oder einem Mischpult (D.I.-Betrieb) z. B. für das Recording betrieben werden. Wir widmen uns heute dem English Muffy, der einen Hiwatt Röhrenverstärker in Verbindung mit einem Big Muff Effekt simuliert und damit genau die Key-Features von David Gilmours Sound (abgesehen von seiner individuellen Spielweise mit Bendings diverser Intervalle wie Halbton, Ganzton, kleine Terz, große Terz oder sogar eine Quart (wie in dem Solo von Another Brick In The Wall) und sein Handling mit dem Vibratohebel seiner Stratocaster.
Tech 21 SansAmp English Muffy – Facts & Features
Das kleine Pedal wirkt stabil und roadtauglich. Hier wurden die Prioritäten auf Kompaktheit und Effektivität ausgerichtet. Die kleinen Potiknöpfe sind beleuchtbar und zeigen jeweils den aktiven Kanal an. Die Potiknöpfe der Big Muff-Effektsektion leuchten blau, sobald der Effekt aktiv ist. Im Lieferumfang befindet sich das Netzteil (9 V, Minuspol innen). Dieses gestattet dank eines beiliegenden Adapters den weltweiten Einsatz (110 V bis 230 V). Die Zuleitung, die etwa wie ein dünnes „Bügeleisen-Kabel“ aussieht, wirkt belastbarer als beispielsweise Kabel anderer Hersteller.
Der stufenlos einstellbare CHARACTER-Regler soll laut Hersteller die Klangpalette des jeweiligen Verstärkermodells durchlaufen, denn im Laufe einiger Jahrzehnte wurden die sicherlich legendären Verstärkermodelle im Allgemeinen zunehmend mit mehr Gain ausgestattet. Der Charakter-Regler, die „Range“ der Klangregelung sowie die Lautsprechersimulationen sind ausgelegt, um die speziellen Charaktereigenschaften der verschiedenen Verstärkermodelle möglich authentisch zu reproduzieren.
An Bord sind drei stabile Fusschalter, die genügend Abstand haben, um auch im Bühnenbetrieb sicher betätigt zu werden.
BYPASS schaltet den Effekt ein bzw. aus.
MUFF schaltet den Verzerrer im Big Muff Stil hinzu.
CH A/B wechselt die Kanäle, die im Zerrgrad und mithilfe des CHARACTER-Reglers individuell eingestellt werden können. Beide Kanäle teilen sich eine dreibandige (Bass, Mids, Treble) Klangregelung. In der Praxis klingt dies alles überzeugend.
Der English Muffy simuliert die Klangcharakteristik eines Hiwatt Verstärkers, welche die Waffe der Wahl für eine Reihe von weltberühmten Bands seit den 60ern darstellt. Hierzu zählen vor allen The Who und Pink Floyd. Das Pedal bietet freundlicherweise „zwei unabhängige Kanale“ (die sich einer gemeinsamen dreibandigen Klangregelung bedienen). Beiden Kanälen können mit dem CHAR-Regler (Character), welcher auf den Zerrgrad und die Höhenanteile des Klangs einwirkt, verschiedene klangliche Nuancen hinzgefügt werden. Das ist sinnvoll, da man vermutlich Kanal A clean einstellen wird, um Kanal B mit mehr DRIVE auszustatten. Zusätzlich kann über den mittleren Fußschalter der Muff-Effekt aktiviert werden. Dieser besitzt erwartungsgemäß die Regler LEVEL (Lautstärke), TONE (Höhenregler) und SUSTAIN, der bei Verzerrern nach dem Big Muff Vorbild immer für den Grad der Verzerrung verantwortlich ist.
Wer mit einem Big Muff Verzerrer, der von der New Yorker Firma Electro-Harmonix entwickelt wurde, nicht vertraut sein sollte, kann hier die wichtigsten Fakten aufpicken.
Beide Ausgänge sind gleichzeitig einzusetzen, man kann also vom unsymmetrischen Low-Z Universalausgang des Pedals in den Eingang eines Verstärkers gehen und parallel das frequenzkorrigierte Ausganssignal des D.I. Outs an ein Mischpult geben.
Handling
Die Bedienung des Pedals ist außerordentlich einfach und intuitiv, da die beleuchteten Potiknöpfe immer gut über den momentanen Zustand (Kanal A/B bzw. Muff-Effekt aktiv) informieren. Die Knöpfe entsprechen den Parametern eines gewöhnlichen Verstärkers, nur der Character-Regler ist etwas speziell. Diesen wird man aber vermutlich einfach nach Gehör bzw. Gefallen einstellen und dann vermutlich nicht mehr groß bewegen.
Sound
Die Klangbeispiele wurden aus dem XLR-Ausgang in den Wandler (MOTU M4) bzw. Logic (Mac) aufgenommen. Beginnen wir mit einem klaren Sound, der DRIVE-Regler stand auf 12 h, der Sound zerrt ganz leicht. Möchte man es noch klarer haben, kann der DRIVE-Regler natürlich noch zurückgenommen werden. Das SansAmp English Muffy-Pedal besitzt ja zwei „zerrende Instanzen“, den CHARACTER-Regler, der die Verzerrung des Verstärkers simuliert und zusätzlich den Big Muff Effekt:
In folgendem Beispiel wurde der DRIVE-Regler etwas weiter aufgerissen. Der CHAR-Regler wurde gleichfalls etwas weiter aufgerdeht, was gleichfalls für einen deutlich fetteren Ton sorgt. Dieser hat für mein Empfinden einen „VOX-igen-Charakter“ und klingt angenehm lebendig durch die leicht glasigen Höhen und betonten Mitten. Für viele Stilrichtungen sicherlich hervorragend zu gebrauchen. Sollte ich den Klang in Worte fassen, drängte sich mir das Attribut „spanky“ auf:
Schalten wir nun den Muff-Effekt hinzu, was zu einer deutlichen Anhebung der Nebengeräusche führen kann. Allerdings kennt man dies auch so von einem originalen Big Muff, es kann also sicherlich nicht unserem Testobjekt angelastet werden. Wir erhalten einen singenden Ton mit enorm viel Sustain.
Reißen wir den SUSTAIN-Regler des Muff-Effekts voll auf, hört der Ton quasi nicht mehr auf zu klingen, wie man am Ende des folgenden Beispiels hört.
Noch heftiger wird es (wenn man diesbezüglich Bedarf hat), wenn wir den SUSTAIN-Regler der Muff-Abteilung ganz aufreißen. Man beachte das enorme Sustain am Ende des Klangbeispiels:
Setzte man hier noch ein Delay oder gar einen Kompressor drauf (für dessen häufigen Einsatz David Gilmour bekannt ist), käme man in die Nähe seines typischen Signature-Sounds. David Gilmour setzt neben seinen Röhrenverstärkern (Hiwatt, MESA Boogie, Chandler Tube Driver etc.), den Sustain-Regler seines Big Muffs jedoch sicherlich deutlich moderater ein, denn die richtige Mischung der Effektanteile in Verbindung mit seiner speziellen Spielweise liefert das entsprechende Ergebnis.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Stratocaster SSH – Tech 21 SansAmp English Muffy – MOTU M4 – Mac mit Logic (etwas Hall hinzugefügt).
Tech21 macht zweifelsfrei geile Sachen, aber Signature Sounds zu kopieren fand ich schon immer sau langweilig.