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Test: Violectric HPA V280, Kopfhörerverstärker

Ein Verstärker der Oberliga!

29. April 2019
violectric hpa 280v

Violectric HPA V280, Kopfhörerverstärker

Manchmal wirken sie wie Relikte aus einer anderen Zeit, zumal sie mit ihrer Denkweise nach wie vor polarisieren. Die Rede ist von deutschen Unternehmern, die trotz der hohen Lohnnebenkosten ihre Wertschöpfungskette von der Entwicklung bis zur finalen Fertigung konsequent in Deutschland ansiedeln. Die Firma Lake People aus Konstanz am Bodensee, die seit Dekaden zum High-End-Bereich in der Pro-Liga gehört, ist eine dieser Firmen, die diese noble Einstellung zudem mit Stolz in ihrem Benutzerhandbuch beschreiben. Nicht allen ist jedoch die Tatsache bekannt, dass die Firma mit dem Label Violectric auch einen großen Fuß in der Consumer-Hi-Fi-Branchentür hat und dort einen hervorragenden Ruf genießt. Mit dem Violectric HPA V280 liegt uns nunmehr ein wahrer Kopfhörerverstärkerbolide zum Test vor, der auch im Pro-Audio-Bereich seine Anhänger finden wird.

Der Aufbau des Violectric HPA V280

Nimmt man den Violectric HPA V280 das erste Mal in die Hand, wäre die Beschreibung „massiv“ glatt untertrieben. Das knapp 2,6 kg wiegende Brikett mit den Abmessungen (B x H x T): 170 mm x 49 mm x 320 mm, das in anthrazitfarbenem Aluminium mit Nextel-Beschichtung ausgeführt ist, scheint für die Ewigkeit gebaut zu sein. Die vier kupferfarbenen Kunststofffüße lassen das Zielpublikum im Consumer-Bereich erkennen, was allerdings den Pro-Audio-Bereich nicht schmälern soll.

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violectric hpa 280v

Der Violectric HPA V280 bedient sowohl den analogen als auf Wunsch auch den digitalen Bereich, da er bei Bedarf mit einem Digitaleingang ausgerüstet werden kann, bei dem einer von sieben D/A-Wandlern mit drei unterschiedlichen Eingängen (COAX, OPTO, USB) eine Sample-Rate von 96 oder 192 kHz unterstützt. Wie üblich bedarf es bei einem Mac hier keinerlei Treiberinstallation, während für die PC-Anwendung alle nötigen Treiber von der Violectric Website heruntergeladen werden können. Das vorliegende Testgerät kommt jedoch ohne diese Digitaloption aus. Der Verstärker ist zudem komplett kanalgetrennt aufgebaut und verfügt demnach auch über zwei große Ringkerntransformatoren. Über diese Bauweise sind sich gegenseitig bedingende Störungen innerhalb der Signalwege auszuschließen.

Eine weitere Besonderheit des Violectric HPA V280 ist der Anschluss eines symmetrischen Kopfhörers, wobei hierzu der persönliche Kopfhörer umgebaut wird. Der Vorteil dieser Signalführung ist eine maximale Störunempfindlichkeit. Während bei einem Standard-Kopfhörer die Signalführung auf Tip/linker Kanal, Ring/rechter Kanal und Sleeve/Ground liegt, führt eine symmetrische Signalführung über je zwei (+/-) Signalwege pro Kanal, wobei der rechte Ausgang das phasenrichtige Signal, der linke Ausgang das um 180 Grad gedrehte Signal führt. Die Firma Violectric bietet hierzu einen Service an, den Kopfhörer mit entsprechenden Steckern umzubauen.

Dies geht allerdings nicht mit allen Kopfhörern. Das Violectric Handbuch listet z. B. unter den möglichen Vertretern den AKG 701, Beyerdynamic T1, T5, T5P und Sennheiser HD 600, HD 650, HD 700 und HD 800 auf. NICHT möglich sind dagegen z. B. AKG K702, K712, K812 und Beyerdynamic DT 880. Bei Interesse empfiehlt es sich direkt bei Violectric nachzufragen, ob das persönliche Kopfhörermodell unterstützt wird.

Wo wir gerade beim Handbuch sind, ich habe wirklich nur selten eine solch hochwertige und informative Bedienungsanleitung gesehen. Wenngleich der Druck ein wenig an eine auf dem Schulkopierer gedruckte Schülerzeitung erinnert, bezieht sich der Inhalt nicht nur auf die gesamte Technik und Philosophie des Produktes, sondern gibt auch noch wertvolle Tipps für den Kopfhörerbetrieb an sich. Typisch Deutsch ist man geneigt zu sagen. Ich kenne weiß Gott jede Menge amerikanische und asiatische Firmen, die sich an einer solchen Kundenpflege ein Beispiel nehmen könnten.

Violectric HPA V280 Rueckseite

Violectric HPA V280 Rückseite

Die Vorderseite des Violectric HPA V280 Gehäuses

Funktional nüchtern wirkt der Violectric HPA V280, was mir persönlich immer sehr entgegen kommt. Im Studiobetrieb umgeben einen ohnehin Unmengen von blinkenden Lämpchen, LEDs und VU-Meter, so gesehen bin ich dankbar für jedes Produkt, das einfach nur auf hohem Niveau „funktioniert“. Links außen verrichtet ein angenehm schwergängiges, gerastetes Alps RK 27 Potentiometer seinen Dienst, das für seine hohe Qualität bekannt ist. Nach rechts folgen zwei unsymmetrische TRS-Buchsen und besagter vierpoliger symmetrischer Kopfhöreranschluss. Als Abschluss gibt es links außen einen echten Relais On/Off-Schalter. Auf eine (in meinen Augen ohnehin unsinnige) Stand-by-Lösung mit Fernbedienung wurde verzichtet.

Die Rückseite des Violectric HPA V280 Gehäuses

Deutlich spannender geht es auf der Rückseite des Violectric HPA V280 Gehäuses zu. Zum einen haben wir symmetrische XLR-Anschlüsse nebst unsymmetrischen Cinch, wobei die Cinch Anschlüsse immer Vorrang in der Belegung haben. Werden die Cinch-Buchsen als Eingang benutzt, deaktiviert dies die XLR-Buchsen umgehend. Man kann die Cinch-Buchsen durch eine Jumper-Umstellung im Inneren des Gehäuses allerdings auch als Ausgänge im Daisy-Chain-Verfahren nutzen, um das anliegende Signal an zusätzliche Geräte weiterzuleiten. Über einen weiteren Jumper kann man übrigens auch einen Ground-Lift aktivieren. Abhängig von der persönlichen Konstellation, eine sehr sinnvolle Sache.

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violectric hpa 280v

Ein sehr beliebtes Streitthema unter den Kopfhörernutzern ist das Thema Impedanz. Ich werde den Teufel tun und dieses mittlerweile doch sehr ermüdende Thema nochmals aufgreifen, Fakt ist hingegen, dass man sich bei Violectric eingehend mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Um der ewigen Laut-Leise-Diskussion das Wasser abzugraben, hat man bei dem Violectric HPA V280 ein Pre-Gain mittels 4 Minischaltern (-12 dB, -6 dB, +6 dB, +12 dB) je Kanal eingeführt. Hier kann nun die ganze Bandbreite an Kopfhörer-Impedanzen, seien es 16 oder 600 Ohm, optimal im Regelweg platziert werden, ohne dass einem bereits in der 9 Uhr Volume-Reglerposition das Hirn wegfliegt oder aber bei Rechtsanschlag die Sprechgeräusche der Kollegen im Raum lauter sind als das Audiosignal.

Der Violectric HPA V280 arbeitet mit vier Verstärkermodulen, die auf der Basis von OP-Amps und nicht in diskreter Class-A Technik arbeiten. Einen indirekten Seitenhieb kann sich Violectric gegen die Konkurrenz, allen voran wahrscheinlich SPL, nicht verkneifen, in dem sie in ihrem Handbuch behaupten, die von den Bauteilen her deutlich aufwändigere Class-A Technik wäre ein reines Marketing-Tool, das letztendlich der Käufer über den deutlich höheren Preis bezahlen müsste. Eine gewagte These, die ich zwar nicht unterstützen würde, aber hier einfach mal im Raum stehen lasse. Letztendlich entscheidet hier ohnehin nur der Klang.

Violectric HPA V280 Groessenvergleich mit Apple Tastatur

Violectric HPA V280 Größenvergleich mit Apple Tastatur

Der Violectric HPA V280 in der Praxis

Um den Klang des Violectric HPA V280 zu testen, kam einmal mehr mein Referenzkopfhörer Beyerdynamic T1 in seiner unsymmetrischen Standardversion zum Einsatz, auf den ich seit vielen Jahren eingehört bin. In Sachen Pre-Gain musste nichts korrigiert werden, die „Flat“-Einstellung erwies sich als optimal. Gleich vorneweg: Störsignale jeglicher Art konnte ich auch bei hohen Lautstärken nicht wahrnehmen. Die Rasterung des Volume-Reglers ist sehr feinfühlig und erlaubt auch extrem leises Abhören an der Wahrnehmungsgrenze.

Klanglich betrachtet zeichnet der Violectric HPA V280 ein sehr strukturiertes und fein aufgelöstes Bild des anliegenden Audiosignals. Die Detailzeichnung ist ausgezeichnet und selbst bei ungünstigem Ausgangsmaterial verschluckt sich der Verstärker nicht im Geringsten. Auch komprimiert der Verstärker selbst in hohen Lautstärken überhaupt nicht und behält sein straffes Klangbild auch bei starkem Hub konsequent bei.

violectric hpa 280v

Wenn es überhaupt irgendeinen winzigen Kritikpunkt gibt, so mag es sein, dass der Verstärker ein wenig „unentspannter“ klang, als seine direkten Konkurrenten in diesem Marktsegment. Die Offenheit und den meines Erachtens referenzartigen Headroom der SPL Phonitor Serie erreicht der Violectric HPA V280 nicht ganz, wenngleich sich die Unterschiede auf sehr geringem Niveau befinden. Man könnte auch eher von einem persönlichen Geschmack, als von einem echten Qualitätsunterschied sprechen. Ob dieser Unterschied nun an der von Violectric abgewerteten Class-A Technik lag, möchte ich hier nicht weiter kommentieren.

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Fazit

Mit dem Violectric HPA V280 zeigt die Mutterfirma Lake People mit ihrem Consumer-Ableger einmal mehr, welche hervorragenden Produkte in Deutschland gefertigt werden. Auch wenn viele den Namen Violectric mehr mit dem Hi-Fi-Segment assoziieren, so geht dieses Produkt hier eindeutig Richtung Pro-Audio. Die Verarbeitung ist hervorragend, der Klang ausgezeichnet, die Detaillösungen bisweilen brillant, das Handbuch vorbildlich und die deutsche Wertschöpfungskette löblich.

Wer auf der Suche nach einem neuen Kopfhörerverstärker der High-End-Klasse ist, sollte neben den anderen großen Namen auch einmal in Richtung Bodensee schauen und den Violectric HPA V280 mit in die engere Wahl nehmen.

Plus

  • Verarbeitung
  • Klang
  • Bauteile
  • Wertschöpfungskette

Preis

  • Ladenpreis: 1.489,- Euro
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Forum
  1. Profilbild
    Franz Walsch AHU

    Wem das noch nicht reicht, kann einen »Nimbus US 4 oder US 4+« aus dem selben Haus erwerben.
    Auf der Seite findet sich auch das informative »Kopfhörerverstärker Kochbuch« als pdf.
    Bei DeineRöhre findet man unter GrobiTV diesen ausführlichen Film mit dem Gründer/Inhaber von LakePeople/Violectric/Nimbus »Welche Vorteile hat ein Kopfhörerverstärker Fried Reim klärt uns auf.«.

  2. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    Ja, wenn Geld keine Rolle spielt, wie bei den öffentlich-rechtlichen Einrichtugnen, dann ist das eine gute Anschaffung für die Studios etc.
    Tolles massives Gerät und kompromisslos im Sound, aber das ist definitiv too much, wobei es natürlich lobenswert ist, das es sich um eine deutsche Firma handelt.

    • Profilbild
      Stephan Merk RED

      @[P]-HEAD Also ich hatte mal einen Lehmannaudio Linear mit dem Sennheiser HD 800 in Betrieb. Sehr schöne Kombination, aber nicht ohne Fragezeichen. So sollte doch der Kopfhörerausgang meiner Vorstufe schlechter sein, heißt es von Herrn Lehmann. Ich habe dann mal einen Freund mit probehören lassen, der blind nicht wusste, was er da hört. Unterschiede gab es, ohne Zweifel. Diese aber waren so minimal, dass ich den Linear aufgrund der Vernunftentscheidung wieder verkauft habe. Referenztechnik ist gut, wer sie braucht, soll sie kaufen. Aber meiner Erfahrung nach sind die Qualitätsunterschiede vorwiegend in Handbuch und Marketing und einer überdimensionalen Bauweise geschuldet. Was davon am Ende besser klingt, spielt weniger eine Rolle, als die Zufriedenheit und Emotionen beim Kauf hochpreisiger Produkte. Schlussendlich steht und fällt der Klang mit dem Schallwandler und dem Audiomaterial, wobei natürlich ein elektrisch gutes Zusammenspiel der Komponenten sicher wichtig ist.

      • Profilbild
        Danny Who AHU

        @Stephan Merk Weil MOTU beim ansonsten netten 828 MK3 ein unnötig blöd (sprich lang) übersetztes Poti am Kopfhörerausgang hat, habe ich mich auch für einen externen KHV entschieden. Es war der G 100, das HighEnd Modell der Vorgeneration. Definitiv erhaben, Power und Kontrolle ohne Ende am Sennheiser HD 25 und dem recht leisen DT 880.

        Als ich mir eingestanden habe, dass das MOTU für meine Zwecke derzeit eigentlich heillos überdimensioniert ist, bin ich auf ein RME Babyface Pro umgestiegen. Und auch dies hat wirklich ordentlich Dampf (obwohl lediglich USB-Bus-powered) und Präzision. Am letzten oberen Ende (wo man aber aus gesundheitlichen Gründen nur kurz bei besonders viel Spaß hören sollte) hat der LP in Sachen Sauberkeit/Entspanntheit im Bass die Nasenspitze vorn. Aber die war dann doch so unerheblich im Gesamtbild, dass ich keinen extra Ausgang und zudem ein genauso großes Zweitgerät wie das Babyface daneben brauchte. Dank Wertarbeit habe ich den LP dann (ich war Zweitbesitzer) mit kaum Wertverlust verkauft.

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