Neuer Budgetsynthesizer von Yamaha
Mit dem blauen Yamaha MX-61 BU legt Yamaha die zweite (dritte) Auflage seiner „Mini Motif XS“ vor. Und um das Fazit an den Anfang zu stellen, es gibt nicht viel zu kritisieren. Yamaha hat sich hier einige Gedanken gemacht, wie Modellpflege aussehen kann.
Einführend muss man erwähnen, dass Yamaha hier das Rad nicht neu erfunden hat, aber gemessen am Preis und den Funktionen hier einen echten Allrounder liefert. Dieser ist grundsätzlich für Einsteiger und Fortgeschrittene gedacht, überzeugt aber auch den Semi-Profi und mit dem Abstrich bei der Klaviatur den Profi.
Dieser Test wird sich in 4 grobe Abteilungen aufteilen. Livebetrieb, Studio und ergänzend einen Blick auf die App „FM Essential“ werfen.
Livebetrieb
Nach dem Auspacken erleben wir erst mal ein blaues Wunder, der MX61 erstrahlt in einem fröhlichen Blau. Und angenehm massiver Leichtbauweise. Was hier auch sofort auffällt, ist das angenehme Gewicht und die übersichtliche Oberfläche. Was auf den ersten Blick verwundert, ist die Belegung der 4 Regler Cutoff, Resonance, Chorus, Reverb auf der ersten Belegungsebene und dann erst Attack, Decay, Sustain und Release. Ist erst mal ungewöhnlich. Aber jeder Hersteller sieht das immer anders und ist kein Grund zur Kritik.
Am Vorgänger war ein Kritikpunkt das externe Netzteil. Hier muss man pragmatisch sein. Die Zeiten interner Netzteile sind in dieser Gerätekategorie vorbei.
Anschlussseitig hat unser Kandidat einen unsymmetrischen Stereoausgang, einen AUX In für externes Audiomaterial, Anschlüsse für Sustain- und Controller-Pedal, die allfällige MIDI-Kombination und 2 USB-Anschlüsse.
Hier wäre anzumerken, dass ein USB-Anschluss für einen Speicherstick gedacht ist, von dem Audio- und SMF-Dateien wiedergegeben werden können. Der zweite Anschluss verbindet entweder die DAW oder das iPhone, iPad mit dem MX61. Dieser Anschluss ist bidirektional und arbeitet in beide Richtungen.
Im Liveeinsatz ist wichtig, dass wir alle Sounds und Einstellungen schnell und sicher erreichen. Dieses funktioniert. Hier kommt auch der erste und einzige Kritikpunkt, die Dynamikabstufung der Klaviatur. Fein akzentuiertes Spiel geht anders.
Aus Autorensicht mit Hinblick auf Dance und elektronischer Tanzmusik ist das kein Problem, aber spätestens bei einer Ballade mit großem Dynamikumfang ist hier eine andere Spielweise nötig.
Generell hat Yamaha beim MX61 BU und MX 49 BU auf praxisnahe Features bei maximaler Soundqualität Wert gelegt. Über MOTIF XS und AWM2 muss man keine großen Worte verlieren. Yamaha klotzt hier. Wir finden auf der Habenseite über 1000 Sounds bei einer 128-stimmigen Polyphonie. Split und Layer sind mit einem Tastendruck erreichbar. Und die FX-Abteilung mit VCM- (Virtual Circuitry Modeling) Effekten überzeugt. Genauso wie der Klang des Zuspieler Line In.
Zu den VCM-Effekten: Diese können anteilig auf alle 16 Parts aufgeteilt werden. Hier wird nach Reverbs, 9 Typen mit 42 Presets. Chorus, 17 Typen mit 88 Presets. Inserts, 48 Typen mit 267 Presets und 5-Band Master-EQ unterschieden. Chorus und Reverb finden wir als Wet-Regler auf der ersten Bedienebene der 4 Controller-Regler. Weitere Parameter können entweder auf einer anderen Ebene gemappt oder über das Display und den Parameter und Jog Dial angepasst werden.
Auf den ersten und zweiten Blick fehlen hier noch die USB-Anschlüsse, einen werden wir später unter dem Stichwort „FM Essential“ genauer betrachten, den anderen im Studio-Einsatz.
Zusammenfassend hat Yamaha bis hier einen Budget-Knaller geliefert und verschenkt bis auf den Dynamikumfang der Tastatur keine Punkte. Yamaha bewirbt die Klaviatur mit „expertly crafted keyboard“, hier finden sich im Hause Yamaha für etwas mehr Geld bessere Beispiele.
Sicher nicht nur für den Livebetrieb sind Sequencer und Arpeggiator wichtig. Hier haben wir die Möglichkeit, den Sequencer mit SMF-Format 0 Daten zu füttern und können aus 999 Arpeggios wählen. Das Editieren von Sequenzen und Arpeggios ist hier angenehm einfach zu bewerkstelligen. Und wer hätte es gedacht, Arpeggios können live transponiert werden.
Was alle Yamaha Spieler sicher kennen, sind die Start/Stop-Modi des Sequencers und der Performances. Diese stellen für den Livebetrieb ein Highlight dar. Key-On-Start ist eine feine Sache und mit ein bisschen MIDI Voodoo lässt sich dieses auch im Studio nutzen.
Neulich im Studio
Gut – Yamaha und Logic X ist so eine Sache, auch hier. Meine Erfahrungen mit Steinberg beschränken sich auf Wavelab. Und das war es dann auch. Hier also absolutes Neuland. An dieser Stelle merkt man, dass Yamaha in der Mac OS Welt noch zu sehr Windows denkt. Entweder etwas ist class compliant, dann braucht es keinen Treiber. Und ein Aggregate Device erfordert keine Treiber. Es muss nur ein Gerät angelegt werden. Windows-User müssen sich an die von Yamaha vorgegebene Installationsreihenfolge halten. Also erst die MX-Remote-Tools und dann den USB-Treiber für Audio. Die Remote-Tools erlauben eine Fernsteuerung und Editierung via USB, einmal standalone und zum anderen im Extension-Mode aus der VST-kompatiblen DAW. Sprich Cubase in allen Geschmacksrichtungen. Diese profitieren auch am meisten von AI. Alle anderen müssen hier Hand anlegen und sich diese Features mappen. Hier erwarten uns keine Überraschungen, Yamaha hat hier Wert auf Kontinuität gelegt und die MIDI-Implementierung ist kompatibel zu anderen AWM2-Klangerzeugern. Prinzipiell sollte ein Mapping in die DAW der Wahl so kein Problem sein. Dennoch, nur VST-Support lässt erst mal schlucken. Zumal wir ja class compliant sind und wir uns gleich ums iOS kümmern werden.
Abschließend USB-Audio versus Line Out. Klanglich gibt es hier keine großen Unterschiede. Beide Anwendungsfälle erfüllt Yamaha. Die Stereobreite der effektuierten Signale ist angenehm luftig, der Dynamikumfang sehr gut. Und die Pegelverhältnisse sind ausgezeichnet. Kompression ist hier nicht nötig.
Generell spielt der MX61BU im Studio seine Trümpfe aus. Schnell eine Leadline gemacht, läuft. Der Track braucht noch ein krasses Filter-Arpeggio, bitte. Sequencer-Elemente mit Key-On-Start, kein Problem.
Schnelle Editierung des Sequencers und seiner Parts inklusive.
Fazit, aus Sicht eines rundum sorglosen Programmes sind Steinberg Cubase Nutzer am besten dran. Hier macht sich der Verbund Yamaha und Steinberg bemerkbar. In anderen Studioumgebungen ist hier erst mal Handarbeit angesagt, allerdings ist hier der Aufwand gering. Da Yamaha hier sauber MIDI implementiert hat.
Spaß mit FM Essential
FM Essential ist eine kostenlose Applikation für alle iOS-Geräte ab iOS 9.0. FM Essential ist ein 4 OP FM-Synthesizer und ist kompatibel mit den Sounds der DX100, TX81Z, V50. Mit dem Anschließen an ein MX61 werden die MX49/61 „Combinations“ freigeschaltet, hier kommt die USB-Schnittstelle zum iDevice ins Spiel. Es werden die Audiodaten der Kombination sowohl zum MX61 und zum iDevice geleitet.
Pro OP stehen acht Schwingungen zum Sounddesign zur Verfügung. Ein LFO mit 4 Schwingungen und ein parametrischer Hüllkurvengenerator und Effekte runden das Ganze ab.
Als Spielhilfen stehen ein Arpeggiator und ein Chordmodus zur Verfügung, Skalen lassen sich ebenso anpassen. In der Rhythmusgruppe finden 3 verschieden Sets (House, Electro, Hip Hop) mit je 16 Pads und Variationen.
Highlights sind hier drei Funktionen. Zum einen der Ball Controller, eine Mischung aus magischem Oszilloskop-Auge und Montage-Controller und dass ich via MX 61 Parameter auf dem iDevice fernsteuern kann.
Der Ball Controller kann mit einer Bewegung mehrere Parameter verändern und somit können wir Sound und Klänge sehr eindrucksvoll morphen. Und dies jenseits von Filter auf und zu. Derer Szenen gibt es 16 per Takt. Einzelne Szenen können ein- oder ausgeschaltet werden. Die Steuerung erfolgt hierbei über die Szene-Taste und Szene-Start/Stopp. Über das Voreinstellungsmenü kann eingestellt werden, ob der Übergang zwischen den Szenen abrupt oder kontinuierlich erfolgen. Persönlicher Feature-Request, Szene-Start/Stopp-Kontrolle via MIDI zugänglich.
Hier ergänzen sich die AWM- und die FM-Synthese perfekt. Klanglich gibt es hier nichts zu meckern.
Drittes Highlight und das gibt es so nicht oft, Szenen! Was ist eine Szene, Yamaha definiert innerhalb einer Szene alle Klangparameter, die mit dem „Ball“ gesteuert werden können.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten, wenn auch außerhalb der Wertung. Zum einen die Chord-Funktion wirkt nur auf dem iDevice. Ebenso der Arpeggiator. Über Sinn und Unsinn kann man sich unterhalten. Nur ist es nichts Ungewöhnliches mehr, auf dem iDevice ein Arp oder Chords zu triggern und dies möchte man auch auf angeschlossenen Geräten haben.
Dennoch für eine Version 1 macht FM Essential einen sehr guten Job und wertet die MX61BU mit den Kombinationen auf.
Hi,
Danke fuer den Test. Kurze Frage: Was ist denn ausser der Farbe jetzt anders im Vergleich zum Vorgaenger ?
Beste Gruesse,
Würde mich auch sehr interessieren…
Neu ist eigentlich nur, dass sich die MX Synths mit der iOS App FM Essential verbinden lassen, wodurch die Klangpalette um 256 FM-Sounds auf Basis von vier Operatoren erweitert wird.
Sauber Toby! Ich habe ja einen MOX6, der auch auf die Motif-Sounds zurückgreift und bin damit absolut happy. Die Teile bieten viel fürs Geld und ergänzen die Vintageriege mit ein paar frischeren Sounds. Gerade wenn man mal schnell einen Dance-Rhythmus an den Start bringen will und keine große Lust zum programmieren hat, wird man eigentlich immer fündig. „Powershred“ finde ich übrigens wunderbar. Ich weiß, dass da viele Keyboarder nur die Augen zum Himmel verdrehen; aber nach einem anstrengenden Arbeitstag kann ich mich zumindest damit super entspannen. Vielleicht noch einen Moog drüberlegen und ab geht die Post ;-)
„Und liefert ein fast kritikloses Gerät ab.“
Immer wieder gut, wenn der Synth nicht ewig nörgelt.
(Edit: „…und liefert ein fast nicht zu kritisierendes Gerät ab.“)
Hallo Toby ,
Danke für den informativen Test , hört sich gut an , der Synth .
Ich habe mir gleich die FM App geholt , läuft auch ohne Hardware .
Der Klang ist ok . Richtig Spaß macht der Ball Controller :-)
Beste Grüße
Uli
Hallo Kyo,
AU Support heisst erst mal grob, das FM Essential in AU kompatible Apps kommuniziert. Sprich Audio/Midi kann aufgezeichnet werden. Wenn du einen MX via CCK an iOS Device anschliesst werden die DX100, TX81Z, V50 und eben die MX Combinations freigeschaltet. Das bleibt auch so nach dem entfernen des CCK. SysExImport gibt es noch nicht. Ich nehme die Werte aus Tabellen und gebe sie ein. Die Combinations sind wie geschrieben so gebaut das die MX Sounds via USB im iOS landen und umgedreht FM Essential im MX und durch die Subtraktiven Filter läuft. Das wiederum kannst du mit den StudioMuxxen abgreifen und in deine DAW beamen oder mit GB aufzeichnen. Oder an der MX am Audio Out abgreifen. Klanglich wären das alle Beispiele ab _Psytranceseq
Der MS61 kann ja nur zwei Sounds über die interne Tastatur ansprechen – ich vermute mal, dass die auf MIDI Kanal 1 und 2 liegen..
Wie sieht aus, wenn man über Midi eine externe Tastatur anschliesst und diese auf MIDI Kanal drei legt? Kann man dann einen dritten Sound im MX61 ansprechen? Kann man den in einer Performance festlegen?