88 Tasten plus DAW-Skripte und weitere Extras
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Schon viele Jahre hat der französische Hersteller Arturia neben seiner klassischen KeyLab-Serie die günstigere, aber auch funktional etwas abgespeckte Serie der KeyLab Essential Controllerkeyboards im Angebot. Während es die KeyLab Essential Keyboards mit 49 und 61 Tasten bereits länger in einer MK3-Version gibt, haben sich die Entwickler bei der 88-Tasten-Version etwas mehr Zeit gelassen und gleichzeitig auf eine MK2-Version übersprungen. Doch nun ist das Arturia KeyLab Essential 88 MK3 endlich da und wir haben das MIDI-Keyboard für euch getestet.
Arturia KeyLab Essential 88 MK3
Arturia bietet das KeyLab Essential 88 Mk3 in den Farben Schwarz und Weiß an, funktional wie auch preislich unterscheiden sich die beiden nicht voneinander. Für den Test stellte uns der deutsche Vertrieb Tomeso die weiße Variante zur Verfügung.
Ausgeliefert wird das MIDI-Controllerkeyboard in einem braunen bedruckten Pappkarton. Der Lieferumfang umfasst ein USB-C auf USB-A-Kabel sowie ein Umschlag, in dem sich eine Quick-Start-Anleitung sowie ein Download-Kärtchen befindet. Registriert man das Keyboard in seinem kostenlosen Arturia Account, erhält man Zugang zur Software Analog Lab Pro mit über 2.000 Sounds, der Digital Audio Workstation Ableton Live Lite, den Software-Instrumenten Native Instruments The Gentleman und UVI Model D und erhält ein zweimonatiges Loopcloud-Abonnement sowie ein Melodics-Abo für 40 Lektionen.
Ausstattung und Verarbeitung
Mit 8,2 kg ist das KeyLab Essential 88 gar nicht mal so leicht, wie man vielleicht vermuten würde. Dennoch lässt es sich mit diesem Gewicht gut transportieren, es bleibt nach der Positionierung auf einem Keyboardständer oder dem Studiotisch aber auch fest auf seiner vorgesehenen Position stehen. Da sind mir ein paar Kilogramm mehr ehrlich gesagt lieber, als wenn sich das 4-5 kg leichte Controllerkeyboard ständig wegbewegt. Und ein ordentliches Gehäuse spielt letztlich auch eine große Rolle bei den Tastaturgeräuschen.
Die Bedienoberfläche ist klar gegliedert. Ganz links befinden sich Pitchbend- und Modulationsrad, danach folgen die Buttons für Oktavierung und Transposition sowie MIDI-Channel und Bank-Tasten für die acht hintergrundbeleuchteten RGB-Pads. Es folgen eine achtteilige Transportsektion (Stop, Start, Aufnahme, Tap Tempo, Cycle, Rückwärts, Vorwärts, Metronom) sowie vier globale Funktionstasten: Save, Quant, Undo und Redo.
Farblich etwas abgesetzt hat Arturia das mittig untergebrachte LC-Display. Dieses misst 2,5 Zoll und zeigt nicht nur Schriften und Texte an. Auch kleinere Grafiken werden hierauf dargestellt, was dem Bedienkomfort sehr entgegenkommt. Alles lässt sich sehr gut ablesen und mit Hilfe der vier darunterliegenden Buttons sowie dem silbernen Drehregler lassen sich sehr einfach Menüs durchscrollen, Presets anwählen und dank der Push-Funktion des Drehreglers auch direkt auswählen.
Für die drei Extra-Funktionen Chord, Scale und Arpeggiator stehen jeweils eigene Buttons zur Verfügung. Diese werden mit einem Hold-Button ergänzt, dessen Funktion eine Abwandlung des klassischen Sustain-Pedals darstellt. Zum Splitten der Tastatur genügt ein Druck auf den darüberliegenden Part-Button und mit PROG schaltet man den Arbeitsmodus des Keyboards um.
Wie es sich für ein waschechtes USB-Controllerkeyboard gehört, verfügt das Arturia KeyLab Essential über neun Fader (30 mm) und zugehörige Endlosdrehregler.
Verarbeitungstechnisch gibt es bei der 88er Version des KeyLab Essential genauso wenig Kritik wie bei den kleineren 49/61-Tasten-Versionen auch. Das Gehäuse ist sauber verarbeitet und mit zwei farblich abgesetzten Leisten an den Seiten verziert. Ansonsten gibt sich sowohl die weiße als auch die schwarze Variante sehr minimalistisch. Keine Schnörkelei, alles sehr geradlinig gehalten. Die RGB-Pads lassen sich sehr gut spielen, auch dynamisch kommt man damit gut zurecht. Die Buttons lösen allesamt sehr gut aus, Drehregler und Fader verlaufen sauber in ihren Bahnen.
Welche Anschlüsse bietet das KeyLab Essential 88 Mk3?
Das Thema Anschlüsse ist bei MIDI-Controllerkeyboards in der Regel sehr schnell abgehandelt. Auch beim KeyLab Essential 88 Mk3 gibt es da nur wenig zu berichten. Rückseitig bietet das Keyboard einen fünfpoligen MIDI-DIN-Anschluss (MIDI Out) und einen Pedalanschluss. Dieser wird von Arturia als „multifunktional“ beworben, was so viel bedeutet, dass man hieran sowohl ein Sustain-, ein Footswitch- als auch ein Expression-Pedal anschließen kann. Im Menü des Keyboards lässt sich dies festlegen. Im Test funktionierte dies wunderbar.
Die Verbindung zum Computer stellt das Keyboard über eine USB-C-Buchse her. Hat hat Arturia also gegenüber dem Vorgänger eine Änderung vorgenommen und stattet seine Keyboards nun mit den mittlerweile weit verbreiteten USB-C-Buchsen aus. Einen Power On/Off-Schalter gibt es nicht, so dass das Keyboard bei Anschluss über USB sofort betriebsbereit ist.
Die Tastatur des KeyLab Essential 88 Mk3
Beim KeyLab Essential 88 Mk3 setzt Arturia wieder auf eine halbgewichtete Tastatur. Sauber verarbeitet ist sie und die Tasten federn akkurat und schnell in ihre Ausgangsposition zurück. Allerdings ist die Tastatur sehr leicht gewichtet. Vergleicht man die Tastatur mit der des klassischen KeyLab 88, ist doch ein deutlicher Unterschied festzustellen. Für meinen Geschmack hätte der Tastatur des Essential 88 Mk3 etwas mehr Gewichtung gutgetan. Aftertouch unterstützt die Tastatur nicht.
Das Arturia KeyLab Essential 88 Mk3 im Praxiseinsatz
Grundsätzlich bietet das KeyLab Essential 88 Mk3 drei Einatzgebiete. Zum einen kann er als klassischer Keyboardcontroller zum Einspielen von Noten, zum Steuern und Spielen von Software-Instrumenten samt Parameteränderungen, die auf Pads, Drehregler und Fader gelegt werden können, eingesetzt werden. Welcher MIDI-Parameter auf den genannten Bedienelementen liegt, lässt sich in der Software MIDI-Control-Center bewerkstelligen. Die Software befindet sich im Arturia User-Account.
Nutzt man den Controller dagegen mit einer Digital Audio Workstation, bieten die MK3-Version der KeyLab Essentials gegenüber ihren Vorgängern einen klaren Vorteil namens „DAW Integration Scripts“. Für unterstützte DAWs bietet Arturia vorgefertigte Mappings, die manuell in einen bestimmten Ordner auf der Festplatte gelegt werden müssen. Aktiviert man diese in der DAW, sind die Hardware-Bedienelemente des Controllers automatisch den wichtigsten Funktionen zugewiesen. Man muss seine Mappings also nicht mehr komplett von Null aus starten, eine tolle Erleichterung. Seit dem Test des 49er/61er-Keyboards hat sich an der Anzahl der unterstützten DAWs leider nichts geändert, so dass aktuell lediglich die fünf DAWs FL Studio, Logic Pro, Ableton Live, Cubase und Bitwig Studio unterstützt werden. Hier kann man nur hoffen, dass Arturia zeitnah für weitere DAWs Skripte veröffentlichen wird.
Im folgenden Video seht ihr, wie sich solch ein DAW-Skript auf die Arbeit mit Ableton Live auswirken kann:
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Arturia Analog Lab Pro
Wie bereits erwähnt, gehört neben der DAW Ableton Live Lite und den zwei Software-Instrumenten The Gentlemen und UVI Model D die hauseigene Software Analog Lab Pro zum Lieferumfang des KeyLab Essential 88 Mk3 dazu. Neben der Steuerung einer DAW oder dem Einsatz als klassischer Keyboardcontroller ist das KeyLab Essential hierauf sehr gut abgestimmt. Die Software selbst umfasst 24 Software-Instrumente aus dem aktuellen Arturia Repertoire und kann sowohl als Plug-in in einer DAW als auch standalone zum Einsatz kommen. Als Systemvoraussetzungen gibt Arturia macOS 10.13 bzw. Windows 10 an. An Plug-in-Formaten werden AAX nativ, AU, VST2 und VST3 unterstützt. Die Software ist kompatibel zum NKS-Standard von Native Instruments.
Die Pro-Version von Analog Lab bietet einen Live-Modus mit „Concert“-Panel, d. h. ihr könnt die Software im MainStage-Stil für Live-Auftritte nutzen und Sounds sowie Sets vorbereiten. Während des Auftritts lässt sich dann auf die Stage-View-Ansicht umschalten.
Neben den o. g. Software Instrumenten, die über 2.000 Sound Presets bieten, sind auch 10 Effekte enthalten, mit denen ihr die Preset-Sounds bearbeiten und veredeln könnt. Dank eines gut gemachten Browsers findet ihr passende Sounds schnell und sicher. Zum Filtern der Suchergebnisse lassen sich diese über Attribute, Instrumente, Styles etc. einschränken. Über den Arturia Sound Store lässt sich der Sound-Umfang auf Wunsch später erweitern.
Welche weitere Funktionen bietet das Arturia KeyLab Essential 88 Mk3?
Neben den DAW-Skripten und den Hardware-Upgrades bietet das 88-Tasten-Keyboard mit Chord- und Scale-Funktion sowie einem Arpeggiator weitere Extras, die sowohl beim Komponieren als auch auf der Live-Bühne eingesetzt werden können. Alle drei lassen sich sowohl in Verbindung mit angeschlossener MIDI-Hardware als auch Software-seitig nutzen. Dabei bietet der Chord-Modus insgesamt 13 unterschiedliche Akkordtypen: 12 Presets plus ein User-Preset. Beim User-Preset lassen sich die Akkordtöne selbst bestimmen. Auch die Skalen-Funktion bietet mit 16 Skalen allerhand Spielraum für neue Kreationen und Ideen.
Mit sechs Spielrichtungen und diversen Parametern wie Rhythmus, Notenlänge, Geschwindigkeit (intern oder extern synchronisierbar), Oktavumfang und Swing lässt sich auch der Arpeggiator des Keyboards gut einsetzen und als Rhythmusgenerator oder zur Inspiration für neue musikalische Ideen nutzen.
Als Nicht-Profi in der Musik möchte ich eines mal los werden: Es ist fast schon lächerlich, dass die meisten Controller-Keyboards, Midi-Controller usw. ohne vorgefertigtes Mapping für alle großen DAWS/Softwareanbieter gibt. Als Einsteiger konnte ich es kaum glauben: Da stellt man sich für viel Geld seine Geräte zusammen, und dann „darf“ man Tage, nein Wochen (!) damit verbringen, um ein brauchbares Zusammenspiel zwischen DAWs, Add-ons, Musik-Hardware etc. herzustellen. Wie völlig absurd!
Tatsächlich habe ich Stunden in vielen Foren verbracht, weil ich es nicht glauben konnte und dachte, irgendwo müssen doch anständige Templates veröffentlicht sein, mit denen man DAW usw. mit der Hardware zusammenbringt. Aber nein, jeder User soll mal selbst ein paar Monate alleine vor sich hin köcheln.
Eine der Stellen, an denen sich zeigt, in welchen Kinderschuhen diese Branche immer noch steckt. Vielleicht ist sie einfach zu klein. Bei der Software hat man meinst nur die Wahl zwischen „schlecht“, „sehr schlecht“ oder „superschlecht“. Das mapping/template-Thema ist da nur besonders augenfällig.
Von Arturia hier ein Schritt in die richtige Richtung. Aber nur ein kleiner, mehr auch nicht.
@horstenberg Nun ja, z.B. Steinberg/Yamaha integrieren in ihrem Konzern Hw und DAW relativ weitgehend, so wie Native Instruments seine Plugins tief ins Komplete Control Keyboard implantiert.
Aber leider eben mit einem typischen „Apple“ Effekt: Solange man sich auf Produkte des einen Herstellers konzentriert, ist alles easy – aber wehe, wenn man sich erdreistet auch mal was von anderen Herstellern integrieren zu wollen, dann geht das Gefrickel umso härter wieder los.
Mackie Automations-Protokolle hin oder her – ich denke wer schonmal an Hw/Sw Integrationsproblemen gearbeitet hat, kennt die Komplexität in der Materie. Siehe auch die „große“ Autoindustrie, wo aktuell unfertige und fehlerhafte Infotainment Software bei so manchem Platzhirschen die Kunden verärgert und teils spät / teils nie vollständig korrigiert wird. Und da reden wir nicht über die Permutation von >214 Masterkeyboards, >118 DAW Controllern und >17 DAW Herstellern.
Aber natürlich muß man Dir auch im Sinne von Linus Torwald’s berühmten Zitat zustimmen: „Der Anwender hat immer Recht!“.
Ja, manche Dinge mache Rückschritte. Oder zumindest keine richtigen Fortschritte. Vor ca. 15 Jahren hatte ich eine Kombination aus Propellerhead Reason und einem Korg mikroKorg in Betrieb. Und das war perfekt integriert. Ich konnte am Keyboard die Instrumente wechseln. Die Parameternamen und -werte wurden auf den kleinen Displays des mikroKorg angezeigt. Das waren auch damals schon Encoder, also gab es keine Parametersprünge. Good Times🙂
@Baeno microKORG und Encoder? Erzähl‘ mir mehr!
@Sven Blau Oh, my bad. Du hast natürlich Recht. Was ich meinte, war ein Korg microKONTROL.
Danke, guter Bericht!