Platzhirsch unter den günstigen Aktivlautsprechern?
Multifunktionsboxen mit „Vollausstattung“ wie der Alto Professional „Busker“ Aktivlautsprecher werden als Alleskönner angepriesen. Ein Widerspruch in sich: Mal angenommen, es gäbe tatsächlich Alleskönner für „kleines Geld“, dann würde der Markt von Audio-Lautsprecherboxen von lediglich zehn Modellen unterschiedlicher Leitungsklassen geprägt und automatisch auf ein Minimum schrumpfen. Das Gegenteil ist der Fall – die vielfältigen Angebote im vom Verdrängungswettbewerb geprägten Marktangebot sind von ihren Leistungsmerkmalen kaum zu überblicken, geschweige denn qualitativ zu unterscheiden. Insofern hilft bei vollmundigen Alleskönner-Versprechen hinsichtlich der All-in-one-Fähigkeiten von Aktivboxen nur der genaue Blick hinter die „Kulissen“, um tatsächliche Vor- und Nachteile aufzuzeigen. Also – Vorhang auf für den „Busker“, der aktuell für 399,- Euro angeboten wird.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief Alto Professional „Busker“ Aktivlautsprecher
Übersetzt wird „Busker“ mit dem Begriff Straßenmusiker oder Straßenkünstler. So wird eine der möglichen Anwendungen bereits in der Namensgebung deutlich. Der Busker ist ein 2-Wege-Lautsprecher mit 200 Watt Leistung im Kombination mit einem 6,5“ Bass-Mitten-Lautsprecher und 1“ Tweeter. Alto Professional gibt als maximalen SPL 106 dB an – insofern dürfte klar sein, dass hier eher kleinere Veranstaltungen und entsprechende Beschallungsaufgaben infrage kommen. Gewicht und Gehäuseabmessungen definieren ein transportables Leichtgewicht: 5,4 kg; 29,9 x 21,9 und 25,4 cm (HxBxT).
Geboten werden zudem Merkmale wie ein wechselbarer Lithium-Ionen Akku (6,6 Ah, 12 Volt), ein 3-Kanal-Mixer samt interner Effekte (Alesis), vier unterschiedliche DSP-Modi, Bluetooth-Streaming für Mobilgeräte und True Wireless Stereo für die Verbindung mit einem zweiten „Busker“. Benutzer haben die Möglichkeit, über zwei Combo-Buchsen (Klinke/XLR), Mikrofone oder wahlweise Instrumente sowie Line-Pegelquellen per Kabel oder Bluetooth gleichzeitig anzuschließen.
Ferner ermöglicht die kostenlose Alto-App für iOS und Android den Zugriff auf Equalizer-Einstellungen für die Eingangskanäle (3-Band mit fixen Frequenzen) wie auch den Master-Out (6-Band mit flexiblen Frequenzen). In der App ist das Speichern oder Laden von zuvor erstellten DSP-Konfigurationen vorgesehen.
Erwähnenswert sind unterschiedliche Aufstellungswinkel der Aktivbox durch das Multifunktionsgehäuse, ein USB-Port (5 Volt; 2,1 A) zum Laden „mobiler Begleiter wie Tablet oder Smartphone sowie die beiden Betriebsarten „Standard“ und „Eco“. Bei „Eco“ reduziert sich die zur Verfügung stehende Leistung von 200 auf 50 Watt, dafür verlängert sich die Akkulaufzeit auf etwa 24 Stunden bei mittlerer Leistungsabgabe.
Kabellos per App
Nicht üblich in dieser Preis-Leistungs-Klasse ist die Bluetooth-Steuermöglichkeit per App, erhältlich für Android und iOS (im Test ausprobiert mit einem iPad Pro 11). Streaming und Steuerung funktionieren grundsätzlich parallel, aber während des Tests machten sich kürzere Aussetzer im Bluetooth-Parallelbetrieb bemerkbar. Dafür wären zwei unabhängige Bluetooth-Schnittstellen sinnvoll, wie sie beispielsweise das Behringer „Flow 8“ Mischpult aufweist. Aber es gibt einfache Wege, um Störungen zu umgehen. So bietet es sich an, gebräuchliche Szenen im „Busker“ abzuspeichern, die passende vor dem Gig oder der Beschallungsaufgabe aufzurufen und die Lautstärkeabstimmung der Signalquellen sowie der Gesamtlautstärke einfach direkt am Bedienfeld des Aktivlautsprechers zu regeln. Die im „Busker“ genutzte Bluetooth-Schnittstelle entspricht Version 5 von 2020, derzeit aktuell ist Revision 5.4 von Anfang 2023. Aber auch die Version 5 brachte bereits einige Verbesserungen hinsichtlich Reichweite, Geschwindigkeit und Stromverbrauch. Entsprechend gab es im Rahmen des Tests auch dann keine Störungen beim Streaming, wenn der Sichtkontakt zwischen Sender und Empfänger gestört war, beispielsweise beim Verlassen eines Raums (hier finden sich mehr Informationen zum Thema Bluetooth, Bühne und PA).
Live-Praxis mit dem Alto „Busker“
Der „Busker“ ist durch den internen Akku ein mobil einsetzbarer Begleiter, entsprechend gut passte eine Outdoor-Veranstaltung, bei der eine Beschallungslösung unabhängig vom Stromnetz gefordert war.
Als Publikum wurden 30 – 40 Zuhörer erwartet, auf dem Programm standen Kurzgeschichten von zwei Sprecherinnen und Hintergrundmusik via Bluetooth-Zuspieler in den Pausen. Neben dem „Busker“ kam ein dynamisches Mikrofon sowie ein Rode NT1-A Großmembran-Kondensatormikrofon samt „Spinne“ und „Popschutz“ für die Sprecherinnen zum Einsatz. Genau, der „Busker“ bietet eine 48 V Phantomspeisung, mit der sich Kondensatormikrofone in Kanal 1 nutzen lassen. Die 48 V sind auf dem rückseitigen Bedienfeld schaltbar. Um Störungen bei der Nutzung der Bluetooth-App zu vermeiden, hatte ich im Vorfeld eine Szene für diese Anwendung abgespeichert. Die brauchte kurz vor der Veranstaltung nur aufgerufen zu werden, die Feinabstimmung erfolgte während der Darbietung direkt am „Busker“. Allerdings gab es lediglich im Verhältnis der Signalquellen, also Bluetooth-Stream und Sprache, etwas anzupassen. Klanglich blieb der Equalizer unverändert, denn der Busker klingt für meinen Geschmack „out of the box“ schon sehr annehmbar, vielleicht etwas betont in den oberen Mitten und Höhen, aber nicht störend (siehe Frequenzmessung).
Am angenehmen Klangbild haben die internen Alesis-Effekte ihren Anteil. Meist bezeichne ich die Effektsektion solcher „Alleskönner“ als „nett gemeinte Dreingabe“. Das ist hier anders, denn hier sind die Presets durchaus brauchbar. Insgesamt stehen acht Effektarten zur Verfügung: Chorus/Room, Plate, Room, Flange, Chorus, Delay, Hall und Rotary. Bei einigen Presets sind Variationen zur verfügbar. Wie die Bezeichnung Preset bereits erklärt, wurde auf Parameter zur individuellen Veränderung verzichtet. Angewählt werden Effekte über einen Auswahlregler auf der Rückseite. Für beide Mic-/Line-Eingänge ist die Intensität separat einstellbar, leider können pro Kanal keine unterschiedlichen Effekte zugewiesen werden. Während der Veranstaltung setzte ich in Kombination mit dem Rode NT1-A Kondensator-Mikrofon einen kleineren Hallraum ein. Dies passte gut zur Frauenstimme und dem klanglichen Grundcharakter des Mikrofons. Aufgrund der von der Publikumsgröße überschaubaren Veranstaltung brauchte kein Monitor für die Beiträge eingesetzt zu werden. Letztendlich reichte es völlig aus, den Alto Professional „Busker“ Aktivlautsprecher auf einem Stativ in Kopfhöhe der Sprecherinnen zu positionieren. Die Veranstaltung dauerte mit einige Pausen gut zwei Stunden, die Lautstärke war moderat, der Mikrofon-Kanal etwa zu ¾ aufgedreht, der Main-Regler stand auf 13 Uhr, der Leistungswahlschalter auf „Standard“ (wahlweise wäre „Eco“ möglich). So eine Anwendung steckt der interne Akku von der geforderten Laufzeit locker weg – lediglich das erste Segment der vierstufigen LED-Anzeige war verschwunden. Was mir aufgefallen ist: Die an der Bedienoberfläche integrierten Regler sind ohne Rasterung als Endlosregler konzipiert. Das erschwert die optische Orientierung, wenn unabhängig vom Einsatz der App gearbeitet wird. Aber es gibt einen Trick: Einfach den DSP-Wahlschalter für die unterschiedlichen Positionierungen (With Sub, Pole, Monitor) gedrückt halten, dann zeigen die LEDs den anliegenden Pegel an. Noch etwas: Erstaunlich, dass trotz der überschaubaren Abmessungen an eine Stativbuchse gedacht wurde.
Unter der Haube
Während für den Summen-Equalizer die Frequenzen in der App angezeigt werden, beschränkt sich die App beim 3-fachen Kanal-EQ auf Bass, Mitten, Höhen. Gute Gelegenheit, das NTi Audio XL2 Audiomessgerät zu konsultieren, um herauszufinden, wo sich die Einsatzfrequenzen des 3-Band-EQs befinden, der die Anhebung und Absenkung der drei Bänder um jeweils 6 dB erlaubt. So richtig drastisch geht die Klangschrauberei dabei nicht zu Werke. Beschickt mit weißem Rauschen, ergaben sich über die Analyse des XL2 folgende EQ-Frequenzen: 80 – 100 Hz (Bass), zwischen 3 – 4 kHz Mitten und 11 – 12 kHz für die Höhen. Warum das im Handbuch oder in der App nicht erwähnt wird? Gute Frage.
Deutlich wirksamer erweist sich der 6-Band Master-EQ, ausgestattet mit flexiblen Einsatzfrequenzen und variablem Q-Faktor (schmal- oder breitbandige Signalbearbeitung). Was fehlt, ist eine numerische Angabe der Frequenz des jeweiligen EQ-Einsatzpunktes – die Eingabe durch den Slider ist zu grob. Daher gestaltet es sich fummelig, bis der gewünschte Wert erreicht wird. Trotzdem – den Master-EQ habe ich öfter als Ersatz für den überschaubaren Kanal-Filter eingesetzt. Da bei einem Aktivlautsprecher wie dem „Busker“ meist nur wenige Signalquellen anliegen, funktioniert die Klanggestaltung des Gesamtbilds über den Master-EQ gut. Gewöhnungsbedürftig ist, dass die Einstellungen nicht in Echtzeit vorgenommen werden.
Wird eine Einstellung geändert, müssen die Werte durch den „Load To Speaker“-Button in der App zum „Busker“ geschickt werden. Demgegenüber arbeitet der Kanal-EQ ich Echtzeit (naja, mit kleinen Verzögerungen, also „fast“ in Echtzeit). Wie sich hier vielleicht erahnen lässt, habe ich schon geschmeidiger zu bedienende Remote-Apps auf dem Bildschirm gehabt …
Der Limiter setzte ab etwa 102 dB SPL ein, beschickt mit weißem Rauschen ließen sich Werte bis 104 dB erreichen, was leicht unter den Herstellerangaben liegt. Richtig Laune machten die 200 Watt im Standard-Modus in Ergänzung mit einem betagten Mackie SRS1500 Aktiv-Subwoofer, denn „echte Bässe“ sind vom „Busker“ aufgrund der 6,5“ Bestückung nicht zu erwarten. Für die Nutzung eines Subwoofers steht das DSP-Preset „With Sub“ bereit. Derart ergänzt wird der „Straßenmusiker“ partytauglich, auch bei etwas gehobeneren Ansprüchen, was die Beschallungspegel angeht. Wichtig dabei – am Mix-Out liegt das Summensignal an, dezent gefiltert durch das passende DSP-Preset. Dies ersetzt allerdings keinen separaten, frequenzangepassten Ausgang für einen Subwoofer, was die bessere Lösung darstellen würde. Aber in diesem Punkt wird sicherlich auch nicht die Hauptanwendung des „Buskers“ liegen.
Was fehlt noch? Zudem habe ich mir das Record-Out-Signal in Steinbergs Wavelab angeschaut. Auch hier wurde weißes Rauschen als Testsignal in Kanal 1 eingesetzt – der „Busker“ verhielt sich unauffällig, das Testsignal wurde in Steinbergs Wavelab ohne sichtbare Veränderungen dargestellt.
Alternativen zum Alto Professional „Busker“ Aktivlautsprecher?
Der Alto Professional Busker Aktivlautsprecher definiert in der 400-Euro-Klasse den Begriff „Allrounder“ durch eine sehr flexibel einsetzbare Ausstattung. Wirkliche Alternativen mit vergleichbarer Ausstattung sind in diesem Preisrahmen Mangelware.
Natürlich bietet das Marktangebot Aktivboxen mit Akkubetrieb und Remote-App wie die top ausgestattete Electro-Voice „Everse 8“, die mit 798,- Euro aber preislich in einer anderen Liga spielt. Ähnlich aufgebaut ist der Mackie Thump Go Aktivlautsprecher, der ebenfalls mit geringem Gewicht punktet und Merkmale wie einfache Bedienung, einen ausdauernden und schnell wechselbare Lithium-Ionen-Akku, vier unterschiedliche Voicing-Modes, die Bluetooth 5 Schnittstelle sowie eine Control-App bietet, mit der sich Szenen speichern lassen. Der Preis liegt mit 399,- Euro gleichauf – wichtige Unterscheidungsmerkmale finden sich in der fehlenden Phantomspeisung und der Ausstattung mit lediglich zwei Eingangskanälen. Mein Tipp: Wer Wert auf eine „zweite Meinung“ legt und den Einsatz von Kondensator-Mikrofonen ausschließen kann, könnte den Alto Professional „Busker“ Aktivlautsprecher gegen den Mackie Thump Go antreten lassen. So ein direkter Vergleich ist ungemein hilfreich, um „Licht und Schatten“ deutlich werden zu lassen.
Interessant fände ich ja eher den klanglichen Vergleich mit Bose S1 Pro und Yamaha Stagepas 100.
Danke für die ergänzenden Vorschläge zum individuellen Hörvergleich. Wichtig finde ich bei derartigen klanglichen Vergleichen, den Preisrahmen im Auge zu behalten. Die Bose S 1 Pro liegt derzeit bei etwa 550,- Euro und damit deutlich über der Busker. Die Stagepas 100 passt preislich besser (allerdings nur ohne Akku, mit Akku kostet sie knapp 490,- Euro). Phantomspeisung bieten beide nicht. Wie gesagt, so umfangreich ausgestattet wie die Busker sind derzeit nur wenige Mitbewerber in dieser Preisklasse.
Wirklich erstaunlich, welche Power und dabei auch Soundqualität heute durch ein 16-cm-Lautsprecher(chen) plus einem Kalotten-Hochtöner erreicht werden kann … bei gleichzeitig extrem langer Betriebsdauer über einen Akku !!
Tatsächlich staune ich bei derartigen Produkten auch immer mal wieder, was technisch möglich ist.
Ähnelt vom Design sehr der BOSE S1.
Mir gefallen diese Lautsprecher, weil sie klein und kompakt und dennoch ausreichend Leistungsfähig sind um mir auf der Bühne als Monitor zu dienen. Ich kann mich nicht mit InEar anfreunden :-)
Beim ALTO bin ich vom Leistungsumpfang begeistert.
Den werde ich mir mal anhören.