88 Tasten und die volle Kontrolle
Nachdem M-Audio im vergangenen Jahr den großen MIDI-Controller Hammer 88 auf den Markt brachte, folgte vor einigen Wochen das Hammer 88 Pro. Hierbei handelt es sich um ein USB-MIDI-Controllerkeyboard mit allerlei Steuerungsmöglichkeiten. Wie sich das Hammer 88 Pro einsetzen lässt und was es zu bieten hat, erfahrt ihr im folgenden Test.
Erster Eindruck des M-Audio Hammer 88 Pro
Die Erweiterung der Produktreihe nach oben scheint sich für M-Audio auszuzahlen, anders sind die beiden Pro-Serien wie das M-Audio Oxygen Pro und das heute vorliegende Hammer 88 Pro wohl nicht zu erklären. Doch auch abseits der Pro-Varianten entwickeln die US-Amerikaner ihre Keyboardcontroller weiter, so wie mit der fünften Generation der Oxygen Keyboards (ohne Pro).
Schwergewichtig ist das Hammer 88 Pro nicht, mit 18,5 kg gehört es aber auch nicht zu den Leichtgewichten der 88er MIDI-Keyboards. Die Maße belaufen sich auf 142,2 x 12,7 x 28,3 cm. Man hält also nach dem Auspacken schon ein ordentliches Keyboard in den Händen, was sich verarbeitungstechnisch nicht verstecken muss. Das Gehäuse besteht aus einem Metall-Kunststoff-Mix und ist sauber verarbeitet. Alle Bedienelemente machen einen guten Eindruck, die rückseitigen Buchsen sitzen fest verankert im Gehäuse. Die Tastatur lässt sich gut spielen und bietet schnell ein gutes Spielgefühl. Löblicherweise hat M-Audio diese auch mit Aftertouch ausgestattet.
Hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten bietet das Hammer 88 Pro allerhand Funktionen. Links der Tastatur hat M-Audio jeweils ein Pitchbend- und Modulationsrad – beide mit schicker Beleuchtung – sowie zwei Oktavierungstasten untergebracht. Die Laufräder verrichten gute Arbeit und laufen mit gutem Widerstand vor und zurück, die Buttons für die Oktavierung machen ebenfalls einen guten Eindruck.
Die restlichen Bedienelemente haben die Entwickler von M-Audio in der Mitte der Bedienoberfläche platziert. Zentraler Blickpunkt ist das relativ kleine OLED-Display, was zwar die wichtigsten Informationen scharf darstellt, aber mit ein paar Zentimetern mehr Größe deutlich mehr Informationsgehalt aufweisen könnte. Um das Display herum platziert befinden sich einige globale Tasten, so u. a. für die Wahl des Arbeitsmodus (DAW, Preset, Tempo), Shift-, und Bank-Tasten sowie die Transportkontrolle mit Record, Stop, Play, Cycle, Forward und Rewind.
Links des Displays befinden sich neun Fader samt zugehörigen Buttons, die entweder als MIDI-Steuerung dienen oder die erweiterten Funktionen wie Chord- und Scale-Modus und den Arpeggiator steuern. Ein ordentliches Klick bestätigt dabei das Auslösen.
Auf der gegenüberliegenden Seite haben die M-Audio Entwickler insgesamt 16 Pads samt acht Drehregler untergebracht. Die Pads verfügen alle über eine RGB-Hintergrundbeleuchtung, die je nach Modus und Funktion eingesetzt werden kann. Die beiden Pfeil-Tasten ganz rechts dienen je nach DAW unterschiedlichen Funktionen, in Ableton Live (wofür es seit kurzem eine tolle Videoerweiterung gibt) lassen sich hiermit u. a. Clips triggern.
Welche Anschlüsse bietet das 88-Tasten-MIDI-Keyboard?
Während das neueste MIDI-Keyboard von M-Audio (Oxygen MK5) ohne MIDI-DIN-Anschlüsse auskommen muss, findet man diese glücklicherweise am Hammer 88 Pro. Für viele Nutzer immer noch ein wichtiger Bestandteil, um ein Keyboard in das bestehende Setup einbinden zu können. Neben MIDI-Ein- und Ausgang bietet das Hammer 88 Pro satte vier Pedalanschlüsse (Expression, Sustain, Footswitch 1 & 2) und hebt sich damit klar von den Mitbewerbern ab. Oftmals muss man ja froh sein, dass es mehr als einen Sustainpedal-Anschluss gibt.
Hinzu kommen ein Netzteilanschluss, wobei dieses nur benötigt wird, wenn man das Keyboard ohne Computer betreibt. Denn der über USB kommenden Strom reicht für den Betrieb aus. Ohnehin ist das Netzteil nur optional erhältlich. Zu guter Letzt bietet das Hammer 88 Pro eine USB-Buchse sowie einen Power-on/off.
Lieferumfang des M-Audio Hammer 88 Pro
Wie bei M-Audio bzw. Produkten des InMusic Konzerns üblich, erhält man zu den Produkten ein großes Software Bundle, das vornehmlich aus Produkten konzerneigener Firmen besteht – was den Umfang und die Qualität aber nicht mindert.
So wird das Hammer 88 Pro mit den DAWs Pro Tools | First M-Audio Edition, Ableton Live Lite und MPC Beats sowie sieben virtuellen Instrumenten von AIR Music Technology (Hybrid, Velvet, Mini Grand, Xpand!2, Vacuum, Boom, DB-33) und neun MPC Beats Expansion Packs ausgeliefert.
Zur Programmierung des Keyboards dient eine MIDI-Editor-Software, die ebenso zum Lieferumfang gehört wie ein passender Notenständer und ein USB-Kabel.
Einsatz des M-Audio MIDI-Keyboards
Das M-Audio Hammer 88 Pro lässt sich grundsätzlich in den zwei Arbeitsmodi DAW und PRESET betreiben. Wählt man den DAW-Modus, steht als nächstes die Wahl der eigenen DAW aus dem Menü des Keyboards an. M-Audio hat seinem 88-Tasten-Keyboard Mappings für die folgenden elf DAWs spendiert, wobei ein zwölfter Speicherplatz für ein eigenes Mapping bereitsteht: Reason, Cubase, Pro Tools, MPC Beats, Ableton, Studio One, Logic, GarageBand, Bitwig, Reaper, FL Studio, User.
Die Funktionsvielfalt sowie teils auch die Umsetzung ist stark davon abhängig, welche DAW man zusammen mit dem Hammer 88 Pro nutzt. Während des Tests habe ich die DAW-Mappings für Cubase, Studio One, Garageband und MPC Beats testen können, wobei MPC Beats – als Teil der InMusic-Produktpalette – schon sehr gut auf das Hammer 88 Pro abgestimmt ist. Das war auch nicht anders zu erwarten. Auch Presonus zeigt immer wieder eindrucksvoll, wie gut sich Hardware Controller abstimmen lassen, sofern sie alles aus einem Haus stammen. So u. a. beim Presonus Atom SQ oder der ioStation 24c.
Bei vielen anderen DAWs, so u. a. in Cubase, geht die Steuerung nicht über das bekannte Mackie-HUI-Format hinaus. Die Basisfunktionen lassen sich also steuern, alles darüber Hinausgehende muss über MIDI-Learn vom Nutzer programmiert werden.
Wie schon beim M-Audio Oxygen Pro – letztlich ist das Hammer 88 Pro ja einfach eine große 88-Tasten-Version des Oxygen Pro – gehen die Funktionen in Ableton Live aber glücklicherweise noch einen Schritt weiter. Über die Pads lassen sich Clips triggern und Szenen steuern, mit Hilfe der Pfeil-Tasten wandert man nach links und rechts. Die Drehregler sind den Makros zugeordnet, die Fader übernehmen die Steuerung der Spurlautstärken.
Allerdings ist es weiterhin so, dass in Ableton nicht alle beworbenen Funktionen funktionieren. Laut M-Audio ist man aktuell in den letzten Zügen, diese im nächsten Firmware-Update umzusetzen, vermutlich wird dies in ein paar Wochen freigegeben. Ableton-User sollten dieses Update unter Umständen zunächst abwarten.
Der zweite Arbeitsmodus dient zum Steuern von Software Instrumenten. Auch hier ist klar festzuhalten: Die Mappings für die hauseigenen Synthesizer und Instrumente sind bereits ab Werk vorhanden und lassen sich durch langes Drücken der Preset-Taste und Drehen am Encoder einstellen. Acht Mappings liegen vor, acht weitere kann man als User selbst anlegen und im Hammer 88 Pro abspeichern. Innerhalb eines Mappings lassen sich die Befehle für Fader, Drehregler, Pads & Co. jeweils vierfach speichern (über die Bank-Tasten wechselt man zwischen Bank 1 bis 4 der Belegung), so dass diese – in Verbindung mit dem gewünschten Software Instrument oder Effekt-Plug-in – stets die gleichen Parameter steuern. Dreht, drückt oder zieht man an einem der Bedienelemente, wird der entsprechende Wert auch im Display angezeigt. Eine kleine Herausforderung besteht allerdings, denn welcher Parameter auf welchem Fader, Pad etc. liegt, ist nicht ersichtlich, so dass man stets das GUI des Software Instruments/Effekt Plug-ins im Blick haben muss.
Die Programmierung kann dabei entweder über die MIDI-Learn-Funktion der DAW (wobei man so die DAW anlernt, nicht das Keyboard) oder über den Software-Editor von M-Audio erfolgen. Seit einiger Zeit setzt M-Audio auf seinen Software-Manager, über den man die einzelnen enthaltenen Software-Produkte herunterladen kann. So gelangt man auch an den o. g. Software Editor. Funktional aufgebaut lassen sich hier sowohl Presets für Software-Instrumente als auch die eigene DAW anlegen. Über den Reiter „Global“ gelangt man zu weiteren Einstellungen wie MIDI-Kanal, Program, Pad Sensitivität etc.
Skalen-, Chord-Funktion und Arpeggiator
Wie bei fast allen MIDI-Controllerkeyboards mittlerweile Standard, bietet das Hammer 88 Pro mit integriertem Arpeggiator sowie Skalen- und Chord-Funktion interessante Extras, die zum Jammen oder bei der Suche nach der nächsten musikalischen Idee hilfreich sein können. Die Steuerung erfolgt größtenteils über die unterhalb der Fader liegenden Buttons sowie der unteren Tastaturhälfte. Diese sind mit den entsprechenden Funktionen und Werten beschriftet.
Nach kurzer Einarbeitungszeit kommt man mit allen drei Funktionen gut zurecht. Schön ist, dass man im Chord-Modus nicht nur Dur, Moll & Co. einstellen, sondern auch das Voicing beeinflussen kann. Sogar ein Random-Mode ist verfügbar. Aktiviert man diesen, ändert das Keyboard die Umkehrung der einzelnen Akkordnoten automatisch, was unter Umständen zu sehr verrückten Ergebnissen führen kann.
Der integrierte Arpeggiator bietet insgesamt sieben Abspielrichtungen und lässt sich hinsichtlich Oktavenumfang, Gate und Swing einstellen. Dazu ist es möglich, nur einen Teil der Tastatur zur Steuerung des Arpeggiators zu nutzen. Gleiches gilt für den Chord-Modus, auch hier lässt sich auf Wunsch nur ein Teil der Tastatur zum Triggern von Akkorden nutzen.
Vergleich mit dem M-Audio Hammer 88
Während das hier getestete Hammer 88 Pro mit einer Vielzahl von Bedienelementen und Funktionen ausgestattet ist, gibt sich das Hammer 88 (ohne Pro) bewusst stark reduziert. Wer also lediglich eine gute 88er Tastatur benötigt, um Software-Instrumente zu spielen, auf der Suche nach einem guten Einspielkeyboard für die DAW ist und auf sämtliche Steuerungsmöglichkeiten (abgesehen von Pitchbend, Modulation und Oktavierung) verzichten kann, sollte sich das Hammer 88 näher anschauen. Der Preisunterschied liegt immerhin bei 230,- Euro. Hier geht’s zum Test des M-Audio Hammer 88.
Aftertouch?
@Tai Ja, bietet die Tastatur. Habe es eben noch hinzugefügt zum Artikel.
Ich begreife es nicht.
Selbst mein mindestens 20 Jahre altes Akai MX1000 hatte ein größtes Grafikdisplay und konnte 4 Keyzones auf einmal darstellen.
Dazu 4x Midi Out und 4 Slider sowie Zone Buttons.
Die pennen doch alle heute.
Irgendwann bringen die noch ein Keyboard mit Notizzettel und Bleistift raus, anstelle eines Displays.
Ich sehe beigelegte Softwarepakete als Nachteil, und das nicht nur, weil sie für mich als Linuxer nutzlos sind. Auch dieses Abgeiern von Registrierungen finde ich unmöglich. Verkrüppelte DAWs oder zeitlimitierte Anfütterei braucht niemand. Und Editorsoftware ist leider zu oft ein Vorwand, um Bedienelemente am Gerät einzusparen.
Wie sieht es mit Windowsern und Macianern aus?
– Findet Ihr Editorsoftware toll, oder würdet Ihr lieber eine Komplettbedienung am Gerät haben?
– Braucht Ihr irgendwelche verkrüppelten beigelegten DAWs, den 100. Kompressor oder 50 AOL-Freistunden?
@bluebell Komplettbedienung am Gerät ist für Live Künstler eine geile Sache.
Wie bereits geschrieben, das AKAI MX1000 bis auf USB.. das gabs damals noch nicht, war das das beste Masterkeyboard für mich ever.
Auch ein uraltes KX76/88 von Yamaha war besser geeignet als diese Lichtorgeln.
Mich würde einmal interessieren, ob jemand die Tastatur mit der des Arturia Keylab 88 MKII vergleichen kann.
Ist die Tastatur auch so träge, und wie lässt sich der Aftertouch dosieren?