Tausendsassa für Studio und Bühne
Dem US-Unternehmen Presonus sagt man ja oftmals nach, dass es mittlerweile in nahezu allen Bereichen der Musikproduktion Fuß gefasst hat und passende Produkte anbietet. Egal ob Studiomonitore, Audiointerfaces, DAW-Software, Digitalmixer, Mikrofone oder Controller, all das hat Presonus im Angebot. Ende 2018 stellte die Firma erstmals einen USB-Pad-Controller namens ATOM vor, den Test dazu findet ihr hier. Knapp zwei Jahre später hat die Firma den Controller nun für eine erweiterte Version überarbeitet und bringt ihn mit zahlreichen neuen Funktionen ausgestattet auf den Markt. Das als Atom SQ vermarktete USB-Gerät kann als Pad-Controller, Performance-Gerät und fast sogar als MIDI-Keyboard samt integriertem Arpeggiator betitelt werden. Wir haben uns den Atom SQ einmal näher angeschaut.
Erster Eindruck
Im bunt bedruckten Pappkarton wird der Presonus Atom SQ ausgeliefert. Neben dem Controller selbst findet man ein USB-Kabel, einen Quick-Start-Guide sowie die Garantiebedingungen in der Verpackung. Vor dem ersten Start bittet der Hersteller den Besitzer zunächst, die Presonus Website zu besuchen, um das Produkt zu registrieren.
Presonus liefert seinen Kunden ein großes Software-Paket mit. Darin enthalten sind die hauseigene DAW Studio One Artist (hier alle Infos zum letzten Update 5.1), Ableton Live Lite sowie zwei Bonus-Loop-Pakete mit speziellen Kits für das Studio Ones Software-Instrument Impact XT.
Mit einer Größe von 361 x 171 x 25 mm lässt sich der Controller gut auf dem Studiotisch platzieren und ist etwas schmaler als eine herkömmliche Computertastatur. Mit einem Gewicht von 900 g steht dem Transport zum Auftritt auch nichts im Wege. Außer der USB-C-Buchse für den Anschluss an den Computer bietet der Controller lediglich einen Kensington Lock.
Der Atom SQ bietet eine Vielzahl von Bedienelementen. Erster Blickpunkt sind die acht Endlosdrehregler sowie das sehr gut ablesbare LC-Display, das zur Anzeige zahlreicher Parameter und Einstellungen dient. Trotz der Vielfalt der anzuzeigenden Informationen wirkt das Display nie überfrachtet, das Menü ist clever und übersichtlich aufgebaut. Mit Hilfe des danebenliegenden Drehreglers, den Cursor-Tasten, den sechs Buttons ober- und unterhalb des Displays sowie den Funktionstasten für Song, Instrumente, Editor und User bewegt man sich stets sicher durchs Menü und gelangt schnell ans Ziel.
Der untere Teil der Bedienoberfläche wird von insgesamt 32 anschlagsdynamischen und druckempfindlichen RGB-Pads eingenommen. Mit den rechteckigen Maßen 2,5 x 1,5 cm sind diese grundsätzlich etwas kleiner als Pads herkömmlicher Drum-Controller, beim Atom SQ können diese aber auch als Klaviatur (samt der Möglichkeit, polyphonen Aftertouch einzusetzen) genutzt werden. Egal ob als „Tasten-Instrument“, für MIDI-Messages oder zum Einspielen von Drums, die Pads machen einen sehr guten Eindruck.
Zwischen den Pads und den acht Drehreglern hat Presonus einen Touchstrip untergebracht, der alleine schon aufgrund seiner Länge von 17 cm beeindruckt und sehr gut reagiert.
Abgeschlossen wird die Bedienoberfläche mit einer kleinen Transportsektion (Stop, Play, Record, Metronom), deren Buttons mit den Zweitfunktionen Undo, Loop, Save und Count-in belegt sind.
Mit dem beiliegenden Quick-Start-Guide erhält man erste grundsätzliche Informationen zum Atom SQ. Genaueres erfährt man dann in der auf der Presonus Website zum Download bereitgestellten Bedienungsanleitung. Diese liegt in vier Sprachen, darunter auch Deutsch, vor.
Die vier Arbeitsmodi
Insgesamt bietet der Atom SQ Controller vier Arbeitsmodi: Song, Instrument, Editor und User. Während der Instrumenten-Modus zur Steuerung eines Software-Instruments samt Nutzung des internen Arpeggiators dient, kann man den Song-Modus heranziehen, um innerhalb einer DAW einzelne Tracks zu steuern, d. h. Spuren können vom Controller aus scharf-, stumm- oder auf Solo geschaltet, gezoomt oder innerhalb des Arrangements navigiert werden etc. Atom SQ unterstützt Mackies MCU/HUI-Protokolle und kann mit Hilfe derer in jede DAW eingebunden werden.
Deutlich tiefgehender ist die Einbindung in Presonus eigene DAW Studio One, daher unterteilen sich die folgenden Beschreibungen oftmals in „grundsätzlich Features“ und „Features in Verbindung mit Studio One“. Aber auch die Zusammenarbeit mit Ableton ist sehr gut, dazu gleich mehr.
Song-Modus
Schaltet man im Standalone-Betrieb in den Song-Modus, stehen zunächst die fünf o. g. Befehle zur Verfügung, d. h. Solo, Mute, Arm, Zoom und Cursor. Auf einer zweiten Menüseite stellt der Atom SQ weitere sechs Befehle zur Steuerung der DAW zur Verfügung. Diese können als klassische MIDI-Befehle individuell programmiert werden. Zusätzlich dient die Transportsektion zur Steuerung der DAW.
Bei der Arbeit mit Studio One erweitert sich das Spektrum der zu kontrollierenden Parameter dann deutlich. Hier ist es bspw. auch möglich, Effekte durchzuscrollen, Loops und Marker zu setzen und vieles mehr.
Instrumenten-Modus
Im Instrumenten-Modus wird der Controller zur MIDI-Tastatur, worüber Software-Instrumente gespielt werden können. Seite 1 des entsprechenden Menüs erlaubt die Zuweisung der Pads als Keyboardtastatur (mit Einstellung der gewünschten Skala), als Blocks (zum Spielen von Drumsounds) und als Continous-Pads, d. h. die Tonhöhen werden chromatisch von links nach rechts und in beiden Reihen verteilt (Oktavierung zur Anpassung ist möglich). Neben den Tastatur-Pads lassen sich dazu auch die acht Drehregler sowie der Touchstrip für die Performance nutzen. Einfach mit dem gewünschten MIDI-Parameter belegen und das Software-Instrument während des Spielens editieren. Über einen Pedalanschluss verfügt der Atom SQ zwar nicht, aber sollte man darauf zurückgreifen wollen, lässt sich hierfür die Bank-Taste A nutzen. Nicht perfekt, aber für ein Controller dieser Größe vollkommen ok.
Über die zweite Menüseite des Instrumenten-Modus lässt sich dann auch noch der interne Arpeggiator hinzuziehen. Sieben Modi (Up, Down, Up/Down, Down/Up, Random, Chord, Input), Swing-Faktor, Rate (1/4 bis 1/32 Triole) und der Oktavenbereich lässt sich hier festlegen.
Das Spielgefühl der Pads ist erstaunlich gut, hätte ich so ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Dank der Anschlagsdynamik und Aftertouch lassen sich sowohl Melodien als auch Akkorde dynamisch und live-tauglich einspielen. Das reicht definitiv für mehr als nur „schnell mal paar Töne hingedrückt“, super. Auch unter iOS funktioniert Atom SQ einwandfrei und lässt sich hierdurch sehr gut als Allrounder-Controller im mobilen Umfeld einsetzen.
Arbeitet man mit Studio One, lässt sich vom Controller aus durch die eigene Instrumenten-Bibliothek scrollen, das gewünschte Instrument aufrufen, in den Track laden und auch das jeweilige GUI des Software-Instruments kann geöffnet werden, so dass man darauf folgende Parameteränderungen direkt auf seinem Computerbildschirm sieht und nachvollziehen kann. Auch welche Pads bspw. mit Samples belegt sind (mit Hilfe der Buttons A-H lässt sich auch durch Bänke schalten) – leuchtet ein Pad ist darauf ein Sample gemappt, ist es grau, liegt kein Sample an – lässt sich sofort erkennen. Diese Arbeitsweise erspart etliche Mausklicks und verbessert den Workflow, super.
Editor-Modus, User-Modus und MIDI-Features
Wechselt man in den Editor-Modus, erscheint in Studio One automatisch der zur Spur passende Editor und das Menü des Controllers zeigt diverse Bearbeitungsfunktionen wie Quantisierung, Humanize, Velocity, Nudge etc. an.
Im User-Modus und bei aktiver Verbindung zu Studio One wechselt Atom SQ automatisch auf die Befehle, die im Editor für externe Geräte hinterlegt sind. Bei meinem Testgerät sind dies die folgenden. Diese lassen sich individuell an die eigenen Wünsche anpassen.
Im Standalone-Betrieb erlaubt dieser Modus (zusammen mit dem User-Modus für das Einstellen des Touchstrips) das Programmieren des Controllers auf die gewünschten MIDI-CCs. Dazu lassen sich für jeden Drehregler auch Min- und Max-Werte festlegen.
Alle Belegungen zusammen (für Drehregler und die Bank-Tasten A-H) lassen sich in einem von 10 Presets speichern, wobei jedes Preset wiederum verschiedene Bänke beinhaltet. Für die Drehregler gibt es vier Bänke, für die Buttons zwei. Da kommen also schon einige Kommandos zusammen die gesteuert werden können. Schade ist nur, dass man die Drehregler nicht mit ihrer Funktion/Kommando benennen kann, bspw. Filter, Panorama etc. Würden diese bei Betätigung im Menü angezeigt, würde das die Übersichtlichkeit noch mal erhöhen. Vermutlich könnte so etwas aber mit einem Firmware-Update nachgebessert werden.
Ableton Integration
Wie bereits erwähnt, ist Atom SQ auch gut mit Ableton Live nutzbar. Die Arbeitsmodi sind dabei nahezu identisch, so dass im Song-Modus zwischen Tracks (inklusive der Anzeige der Track-Namen) gewechselt werden kann, Clips und Szenen können gestartet werden, im Instrumenten-Modus lassen sich die Devices (inklusive dem Atom Arpeggiator) spielen, über die Drehregler die Lautstärke des Tracks und dessen Sends und mit Hilfe der Bank-Tasten lassen sich u.a. diverse Ansichten aufrufen (Browser, Details etc.)
Auch die eigentliche Device Control ist gut gelöst. Presets lassen sich durchsteppen, Parameter über die Drehregler steuern und vieles mehr. Allerdings zeigt Atom SQ nicht an, welcher Parameter sich hinter den Drehreglern versteckt. Momentan tendiert das also eher in Richtung „Trial & Error“, da wäre es schön, wenn der Parametername in einem zukünftigen Update auch auf dem Display zu erkennen wäre.
Step-Sequencer
Leider nur den Studio One Nutzern vorbehalten, aber dadurch nicht weniger interessant, ist der Step-Sequencer. Ganz im TR-Stil lassen sich hier in Verbindung mit Studio Ones Pattern-Editor Drum-Sounds im Handumdrehen programmieren, Pattern hinzufügen, Variationen erstellen und Beats an die eigenen Vorstellungen anpassen. Angefangen beim Auswählen des Kits, der Anzahl der Steps, das Quantisieren etc., all das lässt sich direkt vom Atom SQ ausführen, ohne auch nur einmal zur Computermaus greifen zu müssen. Hinsichtlich des Workflows ist das schon erstaunlich gut optimiert.
Schön wäre es natürlich, wenn Atom SQ in irgendeiner Art und Weise auch einen Standalone-Sequencer an Bord hätte, denn dann würde der Controller natürlich richtig zum Performance-Gerät werden. Sowohl fürs Studio als auch für die Bühne.
Zitat: „Aber auch in anderen DAWs, … macht der Controller eine mehr als gute Figur.“
Wie sieht es denn mit Cubase aus? Was leistet der Controller da? Gibt es Einschränkungen?
Auf der Herstellerseite habe ich nichts dazu gefunden.
Hallo. Du kannst den Atom SQ als klassischen MIDI-Controller einbinden, d.h. über MIDI Learn von Cubase die Bedienelemente des Atom SQ zuweisen und zusätzlich die Transportkontrolle nutzen, Kanäle des Cubase Mixers auf Solo schalten, muten, die Pads als MIDI-Keyboard nutzen etc. Nicht so galant und weitgehend wie in Studio One, aber da ist schon einiges möglich.
Nutze Studio One aber wäre schon schön wenn man den Atom auch als Hardware Sequencer nutzen könnte. Schade.
@elbonzoseco Absolut, dann würde der Atom SQ sein Einsatzgebiet nochmal deutlich erweitern
Danke für den guten Bericht zu diesem interessanten Produkt. Da ich Studio One nutze und der Preis doch recht günstig ist, habe ich den jetzt mal bestellt (obwohl ich nach dem „Mischpult-Kundenhängenlassen“ nichts mehr von PreSonus kaufen wollte).
@liquid orange So, das Teilchen ist gekommen und ich bin begeistert. Deutlich weniger zur Maus bzw. Trackpad greifen, wesentlich intuitiveres Arbeiten.
Ich würde den Artikel aber unbedingt noch bei Keys und Studio verlinken, denn man macht ja nicht „nur“ Beats damit. Ich finde es super, dass ich jetzt Soundeinstellungen sehr rasch überprüfen kann ohne das Keyboard zu benutzen und auch im Songmodus in StudioLive geht alles wesentlich schneller.