Revstar die Zweite!
Ziemlich genau 4 Jahre ist es her, als Yamaha die Revstar Serie in den Markt katapultierte. Man kann getrost sagen „katapultiert“, denn die neuartigen Klampfen des Traditionsherstellers schlugen damals wie eine Bombe ein. Selbstverständlich bekamen wir die Gelegenheit, eine der neuen E-Gitarren ausgiebig zu testen, mit einem Klick HIER gelangt man zum Testartikel vom Februar 2016. Nun schien es Zeit für ein Update und so hat uns die Firma Yamaha erneut eine Revstar zur Verfügung gestellt, brandneu und kurz davor, in die Läden ausgeliefert zu werden. Ihr Name: Yamaha Revstar RS720B, wobei das „B“ wohl für das Bigsby-Vibratosystem steht, das auf der Decke montiert wurde. Mal schauen, ob auch die zweite Generation ein ähnlich überzeugendes Bild abgibt!
Yamaha Revstar RS720B – Facts & Features
Die Form ist die Alte geblieben – und das ist auch gut so. Denn zwischen all den Einheitsdesigns der Stangenware der letzten Jahre oder sogar Jahrzehnte ragt der Double Cutaway Korpus im Stil einer alten Gibson Melody Maker nach wie vor deutlich heraus. Oder es mit den Worten des Herstellers zu sagen: „Begeistert von den geschmackvollen Linien und der ausgefeilten Performance der Café Racer Motorräder, die Londons Straßen der 1960er zierten, übernimmt Revstar deren reduziertes, technisch ausgereiftes und optisch cooles Konzept.“ Basis dieses „Konzepts“ ist ein Korpus aus Mahagoni, auf dem eine seidenmatt lackierte und dezent geflammte Ahorndecke aufgeleimt wurde. Die Revstar gibt es nach wie vor in sehr großer Farbauswahl, das mir vorliegende Testmodell besitzt ein „Vintage Japanese Denim“ Finish.
Ein cremefarbenes Binding umrandet sämtliche Kanten der Decke und setzt sich am Rand des Griffbretts hinauf bis zur Kopfplatte fort. Eingeleimt wurde ein Hals mit einem Palisandergriffbrett und einem angenehm flachen Radius auf seiner Rückseite, im Bereich des Übergangs zum Korpus wurden beide Teile extrem ergonomisch zusammengefügt, sodass man hier kaum von einem Halsfuß im eigentlichen Sinne sprechen kann. In Verbindung mit den weit ausgesägten Cutaways ergibt sich somit eine gute Erreichbarkeit der oberen Lagen des Griffbretts.
Im Gegensatz zur Decke wurde der Rest der Gitarre komplett mit einer Klarlackschicht überzogen, das betrifft auch die Halsrückseite, doch hier kann von Anfang an gleich Entwarnung gegeben werden. Yamaha hat bei diesem Lack offensichtlich eine gute Mixtur hinbekommen, die zum einen den Großteil des Instruments bestmöglich schützt und zum anderen nicht für übermäßiges bzw. störendes Ankleben der Greifhand sorgt.
Bestnoten gibt es auch für die Bundierung, alle 22 Jumbo-Bünde wurden sauber eingesetzt und an beiden Kanten perfekt abgerichtet. Zudem sorgt eine sorgfältige Politur der Bundoberflächen dafür, dass es von Anfang an perfekt „flutscht“. Ebenfalls Lob verdient die Werkseinstellung unseres Testinstrumente, direkt aus dem Gigbag gepackt, denn in einem solchen wird sie ausgeliefert, zeigt sich die Yamaha Revstar RS720B E-Gitarre nahezu perfekt bespielbar, was selbst bei Instrumenten in dieser Preisklasse nicht so oft vorkommt und von mir auch deshalb immer wieder gerne angesprochen wird. Ebenfalls perfekt justiert war die Oktavreinheit unseres Testinstruments – Akkorde und Voicings klangen stets sauber und klar, egal an welcher Position auf dem Griffbrett auch immer gespielt.
Yamaha Revstar RS720B – Hardware und das Bigsby
Man muss nicht lange drum herumreden – das Highlight bei der Hardware der Revstar protzt bereits auf der Decke. Bei einem Bigsby-Vibrato scheiden sich die Geister, zweifellos aber verleiht dieses System einer E-Gitarre einen nicht zu unterschätzenden Charme und auch in diesem Fall ist es so, zumindest meiner Meinung nach. Ein Floyd Rose wäre hier ein echter Stilbruch, ein einfaches Vintage-Vibrato hingegen würde bei Weitem nicht solch eine coole Optik ermöglichen. Überraschend ist die recht gute Stimmstabilität des Systems, was aber auch zu einem Großteil auf die Klemmmechaniken an der Kopfplatte zurückzuführen sein dürfte. Sicherlich sind ein, zwei Cent Verstimmung auf dem Stimmgerät nach Benutzung des Hebels feststellbar, dafür aber funktioniert das montierte Bigsby B50 einfach wie erwartet wunderbar weich und harmonisch. Kenner werden sich an dem störrischen Hebel kaum stören, denn der gehört ja schließlich dazu!
Die Mechaniken stammen aus eigener Fertigung und sind, wie bereits angesprochen, Typen mit Klemmmechanismus, die einen nicht unwesentlichen Teil zur guten Stimmstabilität des Bigsby-Vibratos beitragen. Doch nicht nur das, sie laufen absolut präzise und völlig frei von Spiel auf ihren Achsen und auch für das Auge wird mit der matt eloxierten Goldschicht etwas geboten. Echt klasse, wie Yamaha bei der Revstar solche feinen Details hervorgehoben hat, man kann es nicht oft genug erwähnen!
Yamaha Revstar – Humbucker mit Singlecoil-Option
Bei den Tonabnehmern setzt Yamaha nach wie vor auf Eigenproduktionen und stattet die Yamaha Revstar RS720B E-Gitarre mit zwei Humbuckern aus, die über ein Push-Pull-Tone-Poti in den Singlecoil-Modus versetzt werden können und in ihrem mattgebürsteten Alukäfig verdammt scharf aussehen! Ein griffgünstig platzierter Dreiwegeschalter sorgt für die Auswahl der Pickups, das Volume-Poti komplettiert die elektrische Schaltung. Auch an dieser Stelle kann man nur ein Lob über die Qualität der verbauten Komponenten sprechen bzw. schreiben und erfahren, was doch in der 1000-Euro-Klasse heutzutage möglich ist. Denn genau dort befindet sich unsere Revstar und ist damit eines der teuersten Modelle der Serie. Die Regler mit ihren griffigen Metallknöpfen laufen ohne Spiel auf den Achsen, der Schalter rastet knackig ein und wurde zudem sehr griffgünstig, fast schon am Rand der Decke positioniert. Wenn der Hebel des Bigsby zurückgeschoben wird, sind sämtliche Bedienelemente ganz easy zu erreichen.
Yamaha E-Gitarre – In der Praxis
Akustischer Grundsound/Handling
Bereits der Grundsound ist nicht zu verachten: Drahtig, bissig, dazu mit einem guten Attack bestückt und auch in puncto Sustain lässt sich hier schon erahnen, wohin die Reise mit angeschlossenem Amp geht. Die Bespielbarkeit ist hervorragend ab Werk, dank des angenehm flachen Halsprofils und der guten Saitenlage ist der Hals auf seiner gesamten Länge wunderbar bespielbar. Zudem zeigt sich die Yamaha Revstar RS720B E-Gitarre perfekt ausbalanciert auf dem Schoß oder am Gurt, obwohl man das Instrument sicherlich nicht als Leichtgewicht bezeichnen kann. Ist ja auch klar: Das Bigsby, die ToM-Bridge, die Klemmmechaniken an der Kopfplatte, die Humbucker in ihren Metallkäfigen – all das drückt natürlich Gewicht auf die Waage.
In den Amp eingestöpselt
Nicht nur die Optik dieser E-Gitarre versprüht ein herrliches Vintage-Design: Der Klang der Yamaha Revstar RS720B steht dem absolut in nichts nach! Die beiden Humbucker haben keine Mühe, den Grundsound an den angeschlossenen Amp zu portieren und ergänzen den Klang deutlich mit einer weichen „Vintage-Note“. Und das unabhängig davon, ob nun als reine Humbucker betrieben oder als Singlecoils geschaltet – bei beiden Varianten gibt es eine Menge an Sounds zu entdecken! Die reichen von warmen und fetten Blues-Lines des Front-Humbuckers, über dynamisch spielbare Crunchsounds beider Pickups bis hin zum „Riff-Inferno“ des Kollegen in Stegposition. Schade ist bloß, dass die Signalqualität und die Dynamik insgesamt nachlassen, wenn man das Volume-Poti etwas absenkt. Wer gerne mit Amp und Gitarre experimentiert, der könnte ja hier beispielsweise eine Treble-Bleed-Schaltung einsetzen, um noch mehr Sounds (in Interaktion mit dem angeschlossenen Amp) zu erzeugen. Aber auch so schon ist das Angebot mehr als genügend und sollte alles abdecken, was nur im Entferntesten mit Rock ’n‘ Roll zu tun hat.
Yamaha Revstar – Klangbeispiele
Erzählen bzw. schreiben kann man viel, entscheiden tun aber die Ohren! Für die Klangbeispiele habe ich die Yamaha Revstar RS720B E-Gitarre in meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark eingeklinkt. Der war verbunden mit einer 1×12″ Celestion V30 Box, ehe das Signal mit einem AKG C3000 Mikrofon in Logic Audio ohne weitere Effekte aufgezeichnet wurde,
Für alle Nicht-Markenfetischisten könnte das eine Gitarre fürs Leben sein. Toll gemacht, sieht klasse aus und klingt toll. Danke für den tollen Test!
@Jörg Hoffmann Bitte, bitte … ich find die Klampfe ECHT Hammer!!!
Ich finde es ja irgendwie gut, wenn ein großer Hersteller wie Yamaha – die ja eher das Image eines soliden Langeweilers haben – sich traut, ein insgesamt recht eigenständiges, wenn auch vintage-inspiriertes Design auf den Markt zu bringen. Schick.
@janschneider So richtig eigenständig ist das Design leider nicht und eigentlich nicht mal der Name. Bei Reverend gibts die Vorbilder…
Ich hatte allerdings mal die billigste Revstar (RS320) in quietschgelb in den Händen und ärgere mich, dass ich mir den Spontankauf verkniffen habe. Die war richtig gut.
Wenn Yamaha jede Dekade mal was für uns E-Klampfer rausbringt, dann hat das meistens Hand und Fuß … man denke an die Pacifica zB. – coole Klampfe für wenig Patte!