Endlich Ordnung im Studio
Hand aufs Herz: Wie sieht Ihr Arbeitsplatz im Heimstudio aus? Ein Bürostuhl, ein ausrangierter Tisch, daneben ein kleines 19er-Rack, das Masterkeyboard irgendwo im Raum und all das garniert mit viel Kabelsalat? So sah es zumindest bei mir lange Jahre aus. Der Gerätepark wuchs, der Platz wurde immer knapper, das Arbeiten immer ungemütlicher. Und damit reifte die Erkenntnis, dass es höchste Zeit war, auch mal in vernünftige Studiomöbel zu investieren. Es folgte wochenlange Recherche: Foren durchkämmen, Meinungen einholen, Online-Angebote checken. Am Ende entschied ich mich dann für den Zaor Miza 88 XL Grey Wenge. Warum und was der so kann, das lesen Sie im nachfolgenden Test.
Studiomöbel: Von der Stange oder maßgeschneidert?
Das Angebot beim Musikgeschäft um die Ecke ist – Studiomöbel betreffend – dann doch meist eher sehr überschaubar. Wenn er so etwas überhaupt führt: Die Teile nehmen einfach zu viel Platz weg und sind zudem dann auch zu sehr „special interest“. Was bleibt, ist der Blick ins Netz. Und da stellt sich dann die Frage: Maßgeschneidert oder von der Stange?
In der Abteilung „Von der Stange“ dominieren einige große Marken das Angebot. Dazu gehören – neben Zaor – unter anderem Sessiondesk, Glorious, Sterling Modular, Buso Audio, Studio RTA oder Thon. Preislich reicht die Spanne da von 180,- Euro für einen einfachen, kleinen Tisch (Studio RTA Creation Station) bis rauf an die 3.000,- Euro-Grenze für einen Tisch, der auch größere Pulte noch aufnehmen kann (Buso Audio Audient ASP4816). Der Vorteil dieser Produkte: Sie sind relativ preiswert (da in größerer Stückzahl produziert) und auch kurzfristig lieferbar. Zudem kann man dann auch später zum Beispiel noch ein Rack im selben Design recht einfach nachkaufen. Der Nachteil: Die Möbel passen selten perfekt in den Raum, auch bei der Ausstattung muss man mitunter Kompromisse machen. Wer jetzt unbedingt 17 HE für seine Racks benötigt, muss dann sich dann eventuell doch an die Maßschneider wenden.
Die finden sich inzwischen zuhauf im Netz. Mehr und mehr Schreinereien haben sich auf Studiomöbel spezialisiert, besonders in Süddeutschland sind da einige zu finden – zum Beispiel „Music Customs“ in Kulmbach. Der Vorteil hier: Das Möbelstück wird exakt nach den eigenen Vorstellungen gefertigt. Oftmals erleichtert es ein Online-Konfigurator, die eigenen Vorstellungen grob zu visualisieren. Am Ende hat man dann einen Studiotisch, der perfekt ins Studio passt, Platz für all unsere Geräte bietet und auch ergonomisch abgestimmt ist. Da findet dann auch der Zwei-Meter-Mann endlich einen Tisch, an dem er arbeiten kann. Der Nachteil, die Sache wird etwas teurer und dauert auch etwas länger.
Sehr schön geschrieben und ausführlich dokumentiert! Vor allem den Hinweis auf den Hag-Stuhl fand ich interessant. Wie wäre es denn mal mit einem Stuhl-Vergleich (bitte keine Kalauer)? Da ist natürlich nicht nur Ergonomie, sondern auch geräuschfreies Arbeiten interessant, vor allem beim Aufnehmen akustischer Instrumente.
Endlich mal ein Bericht zu einem der wichtigsten Themen überhaupt. Das Problem mit der Rückseite des Tisches hatte ich auch und habe es mit ca. 25% überdimensionierten Vollgummirädern mit Feststellbremse gelöst. Bei einem Loft hätte ich den Tisch auf Schienen gesetzt. Man muß ja auch zur Reinigung ran. Deshalb ist es ebenso wichtig das alle Kabel die richtige Länge zum bewegen haben. Die Ordnung und genaue Beschriftung aller Kabel wie auch ein Kabelplan haben mir dabei sehr geholfen. Alle Kabel haben auch nur die jeweils nötige Länge. Die Steckernetzteile sollten an einem Furmann hängen und ebenso beschriftet sein. Außerdem brauchen sie Luft und Abstand wegen der Wärmeentwicklung.Wer gerne steht sollte sich einen elektrisch höhenverstellbaren Tisch kaufen. So kann man zwischen Sitzen und Stehen wechseln. Auch hier sind die Kabellängen wieder ein Thema. Walter Much (Sounddesigner/Cutter von z. Bsp. Apocalypse Now) arbeitet nur stehend an seinem Pult.
@Franz Walsch Danke für eure Anregungen. Mal schauen, ob wir irgendwann mal auch Studiostühle testen – eigentlich ein schönes (und meist vernachlässigtes) Thema.
Die Idee, das komplette Pult auf Rollen zu setzen, um an die Rückseite zu kommen, ist an sich nicht schlecht. Da beim Miza 88 XL aber auch schon der Auszug auf Rollen läuft, müssten auch diese dann ausgetauscht werden, da sie sonst ja in der Luft hängen – da ist dann schon einiges an bastlerischen Geschick gefragt. Für mich bleibt da jetzt nur der Weg von vorn durch die Rack-Schächte ;)
Ein Stuhl ist auch ein gutes Thema. Nach Möglichkeit sollte dieser »anprobiert« werden. Ich hatte vor Jahren die Gelegenheit Stunden und Tage in einem »Herman Miller Aeron« zu sitzen. Das ist dann »mein« Stuhl geworden und ist es bis heute geblieben. Den Stuhl gibt es in drei Größen und fast alle Ersatzteile sind übers Internet zu beziehen. Auffällig an dem Stuhl war für mich, das ich selbst nach zehn Stunden noch entspannt in den Feierabend gehen konnte. Das habe ich bis heute bei keinem anderen Stuhl erlebt. Auch in der Wahl waren die Stühle von Dauphin, aber mir passt besser der Aeron.
@Franz Walsch Der Aeron ist es! Mir ist es gleich ergangen. Einmal ein paar Stunden in dem Herman Miller Stuhl, dann nach Hause gegangen und sofort einen bestellt. Das Thema ist damit für mich gegessen. Ich bin glücklich damit. Abgesehen davon ist der Aeron vermutlich eh DER Tonregie-Stuhl mit der grössten Verbreitung in den grossen Studios dieser Welt.
Dankeschön Matthias für den sehr informativen Artikel. Einen richtigen Studio Tisch holt man sich als ambitionierter Hobby Musiker nicht mal so eben. Du gibst gute Anregungen, worauf man überhaupt zu achten hätte, sollte man sich das mal gönnen wollen.
Als kreativer Bastler bevorzuge ich folgende Variante. Bei Ebay ein Klavier für wenige 100 Euro kaufen. Klaviatur ausbauen und durch ein digitales Keyboard ersetzen. In die Front Fenster ausschneiden für 19 Zoll Racks oder Monitore dahinter. Boxen oben drauf. Fertig.
@tantris An sich ne gute Idee, sofern man das dann nur zum Einspielen nutzt. Mir wurden da aber die Arbeitsflächen fehlen für Tastatur/Maus, Mixer usw.
Danke für den schönen ausführlichen Bericht. Ich habe seit Ende letzten Jahres einen Miza 88 – die kleinere Variante, schmaler und die Arbeitsfläche weniger tief. Das ist für mich ausreichend. Mit einem 61-Tasten Keyboard ist daneben noch Platz für Evolver Desktop und Neuron VS Controller. Die Arbeitsfläche vor der ebenfalls schrägen Rackwand (2 x 19″ & Schublade dazwischen) ist belegt mit Macbook in der Mitte, links davon Beatstep und Nocturn Controller, rechts Microbrute. Oben auf der Ablage u.a. JBL Control 1 und der kleine MS 20. Unter der Schublade lassen sich gut USB-, Firewire- und Stromkabel fürs Macbook durchziehen. In den Zwischenraum unter der Schublade (auf das untere Brett/Boden) passen USB-Hub und Netzteile.
Die Füße/Ständer für die Keyboardschublade sind nicht fest, sondern ausklappbar. Etwas wackelig, aber wenn das Keyboard nicht schwer ist (bei mir SY 22) braucht man die Stützen nicht unbedingt.
Kaufempfehlung!
Als Arbeitsstuhl habe ich gerade einen Mey Chair Systems A9-TR-KL2 bestellt.
So ein Studiotisch ist halt ein „Mordstrumm“, wie man in Bayern so schön sagt. Wenn man einen eigenen Studioraum zur Verfügung hat, ist das sicher optimal. Wenn die Musik aber in einer Ecke im Wohnzimmer untergebracht ist, wirkt so ein Tisch schon sehr dominierend. Hat jemand Erfahrung mit den Recording Stations von Jaspers? Die liegen deutlich unter 1000 Euro und wirken wegen der Alurohre etwas filigraner – möglicherweise zu Lasten der Stabilität?
Ich kann diesen Tisch von seiner Wertigkeit, Ergonomie, Qualität und nicht zuletzt von seinem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis auch nur wärmstens empfehlen. Der Autor hat alles Wichtige bereits erwähnt, ich möchte dennoch folgendes von ihm nochmal unterstreichen:
• der Tisch wir per Spedition nur Bordsteinkante auf einer Palette geliefert. Diese Palette muss man selbst entsorgen und sollte es bei Lieferung regnen (wie bei mir), dann bleibt einem nichts anderes übrig, als den Spediteur mit einem Trinkgeld zu bestechen um zu helfen, die schweren Kartons zumindestens in den Hausflur zu stellen.
• für diejenigen die im 4.OG eines Mehrfamilienhauses wohnen bleibt dann auch nichts anderes übrig, als die Kartons im Hausflur zu zerlegen und die Einzelteile separat nach oben zu tragen. Der Autor hat es bereits gesagt – die Kartons lassen sich nicht mit der Hand öffnen und zerreißen, Sogar die getackerten Klemmen bekam ich nur mit einem Schraubenzieher aufgedrückt.
Dieses Zerlegen und aufräumen der Verpackung hat bei mir am meisten Zeit in Anspruch genommen. Der Aufbau an sich ist selbsterklärend.
Dies soll keine Kritik sein, sondern eine kleine Hilfe für die Planung der potentiellen Käufer die in einer Stadt, möglicherweise alleine und in einem oberen Stockwerk, leben.
@funkateer Wie schon geschrieben ist das sicher von Fall zu Fall verhandelbar. Bei mir hat der Fahrer die Palette ohne Diskussion (und Trinkgeld) wieder mitgenommen und auch beim Transport der Kisten bis ins Haus geholfen. Richtig aber ist: Verlassen sollte man sich nicht darauf. Laut Kaufvertrag ist tatsächlich nur die Anlieferung bis vor das Haus (Bordsteinkante) vereinbart.
Ist es nicht billiger und vielleicht besser von einem guten Schreiner die Möbel anfertigen lassen, dann hat man a) was ganz individuelles. b) Man kann sich selbst das holz (von Span bis hochwertigen Teak) aussuchen und die Farbe, man muss nur gut vorplanen und man sollte auch einiges beachten, zb Kabelöffnungen, Luftüngsmöglichkeiten, einfache Zerlegung (falls man umzieht)…
@Ioannis Zedamanis Billiger ist das mit Sicherheit nicht. Handgefertigte Einzelstücke sind immer teurer als fabrikgefertigte Ware, die in größeren Stückzahlen produziert wird. Ich habe mir mal einige Beispielangebote im Netz angeschaut – die lagen alle deutlich höher, selbst bei einfachen Modellen. Und je hochwertiger das Holz, desto teurer wird die Sache (Teak). Klar ist das besser, weil man dann eine passgenaue, individuelle Lösung hat. Aber die muss eben auch bezahlt werden.
Super Artikel. Vielen Dank dafür. Ich finde das Preis-Leistungsverhältnis schwer in Ordnung. Allerdings hat der Tisch ein K.O. Kriterium: Die geringe Beinfreiheit. Logisch, dass man möglichst viel Platz nach oben hin lassen wollte, weil man vielleicht auch mal höhere Masterkeyboards hat, die man dort verstauen möchte. Allerdings ist nichts nerviger beim Produzieren, als ständig mit den Oberschenkeln eingeklemmt zu sein, weil nicht genug Platz zwischen Beinen und ausziehbarer Lade fürs Masterkeyboard da ist.
@nicogrubert Ja, das ist anfangs tatsächlich ein wenig störend. Ich hab mich mit der Zeit aber damit arrangiert. Und wenn ich die Beine einfach lang ausstrecke, gehts auch ganz gut, ich merke das inzwischen schon gar nicht mehr. Klar hätte Zaor das alles auch 10 Zentimeter höher setzen können – aber dann wäre halt die Arbeitsplatte wieder zu hoch gewesen. Es ist halt ein Kompromiss.