Polymorphing Liquid Grooves
Green Box: Quasimidi Polymorph (1999), Synthesizer & GrooveboxEs hätte der deutschen Synthesizer-Schmiede Quasimidi die Rettung bringen sollen, aber die für ihre Zeit recht innovative Dance- und Techno-Workstation kam zu spät. Hier die ganze Geschichte zu einem wirklich außergewöhnlichen, digitalen Vintage-Produkt, das inzwischen am Gebrauchtmarkt seine Liebhaber gefunden hat.
Inhaltsverzeichnis
Virtuell analoges Morphing: der Quasimidi Polymorph
Es sollte Quasimidis letzter Streich werden, wer hätte das allen Ernstes für möglich gehalten, im Jahr 2001 etwa ging Quasimidi insolvent. Der Polymorph kam 1999 auf den Markt und wurde für 2000,- DM angeboten.
Es war die Zeit der Virtuell-Analogen, Nord mit dem NordLead, Access mit dem Virus und Roland mit dem Roland JP-8000 hatten es vorgemacht, natürlich konnte und durfte sich Quasimidi diesem Trend nicht entziehen. So erschien also der Quasimidi Polymorph, ein äußerlich – wenn auch im Original im biederen Mausgrau gehalten – stark an die 309 erinnernder Desktop-Synthesizer, der in erster Linie – wie meistens bei Quasimidi – für den Live-Einsatz konzipiert worden war. Kurz gesagt besteht der Polymorph aus vier unabhängigen Klangerzeugern, die von einem durch die 70er inspirierten Step-Sequencer arrangiert und mit dedizierten Drehreglern klanglich manipuliert werden können. Als reiner Soundexpander für den Studiobetrieb lässt er sich natürlich auch einsetzen, verfehlt aber dann mit Sicherheit seine eigentliche Bestimmung und sein Potenzial bleibt eher verborgen.
Die Technik
- Klangerzeugung: 8-fach polyphon bei drei Oszillatoren pro Stimme, 16-fach bei zwei Oszillatoren pro Stimme; 4-fach multitimbral, 6 klassische Schwingungsformen mit Variationen für Oszillator 1, 36 Sample-basierte Schwingungsformen für Oszillatoren 2 und 3, externes Signal als Basis für Oszillator 3, resonanzfähige Hoch- und Tiefpassfilter; beide 12 dB/Okt.
- Tiefpass wahlweise auch mit 24 dB/Oktave, pro Filtersektion eine Hüllkurve, eine Amp-Hüllkurve, 3 LFOs mit je 6 Schwingungsformen, MIDI-synchronisierbar
- Morph-Sequencer: 4 separate 16-Step-Sequencer, 3 Parameter pro Step
- Speicher: 128 User-Sounds, 4 64 Factory-Speicher, 50 Sequence-
- Speicher, 64 Setup-Speicher für globale Performance-Einstellungen
- Anschlüsse: MIDI-In, -Out, -Thru, 4 Klinkenausgang, 2 Audioeingänge für Line-Pegel (Klinken)
Das Konzept
Wie eingangs schon erwähnt, beherbergt das Polymorph Gehäuse vier unabhängige, gleichwertige Klangerzeuger, die sich bis zu 16 Stimmen – je nach Oszillatorbeanspruchung – teilen. Jeder dieser „Parts“ hat seinen eigenen Sequencer und Effektprozessor. Die Arbeitsweise dieser vier Synthesizer entspricht der des klassisch Analogen, was die Regleranordnung auf der oberen Hälfte der Frontplatte hinsichtlich Oszillatoren, Filtern und Envelopes bereits verrät. Auf eine einfache und übersichtliche Programmierbarkeit wurde anscheinend besonderen Wert gelegt. Statt eines schwer überschaubaren Modulationsroutings besitzt jede Sektion (Hochpass, Tiefpass, Oszillator und VCA) eigene Hüllkurven. Um an die Mixersektion zu gelangen, um alle relevanten Einstellungen wie Lautstärke, Panorama und EQ zu tätigen, müssen dann doch der Edit-Taster bzw. diverse Menüs bemüht werden. Dies alles, sprich die momentanen Einstellungen der Synthesizerparts nebst Sequencer-Eingaben und Effektprogrammierungen kann als sog. Setup gespeichert werden, für die man 64 Plätze im RAM-Speicher zur Verfügung hat.
Auf der unteren Hälfte der Frontplatte befinden sich links alle Regler für den Sequencer und rechts den Mixer bzw. die Anwahl eines der vier Parts zur Editierung. All das ist für Quasimidi typisch klar und einfach strukturiert und leicht zu verstehen. Die Haptik und Verarbeitung sind beim Polymorph nach wie vor hochwertig und verschleißarm, wie gewohnt.
Der Polymorph arbeitet in den vier Modi Unison, Rotate, Multi und Stack, die per Mode-Taste im Mixerbereich zu erreichen sind. Dem erfahrenen Anwender wird hier sicher nur Rotate unbekannt vorkommen, dennoch noch mal kurz zusammengefasst:
- Multi (beim Einschalten automatisch aktiv): entspricht vierfachem Multimode, also jeder Part kann unabhängig per MIDI-Kanal angesprochen werden
- Unison: jeder Oszillator wird mit demselben Sound auf eine Note verschmolzen, was sehr fette, dichte Klänge hervorruft
- Stack: ähnlich Unison, nur mit unterschiedlich wählbaren Sounds, wodurch wuchtige Layersounds entstehen
- Rotate: jede andere gespielte Note triggert einen anderen Sound, was im Ergebnis an Wavesequencing erinnert
Das Oszillatorenfundament
Die drei Oszillatoren des Quasimidi Polymorph liefern unterschiedliche Charakteristika. Der erste im Bunde ist der klassische, er liefert Sinus-, Dreieck- Sägezahn-, Rechteck-, Trapez- und Pulsschwingungen, die sich überdies noch in reichlich Zwischenstufen fahren lassen. Die Sync-Funktion synchronisiert bei Bedarf diesen Oszillator 1 zu einem internen Hilfsoszillator, wodurch noch mal neue Schwingungsformen generiert werden und somit eher aggressive Sounds zur Folge hat – dieser Sync-Modus stellt insgesamt 128 Schwingungsformen zur Auswahl. Die Supersaw oder ähnliches sucht man allerdings vergeblich, auch wenn man durch die vier Parts gestapelte, gegeneinander verstimmte Schwingungen aufrufen kann, die aber natürlich dafür nicht genug Biss haben. Aus meiner Sicht ist das ein kleines Manko, vergleicht man die damalige Konkurrenz der virtuell Analogen – aber das ist selbstverständlich einmal mehr Geschmackssache.
Die Oszillatoren 2 und 3 arbeiten anders, nämlich auf Basis gesampelter Schwingungsformen. Diese Schwingungsformen liefern von Brot-und-Butter bis zu komplexen Zusammenstellungen eigentlich alles, was man braucht, um auch bspw. lebendige Flächen zu erzeugen. Es wurde bei der Zusammenstellung offensichtlich auch Wert auf Vintage gelegt, es sind hier bspw. Mellotrons, Orchestrales, Moog-Bässe, diverse Chöre, Voices usw. zu hören. Ansonsten gibt’s das gewohnte Klangbild von Pianos, Leads, Pads, Sequencern etc., Drums hingegen sind nur einige wenige im Repertoire, ganz im Gegensatz zu den andern Quasimidi Synthesizern.
Als Sonderfall tritt noch der dritte Oszillator in Erscheinung, der auch externe Signale verarbeiten und durch den gesamten Signalweg des Polymorph schicken, sprich mit seinen Filtern und Effekten verbiegen kann. Zur damaligen Zeit war das mit Sicherheit eine sehr schöne Sache, aus heutiger DAW-Sicht natürlich ob der Fülle der vielen angebotenen Filter-Plug-ins eher unbedeutend, zumindest was den Studioeinsatz angeht. Um die maximal möglichen 16 Stimmen nutzen zu können, kann man den dritten Oszillator ganz einfach durch Drehen des Level-Reglers in die Nullposition deaktivieren.
Die Sounds werden noch mal in solo oder monophon spielbar unterschieden, solo ist zusätzlich noch eine Portamento-Funktion verfügbar, sie sich obendrein noch über den Time-Regler feinjustieren lässt. Jeder Oszillator verfügt über einen eigenen Tune-Regler, allerdings mit etwas unterschiedlichen Bestimmungen. Oszillator 1 bestimmt mit diesem Tune-Wert die grundsätzliche Tonlage aller Oszillatoren, der 2. und 3. Oszillator regelt die Tonhöhe im Bereich von zwei +/- Oktaven unabhängig voneinander, noch feiner geht’s mit Detune im Oszillator-Menü. Ferner sind noch die Lautstärken und Stereopositionen pro Oszillator regel- und speicherbar.
Die Klangmanipulation
Die Basis dazu bilden zwei Filter – ein Hoch- und ein Tiefpassfilter mit Resonanzen bis zur Selbstoszillation, die entweder parallel oder seriell verschaltet werden können. Sehr praktisch erfolgt die Regelung dieser mit eigenen Reglern für Grenzfrequenz, Resonanz und Envelope-Modulation – typisch Quasimidi eben! Beide Filter arbeiten mit moderater 12 dB Flankensteilheit, das Lowpass-Filter kann dennoch auch eine deutlich zupackendere 24 dB Flanke beschreiben. Um so was wie Distortion zu erzeugen, lässt sich der zusätzliche Filterregler „Drive“ nutzen, um den Eingangspegel des Filters in die Übersteuerung zu fahren.
Als kleine Besonderheit ist die Koppelfunktion der Cutoff-Regler zu nennen. Es lassen ich so mit dem Lowpass-Cutoff die Grenzfrequenz beider Filter und mit dem Hochpass-Cutoff der Wirkbereich beider Filter zueinander steuern.
Klangformung per Hüllkurven und LFO
Insgesamt stehen dafür drei Hüllkurven in klassischer ADSR-Ausführung zur Verfügung, im Klartext je eine pro Filter und eine für den Lautstärkenverlauf. Der Env-Mod-Regler steuert bekanntermaßen die Modulationstiefe, sowohl im positiven als auch im negativen Bereich, was bei geschickter Filterkombination recht abgefahrene Klangverläufe zulässt.
LFOs hat der Quasimidi Polymorph gleich drei im Angebot, die allerdings leider fest verdrahtet sind, sich also nicht frei beliebigen Zielen zuordnen lassen. Man könnte hier erwähnen, dass dadurch die Flexibilität ein wenig eingeschränkt würde, was in der Praxis aber doch – seien wir ehrlich – keinen wirklichen Nachteil bedeutet, taucht man ja doch eher nicht bis auf den Grund des technisch Machbaren eines Synthesizers.
LFO 1 moduliert grundsätzlich die Pulsbreite der Oszillatoren, LFO 2 die Tonhöhe und LFO 3 die Filtergrenzfrequenz. Der Aufbau dieser drei Oszillatoren ist jeweils mit Rate und Depth identisch, die Modulation des Low- bzw. Highpassfilters wird separat geregelt. Mit den Schwingungsformen des Sinus, Sägezahns auf- und abwärts, Rechtecks (schmal oder normal) und Randoms gibt es mehr als genug Futter für die LFOs. Erfreulicherweise lassen sich die LFOs zur MIDI-Clock oder zum internen Sequencer synchronisieren, was ja damals Ende der 90er nicht unbedingt selbstverständlich war.
Der Effekblock
Wie eingangs schon erwähnt, bietet der Polymorph 4 unabhängige Effektgeräte, die wiederum in 4 Blöcke unterteilt sind:
- Equalizer (zweibandig)
- Distortion
- FX1 (mono: Delay, Flanger, Chorus)
- FX2 (stereo: Delay, Flanger, Chorus)
An dieser Stelle sei natürlich auf die Effektqualität hingewiesen, die aus heutiger Sicht etwas schwach daher kommt und eher als Bestandteil eines Sounds zu sehen, aber trotzdem völlig in Ordnung ist.
Das Herzstück – der Step-Sequencer
Das Konzept hier sollte wohl auf die analogen Step-Sequencer der 70er abzielen, was zu Polymorph-Zeiten eher eine Rarität war. Der Unterschied zu einem DAW-eigenen Sequencer besteht ja hauptsächlich darin, mit jeder Note auch Klangänderungen generieren und programmieren zu können, was Quasimidi hier Morphing-Sequencer nennt. Das Gewicht liegt eben nicht auf der Komplexität der Tonfolgen, sondern auf der Variabilität der aufeinanderfolgenden Klangfarben bei vergleichsweise simplen Tonfolgen.
Jeder Part des Polymorph enthält je einen sechzehnfachen Step-Sequencer, der sich über 8 Potis und 20 Taster bedienen lässt. Direkt zugreifen kann man allerdings zunächst nur auf 8 Schritte, mithilfe des Page-Tasters erreicht man über dieselben Taster dir Schritt 9-16. Das nicht sehr geschmeidig, aber dennoch nach einiger Zeit kein Manko mehr. Die erste Sequenztastererzeile besteht aus der Pitch-Regelung, d. h. die Einstellung der Tonhöhe eines Steps in Halbtonschritten, in der Folge die kontextabhängigen Taster Line 1 -3, mit denen sich bspw. Grenzfrequenz, Tuning, Resonanzwerte etc. ebenso für jeden Schritt bestimmen lassen. So können drastische Klangänderungen innerhalb einer Sequenz realisiert werden, was wirklich mehr als interessant sein kann. Dahinter folgen dann noch 4 Positionstaster zur Editierung einer Sequenz. Links am Rand wird zunächst mit Cycle Length die Anzahl der Schritte bzw. Pattern-Länge eingestellt, maximal 16 sind möglich, wobei alle 4 Parts nicht zwingend in gleicher Länge programmiert sein müssen. Schön ist auch, dass man während einer laufenden Sequenz zu einer anderen schalten kann, ohne Ruckler oder sonstige Aussetzer. Als eine Art Fernbedienung währende einer Live-Darbietung kann ein MIDI-Eingabekeyboard fungieren, sei es, um laufende Sequenzen durch Tastendruck in der Tonhöhe zu verändern oder sei es durch eine Live-Improvisation eines entsprechend adressierten Sounds des Polymorph per Eingabekeyboard.
Werksseitig verfügt der Polymorph bereits über 360 vorgefertigte Sequenzen, für eigene Kreationen warten 50 Speicherplätze darauf gefüllt zu werden. Ein komplettes Arrangement, Setup genannt, kann also aus maximal 4 Parts inkl. deren Sequenzen bestehen, jede (ebenso die Soundauswahl) für sich editierbar durch Tastendruck „Sel 1 – 4“ im Mixerbereich. Die mithilfe des Tempo-Dials gewählte Geschwindigkeit gilt selbstverständlich für alle 4 Parts einheitlich, was anders ja auch so gut wie unbrauchbar wäre.
Das zur damaligen Zeit Reizvolle war sicherlich die Manipulierbarkeit laufender Sequenzen in Echtzeit, also so etwas wie Änderung der Tonhöhen, das Starten einer anderen Sequenz von einem beliebigen Startpunkt aus, das Stummschalten einzelner Steps, das temporäre Einfrieren eines Steps oder das Rückwärtsspielen einer Sequenz. Alle diese Infos können in bis zu 8 sog. Subsets zum dazugehörigen Setup mit abgespeichert werden, das sollte mit Sicherheit ausreichen.
Natürlich darf auch der Groove-Regler nicht fehlen, also die variable Quantisierung von statisch bis Shuffle. Als Schmankerls gibt’s noch die Beat-Shift-Funktion, die es erlaubt, das Taktraster einer Sequenz um eine Zählzeit zu verschieben. Das ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, soll es nicht im tonalen Chaos enden. Aber gerade in ausgedünnten Passagen oder als Intro kann das sehr wirkungsvoll sein, ich erinnere mich, dass das in den Neunzigern mal sehr beliebt war.
Der Reiz des Polymorph für heutige Produktionen
Man kann es vielleicht am besten auf eine einfache Formel bringen: Der Quasimidi Polymorph ist eine Mischung aus Endsiebziger-Analog-Sequencer-Technologie, Achtziger-Digital-Synthese und Neunziger-DSP-Programmiertechnik. Er klingt auf jeden Fall abwechslungsreich, mal dünn, mal dick, mal lebendig, mal statisch, mal lieblich und mal aggressiv. Aber eben auch meiner Ansicht nach immer nach Quasimidi, nach purer Elektronik mit starken Reminiszenzen der 70er und frühen 80er eben. Mir geht es immer so, schalte ich ein QM-Gerät ein und stöbere durch die vorgefertigten Sequenzen oder Sounds, sofort an Kraftwerk oder Tangerine Dream erinnert zu werden. Interessant ist er allemal, auch heute noch, vor allem für Produzenten, die ein Genre repräsentieren, das von Step-Sequencern genährt wird. Für Live-Darbietungen dieser Zielgruppe ist der Polymorph, auch im Verbund mit aktuellen Geräten, ein gutes Arbeitstier, das für das Salz in der Suppe sorgen kann.
Der Quasimidi Polymorph on YouTube
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Vielen Dank für den schönen Artikel! Anno 2000 für mich ein Traumteil, leider außerhalb meines Budgets. Die Klangästhetik ist typisch Quasimidi und klingt heute leider etwas arg angestaubt und kommt klanglich nicht an die VA Zeitgenossen heran. Schade, dass QM so früh das Zeitliche gesegnet hat, wäre spannend gewesen zu erleben was da noch alles hätte kommen können…
@Tomtom Nun, den Polymorph klingt einfach anders als seine Zeitgenossen. Aus der Zeit habe ich noch bis heute einen Virus der ersten Reihe und, na gut, ich gebe es zu, einen Yamaha CS1x. (Selbst der Letztgenannte hätte seinen Charme, wenn das Schrauben eigener Klänge nicht schon wieder so herstellertypisch höllisch umständlich wäre).
Während Virus ja bekanntlich vor allem die damals schon allerseits fehlenden Analogen so gut es geht nachahmt und das mit ordentlichem hands-on-Erlebnis, versucht der Polymorph gar nicht erst etwas zu imitieren. Jedenfalls nicht, nachdem die Preset-Sounds durch eigene Klangschraubereien ersetzt sind. Der klingt einfach nach Polymorph und nach nix anderem, egal wie man ihn zu verbiegen versucht. In meinen Ohren definitiv ein Feature. :)
Auch wenn man ihm die internen Effekte abstellt, die täuschend echt nach damaligen Windows-Soundkarten klingen, und stattdessen einen H9 wurschteln läßt, klingt es immer noch nach Polymorph-Genen.
Irgendwann hatte ich ein entsprechendes Ensemble spaßeshalber aufgenommen: es ging eben um die Frage „Wie klingt Polymorph mit dem [gerade frisch erworbenen] H9“?
Die musikalischen Qualitäten stelle ich in dem folgenden Video freilich nicht zur Debatte:
Quasimidi Polymorph & Eventide H9, feat. Yamaha CS1x
https://youtu.be/FoSRg8jrt_U
Viele Grüße,
Alexander
Ein Phänomen, wenn die einstige Ramschware auf dem Gebrauchtmarkt wieder die 1000€ Schallmauer erreicht. Wer ist Schuld? Dawless-Bewegung, Klaus Schulze Fans der Boomer Generation oder hat Jörg Schaaf alles vom Markt gekauft und betreibt eine virale Kampagne für seine Rentenbezüge?
https://www.joergschaaf.de/wordpress/tag/klaus-schulze/
😉
Das U des Preisgebilde-Tals ist schon lange durchschritten; mittlerweile bekommt man die hier so abwertend belegte „ehemalige Ramschware“ bereits zu höher-als-Neupreisen. Tja, mehr Geräte werden es jedenfalls nicht im Umlauf, außerdem gibts was solides in die Hand, was man von Weichware nicht behaupten kann. Geschichte zum Anfassen und daran Freude haben halt.
Bei alten DAWs und Audiotools würde fast keiner versuchen noch paar Euros rauszuschlagen, die kopiert man einfach(st). In SE Asien hat SW übrigens genau diesen Stellenwert, dort zählen nur physische Produkte.
Ach, übrigens gibts schon Diskussion zu und Liebhaber von „Vintage Plugins“: https://shorturl.at/fkOP
Schauder, ich möchte Steinberg Neon und Co. sowie dem Installationsgerassel wo jeder sein eigenes Ding macht keine Träne hinterlassen.
Nach wie vor ein interessantes Teil. Dass der Sound evtl. nicht mehr auf der Höhe der Zeit sein mag – was immer das heißt – stört mich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wenn nämlich alles auf der Höhe der Zeit ist, fällt das vermeintlich minderwertige erst Recht als etwas Besonderes auf. Anders lässt es sich auch nicht erklären, dass Sampler-Grooveboxen bewusst mit LoFi-Sound entwickelt werden (siehe zuletzt der Test des Sonicware Liven LoFi-12 hier auf Amazona).
Ich hatte den Polymorph eine endlos lange Zeit auf dem Schirm, konnte mich aber nie durchringen, ihn zu erstehen. Selbst als er mal gebraucht EUR 350 kostete. Irgendwie war mir das Ding dann zu suspekt; keine Ahnung warum. Ich habe mir dann den spezialisierteren »Korg MS2000R« zugelegt (dessen Sequencer auch ungemein unerhörtes zutage bringt).
Auf jeden Fall war das so die Zeit, da der Sequencer zusätzlich als Modulationsquelle für alles Mögliche entdeckt wurde (was übrigens Klaus Schulze schon immer gemacht hat; es gibt Gründe, warum ich den Mann bis heute ehre).
@Flowwater „Irgendwie war mir das Ding dann zu suspekt; keine Ahnung warum.“
Möglicherweise warst Du um die Jahrtausendwende im Keyboards-Forum unterwegs, zu der Zeit, nachdem Quasimidi Konkurs anmelden musste. Da gab es ein paar Leute im Forum, die keine, wirklich keine, sprich: keine Gelegenheit ausließen, Quasimidi im Allgemeinen und den Polymorph im Besonderen mit dem Dreck zu vermengen. Ich weiß bis heute nicht, warum es so war. Es war aber so. Zuzugeben, einen Polymorph (erst recht mit Begeisterung) zu nutzen lag nachgerade einem sozialen Suizid gleich, jedenfalls in dem besagten Forum. Kurz darauf waren die Preise im Keller und ein gebrauchter Polymorph bei mir – um zu bleiben, bis dato. :)
@Aljen Jetzt da Du es ansprichst: Ja, DAS kann sehr gut sein. Da klingelt etwas bei mir, dass im alten Keyboards-Forum Quasimidi nicht gut weg kam.
Wer noch hören will, was der Polymorph kann, dem sei das Album „Trance Appeal“ von Wahnfried aka Klaus Schulze ans Herz gelegt. (Das Album entstand übrigens mit Quasimidi-Guru Jörg Schaaf)
Die Sequenzen auf „Esprit sans frontières“ sind immer noch ultra geil und kommen aus dem Polymorph.
https://www.youtube.com/watch?v=6kay2Y-8SDI&ab_channel=Wahnfried-Topic
Ich hatte viel Hardware von verschiedenen Herstellern und habe alle verkauft als ich auf Software umgestiegen bi. Das einzige Gerät welches ich heute vermisse, ist der quasimidi Polymorph. Jedes mal wenn ich das Gerät eingeschaltet habe, kam ich nicht mehr davon los und habe interessante Sachen gemacht. Das Ding klang einfach immer gut. Wenn ich mir heute die Aufnahmen anhöre, klingeln Sie immer analog und auch etwas schmutzig. Leider ist es sehr schwer zu finden. Tolles Gerät.
Hier noch mein „Ich-war-dabei-Video“ zur Entstehung des Polymorphs! Viel Spaß! :-)
https://youtu.be/Jpfz4tcMP2o
Die Quasimidi 309 fand ich schon super. Leider habe ich nie einen Polymorph kaufen können. Entweder zu teuer geworden und dann später einfach zu rar.
Schöne Zeitreise. ❤️
1999 was für ein mystisches Jahr.
Damals hatten Clavia mit dem Nord Lead und Nord Modular und Access mit dem Virus die VA Klangqualität bereits auf ein anderes Level gebracht.
@Anthony Rother ’99 war, wenn ich mich recht entsinne, auch Q- und K2600-Jahr. Führwahr, ein feines Jahr.
@Anthony Rother Der erste Nord Lead ist schon von 1995.
@Anthony Rother Da erschien bereits der Norlead 2 und der Virus B -das war schon wieder eine Generation weiter. Beide habe ich damals neu gekauft und heute noch im Studio.
Damals träumte ich erst davon einen Synth wie „The Raven“ zu besitzen, bis ich dann mit „Oxygene 7-13“ (dort im direkten Vergleich mit anderen Synths durchgängig erkennbar und damit vergleichbar) den merkwürdigen lo-fi Quasimidi-Sound hassen lernte. Und das war 1997 …
@Jeanne Aber schon witzig, daß selbst Akai und die „Premium-Marke“ DSI die Hände nicht von SAMs lassen konnten:
https://modwiggler.com/forum/viewtopic.php?t=116583
Daher gesehen waren Quasimidi nicht nur dort Vorreiter.
Ich war anno 1999 sozusagen „early adobter“ und habe mir damals zuerst den Sirius und kurz darauf auch den Polymorph direkt bei Quasimidi geordert. Was soll ich sagen, beide Geräte habe ich über die vielen Jahre nie verkauft………was bei mir echt was heißen will, denn mein Studio hat schon vieles kommen und gehen sehen. Der Grund ist einfach: wer Polymorph und auch Sirius nur in der Leistungsfähigkeit ihrer Synthese beurteilt, hat deren Konzept nicht ganz verstanden, denn die Kisten sind eher als Performance-Maschinen mit eingebautem Synthesizer zu sehen und spielen auch genau in diesem Bereich ihre wahre Stärke aus. Tatsächlich ist es bei mir ebenso, dass ich stundenlang im Workflow dieser Spassmaschinen eintauchen kann und dann auf Ergebnisse komme, die ich mit einer standard DAW und Synthesizer so nie gebaut hätte. Da stört es mich auch nicht, wenn die reine Klangsynthese jetzt vielleicht nicht ganz gegen einen Virus B anstinken kann. Schade jedoch, dass den Geräten von einigen permanent der LOFI-Stempel aufgedrückt wird (haben die Beurteilter tatsächlich je einen Polymorph ausgiebig getestet?). Dies wird den Kisten auf alle Fälle so keinesfalls gerecht, denn es gehen tatsächlich ganz abgefahrene und sphärische Sachen damit, die man mit anderem Equipment so nur schwer hinbekommt. LOFI ist was ganz anderes und der Polymorph ist weit weg davon…….er ist nur etwas anders als der übliche Mainstream.
@Moogfeld Jupp, mein Polymorph und der Cyber-6 bleiben, sehr eigenständig. Vielleicht aus Nostalgie, und weil alle damals die Nase rümpften, noch irgendwann einen TechnoX dazu.
@Sven Blau
Den Polymorph gab es noch nicht, als die Trance Appeal entstand. Auf Dosburg Online hört man frühe Prototypen des Polymorphs. The Art of sequencing kombiniert die Sequenzer und Tonerzeugungen mehrerer Polymorphs und QM309s für die Backings. Das Stück ist im Grunde eine Improvisation.
@Autor
An meine Polymorph Demos kann ich mich noch gut erinnern. Schön, dass Du sie hier hochgeladen hast. Nun habe ich ein Backup.
@Jörg Schaaf Oh, danke für die Richtigstellung Jörg. Dachte, die Trance Appeal kam ’99 raus.
@Sven Blau Trance Appeal war allerdings sehr Quasar-lastig. Der letzte Song ist sogar ausschließlich von mir auf dem Quasar produziert worden. Düsteren, atmosphärischen Tracks kam die Höhenarmut und das 8Bit Flair des Quasars sehr entgegen. Nicht alle Sounds waren mit 8 Bit und niedriger Samplerate abgelegt. Aber der Wahlgesang des letzten Titels zum Beispiel ist tatsächlich total gestutzt worden, damit er ins ROM passt.
@Jörg Schaaf Hallo Jörg,
schön wieder von Dir zu hören.
Magst Du etwas zum Nucleus erzählen?
Den Prototypen hatte ich damals bei euch in Kirchhain in der Vitrine gesehen.
Hatte meinen defekten Cyber-6 gegen einen Raven getauscht :-)
Das muss so um 1995/96 gewesen sein.
Also lange bevor der Polymorph rauskam.
Sollte es sich da um die Tastaturversion des Polymorph gehandelt haben?
Etwa mit Erweiterungen?
@MPC-User Da gibt es nicht viel zu erzählen. In dem Gehäuse war noch nicht viel drin und das Projekt wurde, wie unzählige andere auch, wieder verworfen.
Ich kann mich an ein Foto erinnern, Anfang d.n.Jtsds, da war hinter Klaus Schulze eine Wand aus Quasimidi 19“ern zu sehen. Technoxe? Quasare? Leider hat mich der Sound nie abgeholt aber man musste, glaube ich, auch etwas Hand anlegen um an wundervolle Sounds zu kommen. In die Tiefe gehen war zu der Zeit nicht meine Priorität, vermutlich mussten deshalb alle Quasis wieder gehen..
Meine Erinnerung daran, immer wenn es interessant wurde war Ende. Die Bass-Station im Rack hat besser klingende Presets als diese Hupen jemals produzieren können. Einige hier vergleichen mit dem Nord Lead 1. Ich hatte den NL vor kurzem wieder hier stehen und dachte nur, OK, das war damals. Wann kommt der nächste Artikel über „Bad Gear“? Macht Spaß!
Ich hatte den Polymorph damals auch auf dem Schirm, aber der war ja, trotz der großen Ankündigung in Fachzeitschriften und auf der Musikmesse, ewig lange nicht lieferbar.
So landeten Nordrack und Virus im Studio und der Polymorph war hier raus.
Später hatte ich noch mehrfach damit geliebäugelt, aber doch wieder verworfen.
Die Abmessungen vom Gehäuse haben mich abgehalten, denn schon bei der Rave-O-Lution 309 musste ich mir passende Rackwinkel selber anfertigen.
@Bernd-Michael Land Krass – Rackwinkel hatten wir aber.
@Jörg Schaaf Ja, aber zu der Zeit (2001 oder 2002) gab es Quasimidi leider nicht mehr.
Der Sirius, der alles konnte, aber nichts so richtig gut, hatte das wohl alles ausgebremst, aber da kannst du sicher mehr darüber sagen.
Wäre der Polymorph direkt nach der ersten Ankündigung lieferbar gewesen, hätte es ein super Erfolg werden können, aber das zog sich dann ja noch über Jahre hin.
Das macht die Interessenten irgendwann müde und das war beim Solaris ja auch so.
Als dieser dann endlich erschienen ist, hatten viele Leute keinen Bock mehr drauf.
Nun denn …
@Bernd-Michael Land Die damaligen Lieferengpässe rührten wohl auch daher, dass (wenn ich mich noch richtig erinnere) es damals für kurze Zeit einen „Spezialeinführungspreis“ von 1750DM (oder ähnlich) gab und in den renommierten Fachzeitschriften (Keyboards/Keys) bekam der Polymorph ja auch durchgehend (und berechtigterweise) top Referenzen. So gab es Anfangs dann wohl viele (wie ich eben auch) die das Gerät ohne es jemals gesehen zu haben blind bestellt hatten. Schade jedenfalls, dass der P-Morph Quasimidi auch nicht gerettet hat, das war eine wirklich innovative, sympathische Firma, die mit frischen Konzepten den Markt bereicherte.
Ich mag meine beiden Quasimidigeräte 🧡…..
und wenn die 309 inzwischen preislich nicht durch die Decke gegangen wäre, würde ich mir die auch noch holen .
@Moogfeld Ich habe gerade noch mal in meinen Annalen nachgesehen:
Original Quasimidi Rechnung vom 18.12.1998: 1498DM Einführungspreis + 32,98DM Versandkosten.
Das war damals ein Hammerpreis für das Gebotene und eine Ausgabe die ich tatsächlich nie bereut habe.
Sowohl Polymorph, als auch 309 waren übrigens sowohl bei Klaus Schulze, als auch bei Kraftwerk im Studio- und Live-Einsatz. Weder mit dem einen, noch mit dem anderen konnte man allein glücklich werden. Aber als weitere Farbe auf der Palette und zur Erhöhung der Spielfreude und Spontanität mit den Sequenzern, haben die schon Spaß gemacht. Ich hatte immer schon mehr Interesse an Musikmaschinen, als an reinen Synthesizern.
Ach ja… der Polymorph… das einzige Gerät dessen Verkauf ich über viele Jahre bereut habe. Nun habe ich mit dem Analog Four und anderen Elektron Kisten endlich Frieden gefunden.
Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie aktuell die „damaligen“ Konzepte auch heute noch sind, auch wenn die Umsetzung aus heutiger Sicht vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind doch im Grunde die Elektron-Kisten, Drumlogue & Co die aktuellen Urenkel des Polymorph.
Den PM benutzte ich heute noch als Midi Sequenzer . Mit einen
kleinen Trick , gibt er sogar Audio UND Midi Noten aus .
Selfmade Video PM :
https://youtu.be/pcjYy507QYE
Hatte mal einen ca. 2001 – und sogar die Hintergrundbeleuchtung von grün auf blau umbauen lassen (warum auch immer) – danach verkauft. wäre spannend zu wissen ob das Teil noch lebt…