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Workshop: Abmischen mit Kopfhörern

Reine Kopfsache

4. September 2023
workshop abmischen mit kopfhörer

Workshop: Abmischen mit Kopfhörern

Abmischen mit Kopfhörern – schwarze Kunst oder reine Kopfsache? Alle, die einen Mix ausnahmsweise mal mit Kopfhörern gemacht haben, werden sich wundern, warum dieser sich so gar nicht gut auf Monitorboxen anhört. Meistens ist das Stereopanorama viel zu weit draußen und der Reverb so gut wie nicht zu hören. Dahinter verbergen sich ganz einfache und manchmal auch nicht so einfache Dinge, die wir in diesem Workshop beleuchten wollen.

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Denn Abmischen mit Kopfhörern ist nicht nur eine Verlegenheitslösung – ein Kopfhörer bietet durchaus Vorteile, sei es die Reproduzierbarkeit der Mischumgebung an verschiedenen Orten oder die Entdeckung von ungewollten digitalen Artefakten in der Aufnahme. Alles das wird genauer beleuchtet.

Am Ende des Workshops kennt ihr dann nicht nur das „Wie“ sondern auch das „Warum“, was – seien wir ehrlich – immer ein Vorteil ist. Eine weitere Tatsache ist, dass sehr gute Studiomonitore teilweise mehrere tausend Euro kosten können – pro Stück. Sehr gute Kopfhörer hingegen kosten selten über 500 Euro, in Ausnahmefällen vielleicht auch über 1.000 Euro (z. B. Sennheiser HD 820). Aber auch weit darunter finden sich exzellente Modelle, z. B. von Beyerdynamic.

Dabei lasse ich jetzt mal Wandler und Kopfhörer-Preamps außen vor und nehme einfach an, dass sie der Aufgabe gewachsen sind. Und gerade für das Heimstudio, wenn man sein Heim eben mit anderen teilt, kann ein Kopfhörer für Frieden und Ruhe in den eigenen vier Wänden sorgen. Würde man sich selber beim Abmischen zuhören, man würde vermutlich wahnsinnig werden und den Aus-Knopf suchen.

Abmischen mit Kopfhörern – Unterschiede zum Abmischen über Monitore

Um das zu ergründen, braucht es ein paar Grundlagen. Diese leiten sich meistens einfach intuitiv ab, sind aber auch manchmal etwas kniffeliger. Beginnen wir mit der Übersprechung. Damit wird nicht nur beim Abmischen in Stereo der Anteil des Signals eines Kanals auf dem anderen Kanal bezeichnet. Wird über Studiomonitore abgehört, gelangt immer auch etwas vom rechten Kanal auf das linke Ohr und umgekehrt – klar.

Bei Kopfhörern, insbesondere denen der geschlossenen Variante mit der maximalen Außendämmung, ist das aber nicht der Fall. Wird in Stereo gemischt, wird auch von einer dichotischen Wiedergabe gesprochen. Kleine Seitennote: Wird ein und dasselbe Signal auf beiden Ohrmuscheln ausgegeben, spricht man von einer „diotischen“ Wiedergabe.

Abmischen mit Kopfhörern – Intensitäts-Sterofonie

In der Literatur wird für eine Abhörsituation mit Studiomonitoren ein Unterschied von ca. 18 dBSPL (Quelle z. B. Sengpiel Audio: PraktischeDatenZurStereo-Lokalisation.pdf) angegeben, ab dem ein Signal ausschließlich auf der lauteren Monitorseite verortet wird.

Derselbe Unterschied von ca. 18 dB auf Kopfhörern lässt das Signal nicht ganz auf die Seite wandern. Es befindet sich dann mittig-seitlich. Erst bei ca. 24 dB (Zwicker, Fastl, Psychoacoustics, 2nd Ed., Seite 308, Fig. 15.12) ist das Signal ganz auf einer Seite verortet.

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Hier ist also schon der erste Umstand klar: Wird auf Kopfhörern abgemischt und wird der Mix einfach auf Monitoren wiedergegeben, erscheinen die einzelnen Instrumentensignale viel weiter außen. Das gilt es zu kompensieren.

Abmischen mit Kopfhörern – Laufzeit-Stereofonie

In der Natur kommen Signale von tatsächlichen Objekten im 3D-Raum um uns herum. Die Schallwelle, die ein Objekt erzeugt, das links von uns ist, wird eben auch mit einer Verzögerung am rechten Ohr eintreffen. Dieser Laufzeit-Unterschied (also die Zeit die das Signal läuft, bis es auf das abgewandte Ohr trifft) ist zwar klein, dient aber auch zur Lokalisation. Bei Frequenzen unterhalb von 1,5 kHz wird die Schallquelle komplett auf der Seite verortet, wo das Signal 1,5 ms früher eintrifft.

Ich empfehle Laufzeit- und Intensitätssterefonie mal im Selbstversuch zu erkunden. Einfach zwei Kanäle mit identischen Signalen bestücken und einen Kanalfader herunterziehen. Im anderen Fall kann man einfach die Spurverzögerung verstellen.

Man ahnt es, hier spielen dann auch Phasenunterschiede, Phasenauslöschungen und damit eine Frequenzabhängigkeit herein; mehr davon bei der HRTF (Head Related Transfer Function). Dazu kann ein einfacher Test gemacht werden. Gibt man ein Sinussignal von 500 Hz auf beide Boxen und verzögert bei einem Kanal das Signal um 1 ms, so entsteht der Eindruck, das Signal käme nur von einer Box. Aber Vorsicht. Der Eindruck der einseitigen Darstellung des Signals bei der Phasenumkehr gilt auch nur für die ideale Hörpostition im 60-Grad-Dreieck und hier auch nur für meine konkrete Anordnung im Raum.

Wird dasselbe Signal über einen Kopfhörer abgehört, entsteht dieser seltsame Eindruck, dass in der Mitte ein Loch existiert, aber dennoch beide Seiten das Sinus-Signal tragen.

Der Grund der unterschiedlichen Wahrnehmung ist auch hier einfach wie einleuchtend. Im Fall der Monitore überlagern sich die beiden Sinusschwingungen im Raum vor einem und löschen sich mitunter physikalisch aus. Mit Kopfhörern gibt es eben keinen Raum vor einem – die Auslöschung findet rein im Kopf statt. Das eine ist quasi Hardware- und das andere im wahrsten Sinne Software-Auslöschung, bedenkt man die Konsistenz unseres bevorzugten Denkorgans.

Zurück zu dem Beispiel. Der Eindruck der einseitigen Darstellung des Signals bei Laufzeitunterschieden gilt auch nur für die ideale Hörpostition im 60-Grad-Dreieck.

Durch eine Bewegung von den Boxen weg und an verschiedene Positionen im Raum kann sehr schön der Interferenzeffekt gehört werden. Dieser äußert sich in diesem Fall darin, dass die Wahrnehmung des Signals an- und abschwillt.

Diffusfeld und Direktfeld

Das bringt uns also ohne Umschweife zum dritten Umstand: Im Kopfhörer gibt es keinen Raum davor, also auch keinen Raum drumherum – das alles muss künstlich erzeugt werden. Während bei der Wiedergabe über Monitore der Raum, in dem ich abmische, immer eine Rolle spielt (sonst würde die Industrie für Akustikbauteile auch nicht so florieren), fällt diese Ebene beim Abmischen mit Kopfhörern vollkommen weg. Es ist mehr so, als würde das Abmischen in einem schalltoten Raum stattfinden, vor allem bei geschlossenen Kopfhörern.

In einem normalen Wohnzimmer überweigt das Diffusfeld bereits bei 1 m Abstand von den Boxen

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass die Wahrnehmung der Größe eines Raumes primär auf der Akustik und nicht der Optik beruht – alle, die schon mal in einem schalltoten Raum gestanden haben, wo sich riesiger Noppenschaumstoff an allen sechs Raumbegrenzungen befindet, können das bestätigen. Das Gehirn bringt die Optik nicht mit der Akustik in Einklang. „Dieser Raum klingt viel kleiner als er aussieht“, wird signalisiert. Manchen wird auch deshalb in solch einer Umgebung übel.

Das ist auch die Erklärung, warum beim Abmischen mit Kopfhörern Hallräume auf Boxen nicht so gut zu hören sind. Sie gehen einfach zum Teil in der Akustik des Raumes und dem von ihm erzeugten Diffusfeld unter.

Abmischen mit Kopfhörern – HRTF

Die HRTF, also die Head Related Transfer Function, beschreibt den Einfluss unserer Ohrmuscheln auf den wahrgenommenen Klang. Ohne unsere Lauscher würde unsere Wahrnehmung genau die Charakteristik eines Kugelmikrofons annehmen – und somit omnidirektional sein. Da es sich evolutionstechnisch aber als nicht von der Hand zu weisender Vorteil erwiesen haben muss zu wissen, von wo genau ein Geräusch kommt, sind wir alle mit Ohrmuscheln versehen worden. Durch die Biegungen, Brechungen und Reflektionen des Schalls, die von der Konstruktion der Ohrmuschel erzeugt werden, leitet das Gehirn dann später die 3D-Informationen der Schallquellen ab.

Abmischen mit Kopfhörern Illustration - 1

Persönlich empfinde ich das Außenohr ja als den ästhetisch anspruchsvollsten Teil des Körpers und genau wie die Stimme ist auch die Beschaffenheit der Ohrmuscheln individuell. Aus diesem Grund haben Misch-Plug-ins wie SKnote Mixing Room gleich mehrere HRTF-Profile, wenn es um das 3D-Hören, also die Ortung im Raum, geht. Die Nutzer müssen dann eben das Profil auswählen, das ihrem Empfinden nach am natürlichsten klingt.

Daraus ergibt sich der letzte Umstand, der beim Abmischen mit Kopfhörern beachtet werden muss. Denn die Ohrmuscheln des Kopfhörers liegen ja auf den Ohren auf und umgehen diese HRTF, indem sie direkt in den Ohrkanal tönen. Noch mehr auf der Hand liegt das bei In-Ear-Hörern. Aber auch bei ohrumschließenden Modellen bleibt die HRTF zum größten Teil außen vor.

Zusammenfassung

Nachdem nun die Hauptunterschiede erläutert wurden, kann es nun losgehen mit den konkreten Tipps für das Abmischen mit Kopfhörern. Selbstverständlich hätte das alles auch in eine einfache Formel verpackt werden können: Kopfhörer lassen die Akustik eines realen Raumes außen vor – die Gründe zu kennen, macht aber die Arbeit jedoch viel leichter.

Allgemeine Informationen zum Abmischen mit Kopfhörern

Zunächst einmal muss ein anständiges Kopfhörerpaar erworben werden. Mit Bügelkopfhörern für 30,- Euro wird man nicht weit kommen. Hier spielen aber noch mehr Faktoren als das bloße Klangerlebnis eine Rolle. Wie lässt sich der Kopfhörer tragen? Wie schwer ist er, wie angenehm die Bügelkonstruktion? Ich habe schon Kopfhörer erlebt, die besser Kopfschmerzen hätten heißen sollen, da schon nach kurzer Tragezeit der unangenehme Druck auf den Kopf alle anderen Sinneseindrücke überlagert.

Es müssen aber auch nicht zwingend die hochpreisigen Angebote der Marktführer sein. Ich denke, für unter 350,- Euro sind Kopfhörer zu bekommen, die der Aufgabe perfekt gewachsen sind.

Abmischen braucht Zeit und ist schon genug von Ermüdung geprägt. Wird diese Zeit unter Kopfhörern verbracht, macht es den Prozess nicht angenehmer. Nach einer 4 oder 5 Stunden Session würde ich keine kritischen Mix-Entscheidungen mehr treffen. Dann ist eher Probehören auf alternativen Wiedergabe-Systemen angesagt. Apropos – es gibt auch tatsächlich so etwas wie die NS-10 unter den Kopfhörern: einfache Apple Earpods. Einfach, weil sie ein Großteil der Konsumenten verwenden. Aus diesem Grund haben manche Mix-Plug-ins die Option, den Klang dieser EarPods zu simulieren, z. B. dSoniq Realphones.

Welcher generelle Kopfhörertyp – offen, halboffen oder geschlossen – bevorzugt wird, muss am besten ausprobiert werden. Für verschiedene Einsätze bieten sich eben verschiedene Typen an. Im Mixing und Mastering findet sich aber häufig der halboffene und der geschlossene Typ. Auch hier spielt wieder Ermüdung eine Rolle. Geschlossene Kopfhörer haben den höchsten Anpressdruck und wer diesen Typ lange Zeit trägt weiß, dass ein Satz warme Ohren eben nicht nur durch Schellen verteilt werden kann.

Es ist zwar eine Binse, kann aber nicht oft genug erwähnt werden – es braucht Zeit, sich an einen Kopfhörer zu gewöhnen. Genau dasselbe gilt für Monitorboxen. Es sollten viele Referenz-Tracks gehört werden und generell viel Audiomaterial, damit ein Gefühl für die Kopfhörer entsteht. Was bei neuen Monitorboxen übrigens oft empfohlen wird, ist das „Einrauschen“. Die Membranen benötigen eine Zeit, bis sie ihre endgültige Auslegung erreicht haben, genau wie neue Schuhe, die erst eingelaufen werden müssen. Dazu wird of für mehrere Stunden weißes Rauschen ausgegeben, vorzugsweise in einer kräftigen Lautstärke.

Der erste Mix auf Kopfhörern

Das Paradoxe ist, dass gerade am Anfang immer Monitorboxen zum Gegenhören genutzt werden sollten. Denn die einfachste Methode ist nun mal das Ausprobieren. Ideal wäre ein Stück, das bereits fertig abgemischt ist und von dem man genau weiß, wie es sich über die eigenen Studioboxen anhört. Viele DAWs bieten heutzutage Mix-Snapshots, wie z. B. Cockos Reaper mit den SWS-Extensions oder Cubase mit den MixConsole Snapshots. Es empfiehlt sich, eine Kopie des Projektes und zu allererst einen Snapshot anzulegen. Dieser repräsentiert den Lautsprecher-Mix.

Nun wird das ganze Stück mit dem Kopfhörer angehört und alle Einstellungen verändert, die den Mix „richtig“ klingen lassen. Anhand unserer Vorüberlegungen kann auch ganz analytisch an die Sache herangegangen werden

Wie verhalten sich die Instrumente im Panorama?

Durch den fehlenden Übersprechungseffekt fällt die Panoramabeurteilung anders aus. Im Kopfhörer rücken die Instrumente auf der Bühne näher zusammen, auch wenn im Lautsprecher-Mix alles stimmt.

Hier könnte als Mix-Hilfe eine künstlich hinzugefügte Übersprechung helfen. Ein Plug-in dafür ist  beispielsweise Goodhertz CanOpener Studio 3. Das macht das Abmischen mit Kopfhörern zwar weniger ermüdend, hat für die Panoramabeurteilung aber den gegenteiligen Effekt. Instrumente müssen noch weiter außen im Panorama positioniert werden, um auf einer Seite des Kopfhörers lokalisiert zu werden.

Wie hören sich die Reverbs beim Kopfhörer-Mix an?

Für mich eines der komplizierteren Themen, denn dieser künstliche Diffusschall wirkt nun einmal sehr anders unter beiden Abmischmethoden. Auch hier ist ein Herantasten Stück-für-Stück die beste Vorgehensweise. Der Vorteil bei Kopfhörern ist, dass die verschiedenen Reverbs (heutzutage sind 5 oder mehr Hallräume im Mix keine Seltenheit) besser auseinander gehalten werden können.

Abmischen mit Kopfhörern Illustration - 3

Ist das Verhältnis der Reverbs untereinander stimmig, kann dann deren Gesamtlautstärke nach oben gebracht werden. Damit sind sie auch über Boxen hörbar. Am besten gelingt das über einen Bus, auf dem alle Reverbs zusammenlaufen.

Was aber, wenn Reverbs nicht als Send- sondern als Insert-Effekte genutzt werden? Hier wird es schwieriger. Ein externer MIDI-Controller könnte alle Dry/Wet-Mix-Einstellungen steuern – dann sind aber alle Dry/Wet-Verhältnisse gleich. Reaper kann über die Funktion Parameter Modulation / MIDI Link auch mit Offset und Scale arbeiten. Dann können die Dry/Wet-Verhältnisse individuell ein- aber gemeinsam verstellt werden.

Einige DAWs erlauben Parameter-Links über verschiedenen Spuren hinweg. Ansonsten bleibt hier nur die manuelle Kontrolle. Nutzern von vielen Insert-Reverbs auf verschiedenen Kanälen steht also einiges an Arbeit bevor.

Wie wirkt die allgemeine Frequenzverteilung im Kopfhörer?

Eine HRTF fällt ja flach – deswegen werden sich die Frequenzverteilungen auch ändern. Was gleich bleibt ist, dass jedes Instrument seinen Platz im Mix braucht. Also eine Gitarre und ein Synth, die beide bei 1 kHz viele Anteile haben, werden sich immer noch in die Quere kommen.

Bei einem normalen Stereomix spielt auch die HRTF eine untergeordnete Rolle. Nicht umsonst gibt es das Hördreieck, in dem sich der Sweetspot befindet. Weicht man davon ab, ändert sich auch die Wahrnehmung des Mixes. Das liegt an physikalischen Interferenzen und wie die Informationen der Boxenpositionierung im Gehirn verarbeitet werden. Nur im Sweetspot wird ein Signal, das auf beiden Seiten ausgegeben wird, in der Phantommitte verortet.

Am Schluss steht ein Mix, der dann wieder als Snapshot abgespeichert wird. Nun wird wieder über die Boxen abgehört und beide Snapshots miteinander verglichen. Kritisches Hören ist hier angesagt. Aber vor allem den drei genannten Punkten sollte Beachtung geschenkt werden.

Abmischen mit Kopfhörern Illustration - 2

Sind diese Unterschiede einmal verinnerlicht, kann man versuchen, Mischkompromisse einzugehen. Letztendlich sollte das in einen Mix-Snapshot enden, der sich sowohl auf Kopfhörern, als auch auf Monitorboxen gut anhört.

Wie gesagt – das ist nicht an einem Tag zu erreichen. Es empfiehlt sich sogar, am nächsten Tag noch mal das Abmischen mit Kopfhörern von null anzufangen, bis ein neuer Snapshot des Kopfhörer-Mixes steht. Nach einer Weile wird der Prozess von ganz alleine auf einen Kompromiss hinauslaufen. Das kann übrigens auch dem Lautsprecher-Mix guttun. Und einfach schon, um das Skill-Set zu erweitern, ist das Abmischen mit Kopfhörern eine gute Übung.

Plug-ins zum Abmischen mit Kopfhörern

Wir hatten gerade die kleine Testserie von Kopfhörer-Mix-Plug-ins. Die meisten dieser Plug-ins bieten eben auch Funktionen an, um das Abmischen auf Kopfhörern zu erleichtern. Und obwohl ich z. B. Optionen, die das Kanalübersprechen nachbilden, bescheinigen kann, dass sie die Ermüdung verzögern, stehe ich anderen Funktionen kritisch gegenüber.

Dazu gehört erstens die Auswahl eines kopfhörerspezifischen Frequenzprofils, das den Frequenzgang quasi linearisieren soll. Ich finde das wenig sinnvoll, denn ist das Plug-in nicht aktiv, steht man wie der Ochs vorm Berg und kann von vorne anfangen. Besser ist es, den eigenen Kopfhörer in- und auswendig zu kennen.

Weniger kritisch, wohl mehr gleichgültig stehe ich den Simulationen der Abhörposition im Raum gegenüber. Das mag für Immersive-Audio definitiv eine Rolle spielen, aber für das Thema des Workshops „Abmischen mit Kopfhörern in Stereo“ ist es völlig unerheblich.

Positiv wiederum empfinde ich die virtuellen Räume oder auch Kopfhörer als Gegenkontrolle, wie sich ein Mix wohl z. B. in einem Auto anhören würde. Obwohl ich das eher zum Aufdecken von groben Fehlern als zur Feinjustierung eines Mixes nutzen würde.

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Fazit

Wie bei allem: Übung birgt die Meisterschaft. Am Anfang steht nur die Hürde einer doch überschaubaren Investition in einen geeigneten Kopfhörer. Zum Schluss sollt sich dann mit diesem Gerät überall gute Mixe erstellen lassen.

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Forum
  1. Profilbild
    Franz Walsch AHU

    Danke für den ausführlichen Workshop.
    Mich wundert warum es zu dem Thema so wenig Literatur gibt. Im Alltag sind Kopfhörer immer präsent. Ob in der Bahn/Bus/Flugzeug und sogar auf dem Fahrrad oder auf Baustellen (Schallschutzkopfhörer mit Musikwiedergabe) werden Kopfhörer getragen. Dazu kommt das sich die Hörgewohnheiten stark verändert haben. Im letzten Jahrhundert war ein Zimmer mit Boxen im Stereodreieck sehr verbreitet. Heute gibt es »Homepods«, also Raumklang. Außerdem ist aufgrund der Wohnsituation (kleinere Räume, laute Umgebung etc.) oft nicht möglich ein Paar große Boxen aufzustellen. In asiatischen Ländern, wo die Wohnungen häufig sehr klein sind, habe ich noch nie eine klassische Stereoanordnung gesehen.
    Warum wird dem nicht Rechnung getragen und Musikmixe für Kopfhörer angeboten?

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Franz Walsch Ich denke mal, dass wenn man nur noch in so kleinen Käfigen wohnen will, dass dann MP3 und Kopfhörer die Zukunft wären, aber wer will das wirklich? Also ich bestimmt nicht und damit stehe ich zum Glück nicht alleine da. Die große Hifi Box und die fette Stereoanlage und das ordentliche Stereo Dreieck sind nach wie vor die richtige Formel für den wahren Musik Genuß der nicht mal im geringsten in Kongurenz mit dem üblen MP3 Player und dem Kopfhörer steht. Diese Tatsache lässt sich auch durch die neuesten (fehl) Entwicklungen nicht verleugnen. Aber ja, wem die Möglichkeit fehlt, der wird eben zähneknirschend in den sauren Apfel beißen und zwischen Bahnhof gerattere und. Menschenmenge lautes MP3 gedröhne ertragen. Aber ein Genuss ist das nicht😎

      • Profilbild
        Loubacca

        das mag sein, aber die jüngere Generation konsumiert einfach anders, und da werden die wenigsten sich die Hifi-Bauten aus den vergangenen Jahrzehnten zulegen.

  2. Profilbild
    SlapBummPop

    Hallo zusammen.
    Ich mische, musiziere fast überwiegend mit Kopfhörern.
    Ausgangsbasis ist bei mir meist ein Beat/Drumtrack, dann folgt i.d.R. direkt der Bass.
    Die klare klangliche Separation von Drums und Bass ist mir dabei enorm wichtig.
    Ich will eigentlich immer alles hören, im Idealfall auch Dead/Ghostnotes.
    Ich nutze unterschiedliche Kopfhörer. (Konsumer und High End.)
    Die Apple EarPods dienen immer der Kontrolle, ebenso wie meine Hifi Anlage.
    Und ja, der Morgen ist bei mir tatsächlich häufig klüger als der Abend.
    Am Folgetag revidiere ich schon mal die ein oder andere Entscheidung.
    Der „Fehler“, mit zu geringem Effektanteil (bei Hall speziell.) passiert mir auch häufig aber das lässt sich leicht beheben.
    Wichtig m.M.n auch noch, wie klingt das Ganze in „Mono“. (ist die Aufnahme Live und Club tauglich?)
    Ich nutze auch meine Bühnen – Monitorlautsprecher um zu hören wie es dort drüber klingt.
    Beim Stereopanorama muss ich inzwischen weniger korrigieren.
    Finale Entscheidungen mit Signalen die hart links oder Rechts sitzen, fallen mir aber noch recht schwer.
    Da hilft bei mir eigentlich häufig nur Vergleichen mit meinen Lautsprechern.
    Ein wirklich guter Mix sollte m.M.n. überall funktionieren und anspruchsvolle Ohren glücklich machen.

    Gruß
    SlapBummPop

  3. Profilbild
    MidiDino AHU

    Hallo,
    ich hatte hier einmal angekündigt, mich – zusätzlich zum Abmischen mit Kopfhörer -, mit 3-D-Rekording zu beschäftigen. Mein spezielles Equipment zur Ahöre sind lediglich ein Paar Kopfhörer, zur Gestaltung einer 3-d-Anmutung nicht mehr als ein Lexicon 960L (mit zig Instanzen) zu nutzen. Komponiert und digital vertont wurde eine Kammeroper (‚Meer‘): Über die Güte kann ich wenig sagen, lediglich, dass sie mich zufriedenstellte. Den zweiten Part hatte ich jüngst beim Hofa-Contest eingereicht:
    https://hofa-contest.com/song/13725/
    Die gesamte Kammeroper ist bei Bandcamp zu finden
    https://helge-bol.bandcamp.com/album/meer

  4. Profilbild
    Steffog

    Hallo.
    Auch von mir vielen Dank für diesen tollen Artikel. Sehr verständlich und interessant geschrieben.
    Das Thema passt gerade gut, da ich überlege, mir ein Upgrade zu meinem Sennheiser HD 650 zu gönnen.
    Beim Stöbern mehrerer Artikel zu dem Thema fällt mir auf, dass es wohl einige Nutzer gibt, die mit verschiedenen Kopfhörer-Modellen mixen.
    Daher meine Frage: Ist das so? Macht das Sinn? Verwirrt es nicht mehr als dass es nützt?
    Beste Grüße Steffog

    • Profilbild
      SlapBummPop

      @Steffog Moin Steffog.
      Unterschiedliche Kopfhörer/Lautsprecher, unterschiedlicher Qualität, ergeben etwas anderer Ergebnisse.
      Sehr hochwertige Kopfhörer/Lautsprecher kommen z.B. auch mit sehr dichten, anspruchsvollen Aufnahmen noch klar und bieten ein Hörerlebnis.
      (Beispiel: opulente Orchester/Orgel Werke.)
      Ein Kofferradio oder simple EarPods z.B. machen dann aber u.U. gar keine Freude mehr.
      M.M.n sollte man dann den Mix besser noch mal etwas reduzieren/ausdünnen usw.
      Am Ende sollten m.M.n. alle der Aufnahme lauschen wollen, der Jogger mit den EarPods oder der sehr anspruchsvolle Hörer.
      Aus diesem Grund findest du in den meisten Studios auch unterschiedliche Lautsprecher.
      Der Yamaha NS10 Monitor z.B., entspricht quasi bei den Kopfhörern den Apple EarPods. (Standard)
      Die Große Abhöre ist u.a. für die Kundschaft,
      (das sind die, die die Aufnahme bezahlen!) und dient der Kontrolle.
      Also quasi: „Funktioniert der Song/das „Werk“ im Club/oder auf großer Bühne, ist das sogar womöglich der nächste „heiße Scheiß?“

      Gruß
      SlapBummPop

      • Profilbild
        Steffog

        @SlapBummPop Vielen Dank für Deine Ausführungen, SlapBummPop.
        Das klingt plausibel und macht Sinn. :)

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Also das kann ich jetzt nicht glauben dass man mit dem Kopfhörer einen gescheiten Mix hinbekommen soll ist einfacher Unfug. Und extra für Kopfhörer einen Mix zu erstellen ebenfalls. Sorry. Ich mach das schon ewig und Kopfhörer zum mischen ist Mist. 2 Studiomonitore und ein Schalloptimierter Raum und alles wird gut. Alles andere ist Aberglaube!

    • Profilbild
      SlapBummPop

      Hallo Jegerman.
      Auf einen Vergleich mit Lautsprechern würde ich auch nicht verzichten.
      Ich muss aber sagen, dass ich mich inzwischen ziemlich gut auf meine Kopfhörer eingehört habe.
      In der neuen SOUND&RECORDING ist ein sehr interessanter Bericht zum Thema „Mixing“, wie ich finde.
      Titel:“Mixpraxis“ Marta Salogni produziert Depeche Mode“.
      Marta Slogni vergleicht/prüft ihre Mixe u.a. auch immer auf unterschiedlichen Lautsprechern.
      Sie spricht dort auch sehr ausführlich über ihr verwendetes Equipment und deren Einsatz
      beim Album:“Momento Mori“, von Depeche Mode.

      Gruß
      SlapBummPop

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