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Workshop: Nach Noten spielen auf der Gitarre

Sight Reading mit der Gitarre

23. Januar 2024

Workshop: Akustische Gitarren aufnehmen

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Wie bekommt man einen Gitarristen dazu, leiser zu spielen? – Man legt ihm ein Notenblatt hin! – Wie bringt man ihn dazu, mit dem Spielen aufzuhören? – Man schreibt Noten auf das Blatt!

Ja, die Musikerwitze, wir kennen, lieben und hassen sie. Doch wieviel Wahrheit steckt in diesem Witz und wenn es stimmt, warum ist das so? Muss man als Gitarrist Noten lesen können?

Meiner Erfahrung nach ist das Notenlesen bzw. genauer gesagt das Spiel nach Noten bei vielen Gitarristen tatsächlich eher eine schlecht vertretene Fähigkeit. Viele beginnen zwar mit der klassischen Gitarre und wechseln später erst zur E-Gitarre, doch wird dort im Anfängerunterricht meist das Notenspiel eher mau behandelt und der Fokus auf Akkorde, Rhythmus und Repertoire gelegt. Wechselt man dann zur E-Gitarre, erlernen die meisten Schüler der E-Gitarre Songs durch Anhören und Nachspielen, Vorspielen/Zeigen durch den Lehrer und Nachspielen oder Tabs (die die Orientierung auf dem Griffbrett deutlich vereinfachen). So kommt man auf jeden Fall auch ans Ziel: Haben doch schier endlos viele Saitenzauberer und -hexen der vergangenen Dekaden gerade in der Rock/Pop-Welt Musik gezaubert, ohne diese in Notenschrift aufzuschreiben oder gar von Notenschrift zu erlernen.

Im Jazz oder Musical kommt die Notenschrift oft vor. Denkt man an Big Bands mit Gitarrenbesetzung in der Rhythmusgruppe oder eben an Theater- und Musicalproduktionen mit ausnotierten Gitarrenstimmen, wie im Orchester!

Nun, in Zeiten des Internets mit endlosen Anzahlen an Tutorials, Tabs und Transkriptionen online stellt man sich schon die Frage, ob es von Nöten ist, sich mit dem Notenlesen abzumühen. Egal ob im Hobby oder Profibusiness, ist es nicht zwingend erforderlich, aus einem Notenkontext Musik zu lernen oder spielen zu können. Warum es aber doch sinnvoll sein kann und für wen es sich lohnt, möchte ich euch heute zeigen

Was bringen Noten überhaupt?

Noten sind Teil der Musiktheorie, die quasi die Kommunikationsplattform der Musik darstellt. So wie wir Schriftzeichen in der Sprache verwenden, um Gesprochenes aufzuschreiben und weiterzugeben oder uns via Brief, E-Mail etc. austauschen, so werden Noten benutzt, um Gespieltes auf Papier zu bringen. Ein Vorteil liegt klar auf der Hand: Man kann also Gespieltes aufschreiben und Aufgeschriebenes spielen. Gut, das geht heutzutage auch mit einer einfachen Hand-Audioaufnahme oder eben Aufnahmen auf Platte, CD oder per Streaming-Diensten. AI und Co. wandeln in Windeseile Audio in Noten um, Noten in Tabs und Audio etc. Aaaaaaaber …

Musiktheorie und Noten sind auch die Plattform, auf der man beispielsweise im Bandkontext kommunizieren kann. Sprich, wenn Fragen aufkommen wie: In welcher Tonart spielen wir den Song XY? Dieser Lauf am Ende des dritten Taktes der zweiten Bridge, wie geht der? Welche Töne muss ich spielen, um eine zweite Stimme zu den Leadvocals zu ergänzen etc.?

Klar, hier kommt man auch mit ausprobieren und vorspielen-nachspielen weit, aber der schnellere Weg geht natürlich über die Notenschrift.

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Warum ist das nach Noten spielen / Sight Reading auf der Gitarre so schwer?

Viele Gitarristen stehen mit dem Blattspiel doch eher auf dem Kriegsfuß im Vergleich zu beispielsweise Klavierspielern. Warum ist das so? Zum einen wird mehr Klavierliteratur (Stücke) in Notenform überbracht als in der Pop/Rockmusik, aber vor allem gilt: Während das Klavier sehr übersichtlich ist und jeden Ton nur einmal auf der Tastatur aufweist, so ist die Gitarre in dieser Hinsicht komplexer aufgebaut. Durch die sechs Saiten, die in Quartenstimmung (bis auf G zur B Saiten, das ist eine große Terz) auf der Gitarre vorliegen und per Bundstäbchen in Halbtonschritte eingeteilt sind, kommen gleiche Töne oft mehrfach vor.

Beispiel:
Die erste Saite der Gitarre ist ein notiertes E“ (gesprochen: „zweigestrichenes E“ oder „E zwei“). Also der Ton zwischen der obersten und zweiobersten Notenlinie. Greift man nun die B-Saite im fünften Bund, so erklingt derselbe Ton (jedoch mit leicht anderem Timbre/Klang, aber tatsächlich exakt gleicher Tonhöhe). Diesen Ton findet darüberhinaus auch noch im neunten Bund der G-Saiten, am 14. Bund der D-Saite, am 19. Bund der A-Saite und am 24. Bund der tiefen E-Saite.

Dieses Phänomen gibt es natürlich auch mit anderen Tönen, so findet man beispielsweise den Ton G“ (oberhalb der obersten Notenlinie) auf der Gitarre am dritten Bund der ersten Saite, am achten Bund der B-Saite, am 12. Bund der G-Saite und am 17. Bund der A-Saite.

Das erschwert natürlich das Spiel nach Noten, da jedem Ton keine eindeutige Position zugewiesen werden kann, wie es am Klavier möglich ist.

Dazu kommt, dass die Gitarre zu den sogenannten „transponierenden Instrumenten“ gehört. Was heißt denn das schon wieder? Transponierende Instrumente sind beispielsweise Altosaxophon (in Eb) oder Trompete (in Bb). Das heißt, dass ein notiertes C in Altosaxophon-Noten ein klingendes Eb ergeben. Die Gitarre transponiert glücklicherweise in einer Oktave, d. h. dass ein notiertes E“ in klingendes E‘ ergibt. Warum macht man das? Einfache Antwort: So spart man sich unnötige Hilfslinien und bringt das meiste Notierte in den „normalen“ fünf Notenzeilen unter, ohne oben oder unten „anzubauen“ und das System durch Hilfslinien zu erweitern.

Wie kann man Sight Reading/Blattlesen lernen, trainieren?

Blattlesen, Blattspiel, Sight Reading etc. ist, wie so viele Fähigkeiten, die man erwerben kann, eine reine Fleißaufgabe. Klar, wer das Grundprinzip der Gitarre mit den sechs Saiten (E, A, D, G, B, E) und Bundstäbchen als Halbtonraster verstanden hat, tut sich leichter, als die reinen „Bauch-Spieler“ (was übrigens nicht wertend gemeint ist! Viele meiner größten Idole gehören in diese Kategorie Musiker).

Wer Noten (im Violinschlüssel) lesen kann, der tut gut daran, sich mit entsprechender Literatur zum Sight Reading auszustatten. Hier gibt es beispielsweise sehr gute Bücher aus der BERKLEE Serie. Diese beinhalten Notenbeispiele verschiedener Schwierigkeitsgrade und sind oftmals in verschiedene Lagen untergliedert. So können Stück für Stück neue Gefilde auf dem Griffbrett der Gitarre in verschiedenen Tonarten erforscht werden. Später werden zwei stimmige oder sogar akkordische Übungen ergänzt.

Das Wichtigste beim Erlernen von Sight Reading ist das Gleiche, was beim Aufbau von Geschwindigkeit gilt: Nicht die Dauer der Übungseinheit ist entscheidend, sondern Regelmäßigkeit. Jeden Tag 15 min bringt mehr, als einmal die Woche zwei Stunden. Dies hat mit der Art und Weise zu tun, wie unser Hirn lernt.

Kann man auch ohne Sight Reading Musik machen bzw. professioneller Musiker werden?

Selbstverständlich ist das möglich! Es gibt genug Beispiele von sehr erfolgreichen Musikern, die keine Noten lesen und/oder nicht nach Noten spielen können. Einige Engagements werden einem dann jedoch verwehrt bleiben, wie beispielsweise das Spiel in den aller meisten Big Bands, an vielen Musicalhäusern, in Theaterproduktionen, als Aushilfe in manchen (Cover-) Bands oder bei manchen Studiojobs. Auch entfallen Beschäftigungen bei Verlagen, die Transkriptionen erstellen oder Fachmagazinen, die ebenfalls mit Notentext arbeiten. Die Arbeit als Musikerlehrer an einer Musikschule erfordert auch in bestimmten Fällen diese Fähigkeit für den Unterricht, der dort angeboten wird.

Wer also eigene Musik macht, sollte mit den richtigen Mitmusikern, keine Probleme haben, auch ohne Sight Reading arbeiten zu können. In anderen Tätigkeitsfeldern wird es schwieriger und die Kommunikation mit Kollegen der Band ist jedoch etwas erschwert.

Ich persönlich finde, dass man kein first call Profi im Sight Reading werden muss, wenn man Gitarre spielt (egal ob Hobby oder Profi), aber ein Grundverständnis an Musiktheorie (Noten lesen eingeschlossen) schadet nicht, sondern eröffnet neue Möglichkeiten! Ich selbst, bin sehr froh, vom Blatt spielen zu können, da es mir durchaus schon spannende Dinge ermöglicht und Türen geöffnet hat.

Schreibt mal eure musikalischen Erfahrungen mit und ohne Noten in die Kommentare. Viel Spaß beim gegenseitigen Austausch!

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Forum
  1. Profilbild
    CDRowell AHU

    😂 Ich las das Wort „Notenblatt“ und wollte gleich das Lesen beenden!😂

    Zum Glück habe ich bis zum Ende gelesen…😇

    Danke für diesen Artikel.

  2. Profilbild
    janschneider

    Ich ärgere mich schon hin und wieder, dass ich nie sauber Gitarre nach Noten gelernt habe, das kann schon hilfreich sein, insbesondere auch beim improvisieren. Hat mir bisher allerdings dann doch der Drang gefehlt, das mal wirklich zu trainieren. Zumindest beim Bass versuche ich das jetzt, etwas mehr zu üben (ist ja auch einfacher mit nur vier Saiten)

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