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Workshop: Replicant A – Synthesizerkonstruktion mit NI Reaktor, Teil 4

(ID: 1545)

Kapitel 15: VCR (Resonator)

Resonatoren gehören zu den interessantesten Modulen, da sie von subtiler Klangfärbung bis zu drastischer Verfremdung ein weites Spektrum an Bearbeitungsmöglichkeiten bieten. Im Prinzip bestehen sie aus Delays und/oder Filtern, wobei es viele Kombinationsmöglichkeiten gibt. Das neue Modal Bank Modul ist auch ein Vertreter dieser Gattung, aber durch die fest auf 100% eingestellte Resonanz eignet es sich kaum als Resonator, es ist auch eher als Klangerzeuger konzipiert. Mit den Macros aus der Reaktor-Library war ich nicht so recht zufrieden und dachte mir, das kann man besser machen.
Also habe ich ein Kammfilter und einen Multi-Bandpass entworfen und die wieder umschaltbar in ein Stacked Macro gesteckt, sodass jeder nach Belieben noch weitere Resonatoren (oder andere Effekte) hinzufügen kann. Der Input ist wählbar, es wird entweder das Mixer-, VCF- oder VCA-Signal auf den Eingang geroutet und der Ausgang gleichzeitig dementsprechend auf den VCF-, VCA- oder FX-Eingang. Der VCR kann so an drei verschiedenen Stellen in den Signalfluss eingeschleift werden. In- und Out-Level sind für alle Sub-Module gemeinsam regelbar.

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Comb
Ein Kammfilter (Comb) besteht aus einem kurzen Delay mit Feedback. Durch die Mischung mit dem Eingangssignal ergibt sich das, was als Effektgerät ein Flanger ist. Als Filter muss es natürlich polyphon sein und über Key Follow so moduliert werden können, so dass bei 1:1-Tracking das Klangbild konstant bleibt.
Dazu muss die Delay Time entsprechend der Wellenlänge der Tonhöhe skaliert werden, also wieder logarithmisch. Das ist entscheidend, denn sonst hat man nur einen polyphonen Flanger. Die Time ist 1/Frequenz, es muss nur das Key Follow so in Millisekunden umgerechnet werden, dass man eine Phasenverschiebung von 360° erhält. Das ist abhängig von der Oktavlage der VCOs, 360° ergeben sich bei Null Verstimmung. Bei -1 Oktave sind es 180°, bei +1 Oktave 720°. Die Gesamtstimmung im MIDI-Interfaces hat hier keinen Einfluss, da sie das Key Follow mittransponiert.
Für den typischen Kammfilterklang ist es erforderlich, das Mischungsverhältnis mit dem Eingangssignal auf +/-50% zu stellen.

Der Delay-Parameter entspricht der Cutoff des VCFs, nur andersherum bis 180°, dann geht es wieder aufwärts, das muss man beim modulieren beachten. Auf dem Oszilloskop kann man gut die Arbeitsweise eines Combs nachvollziehen.

Der Comb-Resonator (Kammfilter)

Der Comb-Resonator (Kammfilter)

Um unerwünschte Bereiche der erzeugten Oberwellen abzuschwächen, bauen wir eine Höhen/Tiefendämpfung (Damp) in die Feedbackschleife, und um eventuell überschießendes Feedback zu begrenzen einen Saturator gleich hintendran.

Die Comb-Structure

Die Comb-Structure

Hinter das Delay kommt noch ein Notch/Bandpass-Filter, mit dem man zusätzlich noch störende Anteile aus dem Signal herausfiltern kann. Dann wird mit dem Eingangssignal gemischt (negativ mit invertiertem Delay-Ausgang, auch das ergibt noch einmal andere Klangfarben), und ein weiterer, diesmal modulierbarer Saturator kommt vor den Ausgang, um ähnlich wie beim VCF das Gesamtsignal zu verzerren. Die erreichbare Verzerrung (wie auch die des Feedback-Saturators) hängt vom Eingangspegel ab, der dementsprechend eingestellt werden muss. Ein Oszillator mit 100% Level fährt den VCR bis kurz vor die Übersteuerung, zur Kontrolle dient das Oszilloskop.

Band
Der Multi-Bandpass ist aufwändiger, hier habe ich sechs Bandpassfilter mit dahinterliegenden Delays parallelgeschaltet. Da das wieder ziemlich rechenintensiv ist, gibt es alternativ zu den sechs Einzel-Delays eines für alle Filter, das zudem weitere Klangfarben ermöglicht. Auch hier wird die Delay-Time (und die Filter Cutoff) wie beim Comb entsprechend der Tonhöhe skaliert und mit regelbarem Key Follow versehen.

Der Bandpass-Resonator

Der Bandpass-Resonator

Die zuschaltbare Diffusion (D) verhindert ein wenig, dass sich das Feedback zu sehr aufschaukelt. Trotzdem muss man Letzteres recht feinfühlig dosieren, der Band-Resonator ist schnell im Grenzbereich (und soll es auch sein).
Die Resonanz der Filter gibt es einmal wie gewohnt (positive Reso) und einmal als Tiefpass minus Hochpass (negative Reso), das klingt etwas voluminöser als der einfache Bandpass.

Die Structure eines Bandes

Die Structure eines Bandes

Die Cutoffs der Filter sind gemeinsam regelbar, der entscheidende Parameter beim Band-Resonator ist ihre Spreizung (Spread), die wahlweise linear (Frequenz) oder logarithmisch (Pitch) erfolgen kann, hier sind beide Methoden kombinierbar. Die Anzeige reicht bis in den negativen Bereich, das dient aber nur der Kontrolle, die Delay Time ist auf 125 msec begrenzt entsprechend Pitch = 0, Frequenz = 8,18 Hz.

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Der Mix-Regler mischt das Resonator-Signal mit dem Input, aber positiv wie negativ gleich, im negativen Bereich wird nur das Feedback invertiert. Das klingt besser und interessanter als eine Mischung mit dem invertierten Delay-Output.

Die Band-Structure

Die Band-Structure

Ein paar Beispielsounds:

So eine Schaltung verfrühstückt natürlich schnell den Prozessor, vor allem mit sechs Delays, das lässt sich leider nicht sparsamer verwirklichen. Meistens braucht man mit dem Band-Resonator jedoch nicht viele Stimmen, so dass man deren Zahl ggf. reduzieren kann.

Für Cubase gab es da einen Trick: Midi für Reaktor mit niedriger Sample Rate einspielen, dann die Audio-Engine von Cubase abschalten, die Sample Rate in Reaktor auf Maximum stellen (das braucht dann Null Prozessorleistung) und den Track freezen, also als .wav rendern lassen, Reaktor abschalten. So hat man volle Soundqualität wenigstens beim Abspielen. In den neuen Cubase-Versionen geht das nur, indem man die Audiokarte aus dem Vst-Audiosystem herausnimmt.

 

Schlussbemerkung

Ich hoffe, den Reaktor-Betreibern mit diesem Workshop einen interessanten und brauchbaren Synthesizer sowie ein paar Anregungen und Problemlösungen gegeben zu haben. Sicherlich ist noch nicht alles hundertprozentig optimiert, und Manchem wird das ein oder andere Feature fehlen. Auch mir kommen jedesmal neue Ideen, wenn ich die Structure durchstreife.

Das Faszinierende an Reaktor ist ja, dass die Möglichkeiten nie ausgeschöpft sind. Die Zahl der Modul-Kombinationen ist schon bei kleineren Aufbauten größer als die der Atome im Universum, es dürfte also noch einiges an Potential in diesem Programm stecken. Und sobald ich dazu komme, werde ich mir mal Sine und Modal Bank vorknöpfen…

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    GeorgK

    „Audiokarte aus dem Vst-Audiosystem herausnehmen“ ist jetzt ein bisserl kryptisch. Das einzige, was bei mir in Cubase 5.5 funktioniert hat, war den ASIO-Treiber vorübergehend rauszuwerfen:
    Geräte -> Geräte konfigurieren -> Vst Audiosystem
    … und dort den ASIO-Treiber durch „Kein Treiber“ ersetzen.
    Dann geht Reaktor auf 0%, und man kann beliebig oversampeln beim Rendern, ohne dass er schon im Leerlauf abregelt. Ist allerdings umständlich und langsam zum Hin- und Herschalten.
    Einfacher gehts in Samplitude 11 (und wahrscheinlich auch anderen Versionen, auch in der „Heimversion“ Music Studio 2008): Einfach das Monitoring im Track ausschalten (Lautsprechersymbol anklicken), und schon ist der Reaktor heruntergefahren. Funktioniert aber nur, wenn die Engine nicht im Hybrid-Modus nicht läuft, also:
    Optionen -> System/Optionen -> Audio Setup… und dort unter „Monitoring Einstellungen“ den Modus-Schieberegler auf „Track FX Monitoring“ (oder weniger) einstellen.

    Dafür läßt mich Cubase aber auch bis 384 kHz rendern, während in Sam11 schon bei popeligen 192 kHz Schluss ist….
    Geiles Teil übrigens, der Replikant. Mit 192/384 kHz schickt der Reaktor ja immer noch viele neue und hochgejubelte Plug-Ins in die Wüste.

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