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Drone-Synthesizer im Vergleich: Krischer M8 vs Lefty’s Sound Lab King Drone

28. September 2020

Kandidat #1 • Der Krischer M8

In den letzten Monaten sind mir zwei analoge Drone-Synthesizer aufgefallen:

Zuerst war da der Krischer M8, der satte 8 analoge Oszillatoren hat, die man mit 8 Potis tunen kann und sonst nur noch 8 Knöpfe, mit denen man die Oszillatoren an- und ausschalten kann. Die Beschreibung auf Amazona war knapp, die Bilder auf Reverb interessant und die Klänge im Produktvideo vielversprechend. Bei dem Preis von knapp über 100 Euro inkl. Versand konnte ich nicht nein sagen.

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Ein paar Tage später kam das Päckchen aus Paris, alles sah OK aus, ähnlich wie manche Boutique-Effekte, die ich vorher erstanden hab. Einer der Potiknöpfe war locker, aber schnell festgeschraubt. Dann die erste Überraschung: was aussah wie ein normales Netzteil für Gitarreneffekte entpuppte sich als 24V Netzteil. Also schnell markiert, damit ich das nicht verwechsel (dazu später mehr)

Der erste Klangeindruck war interessant, aber nicht umwerfend. Die acht, recht brav klingenden Oszillatoren zusammen ergeben einen Teppich, den man schön wabern und pulsieren lassen kann. Erste Versuche mit verschiedenen Effekten waren nicht sehr aufschlussreich. Also landete der Krischer M8 erstmal im Regal, auch weil Corona und ständiges Homeoffice meine Kreativität ziemlich abgewürgt hatten.

Zwischenspiel

Einige Wochen später bin ich bei der Suche nach Inspiration noch einmal über den  Elmyra gestolpert. Ich hatte den ersten Artikel auf Amazona gelesen, und als Besitzer eines Soma Lyra-8 war ich neugierig auf diesen vom Lyra-8 inspirierten Synth. Allerdings war ich unschlüssig, ob ich mich auf das Gelöte eines Bausatzes einlassen soll, weil meine letzten ernsthafteren Lötversuche lange, sehr lange zurücklagen. Um es kurz zu machen, der Elmyra war schneller gebaut als befürchtet und die Klangformungsmöglichkeiten machen richtig Spaß! Das aber nur als Einschub, zurück zum Vergleich mit dem Krischer M8.

Kandidat #2 – der Herausforderer • Der King Drone

Neugierig auf weitere Bausätze, und unendlichem Surfen, sehe ich auf Reverb ein Teil, das mein Interesse weckt. Eine unscheinbare silbern-schwarze Box ohne Beschriftung, ein paar Knöpfen und Schaltern, die sich großkotzig King Drone nennt. Der Verkäufer nennt sich Lefty‘s Sound Lab. Einige andere interessante Effekte und Synths hatte er auch noch, und bei einem Preis von 99 Dollar plus Versand habe ich zugeschlagen. Dann die erste Überraschung beim Bezahlen: mein Geld geht nach Russland, und zwar nach Rostow am Don. Erster Gedanke: Toll, jetzt darf ich weder ewig warten bis das Ding ankommt und am Ende noch Zoll bezhalen. Zweiter Gedanke: Im großen Russland gibt es mehr als nur Vlad Kreimer. Hinter dem englischen Lefty‘s Sound Lab verbirgt sich Vladimir Mamonov.

Was den King Drone für mich interessant gemacht hat: sechs stimmbare Oszillatoren, drei höher und drei tiefer gestimmt. Und ein Filter, und zwar nicht irgendeines, sondern ein MS-20 Filter Klon, als High Pass und Low Pass schaltbar! Und nicht zuletzt, ein Lautstärkeregler, und man kann das Ding mit einem normalen 9-Volt Effektnetzteil betreiben.

Und dann ging die Warterei los. Nach ca. 2 Wochen kommt das Päckchen an, eingepackt in Plastikfolie und mit russischen Briefmarken gepflastert. Es waren 17 Marken, wenn ich mich recht entsinne.

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Ausgepackt, und dann ein bißchen enttäuscht. Die Aluplatte mit den Knöpfen und Schaltern leicht verkratzt, das Gehäuse aus einem billig wirkenden Plastik mit Tolex-Optik. Fühlt sich an wie eine russische Lom Kamera aus den frühen Neunzigern.

Die Knöpfe für Oszillator-Stimmung sind die gleichen wie die, die beim Soma Lyra-8 für die Wellenform, Modulation, Pitch und Hold verbaut sind. Alle Potis und Schalter sind ordentlich auf der Aluplatte verschraubt.

Angeschlossen, angetestet und jaaaaa! Dieses Ding klingt fett, warm, und mit dem Filter macht es erst richtig Spaß. Damit wird deutlich, was mir am Krischer M8 fehlte, ein Filter! Krischer bietet neuerdings einen MS-20 Klon mit CV separat an und ich trage mich schon mit dem Gedanken…

Im direkten Vergleich

Beim Anschließen der beiden Drone-Sythesizer ist mir natürlich genau das passiert, was ich befürchtet hatte: das 24-Volt Netzteil des Krischer an den 9-Volt Eingang des King Drone angeschlossen. Aus dem Kopfhörer, der zum Glück auf dem Tisch lag, ein lautes Krachen. Erschrocken prüfe ich die Leitungen und tatsächlich, es ist passiert. Habe ich den King Drone noch vor dem Test gekillt? Zum Glück nicht. Hätte mich irgendwie bei einem russischen Gerät auch gewundert…

Nebeneinander auf dem Tisch machen die beiden Drone-Synthis nicht viel her. Also angeschlossen an das Audiointerface und Ableton Live hochgefahren und nebeneinander laufen lassen, und zwar auf allen Oszillatoren. Erster Eindruck: der Output des King Drone lässt den Krischer M8 blass aussehen, vor allem wenn man den King Drone etwas weiter aufdreht.

Nächster Test: Tuning. Hier fällt mir zum ersten Mal auf, wie unterschiedlich die einzelnen Oszillatoren von Haus aus gestimmt sind, besonders beim Krischer. Ja, ich hab mich schon gewundert, warum beim Zuschalten einiger Oszillatoren sich der Gesamtklang kaum ändert. Also einmal alle Oszillatoren einmal einzeln durchgemessen:

Frequenzbereiche der einzelnen Oszillatoren des Krischer M8:

62,9-329 Hz 70,2-283 Hz 69-312 Hz 76,5-321 Hz
193-1020 Hz 435-2076 Hz 202,8-1044 Hz 176,5-1004 Hz

Während also die oberen vier Oszillatoren sich im Bereich von grob 70-280 Hertz stimmen lassen, haben in der unteren Reihe nur drei Oszillatoren vergleichbare Frequenzbereiche (180-1000 Hz), einer aber fällt heraus und ist von 435-2076 Hz stimmbar. Ungewöhnlich. Mais, pourquois pas? Immerhin kann man mit dem Teil von knapp über 60 bis über 2000 Hz abdecken.

Ein weiterer Punkt, der beim Stimmen des Krischer auffiel: einer der oberen Oszillatoren war an der Obergrenze seines Frequenzbereichs sehr schlecht zu stimmen und sehr unstabil, hier sind dann plötzlich tiefe Obertöne verstärkt in den Vordergrund getreten.

Wenn man beim Ableton Tuner die Anzeige umschaltet, kann man sehen, dass die Frequenz der einzelnen Oszillatoren nicht stabil ist, sondern in regelmäßigen Abständen kleine Sprünge aufweist. Und ja, man kann das auch hören.

Die Taster, mit denen man am Krischer M8 die einzelnen Oszillatoren zu- und abschalten kann, sind nicht störfrei. Ein paar der acht Schalter knacksen beim Betätigen ganz ordentlich.

Anders sieht es beim King Drone aus.

65,7-302,8 Hz 61,6-291,4 Hz 61,1-292,8 Hz
39,9-196,4 Hz 38,5-190,6 Hz 38,6-186 Hz

Hier sind die beiden Bereiche einigermaßen gleichmäßig verteilt. Oben von ca. 60-290 Hz, unten von 39-186 Hz, also insgesamt ein recht enger Frequenzbereich von knapp 40 bis um die 300 Hz. Und die einzelnen Oszillatoren lassen sich gut stimmen und es sind auch keine Sprünge zu sehen oder zu hören.

Die Kippschalter für die einzelnen Oszillatoren und den Filter sind geräuschfrei.

Erstes Zwischenfazit

In Punkto Klang und Bedienbarkeit liegt der King Drone für mich in einem Zwischenfazit klar vorn. Das liegt an den vorhandenen Möglichkeiten zur Lautstärkeregelung und vor allem am Filter. Die leicht verschrammte Alu-Deckplatte ist nicht so schön, aber auch nicht wirklich störend.

Die Inkonsistenz im recht breiten Frequenzumfang bei den Krischer Oszillatoren finde ich beinahe charmant, weil sie auch einige zusätzliche Möglichkeiten eröffnet. Optisch macht der Krischer auch ein bisschen mehr her. Allerdings stört das Geräusch der Taster ziemlich.

Die Oszillatoren von Krischer M8 und King Drone

Nun aber die nächste Frage, was sind das eigentlich für Oszillatoren, die da vor sich hindröhnen?

Der unterschiedliche Klang der beiden Drone-Synthesizer erklärt sich zuerst einmal durch die unterschiedlichen Wellenformen. Während der Krischer auf Oszillatorebene Sägezahn-Wellenformen, die leicht in Richtung Haifischflosse tendieren, erzeugt, haben wir es im Kind Drone mit einer leicht abgewandelten Sägezahnform (mir fehlt hier das passende Wort) zu tun.

Ein Oszillator des Krischer M8

Zwei sich überlagernde Oszillatoren des Krischer M8

Im Vergleich dazu sieht die Wellenform des King Drone deutlich anders aus.

Ein Oszillator des King Drone

Ein Oszillator des King Drone mit Resonanz

Ein Oszillator des King Drone mit voller Filter und Resonanz

In der Praxis

Für diesen Test habe ich beide Kandidaten auf Akkorde gestimmt – F dur, C sus4 und D moll. Die Oszillatoren habe ich dann jeweils zufällig zu und abgeschaltet. Das Endergebnis überraschte mich ein bisschen, und zwar in zweierlei Hinsicht.

Hatte ich zunächst den King Drone vorne gesehen, wegen seines runden und vollen Klanges und wegen des Filters, gefiel mir der Krischer im musikalischen Zusammenhang ein bißchen besser.

Was auch überraschte, war wie schnell beide Drone-Synthesizer anfingen matschig zu wirken, wenn man zu viele Oszillatoren in der gleichen Lage stimmte. Auch hier lag der Krischer M8 letztlich vorn, weil er doch einen breiteren Frequenzbereich abdeckt. Letztendlich gilt aber für beide, dass sie mit maximal 3-4 Oszillatoren am besten klingen.

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Fazit
Was auf dem Papier bzw. den Webseiten von Reverb relativ ähnlich aussah, entpuppte sich bei näherem Hinsehen und -hören als zwei relativ unterschiedliche Drone-Synthesizer.
Der Krischer M8 ist der eher musikalisch ausgerichtete, während der King Drone mir eher etwas für Sounddesigner zu sein scheint.

Den Krischer kann ich mir gut vorstellen im Zusammenspiel mit einem elektrischen Klavier mit ordentlich Overdrive.

Beim King Drone stelle ich mir eher Dinge wie den Start einer Soyuz Rakete vor, oder auch das Zusammenspiel mit einem Lyra-8.

Plus

  • Beide Drone-Synthesizer können sehr gut klingen und bieten eine gute Grundlage für Sounddesign.
  • Der Krischer M8 hat mehr Musik im Sinn und deckt einen weiteren Frequenzbereich ab.
  • Der King Drone ist mit dem MS-20 Filter und Lautstärkeregler im Vorteil beim Sounddesign und hat die leiseren Schalter.

Minus

  • Das Netzteil des Krischer M8 ist ein 24-Volt Netzteil.
  • Die Taster des Krischer M8 knacken hörbar.
  • Der King Drone deckt einen geringeren Frequenzbereich ab und klingt schneller undefiniert.
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ist das Fazit korrekt?
    „Der Krischer ist mit dem MS-20 Filter…im Vorteil…“
    Ich hatte es so verstanden, dass der King Drone dieses Filter hat.

    Aber dennoch: Danke für den ausführlichen Test. :-)

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Mir gefällt, dass du Wellenformen darstellst und Hörbeispiele lieferst.
    Besonders gut finde ich, dass du die unterschiedlichen Anwendungsgebiete herausarbeitest.

    Danke für diese Leserstory.

    • Profilbild
      UBeeh

      Gern geschehen. Ich hab gedacht, ich nehm mir mal die Zeit, um auch ein etwas abgelegenes Gebiet der Synthie-Welt zu beleuchten.

    • Profilbild
      UBeeh

      @Spargelranger Ja, das stimmt schon. Aber die Elmyra verdient einen eigenen Bericht ;-), da sie ja deutlich komplexer ist. Und, sie ist nicht analog…

      • Profilbild
        UBeeh

        @UBeeh Der Bericht über die Elmyra kommt hoffentlich nächste Woche. Watch this space!

  3. Profilbild
    UBeeh

    Noch als Nachtrag zum Krischer. Die Taster knacken nur dann, wenn man sie zu zögerlich betätigt. Ein resoluter Druck dagegen schaltet den Oszillator an oder ab, und zwar ohne Knacken. John Krischer meinte, dass das langsame Drücken dazu führt, dass der Oszillator innerhalb kurzer Zeit an- und ausgeschaltet wird, und dass dies für das Knacken verantwortlich sei.

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