Wirklich genial Kompositionshilfe
Es kommt nur noch selten vor, dass unsere Redaktion eine Software erreicht, die einen wirklich überrascht. Sundog von FeelYourSound gehört definitiv zu solchen freudigen Highlights. Sundog ist eine Kompositionshilfe, die einem im Prinzip hilft, einen kompletten Song zu erstellen. Und das passiert nicht per KI, sondern haben wir dem Programmierer Hauke Menges zu verdanken, der dieses geniale Kompositionstool erfunden hat.
Inhaltsverzeichnis
Standalone oder Plug-in?
Nein, FeelYourSound Sundog ist kein Plug-in, sondern funktioniert per Standalone. Es läuft problemlos unter Windows oder auch dem neuesten Apple Betriebssystem. Ich habe hier in meinem Studio Apple Ventura 13.4.1 benutzt ohne irgendwelche Probleme.
Rein theoretisch kann man den integrierten „Preview-Synth“ als Klangquelle benutzen, aber der klingt erstens nicht besonders und erlaubt auch keine adäquate Regelung der Lautstärken der einzelnen Spuren. Zur Not kann man damit zwar auch komponieren, aber der Spaßfaktor steigt natürlich erheblich, wenn man die Ausgänge des Sundog mit den virtuellen Eingängen seiner Lieblings-DAWs benutzt.
In meinem Fall ist das Logic Pro X, aber das geht auch mit Ableton, Cubase und vielen anderen. Auf Apple wird über das integrierte APP Audio MIDI-Setup einfach der IAC-Driver aktiviert. Wie ihr seht, habe ich darauf einen Port aktiviert und in „FeelYourSound“ umbenannt.
In den Einstellungen von Sundog wird nun als MIDI-Ausgang der IAC-Driver gewählt:
In Logic habe ich nun drei Spuren mit jeweils einem unterschiedlichen MIDI-Eingang gewählt – in meinem Fall 1, 2 und 3. Das entspricht den ersten drei Spuren des Sundogs. Setzt man die Kanäle bei MIDI-Eingang auf ALLE (oder IAC-Driver), kann Sundog nun die in Logic zugewiesenen Plug-ins spielen.
WICHTIG: Ihr müsst alle zugewiesenen Spuren auch SCHARF schalten (siehe rote Record-Buttons in der Spur), nur dann funktioniert der multitimbrale Betrieb.
Master & Slave
Tatsächlich ist während der Kreation der Songstrukturen erst einmal SUNDOG der Master und LOGIC der (Sound-) Slave. Soll heißen: Logic ist zum Tonmodul degradiert worden. Erst wenn ich Akkorde, Bassline, Arpeggio, Drums und Melodie-Lines erstellt habe, transferiert man alle MIDI-Spuren per Drag&Drop in das Logic-Projekt.
Von da ab kann man Sundog runterfahren und arbeitet nur noch mit seiner DAW weiter. Das Grundprinzip erklärt Hauke hier sehr gut in seinem deutschen Videotutorial:
Die Mainpage von Sundog im Überblick
Bis auf wenige Ausnahmen geschieht alles bei Sundog über die Mainpage. Diese ist übersichtlich strukturiert und bietet auf einen Blick alle entscheidenden Parameter. Für mein Projekt habe ich mir ein blaues GUI ausgewählt, der wirkte für mich ein wenig gefälliger als die Standardoberfläche in Gelb und Rot.
Unterhalb der Pattern-Parameter wie Geschwindigkeit, Swing, Tonart etc. findet man 15 Spuren, von denen ich die ersten drei für dieses Projekt nutze und in Chorus, Bass und Melody umbenannt habe. Von Werk aus sind die 15 Spuren entsprechend der MIDI-Kanäle durchnummeriert worden. Das lässt sich aber beliebig ändern.
Spannend sind nun die zwei untereinanderliegenden linken Felder. Im oberen wird mit der Maus die Tonhöhe eingezeichnet, die wiederum dem Pattern im darunterliegenden Feld folgt.
Für die Patterns selbst stehen 203 Preset-Patterns zur Verfügung, die man rechts neben dem Pattern-Feld anwählt. Daraufhin öffnet sich folgendes Menü:
Kehrt man nach danach zurück auf den Mainscreen, kann man das gewählte Pattern hier nach allen Regeln der Kunst individualisieren.
Weißt man einer der Spuren keine einzelne Noten,
sondern Akkorde zu,
kann man über die Taste CHORDS in den Spurparametern eine Akkordfolge auswählen:
Ganz oben überhalb der Akkorde befindet sich wieder ein 16-taktiges Pattern, dem man nun die Akkorde beliebig zuweisen kann. Über USE Chords (rechts unten) bestätigt man seine Auswahl und kehrt auf den Main-Screen zurück.
Spielt man nun die bereits erstellten Spuren ab, folgen die Akkorde der Melodie-Linie. Dasselbe gilt für weitere Arbeitsschritte, so lässt sich z. B. eine gewählte Bassfolge wiederum den Grundnoten der Akkorde folgen.
Drums
Auch hierbei unterstützt einen Sundog, ganz nach dem Anspruch ALL ON ONE. Kanal 10 ist den Drums vorbehalten und über Fixed-Note wird pro Spur nur ein Drumsound angespielt. Hierfür gibt es auch keine vorprogrammierten Patterns mehr, sondern man legt selbst Hand an. Das funktioniert als schnelle Drum-Untermalung ganz gut, ist aber nicht mit den Eingabemöglichkeiten von ausgefeilten Drum-Apps vergleichbar.
Song-Mode im Sundog
BlackSun bietet auch einen Song-Mode. In diesem lassen sich beliebig viele Patterns hintereinander hängen. Ich vermute aber schwer, dass die meisten am Ende den Song dann doch eher in ihrer DAW erstellen und Sundog nur zum Entwerfen verschiedener Patterns verwenden werden.
Auch dieses Feature ist mehr eine Dreingabe.
Weitere Features
Auch diese nur kurz im Überblick: So lassen sich z. B. Patterns, die man selbst modifiziert oder von Grund auf selbst erstellt hat, auch abspeichern und wieder als Vorlage für die nächsten Projekte verwenden.
Patterns können durch Checkbox das Tempo verdoppeln oder Triolen spielen. Wirklich umwerfend ist auch die Menge der vorhandenen Stimmungen, aus denen man sich bedienen kann.
Und selbstverständlich können Patterns auch unterschiedliche Längen annehmen. Spuren können stummgeschaltet oder auf Solo geschaltet werden und über die Dropdown-Menüs lassen sich weitere Features abrufen, zum Beispiel zum Ausdünnen der erzeugten Noten etc. Das alles nochmals im Detail zu beschreiben, würde aber den Umfang des Artikels sprengen. Dafür empfehle ich dann die zahlreichen Videos zu Sundog auf YouTube,
Workflow
Sundog macht Spaß und es gelingen einem sehr schnell und sehr intuitiv Akkordfolgen, Basslines und einfache Melodielinien. Für Produzenten elektronischer Musik sicher einen wertvolles Tool, um auf neue Ideen zu kommen.
Nicht mehr und nicht weniger will Sundog auch erreichen. Und wir erinnern uns nochmals an den Preis. Für 59,- Euro ist das eine feine Sache, läuft stabil und ist man man zufrieden, zieht man sich die MIDI-Files mit einem einzigen Klick in seine DAW.
Der Sinn, das es diese Software nicht als Plugin gibt, erschliesst sich mir nicht ganz. Nur unnötig kompliziert es mit der DAW zu verbinden.
Ein Zwischenschritt zur KI-Lösung.
Wenn man Logic Pro benutzt, genügen dann nicht schon Apple Loops?
Wenn ich schon das ganze Brimborium sehe….. Ich verzichte dankend und fröhne lieber meinem Dilettantismus.
Was ist denn daran genial wenn ich aus 200 Pattern eine auswähle, diese anpasse, eine passend Bassfolge ergänze und dann eine Melodie generiere ? Nein danke
Täusche ich mich oder ist das wie „Band In A Box“? Optisch wirkt das so.
@Round Robin Das kanadische Band in a Box benutze ich seit Ewigkeiten (1994) zum Songaufbau. Optische Ähnlichkeit sehe ich da nicht, BiaB erinnert eher an eine Excel-Tabelle mit Akkordsymbolen, bei der jede Tabellenzelle einem Takt entspricht. So habe ich immerhin den ganzen Song und seine Struktur komplett im Blick. Ähnlich der Begleitautomatik eines Entertainerkeyboards kann man dann dem Song Loops und Styles zuweisen. Selbst irgendwelche Pattern zu programmieren ist in BiaB zwar denkbar aber sinnlos.
Sundog erinnert mich eher an Scaler von der Plugin Boutique oder WA InstaComposer. Oder eben an SugarBytes Egoist, auf den der Chef RED ja auch schon mächtig abgefahren ist. Er scheint eine Schwäche für Tools mit Rechenkästchen zu hegen.
Es gibt keine künstliche Intelligenz, sondern nur mehr oder weniger komplexe Algorithmen. Das Demo-Video ist ca. 7 Jahre alt, vermutlich die Software ebenso. Die Benutzeroberfläche bietet zwar viele Features, wäre mir aber aufgrund der nötigen Seitenwechsel zu unübersichtlich. Zum Komponieren greife ich daher lieber zum echten Instrument.
@tantris Genau. Es gibt auch keine natürliche Intelligenz, nur mehr oder weniger komplexe chemische Abläufe. Obwohl ich mir bei uns auf der Straße nicht so sicher bin, ob man die Leute als intelligent bezeichnen kann…🤞
@tantris > Es gibt keine künstliche Intelligenz, sondern nur mehr oder weniger komplexe Algorithmen. […]
Wenn die Algorithmen so komplex werden, dass sie sich selber organisieren – meistens mit Hilfe eines sog. »Neuronalen Netzes« – und keiner mehr durchsteigt, wie es eigentlich genau funktioniert … genau dafür hat sich der Begriff »künstliche Intelligenz« heraus gebildet.
früger hat man sich ein Alleinunterhalter-Keybord von Yamaha, Casio od so geholt wenn man keine Einfälle oder unfähig war… Ich fand das schon immer widerwärtig.
die Software dürfte mindestens 10 Jahre alt sein… und 60 Euro für ca 200 presets wäre mir definitiv zu viel. die sonstigen Funktionen kann meine daw eigentlich auch native verstehe die gute Bewertung nicht wirklich
Hab es aufgrund des Artikels mal ausprobiert und finde es ziemlich nützlich. Tonart wählen, Akkordfolge zusammenbauen, Bassline, Arpeggios und Melodie-Fragmente daraus ableiten geht innerhalb von Minuten. Alles kann angepasst und umgebaut werden, man ist nicht auf Presets beschränkt. Als Songstarter, der neue Ideen anstößt, finde ich das recht gelungen. Für meine Zwecke auf jeden Fall eine kleine Bereicherung fürs Studio.