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Guitar Vintage: Marshall JMP-1, 19″ Gitarren-Preamp

1992: Marshall goes Racksize!

9. Oktober 2016

Die Fachwelt staunte nicht schlecht, als der Verstärkergigant Marshall im Jahre 1992 den ersten eigenen Röhrenpreamp präsentierte. Natürlich im 19″-Rackformat, denn das war ja seit Mitte der 80er Jahre schließlich die angesagte Art, um all den Effekten, Endstufen und Equalizern ein sicheres und zugleich praktisch zu transportierendes Zuhause zu bieten. Die Ausstattung konnte sich sehen lassen, so besaß der Marshall JMP-1 vier Kanäle, eine MIDI-Schnittstelle mit IN/OUT und THRU, einen Stereo-Effektweg, einen Kopfhöreranschluss und neben den Ausgangsbuchsen in zweifacher Ausführung sogar zwei weitere Anschlüsse, die das Signal mit einer Lautsprechersimulation abgaben. Nicht zu vergessen sei natürlich auch die Speichermöglichkeit, die mit 99 Presets selbst heute noch viel zu viel ist.

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— Es war 1992 – Marshall JMP-1 —

Fünfundzwanzig Jahre sind seitdem vergangen – eine verdammt lange Zeit. Doch hat sich seitdem wirklich etwas an unseren Hörgewohnheiten oder dem Soundgeschmack geändert? Klingt der goldene Rackeinschub deswegen heute etwa „oldschool“ oder besitzt Nachteile bei der Bedienung? Und wie hat unser Proband die Zeit überstanden, funktioniert noch alles so, wie damals in den frühen 90ern? Aus unserer Amazona Reihe Zeitmaschine werfen wir heute den Blick zurück auf den Marshall JMP-1!

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Facts & Features

Das war noch richtig schweres Gerät, was Marshall damals mit dem JMP-1 auffuhr! Stolze 4,5 kg bringt das 1 HE hohe und 26 cm tiefe Metallgehäuse im konformen 19″-Format auf die Waage. In Anlehnung an die goldenen Bedienpanels der Marshall Amps bekam der JMP-1 ebenso eine Frontblende aus goldeloxiertem Aluminium verpasst, was zusammen mit dem schwarzen Bedienpanel nicht nur einen markenspezifischen Wiedererkennungswert besitzt, sondern auch heute noch keineswegs „altbacken“ wirkt. Zeitloses Design, das trifft die Sache wohl ganz gut. Nur auf die typischen Marshall Knöpfe mit ihren goldenen Deckeln hat man verzichtet, aber allzu viele Regler zum Drehen gibt es an der Front ohnehin nicht, hier überwiegen eindeutig die Schalter!

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— Nur zwei Regler, dafür aber 16 Schalter an der Front des JMP-1 —

Vier Grundsounds bot der JMP-1 damals und die waren direkt per Knopfdruck anwählbar. Von links nach rechts an der Bedienfront sind die beiden Overdrive Presets (OD1&OD2) zu erst an der Reihe, bevor die beiden unverzerrten Grundsounds (CLEAN1&CLEAN2) folgen. Die Charakteristiken der vier Presets beschrieb Marshall im damaligen Handbuch wie folgt:

OD1 Key

„This Key selects Overdrive1 – a warm Vintage Drive,
reminiscent of Marshall Super Lead Amps through to
modern day Master Volumes“.

Der klassische Marshall Sound also, angefangen von den ersten Boliden ohne Mastervolume (Plexi & Co) bis hin zu den „moderneren Modellen“ der JCM-Baureihe, die 1981 mit Neuerungen wie Kanalumschaltung, Mastervolume und Hall erschien.

OD2 Key

„Selects Overdrive2. This a tightly focused High Gain
Drive, which can be smooth or aggressive, depending on
the E.Q. and Gain Settings“.

Dieses Preset sollte die damals aufkommende Lust nach „Scooped-Sounds“, also nach Klängen mit einem extrem abgesenkten Mittenspektrum befriedigen.

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CLEAN1 Key

„Selects Clean1, which has a full, warm Character and
pure Vintage Tone“.

Die unverzerrte Abteilung beginnt mit einem warmen Vintage-Ton orientierten Cleansound, der sich ideal für dicke Akkordwände und fette, klare Sololinien eignet.

CLEAN2 Key

„Selects Clean 2. This has a bright sparkling Tone, ideal
for Clean Picking and Ringing Chords“.

Der zweite Cleanchannel bekommt also noch einmal einen deutlichen Kick an Höhen dazu, hier dürften sich wohl die Fans von Country oder Funk zuhause gefühlt haben.

Obwohl der Marshall JMP-1 über eine ausgiebige MIDI-Implementation verfügt, gab es für das Gerät auch einen einfachen Vierfach-Fußschalter zur Anwahl der Presets. Nicht jeder musste sich somit zwangsläufig mit dem Thema MIDI auseinandersetzen, was bei Gitarristen, damals wie heute, immer noch eine mehr oder minder ausgeprägte natürliche Abwehrreaktion hervorruft.

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— Der passende Fußschalter zur Anwahl der vier Kanäle des Marshall JMP-1 —

Marshall JMP-1 – die weiteren Schalter

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— Bedienpanel rechte Seite —

Die übrigen Schalter sind genauso logisch wie sinnvoll abgebracht und ermöglichen einen schnellen und einfachen Zugriff auf die wichtigsten Parameter des Preamps. Das sind natürlich vornehmlich Gain und die Klangregelung, die mit vier Bändern (Bass, Middle, Treble und Presence) vollwertig ausgestattet ist. Als Bonus diente der „Bass Shift“ Button, mit dem auf Knopfdruck der Bassbereich aller vier Grundsounds gestrafft werden konnte.

Der Schalter mit der Bezeichnung „Effect“ dient zum Einpegeln der Effektintensität, die am FX-Loop anliegt, mit „Channel“ wird der MIDI-Kanal bestimmt, auf dem der JMP-1 senden und empfangen darf. „Map“ dient dazu, die Programmwechsel bei zusätzlich angeschlossenem MIDI-Equipment – und das dürften damals überwiegend 19″-Multieffektprozessoren gewesen sein – zu organisieren. Nach dem Drücken des gewünschten Schalters sind die entsprechenden Parameter dann mit dem Poti „Data“ regelbar, komplettiert wird die Schalterflut durch „Patch“ und „Store“, die zur Auswahl der 99 Presets bzw. zum Abspeichern der eigenen Kreationen dienen.

Also alles ganz einfach und ohne große Steppereien durch endlose Untermenüs zu bewerkstelligen. Das wäre ohnehin sehr schwierig, denn das rot leuchtende Display ist zwar extrem gut abzulesen, aufwendigeres Editieren wäre aber hier nur sehr schwer möglich. Dafür existiert aber ein MIDI-Editor, der das Einstellen und Verwalten der Sounds vom Rechner aus ermöglicht. Allerdings nur für Windows Nutzer.

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— Die Website zum JMP-1 Editor – heute im Angebot: die Sounds von Iron Maiden —

Als letztes der zwei Potis an der Front des Panels erlaubt der Mastervolume-Regler ohne Umschweife jederzeit direkten Zugriff auf die Gesamtlautstärke des Systems. Den Abschluss bildet schließlich ein Kopfhörerausgang und, na klar, natürlich die Inputbuchse für die Gitarre.

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— Bedienpanel linke Seite —

Quickshot – Rückseite

Bevor wir uns mit dem wichtigsten, nämlich dem Sound des Preamps beschäftigen, noch schnell einen Blick auf die Rückseite. Ich hatte es ja eingangs bereits erwähnt: Die Schnittstellenvielfalt des JMP-1 ließ für die damalige Zeit kaum einen Wunsch offen. Aus heutiger Sicht ist man mit der MIDI-Schnittstelle, dem Stereo-Effektweg und den Stereoausgängen mit Lautsprechersimulation immer noch für viele Eventualitäten bestens gerüstet.

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— Rückseite des Marshall JMP-1 —

Sound & Praxis mit dem Marshall JMP-1

Typischer nach Marshall kann ein Marshall nicht klingen, das trifft voll und ganz auf den JMP-1 zu! Die unverzerrten Kanäle (CLEAN1 & CLEAN2) bieten einen warmen und runden Klang mit einer fantastischen Dynamik und einer gehörigen Portion „Vintage“ dazu. Erinnerungen an einen sauber angefahrenen PLEXI oder auch an den Bluesbreaker Combo JTM-45 werden hier wach. Das folgende Klangbeispiel entstammt dem CLEAN1-Preset und wurde, wie alle weiteren Sounds, mit einer ENGL-Röhrenendstufe, einer H&K 1×12″ Celestion Vintage 30 Box sowie einem AKG C3000 Mikro aufgenommen.

Viel wichtiger bei einem echten Marshall sind natürlich die verzerrten Sounds, denn sonst würde man ja Fender spielen. In dieser Abteilung zeigt der schlanke Brite seine wahren Stärken, es gibt wohl kaum ein Bedürfnis nach einem Klang, den der JMP-1 nicht zu befriedigen imstande wäre. Einzig und allein die extreme High-Gain-Schiene liegt ihm nicht so, Fans von Deathmetal-Sounds oder Djent-Freaks werden hier eher enttäuscht sein. Was aber nicht heißt, dass der Preamp dafür nicht geeignet wäre, ein hochwertiger Booster davor geschaltet und die Post kann richtig abgehen!

Das folgende Klangbeispiel zeigt den JMP-1 nun im OD1 Key mit gemäßigtem Gain, perfekt für Riffs im Stil von AC/DC, Gary Moore & Co. eben dort, wo es „hardrockig“ zugeht.

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— Offizielle Marshall Werbung zum JMP-1 —

Ein weiterer Klang aus dem OD1-Kanal, diesmal mit etwas zurückgenommenem Gain und abgesenkten Mitten. Der Klang bleibt trotzdem wunderbar dynamisch spielbar!

Das dritte Soundsetting des OD1 Kanals zeigt eine Sololinie:

Nun die Soundsettings auf Basis des OD2 Kanals. Als erstes eine Sololinie mit angehobenen Mitten – und die Gitarre fängt regelrecht an zu singen!

Der JMP-1 kann aber auch deutlich moderner, wie man im nächsten Klangbeispiel hören kann. Ein Overdrive-Riff mit abgesenkten Mitten und nicht ganz so viel Verzerrung:

Im nächsten Klangbeispiel ist ein Riff mit Verzerrung zu hören. Interessant hierbei ist der differenzierte Sound, in dem auch Akkorde noch klar und deutlich zu erkennen sind.

 

 

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Fazit

Der Einzug von Marshall mit dem JMP-1 in unsere Gitarrenracks war damals ein voller Erfolg! Der Preamp produzierte den typisch knochentrockenen und mittenbetonten Marshall-Sound im konformen 19″-Format und war bzw. ist bis heute aufgrund seiner großen Anzahl von Schnittstellen (MIDI, Speaker Simulated Line Out, Stereo-Effektweg, Kopfhörerausgang) nicht nur auf Bühnen, sondern auch im Studio ein gern gesehener Gast. Die vier Grundsounds decken alles ab, was man auch nur im Entferntesten mit Rock ’n‘ Roll in Verbindung bringen kann und überzeugen dabei mit einer Dynamik und einem Spielgefühl, das den großen „Röhrenmonstern“ aus dem Hause Marshall in keiner Weise etwas nachsteht.

Die Gebrauchtmarktpreise für den JMP-1 variieren je nach Erhaltungszustand zwischen 300,- und 500,- Euro. Da viele der Geräte bisher ihr Leben gut geschützt in einem Rack verbringen durften, sollten runtergerockte Modelle eher die Ausnahme sein. Allzu viel kann ja auch nicht kaputt gehen, sieht man mal von den Verschleißteilen wie den beiden ECC83 Röhren ab. Denn verschleißanfällige Regler gibt es an der Front ja gerade mal zwei Stück – und selbst die funktionieren bei unserem Testgerät noch wie am ersten Tag!

Plus

  • typischer Marshall Sound
  • MIDI-fähig
  • Emulated Stereo Out
  • Stereo Effektweg
  • Kopfhöreranschluss
  • robuste Verarbeitung
  • Optik

Minus

  • -

Preis

  • Je nach Erhaltungszustand zwischen 300,- und 500,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ich habe noch den Vorgänger den marshall 2000, dieses Teil hier jmp-1 ist sowas von Fortschrittlich gewesen, einfach herrlich. Macht euch nichts vor, die Gitarren Verstärker die da jede Woche neu heraus kommen sind nicht alle besser sondern lediglich nur neuer.

    • Profilbild
      Stephan Güte RED

      Ich habe damals laaaange überlegt .. zwischen dem JMP-1 und dem ADA MP-1 .. habe mich dann für den ADA entschieden und bereue es bis heute, ihn verkauft zu haben. Ich hoffe, dass ich so´n Teil auch noch mal erwische für die „Zeitmaschine“ :)

      Grüße,

      Stephan

      • Profilbild
        Blue

        @Stephan Güte Hi Stephan,

        ich weiß, der Artikel ist schon „uralt“ … aber vielleicht hilft das ja weiter, wenn jemand das Netz nach dem JMP1 durchgoogelt … ;)

        Es dürfte so Mitte/Ende der 90er gewesen sein, da hatte ich beim „Sound Of Music“ Stuttgart die Gelegenheit, deren umfangreiche 19″-Gitten-PreAmp-Sammlung (so an die 35 Höheneinheiten in einem Rack!) komplett und direkt nacheinander durchzutesten.
        Dabei stach der Marshall JMP1 in Sachen direkter Anprache und Klarheit / Durchsetzungsfähigkeit ziemlich eindeutig und positiv heraus. (Der berühmt-berüchtigte Effekt vom „Decke vor den Lautsprechern wegziehen“ … ;)
        Da hat also der „former Marshall Amps designer Mike Scuffham“, der den JMP1 damals designt hat, also eine verdammt gute Arbeit geleistet.

        Ganz besonders interessant dabei ist die Tatsache, daß der JMP1 seine Zerre NICHT mittels Übersteuerung der zweiten ECC83 Röhre im Schaltkreis erzeugt, sondern mittels Dioden-Clipping, also ähnlich wie z.B. auch ein Tube-Screamer Pedal.
        Das der JMP1 „trotzdem“ so verdammt gut nach (altem) Marshall klingt, das finde ich schon sehr bemerkenswert!

        Bloß die Clean-Sounds waren nicht annähernd so überzeugend. Brauchbar ja, aber eben auch nicht mehr …

        Clean hat der ADA MP1 deutlich mehr Frische (+ Comp!) zu bieten, plus moderne Zerrsounds. (Mußte man halt per BBE etwas aufpäppeln, aber dann war das die Maschine der Wahl …)

        Cheers :)

  2. Profilbild
    OscSync AHU

    Ich mochte ihn in den 90ern nicht so sehr und fand andere Preamps attraktiver, aber der JMP1 hat sich wirklich gut gehalten!
    Ebenfalls leistungsfähig, vielseitig und m.E. auch heute noch ein Gebrauchttip: Rocktron Piranha. Mit HUSH, semiparametrischen Mitten, schaltbarer FX-Loop und toller „Amplike“-Bedienung.

    • Profilbild
      Stephan Güte RED

      @OscSync Ja, die Rocktron Sachen waren auch extrem geil … wer erinnert sich nicht an das Intellifex!? Mal schauen, vielleicht können wir was von damals auftreiben und mal wieder neu beleuchten :)

      Viele Grüße,

      Stephan

  3. Profilbild
    Macilias

    Cool dass die guten PreAmps nicht Vergessenheit geraten sind. Ich selber nutze auch immer noch separaten Pre (Mesa/Boogie TriAxis) und gehe dann direkt in den Rechner und modeliere lediglich den PowerAmp und das Cabinet. Aus meiner Sicht ist es die vielseitigste Lösung und bietet immer noch einen schöneren Klang als reine Simulation, ist aber sehr viel Einfacher bezüglich der Aufnahme als Mikrofonierung eines ganzen Stacks und vor allem lässt es sich unter Nachbar freundlichen Pegel realisieren.

  4. Profilbild
    Spartakus

    Ich hatte damals einen 100 Watt Acoustic Amp als Combo mit einem ElectroVoice Speaker.
    War ein toller Blues Combo, der allerdings nicht zerren konnte. Daher kaufte ich mir zusätzlich den JMP1. Allerdings klang die Verzerrung des JMP1 zusammen mit dem Acoustic unangenehm, so als ob man ein Spiegelei in der Pfanne bruzzelt. Daher habe ich den JMP1 meistens alleine gespielt.

    • Profilbild
      Zetahelix

      @Spartakus Ich hatte die 60 Watt Version, den Acoustic G60T und ärgere mich bis heute das ich ihn verkauft habe.. aber damals wollte man den Metalsound, dabei war das Teil so cool für Blues ..

  5. Profilbild
    fatzratz AHU

    Schade, dass bei den Gebrauchtangeboten fast immer der Fußschalter fehlt … es müssen Hunderte herrenlose MPM4Es in düsteren Ecken irgendwelcher verlassenener Proberäume vor sich hin gammeln …

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