Klanglicher Überflieger für wenig Geld
Salzburger Nockerl, Skifahren oder der Wiener Opernball. Wenn man an Österreich denkt, tun sich zwangsläufig einige Assoziationen auf. Von der Eitrigen am Würstelstandl ganz zu schweigen.
Wenn hingegen Toningenieure an Österreich denken, lassen romantischen Kürzeln wie etwa C12, 414, Elam 251 oder 451 die Herzen höher schlagen – gehörten Mikrofone aus Österreich doch Jahrzehntelang zu den tonangebenden Werkzeugen der Branche. Auch die junge Wiener Firma Austrian Audio bietet ein paar neue Kürzel, die sich im Laufe der Zeit vom Geheimtipp zum Klassiker entwickeln könnten. Neben den bereits getesteten Großmembranern OC818 und OC18 wurde nun das erste Kleinmembran-Mikrofon vorgestellt: das Austrian Audio CC8.
Austrian Audio CC8 Kleinmembran-Mikrofon
Das Austrian Audio CC8 gibt es in zwei Versionen: als Mono-Variante mit Tasche, Klemme und Windschutz für 399,- Euro oder im Stereo-Set mit zusätzlichem Koffer und Stereoschiene für 799,- Euro.
Wie bei den Großmembranern ist auch der Preis des CC8 eine klare Ansage an die Konkurrenz. Schließlich werden die Mikros gänzlich in Wien von Hand gefertigt und wurden auch hier entwickelt. Dabei legen die Ingenieure von Austrian Audio ein Hauptaugenmerk auf größtmögliche klangliche Konsistenz. Die Toleranzen sind so eng gesteckt, dass jedes CC8 mit einem zweiten Modell kombinierbar ist und ein perfekt gematchtes Paar ergibt.
Um diese Konsistenz sicherzustellen, muss jede Kapsel und jedes Mikrofon einen ausgiebigen Testparcours im eigenen schalltoten Raum über sich ergehen lassen. Heutzutage ein absolutes Novum. Mikrofonhersteller gibt es mittlerweile zwar wie Sand am mehr, aber meist werden Einzelkomponenten Trafo x, Kapsel y auf Platine z nach althergebrachten Rezepten A, B oder C miteinander kombiniert. Kaum ein Hersteller misst heute noch die Mikrofone vor der Auslieferung aus, um einen konsistenten Klang zu gewährleisten. Auch sind es nur die Top-Player am Markt, die sich überhaupt einen schalltoten Raum leisten können.
Im Falle von Austrian Audio wurde der schalltote Raum von der Firma AKG übernommen, als diese die Fertigung von Wien in Billiglohnländer verlegt hat. Aus dieser Zeit haben sich die ehemaligen AKG Ingenieure, die sich zu Austrian Audio zusammengeschlossen haben, auch die Liebe zur Messtechnik bewahrt. Nicht ohne Grund, denn wer nicht messen kann, was er eigentlich verkauft, hat keine Ahnung von den eigenen Produkten. Bei Austrian Audio wird das auf die Spitze getrieben. Der Kapsel als Herz des Mikrofons kommt ein sehr hohes Gewicht in der Entwicklung zu. Das war schon beim CK12 Nachbau CKR12 der Fall und ist bei der neu entwickelten OCC7 nicht anders. Zwar diente die AKG CK1 Kapsel hier durchaus als Vorbild, doch hat man auch Eigenschaften anderer erfolgreicher Kleinmembranmikrofone in das Design integriert. Während AKG die eigenen Kapseln heutzutage möglichst billig herstellt (beispielweise wird im AKG 451 im Gegensatz zu früher heutzutage ein Elektret-Modell verbaut) legt man bei Austrian Audio die Konzentration auf den Klang. Im Praxisteil werde ich genauer beleuchten, wie sich die günstigen Wiener Stäbchen in diesem Punkt gegen die eingesessenen Platzhirsche schlagen.
Austrian Audio CC8 Unboxing
Geliefert wird das Austrian Audio CC8 Stereo Set in einem Aluminiumkoffer, der von einer Kartonhülle geschützt ist. Diese wird, typisch für Austrian Audio, von einem roten Klettband zusammengehalten, das man laut Anleitung zu Kabelbindern zerschneiden kann. Im Koffer werden die beiden Mikros, zwei Windschütze, zwei stabile Mikrofonklemmen und eine Stereo-Schiene sicher aufbewahrt. Letztere ist aus leichtem Aluminium gefertigt und mit 25 cm erfreulich lang. Die Mikrofonklemmen lassen sich mit einem Drehgelenk fixieren, den obligatorischen Griff zum Schraubenzieher kann man sich also sparen. Interessant ist das Material des Windschutzes, das dem Kunststoff des klanglich sehr neutralen und effektiven Pop-Filters Gefell/Hakan P110 ähnelt. Das Zubehör macht also schon mal einen sehr guten Eindruck, zudem gibt es Zertifikat, das bezeugt, dass alle Tests bestanden wurden und der Packungsinhalt auf Vollständigkeit geprüft wurde.
Die Mikros selbst sind sehr gut verarbeitet, Metallverarbeitung, Gravur, Lackierung und Kantenbearbeitung sind vorbildlich ausgeführt. Ja, das Design ist eigenwillig und ein bisserl Rot muss vermutlich bei jedem Austrian Audio Produkt mit dabei sein. Vermutlich handelt es sich dabei um das viel besungene Wiener Blut.
Ein kleines, aber feines Detail sind die vergoldeten XLR-Stecker, die langfristig von Korrosion schützen und auch die Seriennummern der Mikros mit Angabe zur Herstellungswoche. Damit lässt sich ein CC8 auch in Zukunft datieren – ob in 50 Jahren jene Mikros aus der ersten Serie die gesuchten Kleinmembran-Klassiker sind?
Am Mikrofon selbst gibt es zwei Schalter, für die man nun doch zum vorhin erwähnten Schraubenzieher greifen muss. Zum einen hat man die Möglichkeit, ein Pad bei -10 dB bzw. -20 dB zu aktivieren, zum anderen lässt sich mit einem Hochpassfilter zweiter Ordnung bei 60 Hz bzw. 120 Hz der Bassanteil des Signals schon bei der Aufnahme kontrollieren. Damit wird das CC8 zu einem sehr flexibel einsetzbarem Allrounder.
Weitere technische Daten des CC8 Mikros
Beim Austrian Audio CC8 handelt es sich um ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon, daher wird für den Betrieb Phantomspeisung mit 48 V benötigt. Die Echtkondensator-Kapsel OCC7 besitzt die Richtcharakteristik Niere und bildet einen Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hz ab. Die Empfindlichkeit und die angegebenen Rauschwerte liegen mit 15 mV/Pa und 16 dB (A) auf einem, für Kleinmembranmikrofone guten Niveau. Herausragend ist der maximale Schalldruck des CC8, denn dank des eingebauten Pads kann die Elektronik Lautstärken von 156 dB SPL verzerrungsfrei wiedergeben. Egal ob Kick-Drum oder Piccolo-Flöte, mit diesem hohen Grenzwert kann das Mikrofon bedenkenlos vor jeder Schallquelle eingesetzt werden. Die Impedanz beträgt 275 Ohm, jeder aktuelle Preamp wird mit dem CC8 gut zurechtkommen. Für mobile Zwecke wird interessant sein, dass die Stromaufnahme des CC8 mit weniger als 2 mA sehr gering ausfällt und daher den Akku schonen kann.
Ein Blick auf den Frequenzgang lässt vermuten, dass das CC8 zu den eher neutral klingenden Kleinmembranern zählen dürfte. Bis auf eine kleine Anhebung bis 2 dB im Bereich von 3 – 7 kHz und einem “Air Band”, das ab 10 kHz langsam aufsteigt und bei 15 kHz seinen Höhepunkt findet, orientiert sich der Frequenzverlauf gradlinig entlang der 0 dB Kennlinie.
Austrian Audio CC8: Erste Tests
Bevor es ins Studio geht, teste ich das Rauschen und das „automatische“ Matching der beiden CC8 Mikros. Beim Vergleich der Rauschwerte mit einem Schoeps CMC1 und MK 4 sowie einem sehr rauscharmen Sennheiser MKH 40 zeigt sich, dass die angegebenen 16 dB (A) wohl fast übertrieben sind, denn die Testexemplare rauschen gerade mal 1 dB mehr als die Schoeps Kombination. Sennheisers HF Mikro hat zwar bauartbedingt die Nase vorn, mit Rauschen wird man beim CC8 aber nie Probleme haben. Für ein Kleinmembran-Mikrofon ist es in der Praxis erfreulich nebengeräuscharm.
Das Matching ist ebenfalls sehr überzeugend – in meinem Studioaufbau, der natürlich nicht mit einem professionellen schalltoten Messraum mithalten kann, bietet sich folgendes Bild. Ein CC8 Mikrofon wurde als Referenzwert angenommen (0 dB Kennlinie) das zweite CC8 liefert dazu die gelbe Kurve. Wie ihr seht, ist der Frequenzbereich zwischen 100 Hz und 10 kHz nahezu komplett identisch. Alles was darüber oder darunter liegt, ist vernachlässigbar, da es ohnehin den Messtoleranzen zugeschrieben werden muss.
Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist, ist die Immunität des Mikrofons gegenüber Handy-Einstreuungen. Handys oder funkende Tablets erhalten ja immer größeren Einzug ins Tonstudio bzw. haben viele Musiker und Produzenten ihr eigenes Tonstudio zu Hause. Sehr schade, wenn eine tolle Aufnahme durch die hörbaren Signale des Netzaufbaus gestört werden.
Beim Thema Abschirmung ist das Schoeps CMC 1 bisher der unangefochtene Favorit, allerdings haben die Wiener Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Weder ein MKH 40, noch ein Neumann KM 184 kann in diesem Punkt mit dem CC8 mithalten, dem trotz massiver Handybelagerung und Netzaufbauattacken keinerlei Tönchen zu entlocken ist. In der Praxis ist das CC8 dem CMC 1 in dieser Hinsicht ebenbürtig.
Das Austrian Audio CC8 Kleinmembranmikrofon im Studio
So, dann mal ab ins Studio, um zu sehen, was der Wiener Batzi so drauf hat. Zum Vergleich ziehe ich sowohl das besprochene Schoeps CMC 1 mit Nierenkapsel MK4 als auch das Sennheiser MKH 40 heran. Beide Mikros sind absolute Spitzenmodelle ihrer Zunft und Stereo-Sets kosten jeweils rund 3.000,- Euro, also ein Vierfaches des CC8.
Hier ein Beispiel an der Akustikgitarre, 30 cm vom 15. Bund entfernt. Als Preamp und Wandler kommt das RME UFX zum Einsatz:
Hier finde ich das Austrian Audio CC8 recht ausgewogen und klanglich souverän. Mich überrascht, dass man nicht unbedingt von einer anderen Liga sprechen kann, in der die Sennheiser und Schoeps Mikrofone spielen, sondern es eher eine Frag der Klangästhetik ist. Das MKH 40 liefert ein starkes und solides Low-End und weiche Höhen, während das Schoeps mit MK4 eher die helleren Frequenzanteile betont. Das CC8 platziert sich zwischen diesen beiden Welten und bildet die Taylor Akustikgitarre sehr gut ab.
An der Ukulele im Abstand von 40 cm bietet sich ein ähnliches Bild. Will man viel Strumming und Plektrum hören, greift man zum Schoeps, will man lieber kein Plektrum und viel Platz für die Vocals, ist das Sennheiser das richtige Mikrofon. Das Austrian Audio bietet eine gute Kombi aus beidem. Was sich anhand dieser beiden Beispiele schon herauskristallisiert ist, dass das CC8 hohe Frequenzanteile sehr angenehm abbildet und keinen Hang zur Schärfe hat. Bei vielen günstigen Kleinmembranern ist gerade dieser hohe Frequenzbereich problematisch, was sich oft im weiteren Arbeitsprozess bzw. der Post-Produktion rächt. Beim CC8 höre ich keinerlei Schwächen dieser Art.
Als Nächstes ein paar perkussive Beispiele. Zum einen am Tamburin, denn hiermit lässt sich eine Kapsel hin und wieder in die Übersteuerung treiben. Nicht so bei unseren Testkandidaten. Auch wird das Transientenverhalten sehr deutlich. An der Snare-Drum machen alle drei Kandidaten ebenfalls ein gutes Bild. Wieder präsentiert sich das CC8 als klanglicher Mittelweg zwischen Sennheiser und Schoeps:
Im Studio musste auch natürlich das Neumann KM 184 zum Vergleich herhalten. In diesem Fall eine Stereoaufnahme in X/Y-Anordnung über dem Drum-Set. Vielen Dank an den fantastischen Drummer Achim Färber (www.achimfaerber.com), der für die folgenden Audo-Samples die Sticks in die Hand genommen hat. Hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche Takes, jeweils mit identischer Positionierung der Mikrofone:
Gut zu hören ist hier auch die Rauminformation und wie indirekter Schall, wie etwa jener der Bassdrum, abgebildet wird.
Auch am Klavier kann sich das CC8 in diversen Stereoanordnungen gut behaupten. Durch den angenehmen Höhenbereich liegt der Fokus beim CC8 auf der Musik und nicht auf der Mechanik oder den Tastengeräusche. Schoeps und Neumann präsentieren sich frischer in den oberen Frequenzen, das CC8 versprüht im Gegensatz dazu aber etwas mehr Wärme, ohne dabei je dumpf oder matt zu klingen.
Erwähnen will ich auch noch den sehr effektiven Windschutz – im Test mit 5 anderen Windschützen von Beyer, SE über Schoeps hin zu No-Names von Thomann hat der Austrian Audio Windschutz in Sachen Effektivität und Klangintegrität die Nase vorn. Ein kleines, aber doch sehr wichtiges Detail, das einmal mehr zeigt, dass man nichts dem Zufall überlassen will.
Hui, das klingt wahrlich schön. In meiner gedanklichen Wunschliste an Austrian Audio steht jetzt schonmal das Gleiche mit Kugelcharakteristik (oder ein Modell mit Wechselkapseln)…
Danke für den, auch dem Anspruch des Herstellers angemessenen, ausführlichen Bericht.
@moinho Moin Ho, danke für deinen Kommentar! Eine Kugel würde mich auch sehr interessieren. :) LG Raphael
Hmm, kling interessant. Ich wollte schon immer mal mein altes Schimmel Klavier aufnehmen. Bisher habe ich mich aber noch nicht groß nach Mikofonen für diesen Zweck umgeschaut. Von AKG und Bayerdynamic scheint es ähnliche Sets zu geben. So wie der Test klingt scheint das AA Pärchen ja dafür sehr gut geeignet zu sein.
Vielen Dank für den schönen Test. Ausführlich und interessant geschrieben mit guten Klangbeispielen dabei. Die Mikrofon sind wirklich interessant…klanglich wie preislich.
In diesem Segment spielen die üblichen Verdächtigen (Shure, AKG, Beyerdynamic, Sennheiser) ja bei gleichem Preis mit. Aber die erwähnten Qualitäten bezüglich Störgeräusche mit Handys bringt sie ja in eine erheblich bessere Situation.
guter Test.