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Test: Behringer X32 Digitalmixer und S16 Stagebox

Das neue Volksmischpult!

1. November 2013
Behringer X32

Behringer X32

Digitale Mischpulte für Liveanwendungen gibt es wie Sand am Meer. Auf der einen Seite gibt es große teure Konsolen, die aufgrund ihrer Komplexität fast nur für absolute Profis bedienbar sind. Auf der anderen Seite werden auch kleine preiswerte Mischpulte angeboten, deren Oberflächen dem Rotstift derartig zum Opfer gefallen sind, dass sie selbst für Profis nur sehr unbequem zu bedienen sind.

Behringer schickt sich nun mit dem Behringer X32 an quasi ein Volksmischpult ins Rennen zu werfen, wie man es Mitte der neunziger Jahre mit dem Eurodesk geschafft hatte. Betrachtet man die Features des X32, erkennt man, dass Behringer gründlich überlegt hat, welche Marktlücke es zu schließen galt.
Wenn eine Band sich heute ein eigenes Mischpult zulegt, wird sie es vermutlich sowohl bei ihren Konzerten verwenden wollen, als auch im Übungsraum zum Aufnehmen. Gefragt ist also ein Pult mit hinreichend vielen vollwertigen Eingangskanälen, Bussen und Ausgängen, um z.B. auch Monitorwünschen mit einer größeren Zahl an Wedges und In-Ear-Strecken und einer flexiblen Anbindung an DAWs gerecht zu werden.

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Behringer X32

Überblick und Features

Anschlusstechnisch bietet das  Behringer X32 analoge Mikrofoneingänge, 16 symmetrische analoge Ausgänge, einen AES/EBU Stereo Digital Ausgang, AES 50 Schnittstelle zur Anbindung des digitalen Multicores, Netzwerkanschluss für Remotesoftware und Monitorpulte P16 und nicht zuletzt ein 32-kanaliges Audiointerface mit Firewire und USB Anschluss.

Behringer X32

Die Oberfläche ist sehr klar gegliedert: Links unten befinden sich 16 Motorfader für die Eingänge, die sich über 4 Layer umschalten lassen. Rechts unten ist eine Bank mit 8 Motorfadern, deren 4 Layer DCAs, Bussmaster und Matrizen steuern. Links oben sitzt ein kompletter Kanalzug – unterteilt in Sektionen für Preamps, Dynamics, Equalizer und Busse. Mittig ist ein großes helles Display. Rechts oben findet man die Monitor und Talkback Funktionen sowie 3 Bänke mit 4 Encodern und 8 Tasten, deren Funktionen vom Benutzer frei definiert werden können.

Mit den 10 Schaltern rechts neben dem Display können die wichtigsten Menüs und Ansichten auf den Bildschirm aufgerufen werden. Mit der Taste Home gelangt man zunächst auf eine Übersicht des selektierten Kanals, in der Eingänge, Dynamics, Equalizer und Busse gleichzeitig angezeigt werden.

Über weitere Registrierkarten kommt man zu Einzelansichten von Equalizer, Kanalkonfiguration einschließlich Inserts, Gate, Compressor, Sends und Ausgängen. Mit Meter ruft man die Ansicht der Eingangspegel und Gainreduction für Gates und Kompressoren auf.
Unter Routing findet man die Zuweisung der lokalen Ein- und Ausgänge sowie die der maximal drei digitalen Stageboxen S16 mit je 16 Ein- und 8 Ausgängen, die sich mit CAT 5 Kabel an das  Behringer X32 anschließen lassen, auf die Fader und Soundkarteneingänge sowie Zuweisung der Busse und Directouts auf die Ausgänge statt.

Behringer Stagebox S16

Hier werden Eingänge und Ausgänge zunächst in Achterblöcken ausgewählt. So hat man recht schnell eine Grundkonfiguration erstellt. Man kann nach jedem Fader jeden beliebigen Eingang zuweisen, sofern er im Routing überhaupt ausgewählt ist. Doppelbelegungen sind möglich. Das erlaubt, z.B. einen Eingang mit unterschiedlichen Klangeinstellungen für FOH und Monitor zu splitten.

Behringer X32
Das Routing des Behringer X32 erklärt sich im Wesentlichen selbst. Lediglich die Zuweisung der Ein- und Ausgänge der eingebauten Soundkarte, die 32 Kanäle in beiden Richtungen übertragen kann, ist etwas verwirrend, da die Eingänge des Rechners mit Card out bezeichnet werden.
Unter Setup finden sich Grundeinstellungen des Pults wie Samplerate, Netzwerkadressen, Synchronisierung, Kanalbeschriftungen, Buskonfigurationen  und direkte Steuerung der Gains, für den Fall, dass diese nicht einem Fader zugeordnet sind.

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Unter Library lassen sich Presets für Kanäle, Effekte und Routings speichern. Die Recall scope Funktion ermöglicht sehr übersichtlich einzelne Parameter vom Laden auszuschließen.

Unter Effekt werden die 8 internen Stereo bzw. Dual Mono Effekte ausgewählt, editiert und geroutet. Neben Standards wie Hall, Delay, Equalizer und Modulationseffekten finden sich auch Specials wie Verzerrer.

Unter Monitor werden die Kopfhörer und Talkbackfunktionen konfiguriert. Zwei Talkbacktasten lassen sich beliebigen Bussen zuordnen. Der Kopfhörer kann sogar verzögert werden, um Schalllaufzeiten von der Bühne zum FOH auszugleichen. Hier findet man auch einen Oszillator, der auf beliebige Ausgänge weißes und rosa Rauschen sowie Sinustöne schicken kann.

Der Recorder ermöglicht das Aufnehmen eines beliebigen Busses direkt auf USB Sticks als 24 bit WAV Datei. Unter Mute Group werden, wie nicht anders zu erwarten, die Mute Gruppen definiert.

Der Behringer X32 im Einsatz

Da das Behringer X32 ohne deutsche Anleitung geliefert wird, lautet das erste Testkriterium intuitive Bedienung. Hier verdient das Pult seine erste Bestnote. Wer die gängigen Pulte anderer Hersteller kennt, findet sich sofort ohne Anleitung zurecht und weiß, woher die Inspirationen für die  Bedienkonzepte herkommen. Der komplette Kanalzug auf der Oberfläche dient zur Bearbeitung des selektierten Kanals. Die Aux Sends kann man sowohl über Encoder auf der Oberfläche regeln, als auch im Sends on Fader Modus. Dieser funktioniert beim  Behringer X32 erfreulicherweise in beiden Richtungen. Man kann also entweder einen Bus selektieren und mit den Fadern für alle Kanäle der aktuellen Faderbank die Sends regeln, als auch für einen selektierten Kanal alle Busse des aktuellen Ausgangslayers. Das hat gerade bei der Nutzung als Monitorkonsole große Vorteile. Wenn ich ein Instrument gecheckt habe, kann ich es sofort auf alle Monitorwege verteilen, ohne zwischen den Bussen umschalten zu müssen.

Behringer X32

Zunächst habe ich das Pult mit den internen Mikrofonpreamps an einem analogen Multicore bei einem Konzert der Schweizer Band the Beauty of Gemina ausprobiert.
Die Mikrofonvorverstärker machten einen angenehmen Eindruck. Der große Gainbereich ermöglicht eine problemlose Anpassung an die unterschiedlichsten Quellen ohne Pad.
Der Equalizer fühlt sich effektiv, aber nicht grob an. Die vier vollparametrischen Bänder überlappen vollständig. Die beiden äußeren Bänder lassen sich auch als shelving bzw. cut vererwenden. Selbst deutliche Höhenanhebungen klingen nicht kratzig sondern luftig. Das Regelverhalten der Encoder fühlt sich dabei erfreulich direkt an. Man kann auch mal drehen, ohne auf das Display zu sehen. Man kann zum Einstellen der Werte anstelle der Encoder in der Equalizersektion auch die gerasterten Encoder unterhalb des Displays verwenden. Leider gibt es keine Ansicht, in der man alle Parameter des Equalizers gleichzeitig sieht. In den Ausgängen der Busse und Matrizen sind die Equalizer 6-bandig ausgelegt. Die äußeren Bänder lassen sich dabei auch als Butterworth oder Linkwitz Filter bis maximal vierter Ordnung verwenden. Über die Martrix lassen sich also auch einfache Aufgaben einer Frequenzweiche erledigen. Zum Entzerren von Lautsprechern kann man dank der 6 Bänder sicher meist komplett auf Terzbandequalizer verzichten.

Das Noisegate tut unauffällig, was man von einem Gate erwartet. Die Ausstattung ist mit Filtern und komfortablen Sidechain Funktionen vollständig.

Der Kompressor macht richtig Spaß. Ebenso wie beim Gate sind Sidechain und Filter vorhanden. Neben den Standardparametern Ratio, Threshold, Attack und Release lassen sich auch die Weiche des Knies und die Releasekurve ändern und das Regelverhalten zwischen Peak und RMS Detection wählen. Sowohl sehr unauffälliges Ausbügeln von Dynamikschwankungen als auch heftiges Schmatzen auf Schlagzeuge zaubern, ist problemlos möglich.

Die Auswahl der Effekte ist groß. Die Hallräume gefallen mir ausgesprochen gut. Sie klingen rund und dicht. Leider bietet das Pult in den Effektreturns keinen Equalizer. Das lässt sich aber verschmerzen, da man einen in den Aux sends hat.
Für PA und Monitore hatte ich zwar 31-Band Equalizer vorbereitet, hatte aber dank der hochwertigen PA, wie man es in der Schweiz gewohnt ist, für sie keine Verwendung. Die parametrischen Equalizer in den Bussen reichten völlig, um das System meinem persönlichen Geschmack zu unterwerfen.
Mit der internen Soundkarte habe ich die Show mehrspurig in Cubase 7 aufgenommen.
Im nächsten Club konnte ich dann diese Aufnahme für einen virtuellen Soundcheck ins Behrinmger X32 zurückspielen, um ohne eine laute Band auf der Bühne am Mix zu feilen.
Erst als ich damit zufrieden war, habe ich die Band auf die Bühne zum Soundcheck gebeten.
Aufgrund der Möglichkeit im Behringer X32 Routings zu speichern, kann man bequem zwischen Soundkarte und Mikrofoneingängen umschalten. Dank des virtuellen Soundchecks kostet der Check mit der Band an sich recht wenig Zeit und viele Details im Mix sind feingeistiger eingestellt, als es möglich wäre, wenn man den Bühnensound einer lauten Band übertönen müsste.

Behringer X32

Am nächsten Showtag hatte ich auch die digitalen Stageboxen S16 zur Verfügung.
Die Konfiguration erklärt sich von selbst. Wie bei allen digitalen Systemen muss man natürlich stets im Auge behalten, wer Master für die Clock ist.
Um die Szene des Vorabends nutzen zu können, musste ich nicht nur das Eingangsrouting umstellen, sondern auch die Gains für die Vorverstärker der S16 neu setzen. Diese werden nicht von den Einstellungen der lokalen Preamps übernommen, d.h. Gains sind stets den Preamps und nicht dem Kanal zugeordnet.
Klanglich kann ich keinen Unterschied zu den lokalen Vorverstärkern hören. Latenzen waren auch unter Verwendung der digitalen Stageboxen nicht spürbar, obwohl die Band komplett mit Inearmonitor spielt. Selbst unter 44,1 kHz habe ich vom Eingang bis zum Ausgang eine Latenz von weniger als 1ms gemessen.
Obwohl ich erst die dritte Show mit dem Pult mische, fühlt es sich sehr vertraut an.
Dank der großen Zahl frei definierbarer Tasten und Encoder, kann man sehr schnell auf häufig genutzte Funktionen zugreifen, wie z.B. Effekte, Terzequalizer oder Delayzeiten.
Einen Touchscreen habe ich nie vermisst. Ganz im Gegenteil. Es macht die Bedienung ohne Touchscreen deutlich tageslichttauglicher. Mit einem realen Knopf in der Hand sehe ich mehr zur Bühne und gebe den Musikern Gelegenheit zur Kommunikation. Wer kennt nicht die  Hilflosigkeit, wenn man auf einem Festival mit  Sonne von vorne, statt auf einen Bildschirm, nur auf eine schwarze Fläche schaut.

Behringer X32
Die Bedienung des Behringer X32 ist auch über die Remotesoftware via Netzwerk möglich. Die Verbindungsherstellung gelingt kinderleicht. Man muss lediglich im Pult und der Software die entsprechenden Netzwerkadressen eintragen.
Die Oberfläche der Software entspricht fast hundertprozentig der des Pultes. Dementsprechend einfach ist die Bedienung. Über die Mac Software erlaube ich mir kein Urteil, da ich ein PC Kind bin. Meine Bandmitglieder haben es geschafft, via iPhone das Pult zu steuern, es aber schnell wieder sein gelassen, um nicht versehentlich den FOH Mix zu verändern. Von Behringer direkt gibt es keine Android App, seit kurzer Zeit bekommt man aber über den Play-Store die kostenlose App X32 Mixing Station. Die App wird zwar erst als Alpha-Version bezeichnet, läuft aber auf meinem Samsung Galaxy S3 bisher absolut fehlerfrei. Oberfläche und Bedienung sind hervorragend. Noch sind nicht alle Funktionen des Pults steuerbar, aber die Weiterentwicklung scheint auf Hochtouren zu laufen.
Hervorheben möchte ich das Feature, weil sich der Zugriff auf einzelne Mixe beschränken lässt. So kann man Musikern getrost Kontrolle über ihren In Ear Mix überlassen, ohne zu riskieren, dass sie versehentlich den FOH Sound verändern. Es ist schon verwunderlich, was hier ein 20-jähriger Student in wenigen Wochen perfekt umgesetzt hat, was Behringer bis heute selber nicht geschafft hat. Bitte unterstützt den Programmierer.

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Fazit

Das Behringer X32 Digitalmischpult ist  ein gut durchdachtes Produkt, das sich sehr intuitiv bedienen lässt und trotzdem recht flexibel ist.
Klanglich braucht sich das Pult auch vor deutlich teureren Konsolen nicht zu verstecken.
Ich habe das Pult auf diversen Festivals und Clubshows mit Apoptygma Berzerk und The Beauty of Gemina getestet und war mit den klanglichen Ergebnissen immer recht glücklich.
Dank der eingebauten Soundkarte habe ich mit geringstem Aufwand zahlreiche Liveaufnahmen machen können, die mir bei Folgeshows für einen virtuellen Soundcheck dienten.
Interessant ist auch, dass Kollegen oder Verleiher nicht sofort die Nase rümpfen, wenn man das X32 neben einer 20 mal teureren Edelkonsole aufbaut. Das ist gut zu wissen, wenn man darauf spekuliert, dass eine solche Investition nicht nur Spaß macht, sondern sich auch durch Vermietbarkeit amortisiert.
Es gibt aber auch Grund zur Kritik:
Die Taster fühlen sich wenig hochwertig an. Kurze Delayzeiten lassen sich nur sehr ungenau tappen. Bereits zweimal hingen verschiedene Tasten plötzlich fest. Ein Motorfader fiel im reinen Studiobetrieb aus. Die Reparatur hat über 4 Wochen gedauert. Das baut nicht gerade Vertrauen in die Langlebigkeit des Pultes und den Service auf.
Bei den Routingmöglichkeiten gibt es ein paar lästige Einschränkungen.
Man kann zwar für jeden Fader einzeln den Eingang wählen, aber nur in Achterblöcken zuordnen, welche Preamps dem Pult generell zur Verfügung stehen. Lediglich für die Aux inputs kann man wenigstens seit Firmware Version 1.15 alternativ 2, 4 oder 6 lokale Inputs oder Soundkarteneingänge zuweisen. Leider ist es aber nicht möglich, 2 lokale Mikrofoneingänge und 2 Soundkarteneingänge auf den Aux Layer zu routen. Diese Konfiguration ist mir wichtig, um ein Messmikrofon, ein Talkback und Zuspieler vom Rechner einzubinden.
Will man die Klinkenbuchsen der Aux Ein- und Ausgänge für analoge Inserts nutzen, müssen die Aux in Buchsen auch als Input ausgewählt sein, obwohl man sie dann sicher nicht als Input für die Fader in der Bank der Effekte und Aux Returns nutzen will.
Bei der Darstellung der Equalizerparameter im Display fehlt mir eine gleichzeitige  tabellarische  Ansicht der Frequenz, Güte und Pegel aller Bänder.
Der USB Player hat einen geringen praktischen Nutzen, da er auf die im System eingestellte Samplerate beschränkt ist und keine MP3-Files abspielen kann.
Es gibt keine digitalen Eingänge und  einen digitalen AES Ausgang leider nur am Pult und nicht an den Stageboxen S16. Ansonsten arbeitete die Behringer Stagebox S16 sehr zuverlässig.
Das System kann nicht extern geclockt werden. Es ist keine redundante Verkabelung zwischen Pult und Stagebox vorgesehen.
Möchte man zwei Pulte, eins für Monitor und eins für FOH an eine S 16 anschließen, ist zwangsläufig das erste Pullt in der Kette Master für die Gains der Preamps. Häufig ist es aber wünschenswert, das FOH Pult als Master zu betreiben.
Das Raster der Delayzeiten in den Eingängen ist für präzise Laufzeitkorrekturen zwischen mehreren Mikrofonen zu grob. Es lässt sich nicht für alle Funktionen die Bestätigungsabfrage abschalten. Das bremst die Arbeitsgeschwindigkeit für sichere Benutzer deutlich.
Das Audiointerface wird nach dem Hochfahren des Computers nicht automatisch erkannt, sondern erst, nachdem das USB Kabel entfernt und erneut eingesteckt wird.

Plus

  • intuitive Bedienung
  • Flexibilität
  • Klang
  • Preis/Leistung

Minus

  • keine deutsche Bedienungsanleitung

Preis

  • Behringer X32 1.599,-€
  • Behringer Stagebox S16 499,-€
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