Das Mikrofon blitzschnell zum Wireless-System machen
Die Wahl des passenden Mikrofons ist nicht immer einfach. Schon allein deshalb haben wir uns hier bei AMAZONA.de in zahlreichen Artikeln diesem weitreichenden Themenkreis gewidmet. Das Angebot an passenden Links dazu findet ihr am Ende dieses Testberichts. Eine grundsätzliche Entscheidung, wenn es um den Einsatz eines Mikrofons geht, betrifft unter anderem immer die Frage, ob der Schallwandler eine kabelgebundene Lösung sein soll oder ob vielleicht die Anschaffung einer Drahtlosanlage eine bessere Wahl ist. Diese Entscheidung scheint in der Regel alternativlos, denn in beiden Fällen gibt es nur ein „entweder/oder“. Mit der Boss WL-30XLR Drahtlosanlage, um die es in diesem Testbericht geht, bekommt man genau an dieser Stelle erhebliche Flexibilität zurück. Jedes dynamische kabelgebundene Mikrofon mit XLR-Anschluss, also auch der geliebte und bewährte Schallwandler für den Gesang oder die Instrumentenabnahme, kann im Nullkommanix zu einer stabilen Sendeanlage umfunktioniert werden. Achtung, die Betonung liegt hier auf dem Begriff dynamisch, denn mit Kondensatormikrofonen, die eine Phantomspeisung zur Funktion zwingend benötigen, klappt das bei diesem System leider nicht.
Boss WL-30XLR Funksystem schafft Flexibilität
Wer mit den Vorzügen und dem Klang seines kabelgebunden Lieblingsmikrofons bisher zufrieden war, der muss nicht auf ein kostspieliges oder umständlich zu bedienendes Wireless System umsteigen, was vielleicht in vielen Fällen nicht immer gebraucht wird. Nur weil man gelegentlich in den Genuss einer Drahtlosanlage kommen möchte, braucht man also kein zweites System anzuschaffen. Außerdem ist es so, dass schlicht und ergreifend auch nicht jede Kapsel/Mikrofonkopf als Drahtlosanlage erhältlich ist. Das Boss WL-30XLR Wireless System spart von daher in gewisser Weise Geld, denn der bisher verwendete Schallwandler muss nicht frühzeitig in den Ruhestand geschickt werden. Davon profitieren Sänger oder Sängerin, Rapper, DJ, Redner, Instrumentalist bei der Abnahme und viele mehr.
Boss WL-30XLR Drahtlosanlage mit zwei Komponenten
Mit dem Boss WL-30XLR Wireless System erhält man zwei kompakte Bauteile, den Aufstecksender und dem Aufsteckempfänger. Der Sender wird einfach in die XLR-Buchse des Mikrofons gesteckt und rastet dort gut ein. Und der Empfänger kommt direkt in die entsprechende XLR-Mikrofonbuchse des Mischpultes, der Aktivbox, des Interface usw.
Hier wird bereits ein Vorteil deutlich. Bei herkömmlichen Drahtlosanlagen braucht es am Ende doch immer noch ein XLR-Kabel vom Funkempfänger zum Eingang des weiterverarbeitenden Gerätes. Wenn jetzt zum Beispiel direkt in eine Lautsprecherbox auf dem Hochständer eingespeist werden soll, könnte das unter Umständen doch wieder eine längere Kabelverbindung zwischen Empfänger und Aktivbox werden. Ganz anders mit der Boss WL-30XLR Drahtlosanlage. Empfänger in die Buchse der Lautsprecherbox auf dem Hochständer – fertig. Das nennt ich dann wirklich Plug-and-Play.
Sender und Empfänger unterscheiden sich zwar auf den ersten Blick kaum, aber spätestens an der Ausführung der Steckerverbindungen ist zu erkennen was – wo hingehört. Jede Einheit misst 23 x 99 x 27 mm (B x H x T) und wiegt etwa 60 g ohne Batterie. Zwei AA-Batterien zum schnellen Start gehören übrigens zum Lieferumfang.
Die stark beanspruchten Bereiche, also die XLR-Verbindungen, sind aus Metall gefertigt, die übrigen Teile der Gehäuse bestehen aus Kunststoffmaterial. Das spart am Gesamtgewicht, was bei der Anbringung an einem Handheld-Mikrofon eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
Technische Daten der Boss WL-30XLR Drahtlosanlage
Gesendet wird hier in 2,4 GHz, das ist der weltweit frei nutzbare WLAN-Bereich. Damit entstehen einmal keine Kosten für Anmeldungen und man kann zudem sicher sein, dieses System überall auf der Welt problemlos nutzen zu können. Dennoch gibt es genau an dieser Stelle einen kleinen Wermutstropfen: Im WLAN-Netz tummeln sich bekannterweise auch Smartphones, Tablets und andere Konsorten. Da kann es mitunter also ganz schön voll werden. Um größtmögliche Zuverlässigkeit im überlaufenen WLAN-Netz zu bieten, gibt es hier einen 14-Kanal-Scan. Damit sucht das System automatisch nach der besten Frequenz in der momentanen Umgebung.
Bei jeder AD/DA-Wandlung in digitalen Systemen gibt es Latenzen, also systembedingte kurze Verzögerungen. Diese beträgt gerade einmal 2,3 Millisekunden und ist damit praktisch nicht wahrnehmbar. Als dynamische Bandbreite gibt Boss in der kompakten Bedienungsanleitung 110 dB oder mehr an. Der übertragbare Frequenzbereich ist mit 20 bis 20.000 Hz benannt. Auch das ist ein top Wert. Logischerweise ist das beim Einsatz real übertragene Frequenzspektrum je nach verwendetem Mikrofon von dessen technischen Spezifikationen abhängig.
Mit handelsüblichen AA-Alkali-Batterien kann man von einer Laufzeit von bis zu elf Stunden ausgehen. Das dürfte selbst für Dauerreden bei Podiumsdiskussionen oder Festivals mit wechselnden Musikern ausreichend sein. Was die Reichweite betrifft, sind bis zu 70 m (Übertragung in Sichtlinie) ausgelobt. Wie sich das letztendlich in der Praxis darstellt, diesem Thema werde ich mich noch widmen.
Keine integrierten Akkus als Vorteil
Vor dem Gebrauch der Sendeanlage müssen die Batterien eingesetzt werden. Dazu wird jeweils auf der Rückseite von Sender wie Empfänger durch seitlichen Druck die Abdeckung des Batteriefachs aufgeschoben und abgenommen. Die Abdeckung rastet später wieder ordentlich ein, sodass im laufenden Betrieb beim Hantieren des Mikrofons der Energielieferant nicht herausfallen kann. Mit eingesetzten (gelieferten) Batterien zeigt meine Waage beim Sender 80 g und beim Empfänger 85 g. Im Sinne der Umwelt empfehle ich den Einsatz von hochwertigen Wechselakkus.
In ähnlichen Aufstecksystemen sind manchmal Akkus fest verbaut, die per USB aufgeladen werden. Das gilt für Mikrofonsysteme wie für Gitarren/Bass-Sender. Ich selbst benutze alternativ manchmal eine Funkstrecke für meine Gitarren mit integrierten Akkus. Bei einem Auftritt setze ich die ungern ein. Zu riskant ist mir hier der Ausfall durch nachlassende Energielieferanten. Um dem vorzubeugen, ist man im Zweifel in den Pausen manchmal damit beschäftigt, die Gerätschaften nachzuladen wenn die verbauten Akkus ihre maximale Kapazität im Laufe der Zeit verloren haben. Da sind mir austauschbare Batterien oder Wechselakkus einfach lieber.
Boss WL-30XLR Drahtlosanlage überzeugt mit kinderleichter Bedienung
Nur wenige Bedienelemente ermöglichen auch unerfahrenen Anwendern schnelles und einfaches Einrichten einer sicheren Funkverbindung.
Am Empfänger Boss WL-30XLR gibt es folgende Funktionen: Power-Taster zum Ein- und Ausschalten. Nach etwas längerem Druck leuchtet die grüne Power-Anzeige und in der Kanalanzeige wird kurzzeitig der zuletzt gewählte Kanal dargestellt. Die sogenannte Power-Anzeige gibt zudem Auskunft zum Status der Batterie. Leuchtet sie grün, ist alles in Butter. Wechselt die Farbe auf orange, sollte man mit weniger als zwei Stunden Laufzeit rechnen. Zeigt die LED schließlich Rot, wird es Zeit die Batterie zu wechseln, denn in diesem Fall schaltet sich nach etwa 30 Minuten der Empfänger ab.
Automatischer Scan für beste Übertragung
Mit dem Scan-Taster lässt sich die automatische Suche nach dem besten Kanal in der aktuellen Umgebung starten. Das System durchläuft hierbei alle verfügbaren Kanäle und stoppt bei der sichersten Variante. Natürlich lässt sich der Kanal auch manuell einstellen, dazu gibt es die passenden Tasten. Sind Sender und Empfänger eingeschaltet und arbeiten perfekt zusammen, signalisiert die blaue Empfangsanzeige: Alles ist gut.
Am Sender Boss WL-30XLRT gibt es weniger Elemente. Hier natürlich auch die Kanalanzeige zum Abgleich, einen Power-Taster und die manuelle Kanalwahl. Mit den Lock-Funktionen an Sender wie Empfänger lässt sich versehentliches Verstellen der Kanäle verhindern.
Zwei einfache Schritte genügen – der Praxistest
Beim ersten Praxistest steckt der Empfänger in Kanal 1 einer Mackie Aktivbox. Den Sender setze ich alternativ an unterschiedlichen Mikrofonen ein.
In nur zwei einfachen Schritten ist das Boss WL-30XLR Drahtlossystem startklar. Empfänger einschalten, Autoscan drücken und sich den kurzzeitig angezeigten Kanal merken. Sender einschalten, mit der Kanalwahl den identischen Kanal anwählen, fertig. Die blaue Empfangs-Anzeige leuchtet und es kann losgehen.
Im Wohnbereich durch zwei dicke Wände hindurch kommt es leider schon zu ersten Aussetzern und Störungen. Ansonsten ist die Verbindung stabil. Zu beachten ist hier unbedingt die Position des Empfängers (in meinem Fall) an der Lautsprecherbox. Steht die Box in einer Raumecke, mit dem Empfänger direkt zur Wand gerichtet, ist die Verbindung deutlich schlechter. Vollkommen unproblematisch ist diese WLAN-Funkstrecke wenn Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger besteht. Der Klang der benutzten Mikrofone wird nicht verändert.
Da in gut sieben Metern Entfernung mein Router auf dem Flur fast in Kopfhöhe steht, kommt es in seltenen Fällen zu leichten Aussetzern, wenn ich mich in sehr geringem Abstand daran vorbei bewege und den Sender direkt auf den Router richte. Das ist aber sicher ein Extremfall, der unter normalen Bedingungen eher unwahrscheinlich ist.
Durch das geringe Gewicht des Senders wird jedes Handheld zwar etwas schwerer, aber weil der Sender andererseits wie ein leichtes Gegengewicht wirkt, liegen die von mir ausprobierten Mikrofone gut in der Hand.
Und im Proberaum?
Wie nicht anders zu erwarten, zeigt sich das Boss WL-30XLR Drahtlossystem bei weiteren Tests auch im Proberaum von den besten Seiten. Nach kurzem Scan ist alles paletti, die Funkverbindung steht. Handys oder das WLAN Netzwerk unseres Soundcraft Ui24R Mixers in direkter Nähe zum Empfänger können der Drahtlosanlage nichts anhaben.
Hier ist auch ein weiterer Einsatzbereich der kompakten Sendeanlage zutage gekommen. Wegen der hervorragenden Audioqualitäten im Übertragungsbereich mit 20 bis 20.000 Hz kann ich mir durchaus vorstellen, einen Monitorweg mit Funk auszustatten, wie im Bild beim Soundcraft Ui24R, wo der Sender im Aux-Weg 3 steckt. Das spart einmal mehr Kabel und damit mögliche Stolperfallen.
Das hört sich interessant an – für 250 € ein Schnäppchen. Ob es auch ein „No-Brainer“ ist, wird die Erfahrung (im 2,4 GHz WLAN Bereich) zeigen. Bin gespannt auf die ersten Berichte.
Schade dass es keine Phantomspeisung hat. Sonst wär das mega für mein kleines Homestudio!
@DieserTii ….sooo ein kleines großes Heimstudio hast Du, daß Funkstrecken nötig werden? ;-)
Bedenke, daß jede Funkstrecke auch Wandlerverluste und Rauschen hinzufügt. Und zwar in einem höheren Maße, als sich verschiedene Mic-Preamps unterscheiden. Insofern im Heimstudio also auch Tonqualität im Vordergrund stehen soll, ist ein sauber verlegtes Kabel weiterhin unschlagbar.
@Metaphistopheles Schon klar. Das ist eben der Unterschied zwischen „nice to have“ und „must have“. Sauber verlegt gibt es bei mir nicht. Das ist eher ein…stopler nicht… :-)
Für richtige Aufnahmen geh ich aber woanders hin.
Danke für den Test. Interessantes Teil und da kommt schon das Aber. Wenn die Störungen wie beschrieben auftreten, sind die Teile z. B. für Gesprächsrunden eher nicht geeignet. Im Proberaum oder zur Monitor Box, das kann ich mir vorstellen.
Ich habe im vergangenen Jahr mehrere Funkstrecken ausprobiert. Situationsbedingt nur zu Hause. Durch drei Stahlbeton Wände und bis 20 m Entfernung. Ohne Störungen, Aussetzer hat das nur ein Sennheiser geschafft.
Auch im 2.4 Netz und bei ca 8 WLAN Netzen im Bereich.
Es wäre noch interessant gewesen zu erfahren, ob man in einer Band mit zwei oder drei Sänger*innen zum Beispiel auch mehrere dieser Sender/Empfänger Kombis verwenden kann. Oder was passiert, wenn man eine Funkstrecke für die Hauptstimme und eine, wie im Artikel beschrieben, für den Monitorweg installiert.
Praxistest kann bei einer WLAN-Funkstrecke meiner Meinung nach leider nur die Bühne mit ner Halle oder nem Raum voller Menschen sein. Zumindest wenn man es live einsetzen möchte.
Habe da leider schon böse Überraschungen mit Funkabbrüchen erlebt, so dass ich meinen Gitarrenempfänger nur noch im Proberaum einsetze :(
Diesen Nervenkitzel gebe ich mir nicht mehr ;)
@hauserj Ja, hast du Recht, aber Tests mit größeren Menschenmassen sind ja wie du weißt derzeit nicht möglich.