Alter Schwede: Ein Preamp aus dem Norden!
Inhaltsverzeichnis
Der Lindell Audio RE51 ist ein Mikrofon- und Instrumentenvorverstärker sowie 2-Band Equalizer im API500-Format. Der schwedische Hersteller verfolgt mit allen seinen Studioprodukten ein klares Statement: „Wir machen Recording Equipment, welches von Ingenieuren für Ingenieure entwickelt wurde.“ Dabei ist der eigene Anspruch sehr hoch: „Unser Niveau an Details und Qualität ist einfach erstklassig…“ Lehnt sich das Team rund um Tobias Lindell, Gründer, Producer, Mixingingenieur und Songwriter nicht zu weit aus dem Fenster? Ich freue mich auf den Test!
Die Ausstattung des Lindell Audio RE51
Eines vorneweg: Bisher haben die Produkte von Lindell Audio bei uns immer gut bis sehr gut abgeschnitten! Die Kompressoren im LA-2A bzw. 1176 Style klingen gut und haben ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis und auch die Geräte im API500-Format sind preiswert und gut klingend. Mit entsprechender Erwartung habe ich mir den Preamp RE51 vorgenommen.
Herz des Moduls, das bereits 2017 vorgestellt wurde, ist der Lindell-eigene Operationsverstärker vom Typ Vintage OPA1731, der dem Melcor 1731 und dessen Nachfolger 2520 nachempfunden wurde. Anfangs hat der System 500 „Erfinder“ API diese 1731er in seinen Konsolen verwendet, bis man sich entschloss, ein eigenes OP-Amplifier-Design zu entwerfen. Das alles ist immerhin 50 Jahre her und auch heute findet man bei den bekannten Plattformen noch intakte 1731. Man sagt ihm einen warmen, sanften und druckvollen Klang nach.
Der RE51 besetzt in der Breite zwei API500-Einschübe, aber nur einen Steckplatz. Der Monoverstärker ist in schlichtem Grau gehalten und beherbergt eine Menge Bedienelemente, die aber keine Rätsel aufgeben:
Zentral das VU-Meter in Vintage-Gelb und darunter vier gerasterte Drehregler für Gain, Output, Low und High. Letztere regeln den 2-Band Equalizer, der mit je drei schaltbaren Frequenzen arbeitet. Die Bässe sind zwischen 30, 60 und 100 Hz regelbar und die Höhen bei 4, 8 und 14 kHz. Interessant ist dabei, dass man die ausgewählten Frequenzen beim RE51 nur verstärken kann, denn die Regler decken den Bereich von 0 bis +10 an – negative Werte werden nicht angeboten.
Zentral findet man die 48 V Phantomspeisung für Kondensatormikrofone und unter den Drehreglern vier weitere Schalter:
- Umschaltung zwischen LINE und MIC
- Aktivieren des Equalizers
- Lowcut unterhalb von 80 Hz
- Polaritätsumkehr
Ebenfalls auf der Frontplatte befindet sich eine Klinkenbuchse für Instrumente (HI-Z), wie E-Gitarren. Eine grüne LED bestätigt diese Betriebsart.
Die Verarbeitung des Lindell RE51
Erfreulicherweise hat Lindell Audio den RE51 im Boxed-Design ausgeführt: Die – übrigens goldbeschichtete – Platine wird von einem Metallgehäuse geschützt. Die Verarbeitungsqualität ist sehr gut.
Der für API500-Geräte sehr günstige Preis hat keinen spürbaren Rotstift mit sich gebracht: Alle Regler, Schalter, Buchsen und das VU-Meter sind sauber auf der Frontplatte befestigt und machen allesamt einen hochwertigen Eindruck. Die gerasterten Potis ermöglich einen manuellen Recall, wenn man sich die Einstellungen notiert (oder fotografiert) hat.
Somit ist der Lindell Audio RE51 ein optisch unauffälliges Gerät mit sehr sinnvoller Ausstattung und guter Verarbeitung. Mein erster Eindruck: Ein sehr sympathisches Gerät!
Wie klingt der Lindell Audio RE51?
Ich habe den Lindell Audio in meinem Studio an das Universal Audio X6 Audiointerface angeschlossen und mit UAD LUNA ohne weitere Effekte aufgenommen. In Sachen Mikrofone kommen das Lewitt LCT 640 TS und das Shure SM58S zum Einsatz. Abschließend habe ich den Instrumenteneingang mit einer Fender Telecaster Elite Thinline getestet.
Als klangliche Referenz dient mein SSL SiX Analogmixer mit den SuperAnalogue Mirofonpreamps, die ebenfalls mit einen 2-Band-Equalizer in den Channelstrips arbeiten. SSL ist in Studiokreisen für einen klaren und dynamischen Klang bekannt – im Gegensatz zu Neve Preamps, die in der Szene für Wärme und Fülle stehen – so wie wir das von hier getesteten Lindell Audio RE51 erwarten.
Ansonsten sind die Klangbeispiele unbearbeitet und nur im Pegel angepasst. Natürlich können die Einstellungen der Equalizer nicht direkt verglichen werden, denn wo beispielsweise der RE51 bei 75 % Reglerstellung schon sehr anschiebt, da hält sich der SiX hier noch zurück. Es geht aber auch nicht darum, ob die Bässe „gleich fett“ sind, sondern wie (!) der lauter gemachte Tieftonbereich klingt. Behält der Preamp den Überblick und gibt auch bei viel EQ noch alle Details weiter oder wird es einfach dröhnig und dick?
Test: Stimme
In diesem Test habe ich einen Text vorgelesen: erst flat und dann Equalizerbänder 100 Hz und 4 kHz angehoben. Beim Vergleich mit dem SSL SiX wurden hier an den EQs in „Bell“-Charakteristik die Frequenzen 80 Hz und 5 kHz erhöht:
Test „Stimme“ mit dem Lewitt LCT 640TS:
Lindell RE51:
SSL SiX:
Das sehr transparente Lewitt Mikrofon zeigt die klanglichen Eigenheiten der beiden Kontrahenten sehr deutlich auf: Mit dem SSL ist die Sprachverständlichkeit besser und die Transientenwiedergabe ist klarer. Im Vergleich zeigt der Lindell Audio R51 seine Stärken im Volumen und der Wärme. Je nach Sprecher kann der RE51 zu helle und dünne Stimmen gut kompensieren. Der Equalizer ist bei SSL feinfühlig und „organisch“ einzustellen, während der Lindell Opfer der Rasterung wird. Ich hatte ab und an das Bedürfnis nach einer Zwischenposition.
Test „Stimme“ mit dem Shure SM58S
Lindell RE51:
SSL SiX:
Das dynamische Feld-Wald-und-Wiesen Mikrofon SM58 ist bekannt für seine geringe Empfindlichkeit. Die Preamps müssen kräftig Gain abliefern, um genug Pegel, Feindynamik und Auflösung zu liefern. Klar, hier punktet der tendenziell hellere SSL Preamp, denn der eher dunkle Charakter des RE51 tut sich hier schwerer, um genügend Auflösung zu produzieren.
In Sachen Rauschverhalten und High-Gain schlägt sich der RE51 sehr gut! Beim Test sind mir weder auffällige Rauschfahnen noch ein erhöhten Grundrauschen aufgefallen und selbst bei einem sehr unempfindlichen Mikrofon, wie dem Shure SM58, ist der Klang bei hohen Gain-Leveln (8-9 von 10) immer noch sehr gut aufgelöst und frei von Clipping oder Artefakten.
Test HI-Z Input mit E-Gitarre
Test „Instrumenteneingang“ mit der Fender Telecaster
Mit dem Schalter an der Bridge-Position erwarten wir ein schönes „Twäng“ mit strahlenden Harmonischen. Dazu habe ich den 80 Hz Low Cut aktiviert und bei 100 Hz und 4 kHz etwas „Gas gegeben“. Selbst bei den dichten Akkorden behält der RE51 die Übersicht und bildet den amerikanischen Klassiker sehr authentisch ab.
Alles in allem ein sehr gutes Klangergebnis für den schwedischen Preamp!
Die API Lunchbox Lindell Audio 503 Power
Der deutsche Vertrieb hatte mir zum Test noch die passende Lunchbox mit drei Steckplätzen zugeschickt. Das schwarze Gehäuse ist gut verarbeitet und verfügt über je drei In- und Outputs und ein internes Netzteil. Das Gehäuse ist recht schwer und macht einen sehr fertigen Eindruck.
Einzig die Tatsache, dass man in Schweden dafür stolze 329,- Euro verlangt, stösst mir etwas sauer auf. Im Vergleich kostet ein sicher auch sehr gut gemachtes Fredenstein Bento 6S mit sechs Steckplätzen und zusätzlichen AUX-Wegen nur 10,- Euro mehr: 339,- Euro. Da hilft auch die praktische Neoprentasche für einen sicheren und kratzerfreien Transport wenig: Hier sollte es mindestens 50,- Euro günstiger werden.
Conclusio
Für den aktuellen Preis von 499,- Euro bekommt man von Lindell Audio einen sehr erfreulichen Mikrofonvorverstärker im API500 Format: Er ist sehr gut verarbeitet und verfügt über sehr nützliche Ausstattungsmerkmale, wie den 2-Band-Equalizer, Phasenumkehr und einen sehr gut klingenden HI-Z Eingang. Der Klang ist sehr gehaltvoll und eher auf der warmen Seite, so dass potenzielle Neve Kunden gern mal einen Blick nach Schweden riskieren sollten.
Schade, dass das hübsche Gehäuse „503 Power“ zu hoch eingepreist ist. Zusammen mit einem passenden Kompressor hat man einen sehr gut klingenden, transportablen Channelstrip im API 500 Format: Sehr sympathisch!
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Sehr schöner Vergleich zu SSL.
Dies erlaubt eine gute Einschätzung des zu erwartenden Sounds.
Als persönliches Resultat gefällt mir der klare SSL Sound besser.
Da es den Six Channel auch als günstiges 500er Modul gibt, hat man die Wahl ! Oder Beides ?