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Test: Chameleon Labs 7721, Stereo-Kompressor

Dynamikkontrolle - Made in USA

3. April 2020
test chameleon labs 7721 kompressor

Chameleon Labs 7721, Stereo-Kompressor

Aus Seattle kommt neben legendärer Rockmusik auch die kleine Firma Chameleon Labs, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, hochwertige analoge Studiotechnik zu erschwinglichen Preisen herzustellen und zu vermarkten. Bemerkenswerterweise verzichtet man hierzu auf die Fertigung in fernöstlichen Regionen, setzt voll auf „Made in USA“ und schafft es trotzdem, den Kandidaten dieses Testberichtes, den Chameleon Labs 7721 Stereo-Kompressor, für vergleichsweise günstige 799,- Euro anzubieten.

Lieferumfang und Verarbeitung

Das 1 HE hohe 19″ Gerät kommt in einem 28 cm tiefen Gehäuse aus solidem Stahlblech mit Aluminium-Frontplatte. Außer dem Netzkabel befindet sich kein Zubehör im Karton, ein Benutzerhandbuch kann auf der Website des Herstellers heruntergeladen werden. Bereits die Anzahl an Reglern und Schaltern kündet von den vielen Möglichkeiten, die zur Formung der Kompression angeboten werden:

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Nicht weniger als 5 Kippschalter aus Metall und 8 mit farbig eloxierten Aluminiumknöpfen (mit eingraviertem Firmenlogo) versehene Drehregler stehen dem geneigten User zur Verfügung.

Daneben befindet sich ein doch recht kleines, aber beleuchtetes, umschaltbares analoges VU-Meter auf der Frontplatte, das auch aus ungünstigen Winkeln gut einsehbar ist. Außerdem befinden sich noch 3 rot leuchtende LEDs auf der Front, von denen zwei bei Übersteuerungen von Ein- und Ausgängen aufleuchten und eine konstant anzeigt, wenn der Kompressor nicht aktiviert ist.

Chameleon Labs 7721- 02

Rückseitig befinden sich neben dem Eingang für das Netzkabel jeweils zwei Ein- und Ausgänge sowie ein zusätzlicher Sidechain-Eingang. Sämtliche Anschlüsse sind konsequent im XLR-Format ausgeführt.

Die Verarbeitung macht einen hervorragenden, soliden Eindruck. Die Schalter quittieren ihre Betätigung mit einem satten „Klack“ und die Regler laufen angenehm schwergängig, sodass die Arbeit mit dem Gerät soweit schon mal einen gewissen Spaß verspricht. Durch die Formgebung der Regler sind deren Positionen jederzeit gut ablesbar. Auch die verriegelten XLR-Anschlüsse auf der Rückseite wirken robust und hochwertig. Man erhält insgesamt den Eindruck, dass man es mit langlebiger Qualitätsstudio-Hardware zu tun hat.

Technik und Bedienelemente

Der Dynamikprozessor aus Seattle ist in VCA-Technik aufgebaut. Diese zeichnet sich durch besonders präzise Kontrollmöglichkeiten, höchstmögliche Flexibilität sowie tendenziell eine klangneutrale Arbeitsweise aus. Letzteres gilt im Besonderen, wenn wie beim Testkandidaten komplett auf Ein- und Ausgangsübertrager verzichtet wird. Durch diese Eigenschaften eignen sich VCA-Kompressoren auch besonders gut für die Summenkompression.

Betrachten wir uns nun die einzelnen Bedienelemente von links nach rechts und beginnen mit den linksseitig angesiedelten Schaltern für „Compression“, mit dem man die Kompressorschaltung in den Signalweg schaltet und „Side Chain“, der das gegebenenfalls anliegende Steuersignal am entsprechenden Eingang in die Signalsteuerung einbezieht.

test Chameleon Labs 7721- 01

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Das „Knie“ kann man zwischen „Hard“ und „Soft“ umschalten und so bestimmen, ob die Kompression eher abrupt („Hard“) oder sanft ansteigend („Soft“) einsetzt. Einen entscheidenden klanglichen Unterschied macht es auch, ob die Steuerspannung der Kompression anhand des Durchschnittpegels („RMS“) oder der Signalspitzen („Peak“) ermittelt wird, was mittels des „Detection“-Schalters eingestellt wird.

Es folgt der erste Drehregler, der auf einem Fünffachschalter sitzt und ein Highpass-Filter in den Signalweg schaltet. Wahlweise greift dieses bei 20, 40, 90, 130 und 200 Hz ein.

Die klassischen Parameter eines Kompressors werden mit den Reglern „Threshold“, „Attack“, „Release“ und „Ratio“ justiert. Alle diese Regler sind ungerastert und erlauben so zwar feinste Eingriffe, einmal gefundene Einstellungen lassen sich aber kaum reproduzieren.

Typisch für die VCA-Bauweise sind die sehr kurzen minimalen Zeiten für Attack (Regelbereich 0,1 bis 30 Millisekunden) und Release (0,1 bis 1,5 Sekunden). Ungewöhnlich niedrig ist der niedrigste Wert für den Kompressionsgrad (Ratio) von 1,5, was besonders subtile Eingriffe ermöglichen sollte.

Chameleon Labs 7721 Rear Sockets

Solide, mit dem Gehäuse verschraubte XLR-Buchsen auf der Rückseite des Chameleon Labs 7721

Für die immer beliebter werdende Parallelkompression, bei der das unbearbeitete Signal dem Komprimierten zugemischt wird, hat Chameleon Labs dem 7721 einen „Blend“-Regler spendiert, der in seiner mittleren Stellung eine Rasterung bietet. In dieser Position sind beide Signale gleich laut vertreten.

Der „Output Gain“ regelt letztlich die Ausgangslautstärke, die schon erwähnte LED warnt dabei vor Übersteuerungen des Ausgangs. Etwas unpraktisch finde ich, dass dieser Regler auch auf das unbearbeitete Signal wirkt, das am Ausgang ja anliegt, wenn die Kompression per Schalter deaktiviert ist. Somit gibt es keine Möglichkeit, das komprimierte Signal unkompliziert in der Lautstärke an das Originalsignal anzupassen, was für kritisches Hören während der Arbeit mit Dynamikprozessoren meines Erachtens unerlässlich ist. Mit modernen Audiointerfaces hat man zwar dank ausgefuchster Routing-Optionen normalerweise alternative Möglichkeiten, das ist aber umständlich und auch etwas unbefriedigend, da klangliche Veränderungen durch AD/DA-Wandlung  oder Kabelwege ja unberücksichtigt bleiben.

Das VU-Meter lässt sich fünffach umschalten und zeigt wahlweise die Signale der rechten oder linken Ein- und Ausgänge oder die Gain-Reduktion an.

Der Netzschalter rechts schließt dann den Reigen an Bedienelementen ab.

Sound & Praxis

Die Klangbeispiele wurden über ein Metric Halo ULN2 aufgenommen und blieben außer der obligatorischen Normalisierung unbearbeitet.

Zunächst ist ein E-Bass (P-Bass mit Flatwounds) zu hören, der mit kurzen Attack/Release-Einstellungen bei einer Ratio von ca. 1:4 deutlich komprimiert wird (Hard Knee, RMS Detection).

Die Schlagzeugbeispiele werden vom Logic-Drummer getrommelt … zunächst die Overhead-Spur:

Obwohl das VU-Meter lediglich eine Gain-Reduktion von gut 2 dB anzeigt, geht der Kompressor hier schon recht heftig zur Sache.

Die folgenden Beispiele bringen den amerikanischen Dynamiker auf dem Drumbus zu Gehör. Attack-Zeiten von ca. 1 Millisekunde, Release bei ungefähr 0,3 Sekunden und eine Ratio von ca. 1:3 sind gleichbleibend, lediglich die Gain-Reduktion durch den Threshold-Wert und die Art der Steuerung (Peak/RMS) variiert. Die Kennlinie ist auf „Soft Knee“ geschaltet.

Bei diesen Beispielen deutet der Testkandidat seine Stärke bereits an: Die Summenkompression, die den Sound sehr transparent hält und das Stereopanorama schön auffächert.

Hier hört man die Unterschiede zwischen Peak und RMS Detection im direkten Vergleich, außerdem mit zugeschaltetem Highpass-Filter bei 200 Hz, das alle Frequenzen oberhalb von 200 Hz unbearbeitet lässt. Trotz vergleichbarer Gain-Reduktion (ablesbar am Zeigerinstrument des VU-Meters) wird der Sound im RMS-Modus hörbar heftiger komprimiert.

Kompression als Effekt ist bei den folgenden Klangbeispielen das Thema, es kommen der Blend-Regler für parallele Kompression und wiederum das Highpass-Pilter zum Einsatz:

Chameleon Labs 7721- 03

Für die Klangbeispiele mit Gesang muss wieder ein in Logic Pro „eingebauter“ Künstler namens „Tyson“ herhalten:

Der Kompressor bekommt eine dezente und dennoch wirkungsvolle Dynamikbegrenzung gut hin und hilft so, die Vocals in den Mix einzubetten.

Auch bei Sounds von Stahlsaiten-Akustikgitarren beweist der Testkandidat Kompetenz. Es klingt kompakter, etwas weniger scharf und „zickig“, wobei das Frequenzbild unverändert bleibt.

Im folgenden Klangbeispiel wird eine Subgruppe, bestehend aus zwei E-Gitarren und einem (Software)-Clavinet, dezent komprimiert:

Chameleon Labs 7721 overload LED

Rote LEDs warnen vor Übersteuerungen an Ein- und Ausgängen

Den Einsatz des Sidechains in Sachen Sounddesign beleuchten die nächsten Klangbeispiele. Hier wird ein Padsound vom Kompressor rhythmisch „zerhackt“, indem in diesem Fall ein Drumloop in den Sidechain eingespeist wird, der dann als Trägersignal die Kompression steuert.

Attack und Release muss man dann noch so einstellen, dass es musikalisch passt. Zu hören ist zuerst der Padsound und der Loop gemeinsam im ursprünglichen Zustand, dann gemeinsam mit der beschriebenen Modulation durch den Sidechain und schließlich das modulierte Pad-Solo.

Zu guter Letzt hier das Beispiel für die Summenkompression. Wie kaum anders zu erwarten, macht der VCA-Kompressor hier einen sehr guten Job. Mit seiner transparenten und kaum färbenden Arbeitsweise erfüllt er die Anforderungen ideal. Die Signale sitzen besser im Mix, das Stereobild wird dabei etwas breiter und die Lautheit dezent erhöht. Die Gain-Reduktion liegt bei ca. 1,5-2 dB, wobei die Werte für Ratio zwischen 1,5 und 2, für Attack bei etwas über 10 Millisekunden und Release bei knapp 0,6 Sekunden eingestellt sind.

Die Regler arbeiten sehr effektiv und praktisch jede Änderung wirkt sich deutlich auf den Sound aus. Zusammen mit der guten Haptik macht es richtig Spaß, die vielfältigen Möglichkeiten, die hier angeboten werden, zu erforschen und in seiner Produktion einzusetzen. Das schaltbare VU-Meter erfüllt seine Kontrollfunktion zufriedenstellend und sieht dabei hübsch aus. Ich bevorzuge mittlerweile mehrteilige LED-Ketten für diese Zwecke, aber das ist natürlich Geschmacksache.

Obwohl es sich bei dem Testkandidaten um einen ausgewiesenen Stereo-Buskompressor handelt, der keinen Dual-Mono-Betrieb erlaubt, lassen sich auch auf Einzelsignalen sehr gute Ergebnisse erzielen.

Der Chameleon Labs 7721 Kompressor arbeitet zwar sehr neutral und transparent, trotzdem klingt er keineswegs langweilig. Die Kompression packt stets beherzt zu und wenn man ansonsten meistens mit Software-Kompressoren arbeitet, wird man erstaunt sein, wie stark sich hier „nur“ 2 dB Lautstärkereduzierung klanglich auswirken können. Da ist ein ständiges Vergleichhören mit dem Originalsignal umso wichtiger, auch um dem „lauter = besser“- Effekt entgegenwirken zu können. Das Fehlen eines „Makeup-Gain“-Reglers schlägt an dieser Stelle dann leider wirklich negativ zu Buche.

Abgesehen davon ist das Gerät aufgrund der tollen Haptik, der vielen sehr flexiblen Einstellmöglichkeiten und nicht zuletzt des hervorragenden, nebengeräuschfreien Klangs mit Sicherheit eine gute Wahl für jedes Tonstudio.

Chameleon Labs 7721- 05

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Fazit

Der Chameleon Labs 7721 Buskompressor ist ein starkes Argument für die Verwendung von Hardware im Studio-Setup. Äußerst flexible Parametrisierung, reichhaltige Ausstattung mit schaltbarem Highpass und Sidechain, tolle Verarbeitung mit hochwertiger Haptik und ansprechendem Sound bei fairem Preis lassen kaum Wünsche offen – lediglich ein „Makeup Gain“-Regler würde dem Gerät noch gut zu Gesicht stehen. Gerade bei der Summenkompression ist ein ständiger Vergleich mit dem Originalsignal unverzichtbar und hier leider nur auf Umwegen machbar.

Somit gilt: Knapp, aber verdient am „Best Buy“ vorbeigeschrammt…

Plus

  • Verarbeitung
  • Flexibilität
  • Austattung
  • Sound
  • Nebengeräuschverhalten
  • Preis-Leistung

Minus

  • kein Makeup-Gain vorhanden

Preis

  • 799,- Euro
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Klangbeispiele
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