Praxis
Dass Tasten- und Saiteninstrumente nie wirklich zusammengehören wollen, liegt nicht nur an den meist diametralen Persönlichkeiten ihrer Spieler. Vielmehr sind beide Instrumente trotz ihrer polyfonen Ausrichtung in Sachen Ausdrucksmöglichkeiten unterschiedlicher, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Kleiner Tipp am Rande, wenn der Keyboarder mal wieder über eure mangelhaften Legato-Fähigkeiten meckert, nehmt ihm einfach mal das Sustain Pedal weg, er wird euch danach eine ganz andere Wertigkeit entgegen bringen.
Wenn das Electro Harmonix B9 Organ Machine Pedal wirklich wie eine Orgel klingen soll, müsst ihr vor allem wie ein Organist denken. Kurbelt noch mal eure Voicing Fähigkeiten an und arbeitet euch sauber neben der Grundlage auch durch die beiden Umkehrungen und die Sonne geht auf. Zudem wird empfohlen, nicht im Heavy Rock Style in tiefen Lagen auf den Basssaiten die Powerchords zu schreddern, da zum einen die Lage unter den üblichen Orgelvoicings liegt und zum anderen der Tongenerator in dieser Lage auch mal gerne den gegriffenen Ton aus den Augen verliert und abstirbt.
Ebenso sollte man im Hinterkopf haben, dass ein Ton bei einer Orgel bei gedrückter Taste unbegrenzt lange schwingen kann, während eine Gitarrensaite irgendwann zwangsweise zu wenig Schwingungsenergie an den Tag legt, um den Ton am Leben zu erhalten. Ein vorgeschalteter Kompressor verlängert zwar die Lebensdauer des Tons, schränkt aber auch die dynamischen Ausdrucksmöglichkeiten des Protagonisten ein. Überhaupt, Dynamik kann man natürlich bei einer Orgel in der Pfeife rauchen. An/aus heißt die Devise, ein echtes „digitales“ Instrument, nicht umsonst verfügen alle echten Orgeln über ein Volume-Pedal.
Klanglich hingegen kann das Electro Harmonix B9 Organ Machine wahrlich überzeugen. Die unterschiedlichen Sounds sind in der Tat sehr nahe am Original und bieten aufgrund der geschmackvollen Presets genügend Auswahl, um vom Kirchengeleier bis hin zum Classicrock alle Facetten abzudecken. Umschalten kann man die unterschiedlichen Presets während des Betriebs leider nicht, es sei denn, man kniet sich auf den Boden und macht es per Hand.
Bleibt der Fakt, dass man seine Spielweise an das Pedal anpassen muss. Einfach den Singer/Songwriter Schrammelheinz geben und davon ausgehen, dass das Pedal doch jetzt die passende Orgelbegleitung liefert, funktioniert leider nicht. Neben einem akzentuierten Plektrumspiel funktioniert das Electro Harmonix B9 Organ Machine vorzüglich mit kontrolliertem Fingerpicking.
Als Keyboarder UND Gitarrist sehe ich das eher skeptisch. Wozu braucht man das? Schon midifizierte Gitarren konnten sich nicht wirklich durchsetzen, obwohl man da zumindest noch halbwegs brauchbar Strings und Gitarre mischen konnte. Die Spielweisen beider Instrumente sind einfach zu unterschiedlich und Voicings kaum austauschbar. Darüber hinaus ist ein Keyboarder noch kein Organist. Die B3 kennt kein Haltepedal. Dort muss akkurat legato gespielt werden. Darüber hinaus lebt eine B3 erst durch ihre typischen Spielweisen. Einfach nur Akkorde drücken kann jeder. Der Nachteil von MIDI-Gitarren oder Pedalen wie dem Electro Harmonix B9 ist, dass man dann entweder einen mäßigen Keyboarder und keinen Gitarristen mehr hat, sobald man damit spielt und sich auf die Keyboard Sounds konzentriert, oder aber einen Gitarristen und schlecht umgesetzte Keyboard Parts. Beides gleichzeitig geht einfach nicht.
Da soll ein quadratisches Kistchen mein Geschrammel auf der Gitarre tatsächlich in einen Orgelsound meiner Wahl umwandeln können.
Ich versuchte schon mit einem Octaver einen Orgel-ähnlichen Sound hinzukriegen. Ohne Erfolg. Weiterverkauft.
Nun zum Kistchen von EHX.
Ja, ja, ja: Da tönt`s echt nach Orgel. Sei dies klassisch an eine Hammond („Fat & Full“)angelehnt oder Hardrockmässig an Jon Lord („Lord Purple“), und du schaust dich plötzlich um, wo denn Blackmore, Gillan, Paice und Glover auf der Bühne stehen. Die Orgel brüllt und vibriert eben so, wie es nur eine Hammond kann. Das Preset „Fat & Full“ erzeugt andere Klangmöglichkeiten als der „Lord Purple“.
So weit, so sehr gut.
Die Gitarre muss ich nun spielen, wie es jemand auf dem Keyboard täte.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob die minimen Verzögerungen mein noch nicht ganz angepasstes Gitarrenspiel ist, oder ob der Prozessor etwas gemütlich unterwegs ist. Ich experimentiere weiter und werde diese Bewertung updaten.
Diese Frage hat sich nun im Bandraum erübrigt. Das Tool reagiert hervorragend auf alle meine Inputs. Einen Kompressor davorschalten hilft dem B9 sicher
Zu jedem Preset gibt es noch einen Modulations- und einen Click-Regler. Es steht einem also ein sehr breites Sortiment von Sounds zur Verfügung.
Je nach Preset sind die Modulationstypen verschieden.