Fuzzt wie in alten Zeiten
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Electro-Harmonix – muss ich dazu noch irgendwas sagen? Es gibt wohl kaum eine Marke, die so nach Vintage riecht und mit Kult behaftet ist, wie die von Mike Matthews gegründete Effektschmiede. Als guter Freund von einem sympathischen Kerl namens James und einem sagenhaften Startkapital von 1.000 USD startete Mike 1968 sein Business. Mit dem „Linear Power Booster“ LPB-1, den es bis heute zu kaufen gibt, konnte man dem damals angesagten, auf cleanen Headroom ausgelegten Amps so richtig das Zerren beibringen. Und der gute Freund, James ‚Jimi‘ Marshall Hendrix mochte es laut und verzerrt. Im folgenden Jahr kam der Big Muff Pi auf den Markt, neben Jimi Hendrix gehörten ab sofort auch David Gilmour und Carlos Santana zu den Kunden und die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Nach einigen Rückschlägen und der Pleite ist Mike Matthews seit den späten Neunzigern wieder zurück im Business. Der neueste Geniestreich ist die Kooperation mit Josh Scott von JHS Pedals, der schon in Zusammenarbeit mit dem Boss-Boss Yoshi Ikegami den „Angry Driver“ entwickelt hat. Hier geht es nun also back to the 70s und am Start ist das Electro-Harmonix Lizard Queen Octave/Distortion-Pedal.
Electro-Harmonix Lizard Queen Effektpedal – Facts & Features
Das Electro-Harmonix Lizard Queen Octave/Distortion-Effektpedal gab es in einer ersten, limitierten Auflage im klassischen, für Electro-Harmonix typischen Big Box Gehäuse. Das sah in etwa so aus, wie der legendäre Big Muff und das nimmt natürlich auf dem Effektboard extrem viel Platz ein. Die modernen Gehäuse der EHX-Effekte kommen im Nano-Design daher. Apropos Design: Für das Design des Pedals ist ein gewisser Daniel Danger verantwortlich. Ein Name, der mir erst einmal nichts sagte, der aber offenbar in seinen Kreisen einen ausgezeichneten Ruf innehat und unter anderem an der im Jahr 2016 neu erschienenen Verfilmung von Walt Disneys Dschungelbuch als Illustrator mitgewirkt hat sowie an gewichtigen Produktionen wie Game of Thrones, Star Wars und Star Trek Anteil hat. Gut, Design ist das eine, Qualität ist das andere. Letzteres interessiert hier deutlich mehr.
70 x 114 x 53 mm misst das Nano-Pedal, ist also in etwa vergleichbar mit dem TC Electronics Flashback 2 Delay-Pedal. Das dürfte auf den Stressbrettern der Nation kaum Probleme verursachen. In- und Output-Buchsen befinden sich rechts und links an der Seite des Gehäuses, was mir persönlich jetzt mal wieder nicht gefällt, denn ich mag die Anschlüsse an der Stirnseite lieber. Aber was wäre unser geliebtes Hobby ohne das stundenlange Organisieren, Schrauben, Kleben, Kletten und Löten an unseren Boards? Eben! Das Electro-Harmonix Lizard Queen Octave/Distortion-Pedal will also mit aufs Board und dort mit Strom versorgt werden. Batteriebetrieb ist möglich, hier muss aber leider mal wieder die Bodenplatte komplett abgeschraubt werden, wozu das Pedal natürlich zuerst vom Board heruntergenommen werden muss. Nach Lösen der vier Schrauben haben wir dann aber auch gleich freie Sicht ins Innere des Pedals und erfreuen uns an der sauberen Arbeit der Lötfüchse bei EHX. Der Aufbau des Pedals gibt aber ohne weitere Schrauberei keine Informationen über verwendete Bauteile preis. Wer sein bordeigenes Netzteil verwenden will, sollte ein Kabelchen mit 9 V und Hohlstecker mit innenliegendem Minuspol am Start haben, dieses will dann an der Stirnseite des Pedals seinen Platz einnehmen. Wenn alles verkabelt ist, kann’s aber dann auch endlich losgehen.
Drei Regler befinden sich auf der Oberseite der Electro-Harmonix Lizard Queen Fuzz-Pedals. Links oben befindet sich der Volume-Regler. Der macht, was er soll, keine Überraschung. Interessanter sind die beiden anderen Drehfreunde. Der Oktave-Regler mischt dabei die obere Oktave hinzu und der Balance-Regler blendet stufenlos zwischen den mit Shadow und Sun bezeichneten Klangfärbungen hin und her. Aber eine Frage stellt sich mir nun doch: Wieso gibt es keinen Gain- oder Distortion-Regler? Beim Electro-Harmonix Lizard Queen Pedals handelt es sich um ein sogenanntes „Fixed Gain Fuzz“, bei dem die Stärke der Verzerrung pedalseitig festgelegt ist. Wenn also ein weniger verzerrter Sound gewünscht ist, muss man mit dem Volume-Regler der Gitarre arbeiten. Ob und wie das Pedal auf solche Spielereien reagiert, hört ihr gleich in den Klangbeispielen.
Damit wäre das Pedal schon fast komplett vorgestellt, fehlt noch ein wichtiger Knackpunkt, nämlich der des Fußschalters. Und dieser Knackpunkt ist ausgezeichnet gewählt und lässt sich auch mit dicken Sohlen an den Doc Martens noch gut spüren. Zur optischen Kontrolle leuchtet bei eingeschaltetem Fuzz ein helle, rote LED. Der Schalter selbst ist unabhängig von der Platine ans Gehäuse geschraubt, zusammen mit der stabilen Gussfertigung kann das Pedal also auch in den Stepptanz des mittlerweile die 100 kg Marke knackenden Testers ruhigen Gewissens integriert werden.
So klingt das Electro-Harmonix Lizard Queen Fuzz
Im Praxistest fällt sofort auf, dass das Volume-Poti eine unheimliche Keule verursachen und den Amp so richtig ins Schwitzen bringen kann. Aber zunächst hört ihr die cleane Referenz, das ist ein Koch The Greg. Danach folgt die obligatorische Mittelstellung aller Regler. Beispiel 3 und 4 spielen dann ein bisschen mit den beiden Reglern Balance und Octave. Die Arbeitsweise der Regler greift dabei gar nicht so massiv ins Geschehen ein, wie ich erwartet hätte, Ergebnis ist aber ein immer großartiger Distortion-Sound, der bei voll aufgerissenem Octave-Regler dann ungemütlich ins Chaos driftet und herrlich kaputt klingt.
Das nächste Klangbeispiel demonstriert die Kontrolle der Distortion-Intensität mittels des Volume-Potis der Gitarre. Ich beginne bei fast zugedrehtem Poti und drehe dann im Verlauf schrittweise auf. Dabei hört man auch schön die Nebengeräusche des Pedals, die sind nämlich in der zugrundeliegenden Mittelstellung aller Regler absolut im Rahmen. Richtig spannend und spaßig wird’s dann, wenn das Electro-Harmonix Lizard Queen Effektpedal vor einem angezerrten Amp zum Zuge kommt. Jimi, ick hör dir trapsen …