Tigerlilly - E-Gitarre vom Feinsten
Mein werter Kollege Stephan Güte hatte sich bereits kürzlich mit der ESP EC-1000 Piezo QM STB beschäftigt. Unser heutiges Testmodell, die ESP LTD EC-1000 Fluence Tiger Eye aus gleichem Hause, entscheidet sich aber hiervon deutlich durch die hier zum Einsatz kommenden Fishman Fluence Modern Pickups, die eine reizvolle Klangpalette anbieten und natürlich auch die Tiger Eye Optik, die bei diesem Modell eher klassisch (also nicht so „metalmäßig“ wie viele ihrer Kolleginnen) gehalten ist. Sieht man vom spitz zulaufenden Cutaway, dem Schriftzug auf der Kopfplatte und den Flaggen-Inlays im Griffbrett einmal ab, könnte man locker einen Vergleich zu einer Gibson Les Paul bemühen, wobei hier doch viele Unterschiede im Detail und natürlich auch im Preis bestehen.
Festhalten darf man, dass man hier nur Gutes und Durchdachtes antrifft und dies für verhältnismäßig kleines Geld. Auf der Rückseite der Kopfplatte ist zu lesen, dass das Instrument in Indonesien gefertigt wurde. Wie man weiß, ist die Baukunst inzwischen auch dort auf hohem Niveau. Preislich gesehen können wir Europäer aufgrund der niedrigen Lohnkosten natürlich davon profitieren. Die Gitarre wird ohne Koffer bzw. Gigbag geliefert, was bei dem moderaten Preis zu verkraften ist. Erfreulicherweise war unser Testmodell bereits ab Werk optimal eingestellt (Saitenlage, Oktavreinheit), dies ist leider keine Selbstverständlichkeit, auch wenn man dies voraussetzt.
Facts & Features
Wie bei vielen weiteren Instrumenten von ESP kommt auch bei der EC-1000 Fluence Tiger Eye eine so genannte „Set-Neck-Konstruktion“ zur Anwendung. Hierbei werden an einen durchgehenden Ahornhals zwei Mahagoniteile seitlich angeleimt. Dieses soll ein besseres Sustain und ein besseres Resonanzverhalten erzeugen. Nebenbei scheint mir dieses Verfahren auch bautechnisch Vorteile zu bieten, denn so ist der relativ komplizierte Leimvorgang mit dem entsprechenden Winkel bereits umgangen.
Das Gewicht der E-Gitarre schlägt mit 3,75 kg zu Buche und ist, gemessen an vielen Les Paul Exemplaren der Firma Gibson, damit relativ rückenfreundlich. Um das Gewicht noch etwas mehr im Zaum zu halten, besitzt die ESP LTD EC-1000 Fluence Tiger Eye auch eine „Bierbauchfräsung“, wie man diese bei einer Stratocaster findet, jedoch ist sie bei unserem Testmodell nicht so stark ausgeprägt. Die Gitarre ist ab Werk mit einem Satz D’Addario XL110 (0.10-er) bestückt.
Der Korpus der Fluence Tiger Eye E-Gitarre
Der Korpus einer „Les Paul artigen“ Gitarre ist erwartungsgemäß aus Mahagoni gefertigt, auf den man anschließend eine zweiteilige Decke aus (im besten Fall) Riegelahorn aufleimt. So ist das auch hier der Fall. Die Verarbeitung ist absolut einwandfrei und die Optik sieht edel aus. Umschlossen wird der Korpus von einem 7-lagigen Binding, welches optisch ansprechend gestaltet wurde.
Fluence Tiger Eye – der Hals
Der Hals wurde aus drei Mahagoniteilen gefertigt. Die sogenannte „Sollbruchstelle“ an der Kopfplatte in Höhe des Sattels fällt sichtbar stärker aus, was für deutlich mehr Stabilität an dieser Stelle führt. Fiele die Gitarre unglücklicherweise einmal um, würde sie vermutlich auch einen solchen Unfall relativ schadlos überstehen.
Bei der Wahl des Halsprofils wurde viel Wert auf das Ermöglichen einer komfortablen Bespielbarkeit gelegt. Der Hals ist eindeutig sehr sportlich ausgefallen, auch da er relativ flach geraten ist. Auch der Griffbrettradius (vom Hersteller mit 350 mm angegeben, was etwa 14 Zoll entspricht) kommt einem leichten Saitenziehen sehr entgegen. Die 24 XJ-Bünde (sehr hoch und sehr fett) begünstigen ein Spiel ohne viel Kraftaufwand, da die Finger der Greifhand bei Ausführung von Bendings quasi kaum Kontakt zum Griffbrett haben und somit weniger Widerstand überwinden müssen.
Die Sattelbreite beträgt 42 mm, die Mensur von 629 mm (24,75″) ist natürlich mit Gibson Gitarren zu vergleichen. In das Griffbrett aus Makassar Ebenholz wurden, beginnend vom ersten Bund, bis zum 24. Bund an den üblichen Positionen schöne „Flaggen-Inlays“ aus Abalone eingesetzt. Auch hier gibt es verarbeitungstechnisch gesehen nicht die geringsten Einwände.
Die Locking-Mechaniken besitzen relativ kompakte Ausmaße, sehen sexy aus, fühlen sich ausgesprochen gut an und begünstigen ebenfalls eine Verstimmungsfreiheit, gerade wenn man viel Solo spielt.
Fluence Tiger Eye – Elektrik
Die Elektrik unterscheidet sich etwas vom Mainstream. Der 3-Wege-Toggle-Switch arbeitet standardmäßig. Der Volume-Regler für den Steg-Pickup ist am nächsten zum Steg angebracht, anders als man es zunächst erwartet. Diese Maßnahme ist durchaus sinnvoll, da der Stegtonabnehmer vermutlich meist häufiger zum Einsatz kommt als sein Kollege am Hals.
Am Hals kommt ein Fishman Fluence Modern AlNiCo zum Einsatz. Sein Kollege am Steg bezeichnet sich als Fluence Modern Ceramic Humbucker. Die Gitarre besitzt eine aktive Elektronik, welche den Ausgangspegel spürbar erhöht. Somit finden wir auch ein Batteriefach auf der Rückseite der Gitarre. Ein separates Batteriefach ist hier natürlich sinnvoll, da zum Wechseln der Batterie nur zwei kleine Schräubchen gelöst werden müssen. Steckt kein Instrumentenkabel in der Ausgangsbuchse, wird die Batterie natürlich geschont, da die Buchse dann den Kontakt zum Minuspol der Batterie unterbricht und ein Stromfluss somit unmöglich wird. Dieses Verfahren hat sich seit einigen Jahrzehnten bewährt.
Das am weitesten vom Steg entfernte Poti ist der Mastertone-Regler mit Push-Pull-Funktion. Der Schalter des Potis schaltet zwischen zwei sogenannten Voicings um. Ist der Regler gedrückt, hören wir Voicing 1, wird das Poti gezogen, erhalten wir Zugriff auf Voicing 2. Diese beiden Voicings bieten leicht unterschiedliche Klangvariationen, welche wir später noch hören werden.
ESP LTD EC-1000 – Hardware
Die verchromte Hardware, bestehend aus LTD Mechaniken, Tonepros Locking TOM & Tailpiece Steg) harmoniert gut mit dem Gesamtbild der Gitarre.
ESP LTD EC-1000 – Handling
Die ESP LTD EC-1000 Fluence Tiger Eye lässt sich traumhaft leicht bespielen. Man hat zunächst das Gefühl, es wäre ein Satz 0.09-er Saiten aufgespannt. Die Gitarre ist ausgewogen und trotz der Locking-Mechaniken nicht kopflastig. Da auch der Hals traumhaft verarbeitet wurde und dieser sehr angenehm in der Hand liegt, wüsste ich nicht, wo man hier noch weitere Pluspunkte sammeln könnte, um das Handling zu verbessern, denn es wurden bereits alle Register gezogen. Die Positionen der drei Potiknöpfe benötigen evtl. etwas Gewöhnung (wenn man z. B. eine übliche Les Paul gewohnt ist), aber man darf festhalten, dass diese einen schnellen und effektiven Zugriff auf alle Sounds ermöglichen.
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Der Sound der ESP LTD EC-1000
Durch ihr Set-Through-Design resoniert die ESP LTD EC-1000 Fluence Tiger Eye bereits trocken angespielt ausgesprochen gut. Vor allem die sensationell guten Tonabnehmer kommen der Vielseitigkeit der Gitarre nochmals zugute. Durch die aktive Elektronik begünstigt, ist der Output der Gitarre relativ hoch, also überhaupt nicht mit dem einer typischen Stratocaster oder auch Gitarren mit passiven Humbuckern zu vergleichen. Dennoch ist der Klang der Pickups angenehm natürlich, also keinesfalls überzüchtet oder kühl. Von ESP selbst ist Folgendes bzgl. der Klangcharakteristik zu lesen:
Bilden wir uns nun die eigene Meinung und hören die Sounds zunächst mit dem Push-Pull-Tonregler in der Standardposition (gedrückt, Voice 1). Wir beginnen mit dem Halstonabnehmer. Hier kommt Freude auf, denn die Pickups gehören zum Besten, was ich in letzter Zeit gehört habe. Da der Output der Gitarre aufgrund der aktiven Elektronik sehr hoch ist, bleibt mein Peavey Classic im klaren Kanal jedoch nicht immer vollständig clean:
Nun beide Pickups parallel, clean:
Steg-Pickup clean:
Das folgende Beispiel enthält alle drei Tonabnehmerkombinationen nacheinander (Hals, beide Pickups parallel, Steg) mit gezogenem Tonregler (Voice 2) und klarem Sound:
Nun hören wir den Steg-Pickup verzerrt mit Voice 1:
Schließlich hören wir den Hals-Pickup mit der Voice-Umschaltung. Ich spiele jeden Lick zweimal, mehr oder weniger identisch und schalte dazwischen die „Voice“ mit dem Tonregler um. Die Unterschiede sind sicherlich nicht gravierend, aber bei genauem Hinhören auszumachen:
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
ESP LTD EC-1000 Fluence Tiger Eye – Peavey Classic MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher (Klon) – Shure SM57 – Apogee Duett – Mac mit Logic (etwas Hall und Delay hinzugefügt).